Auszüge aus den Schriften, Reden und Bekanntmachungen des Verheißenen MessiasAS
Der Verheißene Messias und Imam Mahdi des Islam sowie Begründer der Ahmadiyya Muslim Jamaat
Herausgegeben unter der direkten Aufsicht von Hadhrat Mirza Masroor Ahmad Khalifatul Masih VABA (Fünfter Nachfolger des Verheißenen MessiasAS des Islam)
Die Essenz des Islam - Band 2
Auszüge aus den Schriften, Reden und Bekanntmachungen des Verheißenen MessiasAS
von Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS Das Original erschien unter dem Titel:
The Essence of Islam Volume 2
© Islam International Publications Ltd.
Erste Auflage der englischen Übersetzung 1979
Die deutsche Übersetzung erfolgte aus der zweiten, überarbeiteten Auflage 2004
Erste deutsche Auflage/Übersetzung 2018 Aus dem Englischen von Farida Sarwat
Unter der direkten Aufsicht von
Hadhrat Mirza Masroor Ahmad Khalifatul Masih VABA (Fünfter Nachfolger des Verheißenen MessiasAS des Islam)
©
Genfer Straße 11
D - 60437 Frankfurt am Main
Mehr Informationen unter www.verlagderislam.de
ISBN 978-3-939797-29-6 PRINTED IN GERMANY
Einführung
Islam
Allah, der Erhabene
Der Heilige ProphetSAW
Der Heilige Qur‘an
Arabisch, die Mutter der Sprachen
Offenbarungen, Eingebungen, Visionen und Träume
Hadith und die Sunna des Heiligen ProphetenSAW
Engel
Das Gebet
Reue und das Bitten um Vergebung
Erlösung
Die Säulen des Islams
Der Jihad mit dem Schwert
Göttliche Verfügung und Bestimmung
Rechtschaffenheit
Hochmut
Argwohn
Bestrafung in dieser Welt
Die Seele
Die Auferstehung
Himmel und Hölle
Der Sinn der Schöpfung
Vorwort 20
Arabisch, die Mutter der Sprachen 27
Sind Sprachen Erfindungen des Menschen? 28
Bekanntmachung des Buches Minanu r-Raḥmān 30
Der Grund für die Überlegenheit des Arabischen über andere
Sprachen 32
Charakteristik des Heiligen Qur’an 33
Besondere Eigenschaften des Arabischen 38
Die Sprachfähigkeit ist die grundlegende Natur des Menschen 42
Zwei Arten von Gottes Gnade 45
Bedeutungen einiger arabischer Wörter 48
Der Gebrauch des Begriffs „Vater“ ist eine Herabsetzung Gottes 53
Offenbarungen, Eingebungen, Visionen und Träume 59
Die verborgene Welt der Offenbarung 60
Die Befähigung des Menschen, Offenbarungen zu empfangen 65
Auch Nicht-Propheten können Offenbarungen empfangen 66
Offenbarung: die höchste Stufe der göttlichen Erkenntnis 68
Die Notwendigkeit von Offenbarungen 72
Zweizeiler in Urdu-Sprache 74
Was sind göttliche Eingebungen? 76
Offenbarung spendet Trost im Leid 80
Offenbarung ist ein Mittel zur Erlösung 82
Feines Denken darf nicht mit Offenbarungen verwechselt werden 86
Der Unterschied zwischen Erschaffung und Geheiß 86
Offenbarung und psychische Phänomene 92
Das menschliche Wissen über das Universum ist fehlerhaft 94
Wie eine Offenbarung empfangen wird 97
Verschiedene Formen der Offenbarung 98
Die Fähigkeit, Offenbarungen zu empfangen 104
Menschen besitzen eine Mannigfaltigkeit an Intelligenz 105
Der Empfänger von Gunst muss eine enge Beziehung zum
Allmächtigen haben 108
Drei Erkennungszeichen göttlicher Offenbarungen 111
Satanische Offenbarungen sind eine Tatsache 112
Merkmale göttlicher Offenbarungen 117
Unterschiede zwischen satanischer und göttlicher Offenbarung 120
Die Funktion der Vernunft 129
Das Naturgesetz verlangt nach Offenbarung 141
Das Buch der Offenbarung ist das einzig offene Buch 152
Die wahre Einheit Gottes kann ohne die göttliche Offenbarung nicht erkannt werden 156
Der Menschentyp, der himmlische Zeichen erfährt 159
Drei Arten von Träumen 160
Offenbarung der Prüfung und Offenbarung der Erhöhung 162
Hadith und die Sunna des Heiligen ProphetenSAW 163
Quellen der islamischen Führung 163
Maßgebliche Bücher 167
Das Buch Allahs ist Allem vorzuziehen 168
Authentizität der Ahadith 169
Engel 177
Engel sind äußere Mittel für die Erfüllung unserer spirituellen Bedürfnisse 177
Unabhängige Existenz der Engel 181
Engel erfüllen angemessene Pflichten 181
Drei Arten von Engeln 183
Engel bewegen sich nicht von den ihnen zugewiesenen Plätzen 183
Engel sind das Leben der Planeten 185
Engel erscheinen manchmal in menschlicher Gestalt 186
Das Aufsteigen und Herabkommen von Engeln 188
Engel sind die Ursache jeder Veränderung 190
Zwei Systeme für das richtige Funktionieren des Universums 192
Kometen und Satan 194
Der Mensch hat einen höheren Rang als Engel 196
Die wahre Bedeutung der Niederwerfung vor dem Menschen 197
Jeder Engel erfüllt eine spezifische Aufgabe 198
Drei Funktionen Gabriels 204
Engel steigen herab mit dem Erscheinen eines Khalifa 208
Der Heilige Geist kommt gemäß dem Maß an Liebe und
Aufrichtigkeit herab 212
Engel können gesehen werden 213
Engel sind ein Mittel für die spirituelle Entwicklung des Menschen 214
Engel verteilen und regulieren Dinge 216
Die Funktionen des Heiligen Geistes und von Satan 217
Die höchste und tiefste Position in Gottes Schöpfung 221
Das Gebet 223
Eine kurze Besprechung der Hefte von Sir Sayyed Ahmad Khan, 223
Gebete, ihre Erhörung, und der Grundsatz der qur‘anischen Exegese 223 Durch Gebete werden Wunder bewirkt 229
Die Wirkung des Gebets ist stärker als die Wirkung des Feuers 230
Physische und spirituelle Mittel befinden sich nicht außerhalb der Vorbestimmung 231
Müssen alle Gebete erhört werden? 232
Bedingungen für die Erhörung des Gebets 234
Zu flehen ist menschlich und zu antworten göttlich 236
Regeln des Gebets 237
Sei aufrichtig und entschlossen 237
Zwei Arten der Gebetserhörung 241
Was ist das Gebet? 243
Gebet und Planung sind zwei natürliche Erfordernisse 244
Durch das Gebet wird die göttliche Aufmerksamkeit angezogen 246
Vier Gründe für die Pflichtgebete 247
Die Erhörung des Gebets ist ein wahres Mittel zur Gotteserkenntnis 248
Göttliche Vorbestimmung und die Akzeptanz des Gebets 249
Das Gebet ist eine Form des Todes 250
Drei Bedingungen für die Erhörung des Gebets 252
Gott behandelt Seine Geliebten wie Freunde 254
Warum selbst das Gebet vollkommener Menschen nicht immer
erhört wird 256
Warum die Erhörung von Gebeten manchmal verzögert wird 259
Seid nicht ungeduldig und hastig 260
Die Annahme des Gebets erfordert Eifer 268
Ein demütiges Gebet 272
Reue und das Bitten um Vergebung 275
Bedeutung von tauba (Reue) 275
Reue wäscht die Flecken der Sünde fort 277
Der Mensch wendet sich Gott mit Reue zu und Gott dem Menschen
mit Gnade 279
Drei Bedingungen für Reue 280
Die Bedeutung von istiġfār 282
Das istiġfār hat einen Vorrang gegenüber der Reue 285
Das istiġfār ist eine spirituelle Übung 286
Die Tore der göttlichen Gunst sind niemals geschlossen 286
Erlösung kommt durch die Gnade Allahs 288
Erlösung 291
Die wahre Bedeutung von Erlösung 291
Die Ursache für den spirituellen Niedergang 293
Glaube ohne Verständnis ist für die Erlösung nicht ausreichend 297
Warum werden Sünden begangen und wie können sie vermieden werden? 299
Wahre Erlösung wird schon in dieser Welt gewährt 303
Die Liebe zu Gottes führt zur Erlösung 304
Wie eine Beziehung zu Gott hergestellt werden kann 308
Die Fähigkeiten, um Gott zu sehen, können schon in dieser Welt entwickelt werden 313
Wer verdient Erlösung? 315
Propheten sind Spiegel von Gottes Antlitz 316
Die Vedas stellen Gott als rachsüchtig dar 317
Die christliche Vorstellung von Erlösung steht konträr zur
Gerechtigkeit und Barmherzigkeit 319
Erlösung ist nur durch Gnade möglich 322
Reue, istiġfār und Fürbitte sind Mittel für die Vergebung von Sünden 324 Der Fluch der Sünde kann nicht übertragen werden 326
Es gibt keinen Widerspruch zwischen der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit Gottes 327
Der Tod ist nicht die Konsequenz von Sünde 328
War Jesus frei von der Erbsünde? 329
Hat die Kreuzigung die Christen von der Sünde befreit? 331
Glaube an die kalima 334
Die Säulen des Islams 337
Das ṣalāt führt zu Gott 340
Was ist das ṣalât? 342
Das ṣalāt stärkt die spirituellen Fähigkeiten eines Gläubigen 345
Das ṣalāt sollte auf höchst geziemende Weise ausgeführt werden 347
Das Bittgebet während des ṣalāt 348
Die Rezitation der al-Fātiḥa im ṣalāt 349
Das ṣalāt sollte in arabischer Sprache dargebracht werden 349
Bittgebete dürfen in der Muttersprache dargebracht werden 350
Die Philosophie der täglichen fünf Gebete 351
Das ṣalāt schützt vor Sünden 353
Die Wichtigkeit der Gebetshaltungen im ṣalāt 353
Das wahre ṣalāt 355
Ṣalāt, Gebet und die Gewissheit des Glaubens 355
Das ṣalāt stellt eine Beziehung her zwischen der Knechtschaft des Menschen und Gottes Fürsorge 356
Das ṣalāt reinigt den Geist und das Fasten erleuchtet das Herz 358
Das Ziel des Fastens ist die Läuterung 361
Die Institution ḥaǧǧ 362
Das Entrichten der zakāt 363
Der Jihad mit dem Schwert 365
Waffengewalt gegen eine gerechte nicht-muslimische Regierung ist
nicht gestattet 370
Verbot von Gewaltanwendung 371
Der Verheißene Messias wird die Ungläubigen nicht mit dem Schwert bekämpfen 374
Der Verheißene Messias sollte den Kriegen ein Ende bereiten 376
Göttliche Verfügung und Bestimmung 381
Zwei Formen der göttlichen Entschlüsse 382
Gebet und göttliche Bestimmung gehen miteinander einher 383
Zwei Aspekte des Gebets 384
Der Mensch wird nichts haben, außer das, wofür er sich bemüht 387
Gott verurteilt den Menschen nicht ohne Grund 390
Rechtschaffenheit 395
Merkmale der Rechtschaffenheit 395
Für himmlisches Wissen ist Rechtschaffenheit erforderlich 398
Eigenschaften der Rechtschaffenen 399
Urdusprachige Zweizeiler: 401
Hochmut 403
Was ist Hochmut? 403
Vergöttert mich nicht 405
Formen des Hochmuts und Mittel zur Läuterung 406
Argwohn 411
Urdusprachige Zweizeiler: 413
Bestrafung in dieser Welt 415
Warum einige Ungläubige in dieser Welt bestraft werden 416
Wie Missetäter bestraft werden 419
Auf schlechtesVerhalten folgt Strafe 422
Hochstapelei wird in dieser Welt bestraft 423
Falschen Propheten wird kein Aufschub gewährt 427
Die Seele 429
Die Seele wird auf Geheiß Allahs aus dem Nichts erschaffen 431
Die Vedas präsentieren Gott als unvollkommen 431
Allah kann aus dem Nichts erschaffen 433
Die Seele ist die Schöpfung von Gott 437
Eine ihrer Eigenschaften beraubte Seele ist tot 443
Eigenschaften der Seele 449
Die Lehre der Seelenwanderung ist falsch 451
Geburt der Seele 453
Körper und Geist werden fortwährend erneuert 454
Der Körper ist die Mutter der Seele 455
Die Beziehung zwischen Seele und Grab 456
Die Auferstehung 461
Drei Zustände der Existenz 461
Im Grab wird ein neuer Körper verliehen 465
Das Wesen des Jenseits 466
Drei Erkenntnisse des Heiligen Qur‘an über das Jenseits 470
Im Jenseits werden die spirituellen Zustände sichtbar 475
Im Himmel wird es eine fortwährende Entwicklung geben 476
Himmel und Hölle 479
Zwei Gärten für die Rechtschaffenen 481
Qual und Wonne des Grabes werden durch den Körper
wahrgenommen 491
Die Philosophie der Strafe im Jenseits 493
Die Pein ist das Ergebnis der Werke des Menschen 495
Das Wesen der Segnungen des Paradieses 496
Der Himmel eines Menschen wird in ihm selbst erschaffen 496
Das Wesen der Begünstigungen des Himmels 502
Der Zorn Gottes besitzt eine spirituelle Philosophie 505
Die Hölle ist nicht ewig 506
Der sein Leben der Sache Gottes widmet, ist ein Märtyrer 507
Drei Stufen von Himmel und Hölle 509
Der Sinn der Schöpfung 515
Nur der Schöpfer kann den Sinn des Lebens bestimmen 515
Die drei Ziele des Lebens 517
Wie das Ziel des Lebens zu erreichen ist 518
Die Anbetung ist zum Nutzen des Menschen selbst 526
Stichwortverzeichnis 530
Anmerkungen des Herausgebers 544
Zum Autor 550
1 میْ ح
رّ لانِ مٰ حْ رّ لاه
ّللام
سْ ِب
„Die Essenz des Islam“ ist die deutsche Ausgabe einer Sammlung von Auszügen aus den Schriften, Ansprachen und Bekanntmachun- gen des Verheißenen Messias, Hadhrat Mirza Ghulam Ahmad von QadianAS. 1889 erhob Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS den Anspruch, jener Messias und Mahdi zu sein, dessen Ankunft in der Endzeit nicht nur im Islam, sondern auch in anderen Religionen prophezeit wurde. Hadhrat AhmadAS verkündete seinen Anspruch zu einer Zeit, als re- ligiöse Konflikte einen Höchststand erreichten. In Indien hatten die britischen Machthaber eine Spaltung zwischen den Muslimen und Hindus hervorgerufen, was dazu führte, dass diese immerzu auf Kriegsfuß standen und ihre Theologen sich in unablässigen Debatten und Diskussionen miteinander befanden. Christliche Missionare tra- ten der Auseinandersetzung bei und riefen das Ziel aus, ganz Indien zum Christentum zu bekehren. Das Resultat war, dass Indien zum Zentrum religiöser Debatten und Kontroversen wurde.
Der Islam schien in diesem Kampf an Boden zu verlieren. Er hatte weder die numerische Überlegenheit der Hindus noch die Ressourcen des Christentums vorzuweisen. Seine Theologen waren der Recht- schaffenheit und religiösen Aufrichtigkeit verlustig gegangen, ja, erle- gen waren sie den materialistischen Verlockungen, die sie im Gewand der Religion zu erstreben wünschten. Die Welt des Islam war in der Tat eine Manifestation der Prophezeiung des Heiligen ProphetenSAW. In dieser heißt es nämlich, dass „eine Zeit kommen wird, in der nichts vom Glauben übrigbleiben wird außer Rituale und nichts vom Qurʾan übrigbleiben bleiben wird außer seinen Worten.“
In dieser Zeit der äußersten Bedürftigkeit erfüllte sich die große
1 Übersetzung: „Im Namen Allahs, des Gnädigen, des immer Barmherzigen.“ (Der Hei- lige Qur’an 1:1)
Prophezeiung des Heiligen ProphetenSAW, in der es heißt, dass selbst dann, wenn der Glauben die Welt verließe und zum Siebengestirn aufstiege, ein Mann, oder mehrere Männer, aus dem Volk der Perser diesen zurückbringen würden.
Hadhrat AhmadAS erhob den Anspruch, dieser Mann zu sein. Für Muslime ist Hadhrat AhmadsAS Anspruch bedeutsam, weil der Heili- ge ProphetSAW das Kommen des Messias und Mahdis zur Wiederbele- bung des Islam prophezeit hat; tatsächlich ermahnte er die Muslime:
„Selbst wenn ihr auf allen Vieren kriechen müsstet, um ihn zu erreichen; geht zu ihm und überreicht ihm meine Friedensgrüße (salām).“
Die Schriften des Verheißenen MessiasAS sind für all jene unter den Nicht-Muslimen ein Weckruf, die glauben, dass die Offenbarun- gen und Zeichen Gottes eine Angelegenheit längst vergangener Tage darstellen. Seine Schriften sind angefüllt mit Erörterungen über die Etablierung einer lebendigen Beziehung zu Allah, die Funktion, die Offenbarungen bei der Erlangung dieses Ziels innehaben, und der ab- soluten Notwendigkeit, der Lehre des Heiligen ProphetenSAW zu fol- gen und nach den Lehren des Heiligen Qur‘an zu leben.
Dies ist der zweite Band der Reihe mit dem Titel „Die Essenz des Islam“, deren erster Band im Jahre 2016 herausgegeben wurde. Wie der erste Band legt dieser zweite Band in den eigenen Worten des Ver- heißenen Messias, Hadhrat Mirza Ghulam Ahmad von QadianAS, eine Zusammenfassung seiner Lehre von achtzehn im Inhaltsverzeichnis aufgeführten Themen dar. Der erste Band hat sehr ermutigende Auf- nahme gefunden und es wird gehofft, dass dem zweiten Band der Reihe dasselbe Maß an Aufnahme gewährt wird. Dieser Band soll- te dem Wahrheitssucher helfen, ein wirkliches Verstehen der islami-
schen Lehren in einer Zeit zu erwerben, in der aufgrund der Unter- schiede zwischen den wahren Lehren des Islam und den Handlungen gewisser Gruppen orthodoxer Muslime ein großes Interesse in Bezug auf die wahren Lehren des Islam besteht.
Die ursprüngliche Zusammenstellung in den originären Sprachen Urdu, Arabisch und Persisch, aus welcher die englische Version her- vorgegangen ist, wurde mit äußerster Sorgfalt und Gewissenhaftig- keit von Syed Dawud Ahmad erarbeitet. Möge Allah ihn für seine Bemühungen und seinen Liebesdienst belohnen. Er veröffentlichte seine Auswahl in Form eines Buches mit dem Namen „Hadhrat Mir- za Ghulam Ahmad QadianiAS, Apnī teḥrīrū'n kī rū se“ [Hadhrat Mirza Ghulam Ahmad aus QadianAS gemäß seinen Schriften].
Die ursprüngliche englische Übersetzung wurde von Hadhrat Chaudhry Muhammad Zafrullah KhanRA, einem Gefährten des Ver- heißenen MessiasAS, der als Staatsmann, Jurist und Gelehrter der Ver- gleichenden Religion hohes Ansehen erlangte, erbracht. Mit äußers- ter Akribie, großer Fertigkeit und Präzision hat der Übersetzer viele schwierige Terminologien ins Englische übertragen. Möge Allah ihm dafür den größten Lohn gewähren.
Keine Übersetzung kann Wirkungskraft, Schönheit, Tiefe und spi- rituelle Kraft der Worte des Verheißene MessiasAS in ihrer Gänze bei- behalten. Darüber hinaus kann eine Textauswahl kein Ersatz sein für die Lektüre des gesamten Textes in jeweils dem Kontext, in dem der göttlich geleitete Autor ihn platziert hat. Gewissenhaften Gelehrten und aufrichtigen Anhängern des Verheißenen MessiasAS obliegt es, diesen Schatz in seiner ursprünglichen Schönheit zu studieren. Wir hoffen und beten, dass diese hier vorliegende Form der Präsentation den Leser dazu anregen möge, die Schriften des Autors in ihrer origi- nären Form zu lesen. Amin.
Die hier vorliegende deutsche Ausgabe basiert auf ebenjener oben vorgestellten englischen Version. Die Übertragung ins Deutsche hat Farida Sarwat erbracht. Eine umfangreiche Überarbeitung und An- gleichung der Übersetzung an die neueste englische Version wurde von Tariq Hübsch geleistet, weitere Überprüfungen und Korrekturen erfolgten von Khola Hübsch, Hasanat Ahmad, Safeer-ul-Rahman Na- sir und Nabeel Ahmad Shad. Die Gestaltung des Schutzumschlags kommt von Qamar Mahmood. Möge Allah all diese Bemühungen überreich belohnen. Amin.
Mubarak Ahmad Tanveer
Publikationsabteilung Ahmadiyya Muslim Jamaat KdöR Frankfurt am Main, 2018
Es ist nicht richtig zu sagen, dass jede Sprache eine Erfindung der Menschen ist. Die Forschung hat ergeben, dass der Erfinder und Er- schaffer der menschlichen Sprachen Gott, der Allmächtige, ist, Der den Menschen aus Seiner vollkommenen Macht erschuf und ihm eine Zunge verlieh, damit er sprechen können möge. Wäre die Sprache eine Erfindung des Menschen, so bestünde keine Notwendigkeit dar- in, einem Säugling das Sprechen zu lehren. Er würde im Laufe seines Heranwachsens seine eigene Sprache erfunden haben. Es liegt aber auf der Hand, dass ein Kind nicht sprechen könnte, würde ihm die Sprache nicht gelehrt. Egal, ob es in einem griechischen Wald, auf der britischen Insel oder unter dem Äquator heranwächst, es muss in der Kunst des Sprechens unterwiesen werden und in Ermangelung einer derartigen Unterweisung würde es nicht sprechen können.
Die Vorstellung aufgrund der Beobachtung, dass wir selbst se- hen, dass Sprachen sich selbst tausendfach verändern, weswegen der Mensch die Sprachen forme, ist eine Illusion. Diese Veränderungen erfolgen weder aufgrund bewusster menschlicher Bemühungen noch können wir irgendeine Regel oder einen Grundsatz feststellen, wo- nach der menschliche Geist zu gewissen Zeiten Veränderungen in den Sprachen herbeiführt. Tiefes Nachsinnen würde offenbaren, dass, wie alle anderen himmlischen und irdischen Veränderungen auch, sprachliche Veränderungen unter der Führung der Ursache aller Ursa- chen, nämlich Gott, stattfinden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die gesamte Menschheit zu irgendeiner bestimmten Zeit gemeinsam, oder ihre verschiedenen Gruppen gesondert, die verschiedenen auf der Welt gesprochenen Sprachen erfunden hatte. Es mag gefragt werden, warum nicht an- genommen werden sollte, dass, so wie der Allmächtige bei Sprachen fortwährend Veränderungen zustandebringt, Sprachen anfangs auf dieselbe Art und Weise, also ohne dass sie offenbart wurden, entstan- den? Die Antwort ist, dass Gott zu Beginn alles durch Seine schie- re Kraft erschuf. Ein Nachsinnen über Himmel, Erde, Sonne, Mond und über das menschliche Wesen würde von selbst enthüllen, dass der Beginn und Ursprung von allem in der reinen Wirkung Göttlicher Kraft lag, an der keine physischen Mittel beteiligt waren. Alles, was Gott erschuf, war eine Offenbarung Seiner Erhabenen Macht, die sich jenseits der menschlichen Aufnahmefähigkeit befindet...Die heutigen Umstände können nicht als ein Präzedenzfall für den Anfang und Ursprung der Schöpfung dienen. Zum Beispiel wird heutzutage kein Kind ohne die Mitwirkung seiner Eltern geboren, wenn aber zu Be- ginn dieselbe Bedingung erforderlich gewesen wäre, dann hätte der Mensch nicht ins Dasein kommen können. Darüber hinaus besteht ein sehr großer Unterschied zwischen den bei den Sprachen von Zeit zu Zeit auf natürliche Weise entstehenden Veränderungen und der in die ursprüngliche Leere erfolgenden Geburt der Sprache selbst. Diese zwei Dinge sind völlig verschieden.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 358-404)
Einige törichte Aryas, die Sanskrit für die Sprache von Parames- hvara halten, erachten alle anderen Sprachen, die hunderte von göttlichen Wundern und Eigenarten enthalten, als Erfindungen des
Menschen, als ob der Mensch, selbst Gott spielend, eine große Anzahl von Sprachen erfand, die besser waren als jene eine, die Paramesh- vara enthüllte. Wenn nun Sanskrit aus dem Munde Parameshvaras entsprang und alle anderen Sprachen die Erfindungen von Menschen sind und keine Verbindung zu Parameshvara haben, was sind denn dann, so möchten wir die Aryas fragen, die besonderen Eigenschaf- ten in seiner Sprache, die in den anderen Sprachen nicht angefunden werden; denn die Sprache von Parameshvara muss ja den Erfindun- gen der Menschen überlegen sein. Er wird Gott genannt, weil Er un- vergleichbar und erhaben in Seinem Wesen, Seinen Attributen und Seinen Werken ist. Nähmen wir an, dass Sanskrit die den Vorfahren der Hindus offenbarte Sprache von Parameshvara sei und dass ande- re Sprachen von den Vorfahren anderer Völker erfunden wurden, die klüger und weiser waren als die Vorfahren der Hindus, sollten wir dann auch annehmen, dass jene anderen Völker ein wenig erhabener waren als Parameshvara, indem sie durch ihre volllkommene Kraft hunderte von Sprachen erfanden, während Parameshvara nicht mehr als eine einzige erfinden konnte? Jene, deren ganzes Wesen vom Po- lytheismus durchdrungen ist, betrachten Parameshvara ja eventuell deshalb als ein ihnen selbst in vielen Dingen gleichartiges Wesen, weil sie sich selbst für unerschaffen und insofern für Teilhaber in seiner Göttlichkeit erachten. Der Einwand, warum Gott Sich nicht mit der Erschaffung einer Sprache zufrieden gab, beruht auf einem Mangel an Überlegung. Würde ein weiser Mensch die Verschiedenheit der Arten und Wesensarten von Völkern verschiedener Länder betrachten, so würde er zu der Überzeugung gelangen, dass eine einzige Sprache nicht passend für alle gewesen wäre. Die Menschen einiger Länder können gewisse Buchstaben und Worte leicht aussprechen, aber für die Menschen einiger anderer Länder würde die Aussprache jener Buchstaben und Worte eine große Schwierigkeit bedeuten. Wie wäre es denn möglich, dass der Allweise, nur eine Sprache liebend, den
Grundsatz, alles an seinen rechten Platz zu stellen, außer Acht gelas- sen hätte, ja, das aufgegeben hätte, was der Verschiedenheit der We- sensarten angemessen gewesen wäre?
2هٖ عِ ض
وْ م
یْ فِ ءِ یْ ش
لاعضو
Wäre es richtig gewesen, die Menschen verschiedener Wesensarten in den engen Käfig einer einzigen Sprache eingesperrt zu haben? Darü- ber hinaus ist die Erschaffung einer Vielfalt von Sprachen ein Beweis für die vielfältige Kraft von Gott, dem Allmächtigen. Das Lob Gottes, das von Seinen demütigen Geschöpfen in einer Vielfalt von Sprachen dargebracht wird, ist in sich selbst ein höchst anziehendes Schauspiel.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 447-456)
Dieses Buch ist ein wunderbares Werk, auf das wir durch einige mit Weisheit angefüllte Verse des Heiligen Qur’ans hingewiesen wurden. Neben seinen anderen Begünstigungen enthält der Heilige Qur’an auch eine, durch die die wahre Philosophie der Vielfalt der Sprachen dargelegt worden ist und durch die wir von der tiefgründigen Weis- heit, die dem Ursprung aller Sprachen zugrunde liegt, in Kenntnis gesetzt worden sind. Wir erfahren daraus auch, wie sehr jene Men- schen sich irren, die nicht einsehen, dass alle Sprachen sich unter göttlicher Führung entwickelten. In diesem Buch wird anhand von Untersuchungen bewiesen, dass der Heilige Qur’an das einzige Buch ist, das in jener Sprache offenbart wurde, die als Mutter der Sprachen und Ursprung und Urquell aller anderen Sprachen aufzufassen ist.
2 Eine Sache an ihre rechte Stelle setzen. (Anm. d. Ü.)
Es ist offenkundig, dass die ganze Schönheit und Erhabenheit eines Göttlichen Buches darin besteht, dass es in einer Sprache geschrieben ist, die dem Mund des allmächtigen Gottes entsprang, höhere Quali- täten als andere Sprachen besitzt und in ihrer Struktur vollkommen ist. Wenn wir in einer Sprache solche Eigenschaften vorfinden, die übermenschlich sind und die sich jenseits des menschlichen Könnens befinden, ja, Eigenschaften, die in keiner anderen Sprache vorzufin- den sind, von keinem menschlichen Intellekt erfunden werden und nur Gottes wahrem und ewigem Wissen entstammen können, dann sind wir gezwungen zu bekennen, dass eine derartige Sprache von Gott, dem Allmächtigen, stammt. Unsere vollkommene und tiefgrün- dige Untersuchung hat offenbart, dass jene Sprache das Arabische ist. Viele Menschen haben ihr Leben mit derartigen Untersuchungen verbracht und sich sehr bemüht, zu entdecken, welche Sprache die Mutter aller Sprachen ist, da ihre Bemühungen aber weder rechtgelei- tet waren noch ihnen vom allmächtigen Gott eine dahingehende Fä- higkeit verliehen wurde, konnten sie keinen Erfolg verzeichnen. Ein weiterer Grund liegt darin, dass sie Vorurteile gegen das Arabische hatten und ihm nicht die ihm gebührende Aufmerksamkeit schenk- ten. Somit versäumten sie, die Wahrheit zu entdecken. Jetzt sind wir durch das Heilige Wort des Allmächtigen, durch den edlen Qur’an, zu jener Wahrheit geführt worden, dass das offenbarte Buch die Mutter der Bücher ist, und dass die Mutter aller Sprachen, etwas, worauf die Parsen, Hebräer und Aryas, ja, jeder für sich, den Anspruch erhoben hat, das Arabische ist, und dass all jene, die einen anderen Anspruch erheben, sich im Irrtum befinden...
Im Gegensatz zu arabischen Worten erscheinen die Worte ande- rer Sprachen lahm, verstümmelt, blind, taub, aussätzig und bar eines natürlichen Musters. Der Wortschatz jener Sprachen ist nicht reich an Wurzelworten, was für eine vollkommene Sprache jedoch eine notwendige Eigenschaft ist... Falls irgendein Arya oder ein anderer unserer Gegner von unserer Untersuchung nicht überzeugt ist, so möchten wir ihm durch diese Verkündigung mitteilen, dass wir in diesem Buch die Gründe für die Überlegenheit, Vollkommenheit und Vortrefflichkeit des Arabischen in Einzelheiten niedergelegt haben – und unter folgenden Überschriften werden diese dargelegt:
Das vollkommene Muster der Wurzeln arabischer Wörter.
Das Arabische besitzt ein außergewöhnliches Maß an Bedeu- tungen, die den Wörtern innewohnende Eigenschaften auf- weisen.
Das System elementarer Worte ist im Arabischen höchst voll- ständig und vollkommen.
Im arabischen Sprachgebrauch übermitteln wenige Worte weitreichende Bedeutungen.
Das Arabische hat die vollkommene Fähigkeit zur Auslegung sämtlicher menschlicher Gefühle und Gedanken.
Jetzt, nach der Veröffentlichung unseres Buches, kann jeder diese Eigenschaften, so es möglich ist, im Sanskrit oder irgendeiner anderen Sprache nachzuweisen versuchen.
(Ḍiyāu l-ḥaq, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 9, S. 250, 320-321)
Der Heilige Qur’an ist ein derart glänzender Rubin und eine so herrliche Sonne, dass die Strahlen seiner Wahrheit und die seinen göttlichen Ursprung anzeigenden Lichtblitze nicht nur in einem, sondern in tausenden von Aspekten manifestiert werden. Je mehr die Gegnerdes Islam sich bemühen, dieses göttliche Licht auszulöschen, desto stärker wird dessen Manifestation und desto mehr zieht es mit seiner Schönheit und Herrlichkeit die Herzen jener an, die Einsicht besitzen. Selbst in diesem dunklen Zeitalter, in dem die christlichen Missionare und die Aryas keine Mühe gescheut haben, es zu verunglimpfen und in Verruf zu bringen und sie dieses Licht aufgrund ihrer Blindheit auf jede den Engstirnigen und Unwissenden zur Verfügung stehende Art und Weise angegriffen haben, hat dieses ewige Licht jede Art von Beweis dafür erbracht, dass es von Gott stammt. Eine seiner großartigen Charakteristiken besteht darin, dass es die Behauptung aufstellt, eine Führung zu sein und außergewöhnliche Eigenschaften zu besitzen, und dann selbst den Beweis dafür erbringt. Diese großartige Eigenschaft besitzt kein anderes Buch. Von den Gründen und Beweisen, die es zur Unterstützung seines göttlichen Ursprungs und seiner hochgradigen Überlegenheit vorgelegt hat, ist ein großartiger Beweis jener, für dessen ausführlicher Erläuterung wir dieses Buch verfasst haben. Er ist ein Produkt der heiligen Quelle der Mutter aller Sprachen, deren Wasser wie die Sterne leuchtet, den Durst jener löscht, die nach Erkenntnis dürsten, und den Schmutz des Zweifels und Misstrauens auswäscht. Kein früheres Buch hat diesen Beweis zur Unterstützung seiner Wahrheit erbracht. Wenn die Veda oder irgendein anderes Buch einen derartigen Beweis erbracht hat, so sollten die Anhänger eines solchen Buches den Anspruch auf einen solchen Beweis in den Worten jenes Buches darlegen. Der Sinn dieses Beweises liegt darin, dass durch eine vergleichende
Untersuchung verschiedener Sprachen enthüllt wird, dass alle Sprachen miteinander verwandt sind. Ein weitergehendes und gründlicheres Studium zeigt, dass die Mutter all dieser verwandten Sprachen Arabisch ist, aus dem alle diese Sprachen hervorgegangen sind. Dann enthüllt eine vollständige und umfassende Untersuchung, dass seine außerordentlichen Eigenschaften uns zur Einsicht nötigen, dass das Arabische nicht nur die Mutter aller Sprachen ist, sondern eine offenbarte Sprache, die dem ersten Menschen im Zuge der besonderen Planung des allmächtigen Gottes gelehrt und nicht von einem Menschen erfunden wurde. Dies führt zu dem Schluss, dass insofern allein das Arabische für die vollständige und vollkommene göttliche Offenbarung geeignet ist, als es erforderlich ist, dass das für die Rechtleitung der gesamten Menschheit geoffenbarte göttliche Buch in einer offenbarten Sprache zum Ausdruck gebracht wird, eine Sprache, die die Mutter aller Sprachen ist, damit sie eine natürliche Beziehung hat zu einer jeden Sprache und zu jedem, der eine Sprache spricht, und dass sie, da offenbart, jene Segnungen besitzt, mit denen alles das, was den gesegneten Händen Gottes, des Allmächtigen, entstammt, ausgestattet ist. Da aber auch die anderen Sprachen nicht vorsätzlich vom Menschen geschaffen sind, sie alle unter göttlicher Führung aus dieser heiligen Sprache hervorgegangen sind – zwar pervertiert, aber allesamt Derivate ebenjener –, war es nicht unangemessen, dass die Rechtleitung etwaiger Völker auch in jenen Sprachen offenbart wurde. Dennoch war es erforderlich, dass das erhabenste und vollendeteste Buch auf Arabisch offenbart wurde, weil Arabisch die Mutter aller Sprachen und die wahre offenbarte Sprache ist, die dem Munde des allmächtigen Gottes entstammt.
Da dieser Beweis nur vom Heiligen Qur‘an erbracht wird und er
allein von Gott zu sein beansprucht und kein anderes arabisches Buch diesen Anspruch erhebt, werden wir zur Einsicht gezwungen, dass der Qur‘an offenbar von Gott stammt und ein Wächter über andere
Bücher ist. Darum habe ich dieses Buch verfasst, damit ich mit Gottes Hilfe die gegenseitige Verwandtschaft aller Sprachen begründe und danach die Beweise erbringe, dass Arabisch die Mutter aller Sprachen und die wahre offenbarte Sprache ist; und dann sollte ich, aufgrund der Besonderheit, dass allein Arabisch die perfekte, reine und offen- barte Sprache ist, den gewissen und endgültigen Beweis darlegen, dass von allen offenbarten Büchern allein der Heilige Qur’an das höchst erhabene, höchst vollendete, höchst vollkommene und ḫātamu l-kutub ist, und dass er allein die Mutter der Bücher ist, so wie Ara- bisch die Mutter der Sprachen ist. In dieser Untersuchung haben wir drei Stufen zu durchlaufen:
Erste Stufe: Beweis, dass alle Sprachen untereinander verwandt sind.
Zweite Stufe: Beweis, dass Arabisch die Mutter aller Sprachen ist.
Dritte Stufe: Beweis, dass Arabisch aufgrund seiner außerordent- lichen Eigenschaften eine offenbarte Sprache ist.
Die erste der drei Stufen der Untersuchung ist, die wechselsei- tige Beziehung der Sprachen, welche in diesem Buch derart klar be- gründet wird, dass man sich in dieser Hinsicht keine weitere Untersu- chung vorstellen kann...
Das zweite Ergebnis ist, dass von den in Wechselbeziehung ste- henden Sprachen allein Arabisch die Mutter aller Sprachen ist. Der Beweis dafür wird in allen Einzelheiten dargelegt, ja, wir haben fest- gestellt, dass eine der besonderen Eigenschaften des Arabischen da- rin besteht, dass es eine natürliche Struktur besitzt und dadurch die Schönheit des göttlichen Ursprungs auf dieselbe Weise anzeigt wie die anderen Werke Gottes, des Allmächtigen. Wir haben auch festgestellt, dass alle anderen Sprachen ein entstelltes Bild der arabischen Sprache
darbieten. In jenem Maße, in welchem diese gesegnete Sprache in ih- rer wahren Form in jenen Sprachen erhalten geblieben ist, glänzen sie wie ein Rubin und ziehen die Herzen mit ihrer betörenden Schönheit an; und in dem Maße, in dem eine Sprache pervertiert worden ist, hat sich ihre Schönheit und Anziehungskraft verringert. Es ist offensicht- lich, dass ein Ding, das der Hand Gottes entstammt, solange es seine ursprüngliche Form beibehält, fortfährt, außerordentliche Eigenschaf- ten zu zeigen und der Mensch nichts ihm Gleiches hervorzubringen in der Lage ist. Sobald es aber seinen ursprünglichen Zustand aufgibt, verringert sich seine Form und Schönheit.
Die arabische Sprache verfährt wie eine feinsinnige und weise Per- son, die ihre Absicht auf verschiedene Art und Weise zum Ausdruck bringen kann. Zum Beispiel kann eine kluge und intelligente Person manchmal mit einer Bewegung der Augenbraue, Nase oder Hand das erreichen, wofür für gewöhnlich ein Ausdruck in Worten erfor- derlich ist; das heißt, sie kann sich in feinen Nuancen mitteilen. Dies ist eine Methode, die auch vom Arabischen angewandt wird. Manch- mal übermittelt es durch den Gebrauch des bestimmten Artikels eine Bedeutung, die in anderen Sprachen mehrere Worte erfordern wür- de. Vokale dienen oft einem Zweck, der in anderen Sprachen lange Redewendungen erfordern würde. Einige kurze Worte haben über-
raschend reiche Bedeutungen; تضرَ ع araḍtu, zum Beispiel, bedeutet
‚Ich habe Mekka und Medina und ihre Umgebungen besucht’, und تلفَ ھط
ṭahfaltu bedeutet ‚Ich bin es gewöhnt, cheena3 zu essen und habe beschlos- sen, kein anderes zu essen’...
Eine der Eigenschaften des Arabischen ist, dass all die unterschied- lichen Eigenschaften anderer Sprachen darin enthalten sind. Da sorg-
3 Eine Art von Vollkornbrot. (Anm.d.Ü.)
same Untersuchungen und gründliche Nachforschungen offenbaren, dass das Arabische all die verschiedenartigen Eigenschaften anderer Sprachen umfasst, muss anerkannt werden, dass alle anderen Spra- chen Derivate des Arabischen sind.
Manche erheben den Einwand, dass dann, wenn eine Sprache als Quelle aller Sprachen aufgefasst wird, es schwer wird zu akzeptie- ren, dass all diese Sprachen innerhalb von drei- oder viertausend Jah- ren derart unterschiedlich wurden, wiewohl sie aus nur einer Quelle entsprungen sind. Dieser Einwand ist ein Fall von Trugschluss über Trugschluss. Erstens ist es nicht fest begründet, dass die Welt erst vier- oder fünftausend Jahre alt ist und dass Himmel und Erde zuvor nicht existierten. Im Gegenteil, es gibt klare Hinweise, dass die Erde seit sehr langer Zeit bevölkert ist. Darüber hinaus ist die Entfernung von Zeit oder Ort nicht die einzige Ursache für die Verschiedenartigkeit von Sprachen. Ein gewichtiger Grund dieser Verschiedenartigkeit besteht darin, dass jede Region der Erde die Kehle, Töne und Aussprachen ihrer Bewohner infolge ihrer Längen- oder Breitengrade oder ihrer Position hinsichtlich anderer Himmelskörper oder aufgrund etwaiger anderer unbekannter Ursachen auf besondere Weise beeinflusst, und dass diese Umstände eine bestimmte Sprachform hervorrufen. Aus
diesem Grunde können Völker gewisser Länder ز (ze) oder ر (rā) nicht
richtig aussprechen. So wie sich Hautfarbe, Lebensdauer, Manieren, Sitten und Gesundheit von Land zu Land unterscheiden, unterschei- det sich auch die Sprache, denn dieselben Ursachen beeinflussen auch sie, wobei das Ausmaß des Unterschieds bestimmt wird vom Ausmaß der Ursachen... Dieser Unterschied ist nicht willkürlich, sondern wird von physischen Gesetzen bestimmt. Somit beeinflusst eine in Form oder Art oder Sitten oder menschlicher Denkweise unter dem Einfluss von irdischen oder himmlischen Ursachen stattfindende Veränderung auch die Veränderung der Sprache. Wenn ein ausländisches Wort oder eine Redewendung in ihre Sprache gelangt, ändern sie es ab. Dies ist
ein klarer Beweis, dass die Sprache von irdischen und himmlischen Ursachen beeinflusst wird. Die Juden und die Christen müssen bestä- tigen, dass Arabisch die Mutter aller Sprachen ist, da die Thora klar bestätigt, dass es zu Beginn nur eine Sprache gab.
Einige Leute wenden ein, dass die Beziehung einiger Sprachen, zum Beispiel des Hebräischen zum Arabischen, sehr viel enger ist als die anderer Sprachen, wie das Sanskrit oder europäische Sprachen. Die Antwort ist, dass obwohl das Hebräische und verwandte Spra- chen nur durch kleinere Veränderungen hervorgegangen sind und Sanskrit etc. vor langer Zeit durch Veränderungen entstanden sind, trotz dessen durch genaue Überprüfung festgestellt werden kann, dass die Elementarworte und Redewendungen dieser Sprachen aus dem Arabischen hergeleitet und durch natürliche Veränderungen weiterentwickelt wurden.
Es gibt fünf besondere Eigenschaften, die wir an passender Stelle erläutern werden und die endgültig beweisen, dass Arabisch eine of- fenbarte Sprache ist. Diese sind:
Arabisch hat eine vollkommene Wurzelstruktur, die auf die menschlichen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Anderen Sprachen fehlt diese Struktur.
Die Namen Gottes und die von Himmelskörpern und Ge- müsen und Tieren und von festen Stoffen und menschlichen Gliedern beinhalten im Arabischen eine große Weisheit. An- dere Sprachen können sich in dieser Hinsicht nicht mit dem Arabischen messen.
Das arabische System von Elementarworten, das alle Haupt-
wörter und Verben derselben Wurzelworte umfasst und ihre wechselseitige Beziehung durch Anordnung in einer sinnvol- len Struktur darlegt, ist vollkommen. Diese Eigenschaft wird in anderen Sprachen nicht im gleichen vollkommenen Maß angefunden.
Im arabischen Sprachgebrauch umfassen wenige Worte weite Bedeutungen. Das Arabische übermittelt weitläufige Bedeu- tungen durch den Gebrauch des bestimmten Artikels und von Vokalen und Wortstellungen, wofür andere Sprachen mehrere Redewendungen und Sätze verwenden müssen.
Das Arabische besitzt solche Wurzeln und Redewendungen, die ein perfektes Mittel für die Übermittlung der feinsten menschlichen Gedanken und Überlegungen liefern.
Da wir uns verpflichtet haben, diese besonderen Eigenschaften des Arabischen zu beweisen und zu erläutern, ist es erforderlich, dass wir dies auf Arabisch tun, so dass wir von jedem, der behauptet, eine an- dere Sprache sei offenbart und die Mutter aller Sprachen, verlangen können, diese Eigenschaften auf dieselbe Weise darzulegen.
Sollten wir uns mit unserer Behauptung, dass Arabisch jene fünf Eigenschafen in besonderem Maß besitzt, als falsch erweisen und ir- gendein Gelehrter des Sanskrit oder irgendeiner anderen Sprache er- folgreich darin sein zu beweisen, dass jene Sprache diese Eigenschaf- ten mit dem Arabischen in gleichem oder gar größerem Maße teilt, so geben wir ein festes und bestimmtes Versprechen ab, dass wir jenem sofort fünf tausend Rupien zahlen werden...
Was wir von den Verfechtern anderer Sprachen verlangen, ist, zu beweisen, dass ihre jeweiligen Sprachen die Eigenschaften besitzen, die wir im Arabischen festgestellt haben. Zum Beispiel ist es unerläss- lich, dass eine Sprache, die offenbart ist und als die Mutter aller Spra- chen bezeichnet wird, zum Zwecke der Umwandlung des mensch-
lichen Denkens in Worte einen derartig großen Fundus an Wurzeln besitzt, dass sie, wenn jemand eine detaillierte Ausführung zu machen wünscht über zum Beispiel die Einheit Gottes oder den Polytheismus oder die Pflichten gegenüber Gott oder über die Rechte des Menschen oder über religiöse Lehren und die sie unterstützenden Argumente, oder über Liebe und über menschliches Zusammenleben oder Groll oder Hass oder über die Lobpreisung und den Ruhm Gottes und Sei- ner heiligen Namen oder über die Widerlegung falscher Religionen oder über Berichte oder Biografien oder Gebote und Strafen oder über das Jenseits oder über die Ökonomie und Landwirtschaft und Be- schäftigung oder über Astronomie oder Physik, Medizin oder Logik usw., dass also die Wurzeln jener Sprache ihm folglich derart helfen können muss, dass es zu jedem in seinem Geist entstehenden Gedan- ken eine passende Wurzel gibt. Dies ist notwendig, damit festgehalten werden kann, dass das vollkommene Wesen, Das den Menschen und dessen Geist erschuf, von Anbeginn an auch die Wurzeln für die Äu- ßerung jener Gedanken erschuf. Unser Gerechtigkeitssinn würde uns zu bestätigen zwingen, dass dann, wenn diese Eigenschaft bei einer Sprache angefunden wird, wenn sie also in sich eine bewundernswer- te, mit der natürlichen Struktur menschlicher Ideen korrespondieren- de Wurzelstruktur aufweist, sie jeden feinen Handlungsunterschied in Worte zu fassen vermag, und ihre Wurzeln dazu in der Lage sind, den Erfordernissen aller Gedanken gerecht zu werden, ja dann ist sie insofern zweifellos eine offenbarte Sprache, als es nur ein Akt des all- mächtigen Gottes sein kann, dass dem Menschen, nachdem er mit der Fähigkeit versehen wurde, eine vielschichtige Vielfalt von Gedanken zum Ausdruck zu bringen, ihm ein seinen Gedanken entsprechen- der Fundus an Wurzeln von Tätigkeitswörtern bereitgestellt wurde, so dass das Wort und das Werk des allmächtigen Gottes auf gleicher Ebene miteinander korrespondieren können. Indes, die Eigenschaft zu besitzen, zur Äußerung von Gedanken auf eine bestimmte Wur-
zelstruktur zurückzugreifen, ist nicht die Besonderheit irgendeiner bestimmten Sprache. Viele Sprachen leiden an dem Mangel, dass sie gezwungen sind, Zusammensetzungen an Stelle von Urwörtern ein- zusetzen, was beweist, dass jene Zusammensetzungen bei Bedarf von jenen geformt wurden, die jene Sprachen für die Übermittlung ihrer Gedanken verwendeten. Insofern verdient jene Sprache, die vor sol- chen Mängeln gefeit ist und die die Eigenschaft besitzt, ihren Bedarf mit ihren Wurzeln und Urwörtern zu decken, und die ihre Worte den Werken Gottes, des Allmächtigen, anpassen kann – das heißt, dass die Gedanken auf der richtigen Ebene aufkommen –, aufgrund ihres au- ßerordentlich hohen Niveaus und weil sie eine von anderen Sprachen nicht geteilte Besonderheit besitzt, zweifellos, eine in Übereinstim- mung mit dem Göttlichem Wesen offenbarte Sprache genannt zu wer- den. Die Redlichkeit fordert die Anerkennung, dass jene Sprache, die sich durch den hohen Rang auszeichnet, aus dem Mund des allmäch- tigen Gottes zu kommen, außerordentliche Eigenschaften besitzt und die Mutter aller Sprachen ist, die einzige Sprache ist, die sich wirklich dafür eignete, dass die erhabenste und vollkommenste Offenbarung von ihr bekleidet wird. Andere Offenbarungen sind nur Derivate die- ser Offenbarung, so wie andere Sprachen nur Derivate dieser Sprache sind. Darum werden wir zu einem späteren Zeitpunkt erklären, dass allein der Heilige Qur’an die wahre vollständige und vollkommene Offenbarung enthält, die der Welt gesandt wurde. Wir werden ebenso die These entwickeln, dass wir durch Anerkennung des Arabischen als offenbarte Sprache und als die Mutter der Sprachen nicht nur be- stätigen müssen, dass der Heilige Qur’an das Wort Gottes ist, son- dern auch, dass nur der Qur’an vollständig, vollkommen und jene wahre Offenbarung ist, die ḫātamu l-kutub genannt werden sollte.
مُ یْ ظِ عَ ْلایُّ ِلعَ ْلاوَ ھ
و هِ ّللاِباَّلاِ ةَ وَّ ُقاَلوَ لَ وْ ح
اَلو 4
(Minanu r-raḥmān, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 9, S. 128-142)
Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Analyse des Buches der Natur uns zur Einsicht nötigt, dass das wesentliche Merkmal all dessen, das von Gott erschaffen wurde oder von Ihm stammt, darin besteht, dass es dazu dient, die Erkenntnis Gottes gemäß seinem je- weiligen Rang und seiner Stellung herbeizuführen, und dass es auf seine ihm eigene Art und Weise verkündet, dass der wahre Zweck seiner Erschaffung darin liegt, als ein Mittel zur Erkenntnis des Göttli- chen zu dienen. Dies wird durch die Analyse der verschiedenen Arten von Gottes Schöpfung bestätigt. Und somit war es erforderlich, dass auch die arabische Sprache, da sie aus dem Mund des allmächtigen Gottes stammt, dieses Zeichen zur Darstellung bringt, so dass mit Si- cherheit begründet wird, dass sie tatsächlich zu jenen Dingen gehört, die ohne Eingriff von irgendwelchen menschlichen Bemühungen aus- schließlich von Gott, dem Allmächtigen, stammen. Aller Preis gebührt Allah und Seiner Huld, dass die arabische Sprache dieses Zeichen äu- ßerst klar und deutlich darbringt. So wie der Vers:
5 نِ وْ دُ بُ عْ یَ ِلاَّلاِ سَ ْ ناِ ْلاوَ نَ
جِ لات
قْ َلخامو
4 Es gibt keine Macht (gegen das Böse) und keine Kraft (für das Gute ) außer bei Allah und Er ist der Erhabene, der Große.. (Anm. d. Ü.)
5 „Und Ich habe die Dschinn und die Menschen nur darum erschaffen, dass sie Mir dienen.“ (51:57; Anm. d. Ü.)
den wahren Zweck der Erschaffung des Menschen und seiner Fä- higkeiten erklärt, desgleichen wird ebenjene Wahrheit hinsichtlich der arabischen Sprache begründet; dass eben sie die wahre Sprache des Menschen und Teil seiner Schöpfung ist. Es kann kein Zweifel darin bestehen, dass die Erschaffung des Menschen nur dann als vollstän- dig und vollkommen angesehen werden kann, wenn sie auch von der Erschaffung der Sprache begleitet wird. Denn das, was die wahre Schönheit der Menschlichkeit offenkundig macht, ist die Sprachfähig- keit, und es wäre nicht übertrieben zu behaupten, dass Menschlichkeit Sprache – und die mit ihr einhergehenden Notwendigkeiten – bedeu- tet. Somit bedeutet die Versicherung Gottes, des Allmächtigen, dass Er den Menschen erschaffen hat, damit er Ihn anbetet und erkennt, in anderen Worten, dass Er das Wesen der Menschlichkeit, die ja aus der Sprachfähigkeit und allen ihr untergeordneten Fähigkeiten und Handlungen besteht, für Seinen eigenen Dienst erschaffen hat. Wenn wir darüber nachsinnen, was der Mensch ist, wird offenkundig, dass er ein Lebewesen ist, das sich aufgrund seiner Sprachfähigkeit von anderen Lebewesen vollkommen unterscheidet. Dies zeigt, dass die Sprachfähigkeit die grundlegende Natur des Menschen ist und dass all seine anderen Fähigkeiten ihr dienen und untertan sind. Würde man sagen, dass die menschliche Sprache nicht von Gott, dem All- mächtigen, stammt, so würde das auf die Aussage hinauslaufen, dass die Menschlichkeit des Menschen nicht von Ihm stammt. Dabei ist es aber offenkundig, dass Gott der Schöpfer des Menschen und inso- fern auch der Lehrer seiner Sprache ist. Wessen Sprache Lehrer Er ist, kann geschlussfolgert werden, wenn man darüber reflektiert, dass sie insofern jene Sprache sein muss, die dem Menschen zum Zweck der Erkenntnis Gottes dienen kann, als die anderen Fähigkeiten des Men- schen ihm gemäß dem Zweck des folgenden Verses dienen:
6 نِ وْ دُ بُ عْ یَ ِلاَّلاِ سَ ْ ناِ ْلاوَ نَ
جِ لات
قْ َلخامو
Wir haben bereits erklärt, dass allein das Arabische jene Eigen- schaften besitzt. Sein Verdienst besteht darin, eine Kraft innezuhaben, mit der dem Menschen das Ausmaß Gottes übermittelt werden kann, da es in seinen Urwörtern auf wunderbare Weise die im Naturgesetz angefundenen Unterschiede in den göttlichen Attribute darlegt. Es verdeutlicht die zarten und feinen Unterschiede zwischen den gött- lichen Attributen, die im Buch der Natur anzufinden sind, den Be- weisen der göttlichen Einheit, auf die im gleichen Buch hingewiesen wird, und den mannigfaltigen Arten der Göttlichen Pläne, die sich auf Seine Geschöpfe beziehen, und die ebenso im selben Buch an- zufinden sind, auf eine derartige Weise, dass sie ein entzückendes Bild darbieten. Es zeigt sehr klar einerseits den feinen Unterschied zwischen den Attributen und Eigenschaften des Allmächtigen Got- tes und andererseits den zwischen Seinen Plänen und Werken, die von Seinem Naturgesetz bezeugt werden. Somit wird offensichtlich, dass der allmächtige Gott die arabische Sprache als einen angemesse- nen Diener für die Manifestation Seiner Attribute, Seiner Werke und Pläne sowie zur Erläuterung der Übereinstimmung zwischen Seinen Worten und Werken erschaffen und diese Sprache von Anbeginn zum Schlüssel für die Lösung der Geheimnisse all dessen, was sich auf das Göttliche bezieht, bestimmt hat. Wenn wir diese wunderbare und majestätische Eigenschaft des Arabischen würdigen, dann scheinen alle anderen Sprachen an Dunkelheit und Mängeln zu leiden. Keine Sprache besitzt die dem Arabischen innewohnende Eigenschaft, für göttliche Attribute und Lehren wie ein Spiegel zu fungieren und eine einfache reflektierende Illustration des natürlichen Musters aller As-
6 „Und Ich habe die Dschinn und die Menschen nur darum erschaffen, dass sie Mir dienen.“ (51:57; Anm. d. Ü.)
pekte der Göttlichkeit darstellen zu können. Wenn wir mit Hilfe des gesunden Menschenverstands und klaren Intellekts die Gliederung der im Buch des Universums seit Anbeginn auf natürliche Weise re- flektierenden göttlichen Attribute betrachten, so finden wir dieselbe Gliederung in den Urwörtern der arabischen Sprache. Bedenken wir zum Beispiel, in wie viele Aspekte die Gnade des allmächtigen Gottes grundlegend aufgeteilt ist, so lehrt uns das Naturgesetz infolge einer vernünftigen Untersuchung, dass Seine Gnade zwei Aspekte umfasst: vor einer Handlung unsererseits und nach einer Handlung. Das Sys- tem der Fürsorge bezeugt eindeutig, dass die göttliche Gnade gemäß ihrer ursprünglichen Aufteilung sich für die Menschheit auf zwei Ar- ten manifestiert.
Zuerst kommt jene Gnade, die sich für den Menschen manifestiert, ohne dass irgendeine Handlung des Menschen erfolgt wäre; zum Bei- spiel in der Erschaffung von Himmel und Erde und Sonne und Mond und Planeten und Wasser und Luft und Feuer und all jenen anderen Wohltaten, von denen das Leben und Überleben des Menschen ab- hängig ist. Zweifellos sind alle diese Wohltaten eine Gnade für den Menschen, die ihm ohne irgendein Anrecht darauf durch schiere Gunst und Wohltätigkeit gewährt wurden. Dies ist eine Gunst, die bereits zur Wirkung kam, bevor der Mensch, der nichts damit zu tun hatte, ins Dasein kam...
Die zweite Art der Gnade ist jene, die den guten Taten des Men- schen folgt. Wenn er zum Beispiel ernsthaft Gott anfleht, wird sein Ge- bet erhört, und wenn er den Boden mühsam bestellt und den Samen sät, fördert die göttliche Gnade den Samen, mit dem Ergebnis, dass eine große Menge an Korn geerntet werden kann. Desgleichen würde eine detaillierte Untersuchung zeigen, dass die göttliche Gnade jede
unserer rechtschaffenen Handlungen, egal, ob religiös oder weltlich, begleitet. Wenn wir uns gemäß den von Gott vorgeschriebenen Ge- setzen mühen, kommt die göttliche Gnade zur Wirkung und macht unser Mühen fruchtbar. Diese beiden Arten der Gnade sind derart, dass wir ohne sie nicht überleben können. Niemand kann ihre Exis- tenz leugnen – diese strahlenden Manifestationen, die die gesamte Struktur unseres Lebens unterstützen.
Wenn festgestellt ist, dass der allmächtige Gott für unseren Un- terhalt und unsere Vervollkommnung die Quellen zweier Arten der Gnade hat fließen lassen und dass jene zwei Seiner Attribute darstel- len, die auf zweierlei Weise für die Bewässerung des Baumes unseres Daseins etabliert wurden, so müssen wir herausfinden, wie diese zwei Quellen in der arabischen Sprache genannt werden. Aufgrund der ersten Art der Gnade wird der allmächtige Gott auf Arabisch Raḥmān genannt, und Er wird Raḥīm genannt aufgrund der zweiten Art der Gnade. Um diese Eigenschaft der arabischen Sprache zur Darstellung zu bringen, haben wir den Ausdruck Raḥmān gleich in der ersten Zeile unserer arabischen Abhandlung erwähnt. Da das Attribut der Gnade aufgrund seiner grundlegenden Aufteilung und gemäß dem göttli- chen Naturgesetz zwei Arten umfasst, hat die arabische Sprache zwei Urworte dafür. Für einen Sucher nach der Wahrheit wäre es äußerst nützlich, wenn er zum Zwecke der Unterscheidung der im Buch der Natur sichtbaren göttlichen Attribute und Werke die feinen Unter- schiede der arabischen Sprache als Richtschnur annähme und nach jenen Differenzierungen Ausschau halten würde, die gemäß dem Na- turgesetz in den arabischen Urwörtern in Erscheinung treten. Immer, wenn versucht wird, den Unterschied herauszustellen zwischen ara- bischen Synonymen, die sich auf Gottes Attribute oder Werke bezie- hen, sollte insofern die Aufmerksamkeit auf die Aufteilung jener in der Natur wahrzunehmenden Attribute und Werke gerichtet werden, als der wahre Zweck des Arabischen darin besteht, der Göttlichkeit zu
dienen, wie das wahre Ziel des Menschen darin besteht, die erleuch- tete Erkenntnis Gottes, des Allmächtigen, zu erlangen.
Aller Dinge Eigenschaften können nur gewürdigt werden, wenn fortwährend darüber nachgedacht wird, für welchen Zweck sie er- schaffen worden sind. Zum Beispiel wurde ein Ochse zum Pflügen und als Transportmittel erschaffen. Würden wir ihn, diesen Zweck außer Acht lassend, als Jagdhund zu verwenden versuchen, so würde er völlig versagen und sich als nutz- und wertlos erweisen. Anderer- seits, wenn wir ihn auf dem Gebiet seines wahren Zweckes erproben, beweist er bald, dass er eine große Verantwortung im System der Er- haltungsmittel des menschlichen Lebensunterhalts trägt. Kurzum, der Wert der Dinge kommt dann zum Vorschein, wenn sie für ihren jeweiligen Verwendungszweck Verwendung finden. Somit ist der wahre Zweck des Arabischen, das helle Angesicht aller Manifestatio- nen der Göttlichkeit zu offenbaren. Da die rechte Ausführung dieser empfindlichen und feinsinnigen Tätigkeit und der Schutz vor Fehlern sich jenseits der menschlichen Fähigkeiten befand, hat Gott, der Edle und Barmherzige, den Heiligen Qur‘an in der arabischen Sprache of- fenbart, ja, hat auf eine derartige Weise eine wunderbare Veranschau- lichung der Eigenschaften der arabischen Sprache und des feinen Unterschieds zwischen den verschiedenen Elementarworten und der außerordentlich reichen Begriffsinhalte seiner Wortzusammensetzun- gen erbracht, dass jeder zur Würdigung dessen sich zu verbeugen hat. Alle diese Eigenschaften der arabischen Sprache wurden von den größten zeitgenössischen Sprachkundlern nicht nur bestätigt, son- dern das Versagen jener, etwas Gleiches zu finden, begründete, dass es menschlichen Fähigkeiten nicht möglich ist, jene Wahrheiten und Einblicke darzulegen, um die wahre und wirkliche Schönheit der Sprache deutlich zu machen. Wir haben den Unterschied zwischen Raḥmān und Raḥīm aus demselben Heiligen Buch gelernt, das wir in unserer arabischen Abhandlung als ein Beispiel angeführt haben. Jede
Sprache enthält viele Synonyme, aber bis wir die Unterschiede zwi- schen ihnen erkennen und solange sich jene Worte nicht auf Göttlich- keit und religiöse Lehren betreffende Themen beziehen, brauchen wir sie nicht berücksichtigen.
Man sollte auch bedenken, dass der Mensch diese Elementarwor- te nicht erfinden kann, wenn sie aber von göttlicher Kraft einmal er- schaffen sind, kann der Mensch ihre feinen Unterschiede und ihren passenden Gebrauch durch Studium entdecken. Zum Beispiel haben die Grammatiker nichts Neues entdeckt, noch haben sie irgendwel- che Regeln gebildet, an die andere Menschen sich halten müssen; aber durch das Studium dieser natürlichen Sprache entdeckten sie, dass sie ein System von Regeln deutlich machte, und sie machten sich daran, jene Regeln zu formulieren, um das Studium der Sprache zu ermögli- chen. Somit machte der Heilige Qur‘an dadurch, dass er jedes Wort an seinem ihm angemessenen Platz gebrauchte, deutlich, wie geschickt die arabischen Elementarworte gehandhabt werden können, wie sie den Themen, die sich auf die Göttlichkeit beziehen, dienen und wie feinsinnig ihre Unterschiede sind...
Jetzt gehen wir dazu über, einige der Bedeutungen eines weiteren arabischen Wortes darzulegen, das wir aus dem Heiligen Qur‘an
ausgewählt haben und welches Rabb بر heißt. Dieses Wort kommt
gleich im ersten Vers des ersten Kapitels des Heiligen Qur‘ans vor, wo
es heißt:
7ن
ْیمِ َلعٰ ْلابّ
رَ هِ ّلٰ ِلد
مْ َحلْ َا
Lisānu l-ʿarab und Tāǧu l-ʿurūs, die zwei zuverlässigsten arabischen
7 Arab.:‚Aller Preis gehört Allah, Der der Rabb des Universums ist’. Anm.d.Ü.
Lexika, haben dargelegt, dass das Wort Rabb بر sieben Bedeutungen umfasst: کلام Mālik (Meister oder Besitzer), دیس Sayyad (Meister oder Oberster), رّبدم Mudabbir (Regler), بیرم Murabbī (Einer der aufzieht), میق Qayyim (Wegweiser), معنم Munʿim (Gewährer) und ممتم Mutammim (Vervollkommner). Von diesen sieben beziehen sich drei auf die persönliche Erhabenheit des Allmächtigen. Eine von diesen ist Mālik, welches bedeutet, dass Ihm das Universum gehört und dass Er es gebrauchen kann, wie Er will, und dass Sein Eigentumsrecht darauf von niemandem geteilt wird. Dieses Wort kann insofern in seiner wahren Bedeutung für niemand anderen verwandt werden als für den Allmächtigen Gott, als volle Oberhoheit und vollständige Verfügungsgewalt und vollkommene Rechte niemandem außer Gott, dem Allmächtigen, beigemessen werden können.
دیس Sayyad ist jemand, dem sehr viele untergeordnet sind, die ihm aus aufrichtigem Eifer und natürlichem Gehorsam dienen sollten. Der Unterschied zwischen einem Herrscher und einem Sayyad besteht darin, dass ein Herrscher Menschen durch seine Macht und die Strenge seiner Gesetze unterwirft, während die Anhänger eines Sayyads ihm aufgrund ihrer aufrichtigen Liebe und aus Eifer und Vorliebe gehorchen und ihn aus aufrichtiger Zuneigung ihr Oberhaupt nennen. In jenem Sinne kann einem Herrscher gehorcht werden, wenn er nach Ansicht seines Volkes ein Sayyad wird. Auch dieses Wort kann insofern für niemanden außer Gott, dem Allmächtigen, verwendet werden, als wahrer und eifriger Gehorsam, der kein sichtbares persönliches Ziel hat, unmöglich irgendwem außer Gott, dem Allmächtigen, geleistet werden kann. Er ist der Einzige, vor Dem sich die Seelen niederwerfen, denn Er ist die wahre Quelle ihrer Erschaffung. Darum beugt jede Seele sich natürlich vor Ihm nieder. Auch die Anbeter von Götzen und Menschen haben dasselbe Begehren nach Seinem Gehorsam wie ein Rechtschaffener, der an Seine Einheit glaubt, aber aufgrund
ihres Irrtums und ihrer fehlerhaften Begierde verfehlen sie, die wahre Quelle des Lebens zu erkennen, und aufgrund ihrer Blindheit lenken sie ihr einzigartiges Begehren auf ein falsches Objekt. Darum vergöttlichen einige von ihnen Steine oder Ramchandra oder Krischna oder den Sohn der Maria in dem falschen Glauben, dass das Objekt ihrer Anbetung der wahre Gott sei. Sie richten sich selbst zugrunde, indem sie Geschöpfe vergöttlichen. Auf dieselbe Weise wurden jene, die ihren eigenen Begierden nachgehen, auf ihrer spirituellen Suche nach dem wahren Geliebten und Sayyad in die Irre geführt. Auch ihre Herzen suchten nach einem Geliebten und wahren Sayyad, da sie die wahre Begierde ihrer Herzen aber zu erkennen verfehlten, bildeten sie sich ein, dass der wahre Geliebte und Sayyad, den die Seelen suchen und dem sie zu gehorchen begehren, weltlicher Reichtum und Besitztümer und Wonnen seien. Dies war ein Irrtum ihrerseits. Der wahre Erreger spiritueller Begehren und die wahre Quelle reiner Bedeutungen ist jenes Wesen, Das gesagt hat:
8 نِ وْ د
بُ عْ یَ ِلاَّلاِ سَ ْ ناِ ْلاوَ نَ
جِ لات
قْ َلخ
امو
bedeutend, dass Er allein das Ziel der Erschaffung des Menschen, der Dschinn und aller ihrer Fähigkeiten ist, die erschaffen worden sind, damit Gott erkannt und angebetet werden möge. Dieser Vers zeigt an, dass der Mensch durch seine bloße Erschaffung mit der Su- che und Erkenntnis von und dem Gehorsam gegenüber Gott versehen worden ist. Wäre der Mensch damit nicht versehen worden, gäbe es insofern keine Jagd nach Leidenschaften, keine Götzenanbetung und keine Anbetung von Menschen auf der Welt, als sich jeder Irrtum aus dem Streben nach der Entdeckung der Wahrheit ergibt. Somit ist Gott allein der wahre Sayyad.
8 Sura Aḏ-Ḏāriyāt (5l:57)
Eine weitere dieser Eigenschaften ist رّبدم Mudabbir. Dies bedeu- tet, dass unter Berücksichtigung jedes Vorhabens das gesamte System von Ereignissen in der Vergangenheit und das von Konsequenzen in der Zukunft ebenso fortwährende Berücksichtigung erfährt, wie die Einordnung aller Dinge an ihrem adäquaten Platz hinsichtlich eben- jenes Systems; und dass nichts außerhalb ebenjenes seinen Platz hat. Auch dieses Attribut kann insofern niemandem außer Gott, dem All- mächtigen, zugewiesen werden, als die vollkommene Planung die Kenntnis des Verborgenen erfordert, und die besitzt alleine Gott, der Allmächtige.
Die verbleibenden vier Namen – بیرم Murabbī, میق Qayyim, معنم Munʿim und ممتم Mutammim – verweisen auf jene Wohltaten des All- mächtigen Gottes, die den Menschen aufgrund Seiner vollkommenen Meisterschaft, Führung und Planung gewährt werden. Murabbī be- deutet: Jener, der nährt; und vollkommene Nahrung bedeutet, dass alle Aspekte des Menschen, wie sein Körper, seine Seele, seine Fähig- keiten und seine Aufnahmefähigkeit, genährt werden, und dass das System der Nahrung sich bis auf den Höhepunkt des physischen und geistigen Fortschritts des Menschen erstreckt. Ebenso wird die Mani- festation jenes Punktes, bei dem die Menschlichkeit oder dessen Ele- mente ihren Anfang nehmen, ja, ihre Grundstruktur sich vom Nicht- sein aufs Dasein hinzuzubewegen beginnt, als Nahrung bezeichnet. Dies zeigt, dass Rabūbiyyat im arabischen Sprachgebrauch einen sehr weiten Begriffsinhalt hat und die ganze Spannweite vom Punkt des Nichtseins bis zum Höhepunkt der Vollendung deckt. Begriffe wie
„Schöpfer“ (Ḫāliq) und ähnliche sind Ableitungen von Rabb.
میِّ َق Qayyim bedeutet: Einer, der das System beschützt. Munʿim ist Einer, der alle Wohltaten gewährt, die der Mensch oder irgend- ein anderes Geschöpf gemäß seiner Aufnahmefähigkeit erhalten kann und zu erlangen begehrt, um zu seiner Vollendung zu gelangen, da es heißt:
ٰ
9 یدھ
مَّ ُث هٗ قَ ۡلخ
ءٍ یۡ ش
لَّ ُکیطع
َایۤ
ذِ َّلاانَ ُّبر
Unser Herr, Der alle Dinge mit angemessenen Fähigkeiten verse- hen hat und sie dann zur Verwirklichung ihrer unerlässlichen Besti- mung führte.
مْ مِّ تَ م Mutammim bedeutet, dass das System der Wohltätigkeit in
keiner Hinsicht unzureichend sein darf und in all seinen Aspekten zur Vollendung gelangen soll.
Insofern umfasst der im Heiligen Qur‘an verwendete Begriff Rabb
all jene Bedeutungen, die wir soeben in Kürze dargelegt haben.
Wir müssen mit tiefem Bedauern festhalten, dass ein törichter christlicher Autor aus Europa in einem seiner Bücher dargelegt hat, dass das Christentum dem Islam gegenüber den Vorzug besitze, dass es Gott, den Allmächtigen, „Vater“ nennt, welches ein sehr teurer und lieblicher Name sei, und dass im Qur‘an dieser Name für Gott nicht verwendet wird. Wir sind überrascht, dass dieser Kritiker nicht dar- über nachgedacht hat, welche Ehre und Erhabenheit die Lexika dem Ausdruck „Vater“ beigemessen haben, denn jedes Wort erwirbt wah- re Ehre und Erhabenheit von der Stellung, die ihm von einem Lexikon zugewiesen wird, und niemand hat das Recht, einem Wort eine sol- che Ehre zu verleihen, die das Lexikon nicht verleiht. Darum missach- tet selbst das Wort Gottes das Lexikon nicht, und allen vernünftigen Leuten zufolge muss, um die Ehre und Erhabenheit eines Wortes zu bestimmen, zuerst das Lexikon eingesehen werden, um zu ermitteln, welche Ehrenrobe es jenem Wort verliehen hat. Dies beachtend, stel- len wir fest, dass alles, was das Lexikon enthüllt, lautet, dass, wenn jemand tatsächlich aus dem Samen eines anderen geboren wurde und derjenige, der den Samen fallen lässt, keine weitere Verbindung mit seiner Geburt hat, gesagt wird, dass er sein Vater sei. Möchte man
9 Der Heilige Qur‘an 20:51. (Anm. d. Ü.)
darauf hinweisen, dass Gott, der Allmächtige, Selbst der bewusste Er- schaffer einer Person ist und Er jenen Selbst zur Vollkommenheit führt und ihm aus Seiner großen Barmherzigkeit geeignete Wohltaten ge- währt und Selbst dessen Beschützer und Unterstützer ist, so gestattet das Lexikon nicht, dass diese Bedeutungen durch den Gebrauch des Wortes „Vater“ zum Ausdruck gebracht werden; für die Übermittlung dieses Begriffes liefert das Lexikon ein anderes Wort und das ist Rabb, dessen wahre Bedeutung gemäß Lexikon wir soeben dargelegt haben. Es steht uns überhaupt nicht zu, unser eigenes Lexikon zu erfinden, und wir müssen jener Aufteilung von Worten folgen, die von Beginn an von Gott festgelegt wurde.
Dies würde zeigen, dass es Gott gegenüber respektlos und Ihn herabsetzend ist, wenn man für Ihn den Begriff „Vater“ gebraucht. Jene, die die Beschuldigung gegen Jesus erfunden haben, dass er die Gewohnheit hatte, Gott, den Allmächtigen, „Vater“ zu nennen und dass er fürwahr glaubte, dass Gott sein Vater war, haben sich schuldig gemacht, ihn eines falschen und abscheulichen Vergehens zu bezich- tigen. Kann ein vernünftiger Mensch sich vorstellen, dass Jesus sich einer derartigen Torheit schuldig machte, für den Glorreichen Gott einen Namen zu verwenden, dessen etymologische Bedeutung so ge- ringschätzig und demütigend ist, und die in jeglicher Hinsicht Schwä- che, Machtlosigkeit und Hilflosigkeit anzeigt?...
Der Begriff abb (Vater) ist derart geringschätzig und demütigend, dass er nicht zwangsläufig irgendeine Art von Plan, Pflege oder Lie- be umfasst. Zum Beispiel muss ein Ziegenbock, der eine Ziege deckt
und seinen Samen fallen lässt, oder ein Bulle, der seine Lust an einer Kuh befriedigt und sich dann ohne einen Gedanken an das aus sei- ner Handlung geborene Kalb von ihr abwendet, oder ein Schwein, das unter der Aufwallung seiner Lust fortwährend damit beschäftigt ist, sie zu befriedigen, und keine Vorstellung hat, dass durch seine wiederholte Handlung ganze Würfe von Ferkeln geboren und auf der Erde verbreitet werden, ohne Zweifel, wenn deren lustvolle Tätigkei- ten ihre Jungen hervorbringen, deren Vater genannt werden. Allen Lexika zufolge beinhaltet das Wort „Vater“ nicht im Geringsten, dass ein Vater, nachdem er den Samen hat fallen lassen, irgendwelche wei- teren Schritte zu unternehmen hätte, damit ein Kind geboren werden kann, oder dass dies zur Zeit der Begattung seine Absicht gewesen ist; tatsächlich beinhaltet das Wort „Vater“ nicht notwendigerweise den Wunsch nach Nachkommen, sondern bedeutet nur, dass er den Samen fallen lässt, und nur aufgrund dessen wird er lexikographisch
„Vater“ genannt. Wie kann also gestattet sein, dass ein so wertloses, von allen Sprachen geschätztes Wort für den Allmächtigen verwen- det wird, Dessen Werke durch Seine vollkommene Planung, Sein vollkommenes Wissen und Seine vollkommene Macht manifestiert werden? Wie kann es sein, dass dasselbe Wort, das für einen Bullen und für ein Schwein gebraucht wird, auch für Gott, den Allmächti- gen, verwendet werden sollte? Welche Unverschämtheit ist es, mit der die ignoranten Christen weiterhin fortfahren? Ihnen ist weder Scham noch Zurückhaltung noch irgendein Verstehen menschlicher Werte verblieben. Die Lehre von der Sühne hat sich auf ihre menschlichen Fähigkeiten wie eine Lähmung ausgewirkt, so dass sie völlig wert- und gefühllos gemacht worden sind...
Wir möchten hier auf einige Zweifel hinweisen, die Max Müller im ersten Band seines Buches „Wissenschaft der Sprachen“ zum Aus- druck brachte.
Seine Aussage: Ein Faktor, der den Fortschritt des Wissens verhin-
dert hat, ist, dass einige Menschen verächtliche Ausdrücke für andere verwandten und ihre Sprachen nicht erlernten, um Spott und Verach- tung über sie zu bringen. Solange aus menschlichen Wörterbüchern die Worte wild und dumm (ʿaǧamī), wie für jene Menschen verwen- det, nicht getilgt wurden und Ausdrücken wie „Bruder“ Platz mach- ten und solange nicht anerkannt wurde, dass die gesamte Menschheit eine Spezies ist, konnte mit der Wissenschaft der Sprachen nicht be- gonnen werden.
Meine Aussage: Diese obige Aussage zeigt, dass der Autor den Arabern gegenüber kritisch eingestellt ist und meint, dass der von ih- nen für jene mit anderer Sprache als Arabisch verwandte Ausdruck ʾaǧam aus Fanatismus und Verachtung gebraucht wird. Er verfiel diesem Irrtum, weil sein christlicher Fanatismus ihm im Wege stand, herauszufinden, ob die Ausdrücke ʿaǧam und ʿarab vom Menschen oder von Gott, dem Allmächtigen, ersonnen wurden. Er selbst hat in seinem Buch bestätigt, dass der Mensch selbst nicht die Fähigkeit hat, die Elementarworte einer Sprache zu formulieren. Arabisch hat zwei Worte, die sich gegenüber stehen. Eines ist ʿarab, das auf jene ver- weist, die beredt sind und in ihrer Ausdrucksweise meisterhaft sind; und das andere ist ʿaǧam, was unberedt und schweigsam bedeutet. Falls Max Müller meint, dass diese zwei Worte nicht antik sind und der Islam sie aus Fanatismus erfunden hat, so sollte er die mit diesen Bedeutungen versehenen, ursprünglichen Worte angeben, denn es ist nicht möglich, dass im Altertum ein Volk keinen Namen hatte. Wenn festgestellt wird, dass diese zwei Ausdrücke antik sind, dann würde das bedeuten, dass sie nicht vom Menschen geprägt wurden, sondern dass der allmächtige Wisser des Unsichtbaren, Der den Menschen mit verschiedenartigen Fähigkeiten erschaffen hat, Selbst diese zwei Na- men, den jeweiligen Fähigkeiten entsprechend, für verschiedene Völ- ker gebraucht hat.
Eine weitere Überlegung ist, dass, wenn jemand die zwei Ausdrü-
cke ʿarab und ʿaǧam aus Fanatismus und Verachtung erfunden hätte, sie dann ohne Zweifel den Tatsachen widersprechen und völlig falsch sein würden. Wir haben in diesem Buch aber begründet, dass das Wort ʿarab eine Tatsache zum Ausdruck bringt und es in der Tat wahr ist, dass die arabische Sprache, aufgrund ihres Systems von Elementar- worten und ihrer feinen Struktur und ihren weiteren Wundern, eine derart hohe Stellung einnimmt, dass man einräumen muss, dass im Vergleich mit ihr andere Sprachen wie stumm erscheinen. Außerdem sehen wir, dass andere Sprachen bewegungslos sind wie feste Stoffe und jeder Bewegung hin zu einer Entwicklung so sehr entbehren, als seien sie leblos, ja, wir müssen eingestehen, dass sie eine sehr niedrige Stellung einnehmen. Die arabische Sprache beschreibt Nicht-Araber höflich als ʿaǧam, aber in Wirklichkeit verdienten sie nicht einmal die- ses Beiwort. Wäre der niedere Zustand ihrer Sprachen richtig bezeich- net worden, so würde der passendste dafür verwendbare Ausdruck gewesen sein, dass jene Sprachen tot seien.
(Minanu r-raḥmān, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 9, S. 145-161)
Gepriesen sei Arabisch, wie schön ist sein Angesicht, das aus voll- kommen erleuchteten Mänteln hervorschaut! Durch sein erhabenes Licht ist die Erde erhellt worden und es hat den Beweis erbracht, dass es den Gipfel der Sehnsüchte des Menschen umfasst. Wunder des all- weisen und mächtigen Schöpfers werden darin angefunden, so wie sie in allem angefunden werden, das vom erhabenen Schöpfer stammt. Allah hat alle seine Glieder vervollkommnet und aus seiner Schönheit und Herrlichkeit nichts ausgelassen, und ohne Zweifel wird man sei- ne Ausdrucksweise darin vollendet finden, dass es alle menschlichen Ziele umfasst. Es gibt keine zu irgendeiner Zeit beginnende Hand- lung noch irgendeines der Attribute Allahs, des Gewährers, noch ir-
gendeine Lehre aus der Anzahl der Lehren der Menschheit, als dass es im Arabischen nicht ein geeignetes Elementarwort dafür gäbe. Solltet ihr einen Zweifel daran hegen, so lasset uns das Gegenteil wissen.
(Minanu r-raḥmān, Rūḥānī ḫazā’in, Bd. 9, S. 193-194)
Es gibt kein schützendes Gesetz, durch dessen Befolgen wir uns vollkommen gegen Fehler schützen können. Das ist der Grund, war- um Philosophen, die die Regeln der Logik errichteten, die Methoden der Diskursführung erfanden und die Beweisführung in der Philo- sophie festlegten, fortwährend in Irrtum verfielen und als Erbe ihrer Unwissenheit hunderte von falschen Vorstellungen und missver- standenen Philosophien und eitlen Abhandlungen hinterließen. Dies zeigt, dass es unmöglich ist, ohne Fehler die Wahrheit einer jeden Sa- che zu ergründen und als Ergebnis seiner eigenen Forschung die rich- tigen Lehren zu bestimmen. Wir haben keine Person gekannt, noch je von einer solchen gehört, noch in irgendeinem Geschichtsbuch von jemandem gelesen, der in all seinen Auffassungen und Überlegun- gen fehlerfrei war. Daraus folgt, dass es grundsätzlich unmöglich ist, Menschen zu finden, die durch das Studium der Naturgesetze und
der Vereinbarung ihres Gewissens mit den Verhältnissen der Welt ihre Forschung bis auf die höchste Stufe der Wahrheit führten, ohne dass die Möglichkeit eines Fehlers bestand...
Wenn der Mensch also durch sein eigenes Wissen dem Irrtum nicht entrinnen kann und wenn Gott, (Der gnädig, barmherzig und frei von jedem Fehler ist,) ja, die Wahrheit einer jeden Angelegenheit kennt, Seinen Dienern nicht durch Seine wahre Offenbarung hilft, wie können wir schwachen Geschöpfe dann aus der Dunkelheit der Unwissenheit und des Irrtums hervorkommen und von dem großen Elend des Zweifels und Misstrauens errettet werden? Also bestätige ich mit voller Überzeugung, dass die Weisheit, Barmherzigkeit und erhaltende Liebe des Allmächtigen Gottes verlangen, dass Er von Zeit zu Zeit, wenn Er es für richtig hält, Menschen erschafft, die, zum Zwe- cke der Etablierung wahrer Lehren und der Festsetzung der richtigen Moral, Empfänger von Offenbarung sind und denen die Fähigkeit verliehen wird, anderen ihre Lehren einzuprägen, so dass die für die wahre Rechtleitung erschaffene Menschheit ihres benötigten Glücks nicht beraubt sein möge.
(Purānī Teḥrīre'n, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 20-21)
Gott, der Allmächtige, hat Sein wunderbares Universum in drei Teile aufgeteilt.
Die Welt, die deutlich erkennbar ist und durch die Augen und Ohren und anderen physischen Sinnen und durch gewöhnli- che Apparate empfunden werden kann.
Die Welt, die verborgen ist und durch Vernunft und Vermutung verstanden werden kann.
Die Welt, die jenseits des Verborgenen liegt und so unvorstell- bar ist, dass wenige etwas von ihr wissen. Jene Welt ist völ-
lig unsichtbar; die Vernunft ist nicht dazu in der Lage, sie zu erreichen, außer durch bloße Vermutung. Sie wird nur durch Visionen, waḥī10 und ilhām11 enthüllt und durch nichts anderes. Wie wohlbekannt, gehört es zum Verfahren Allahs, dass Er dem
Menschen für die Entdeckung der ersten beiden von uns erwähnten Welten verschiedene Arten von Fähigkeiten und Kräften verliehen hat. Auf dieselbe Weise hat der absolut Freigiebige für den Menschen Mittel für die Entdeckung der dritten Welt bestimmt; und diese Mit- tel sind Offenbarung, Eingebung und Visionen. Diesen Mitteln ist es nicht erlaubt, jemals vollständig auszusetzen. In der Tat sind jene, die sich an die Bedingungen für ihren Empfang gerichtet haben, stets de- ren Empfänger gewesen, und sie werden fortfahren, es zu sein.
Da der Mensch für einen unbegrenzten Fortschritt erschaffen wor- den ist und der allmächtige Gott frei ist von Mängeln, Geiz und Zu- rückhaltung, wäre es ein unwürdiger Gedanke, dass Er in das Herz des Menschen das Begehren gelegt hat, die Geheimnisse aller drei Welten zu erfahren, ihm aber dennoch die Kenntnis der Mittel zur Erlangung des Wissens der dritten Welt gänzlich entzogen hat. Dies treibt weise Menschen dazu an, an die ständige Notwendigkeit von Eingebungen und Visionen zu glauben, und sie beschränken die Of- fenbarung nicht, wie die Aryas, auf die vier Rischis, außer denen es für eine fünfte Person unmöglich ist, jene Vortrefflichkeit zu erlangen. Stattdessen erachten weise Menschen, die an die absolute Wohltä- tigkeit Gottes, des Allmächtigen, glauben, die Tür der Eingebung als stets offenstehend und beschränken sie nicht auf irgendein Land oder auf eine Religion. Es ist jedoch wahr, dass das Erlangen dieser Seg- nungen beschränkt ist auf den geraden Weg. Durch das Schreiten ent- lang dieses Pfades können diese Segnungen insofern erlangt werden,
10 Offenbarung. (Anm. d. Ü.)
11 Göttliche Eingebung. (Anm. d. Ü.)
als es für das Erlangen von jeglicher Sache erforderlich ist, dass man den Regeln und Methoden zu folgen hat, die für deren Erlangung notwendig sind. Weise Menschen leugnen die Wunder der Welt der Visionen nicht. Sie müssen eingestehen, dass der Absolute Wohltäter, Der dem Menschen Fähigkeiten und Kräfte für die Entdeckung einer jeden Kleinigkeit der ersten Welt verliehen hat, ihm die Mittel zur Ent- deckung der erhabenen Angelegenheiten der dritten Welt nicht ent- ziehen würde, durch die eine wahre und vollkommene Beziehung zu Gott, dem Allmächtigen, begründet werden kann, und, wenn wahres und gewisses Verstehen erreicht worden ist, die Lichter des Himmels schon in dieser Welt manifest werden. Wie die Methoden der Entde- ckung der anderen beiden Welten steht auch diese Methode offen und Menschen der Wahrhaftigkeit eignen sie sich eifrig an und folgen ihr und empfangen deren Früchte.
Die Wunder der dritten Welt sind unzählig und sind im Vergleich zu den anderen beiden Welten wie die Sonne im Vergleich zu einem Mohnsamenkorn. Darauf zu bestehen, dass die Geheimnisse jener Welt gänzlich durch die Vernunft offenbar werden sollen, wäre wie das Schließen seiner Augen und das Insistieren darauf, dass sichtbare Dinge durch den Geruchssinn wahrnehmbar werden sollen.
Die Wunder der dritten Welt führen zur vollkommenen Verwun- derung der Vernunft, die ihre Geheimnisse nicht verstehen kann. Nie- mand braucht überrascht zu sein über die Erschaffung der Seelen, denn schon in dieser Welt werden jenen, die Erfahrungen gemacht haben mit Visionen, derartige Geheimnisse offenbart, zu deren Wirklichkeit zu durchdringen die Vernunft gänzlich versagt hat. Manchmal kann einer, der die Fähigkeit besitzt, Visionen zu schauen, eine Person trotz zahlloser dazwischenliegender Hindernisse aus einer Entfernung von hunderten von Meilen sehen. In der Tat kann er manchmal in einem Zustand vollständigen Wachseins auch dessen Stimme vernehmen, und noch wundersamer ist, dass die andere Person manchmal auch
die Stimme der ersteren hören kann. Manchmal kann er in einer dem Wachzustand ähnelnden Vision die Seelen jener treffen, die gestorben sind. Generell gilt, dass auf diese Weise Treffen mit den Bewohnern von Gräbern, seien sie nun gesegnet oder gottverlassen, möglich sind. Ich selbst habe solche Erfahrungen gemacht.
Dies widerlegt vollkommen die Lehre der Seelenwanderung, die unter den Hindus geläufig ist. Das größte Wunder ist, dass manches Mal einer, der die Fähigkeit zu Visionen hat, durch Konzentration und in einem Zustand vollständigen Wachseins und mit Erlaubnis des All- mächtigen Gottes, einem anderen in einer Entfernung von hunder- ten von Meilen erscheint, ohne dass sein Körper sich von der Stelle bewegt. Die Vernunft besagt, dass man nicht zur selben Zeit an zwei Orten sein kann, dennoch wird diese Unmöglichkeit in der dritten Welt möglich. Ebenso sieht jemand hunderte von Wundern mit seinen eigenen Augen und ist überrascht über die Leugnung derer, die die Wunder der dritten Welt ganz und gar ablehnen. Ich habe die Wun- der und raren Visionen jener Welt etwa 5000 Mal mit meinen eigenen Augen gesehen und machte die Erfahrung, dass sie bei mir vorkamen. Es würde ein großes Buch erfordern, die Einzelheiten dieser Er- lebnisse aufzuzeichnen. Ein wunderbarer Aspekt dieser Erlebnisse ist, dass einige Dinge, die keine äußerliche Existenz haben, durch die göttliche Macht ins Dasein kommen. Der Autor von Futūḥāt wa-fuṣūṣ und andere große Sufis haben in ihren Schriften eine Anzahl ihrer ei- genen derartigen Erlebnisse aufgezeichnet. Da aber ein großer Unter- schied zwischen hören und sehen besteht, könnte ich zu jener Gewiss- heit, zu der ich durch meine eigene Erfahrung gelangt bin, nicht durch
bloßes Lesen dieser Berichte gelangt sein.
Ich erinnere mich, dass ich in einer Vision sah, dass ich gewisse göttliche Ratschlüsse, die sich auf die Zukunft bezogen, mit meiner ei- genen Hand niedergeschrieben hatte und das Blatt Papier dann Gott, dem Allgewaltigen, dem Glorreichen, zu Seiner Unterschrift vorleg-
te. (Man sollte bedenken, dass es in Visionen und wahren Träumen oft geschieht, dass der die Vision schauenden Person einige göttliche Attribute der Schönheit oder Herrlichkeit in menschlicher Gestalt er- scheinen und sie sich vorstellt, die Gestalt sei Gott, der Allmächtige. Dieses Erlebnis ist jenen, die mit Visionen begünstigt werden, wohl bekannt und kann nicht geleugnet werden.) Kurzum, ich präsentierte dieses Dokument diesem vollkommenen Wesen der Schönheit, das in meiner Vision als Gott, der Allmächtige, der Allgewaltige, der Unver- gleichliche und Unergründliche in Erscheinung trat. Und als ich Gott, dem Allmächtigen, Der in der Gestalt eines Herrschers erschien, das Dokument vorlegte, tauchte Er Seine Feder in rote Tinte und spren- kelte sie in meine Richtung, und mit der Tinte, die an der Federspitze verblieb, unterschrieb Er das Dokument. Daraufhin endete die Vision, und als ich meine Augen öffnete, sah ich mehrere Tropfen roter Tinte auf meine Kleidung fallen und zwei oder drei davon fielen auf die Turban von Abdullah von Sannaur, der zu jener Zeit in meiner Nähe saß. Jene rote Tinte, die ein Teil der Vision war, wurde materialisiert und äußerlich sichtbar.
Ich habe mehrere andere derartige Visionen gehabt, die niederzu-
schreiben zu viel Zeit beanspruchen würde; durch sie wurde indes meine eigene Erfahrung bestätigt, wonach eine Sache, die in einer Vi- sion wahrgenommen wird, auf Allahs Geheiß manchmal äußere Form annimmt. Diese Dinge können durch die Vernunft allein nicht wert- geschätzt werden. In der Tat hört ein am Stolz seiner Vernunft Lei- dender diese Dinge und beteuert anmaßend, dass sie unmöglich und falsch seien und dass jemand, der solche Erfahrung gemacht zu haben behauptet, entweder ein Lügner oder irrsinnig oder selbstgetäuscht sei und es ihm mangels ungenügender Nachforschung nicht möglich gewesen sei, zur Wirklichkeit durchzudringen. Eine solche Person be- denkt nicht, dass jene Dinge von tausenden von Rechtschaffenen auf- grund ihrer eigenen Erfahrungen bezeugt werden und dass sie diesel-
ben jenen beweisen, die sich in ihrer Gesellschaft aufhalten. Können sie mit bloß verbaler Ablehnung außer Acht gelassen werden?
Die Wahrheit ist, dass, unabhängig von den Wundern der Welt der Visionen, es der Vernunft nicht einmal möglich gewesen ist, das voll- kommen zu begreifen, was die Welt der Vernunft anbelangt, und es Millionen von göttlichen Geheimnissen gibt, die noch immer verbor- gen liegen und außer Reichweite der Weisen.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 175-181, Fußnote)
So wie Gott den Menschen mit der Fähigkeit zur Vernunft ausge- stattet hat, um bis zu einem gewissen Grade elementare Dinge ver- stehen zu können, so hat Er ihn auch mit der verborgenen Fähigkeit versehen, Offenbarungen zu empfangen. Wenn die menschliche Ver- nunft an die Grenze ihrer Reichweite gelangt, dann leitet Gott, der All- mächtige, sie auf dieser Stufe durch Offenbarungen und Visionen, um Seine wahren und treuen Diener zur Vollkommenheit der Erkenntnis und Gewissheit zu führen. Somit werden jene Stufen, die von der Ver- nunft nicht überschritten werden können, durch Offenbarungen und Visionen überquert, und die Wahrheitssucher gelangen dadurch zu voller Gewissheit. Dies ist das Verfahren Allahs, zu dem zu führen Propheten auf der Welt erschienen sind. Keiner kann zu wahrer und vollkommener Erkenntnis gelangen, ohne auf diesem Pfad entlangzu- schreiten. Ein armseliger und trockener Philosoph indes hat es derart eilig, dass er begehrt, dass alles auf der Ebene der Vernunft enthüllt wird. Er weiß nicht, dass die Vernunft weder eine über ihre Kraft hi- nausgehende Last tragen noch ihre Kapazität überschreiten kann. Er denkt nicht daran, dass Gott, der Allmächtige, um einen zu der von ihm erwünschten Vortrefflichkeit zu befördern, ihm nicht nur die Be-
fähigung zur Vernunft, sondern auch die Befähigung, Offenbarungen und Visionen zu erfahren, verliehen hat. Es ist das größte Unglück, aus den Mitteln, die Gott dem Menschen aus Seiner vollkommen Weisheit zum Zwecke des Erkennens von Gott verliehen hat, nur von den elementaren Gebrauch zu machen und über den Rest unwissend zu bleiben. Es ist äußerst unklug, jene Fähigkeiten aufgrund eines Mangels an Gebrauch zu vergeuden und keinen Nutzen aus ihnen zu ziehen. Ein Mensch, der die Fähigkeit Offenbarungen zu empfangen nicht gebraucht, sondern deren Existenz leugnet, kann kein wahrer Philosoph sein, wenngleich doch die Existenz dieser Fähigkeit durch das Zeugnis von tausenden von Rechtschaffenen begründet worden ist und alle Menschen von wahrer Erkenntnis durch diese Mittel zu vollkommener Erkenntnis gelangt sind.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 87-90)
Einige ignorante Geistliche gehen mit ihrer Leugnung so weit, dass sie versichern, dass das Tor der Offenbarung gänzlich geschlos- sen ist und es einem Muslim nicht freisteht, seinen Glauben durch diese Gunst zu vervollkommnen und dann aus der Notwendigkeit seines Glaubens rechtschaffen zu handeln.
Die Antwort an solche Gedanken ist, dass, wenn Muslime so unglückselig und blind und die Übelsten der Menschheit sind, warum wurden sie dann von Gott, dem Allmächtigen, als das beste Volk bezeichnet? Die Wahrheit ist, dass jene, die so denken, selbst töricht und dumm sind. Da Gott, der Allmächtige, den Muslimen jenes Gebet gelehrt hat, das in der Sura al-Fātiḥa niedergelegt ist, hat Er auch Vorkehrungen getroffen, ihnen die Gunst zu gewähren, die den Propheten gewährt wurde; das heißt, die Gunst, sich mit dem
Göttlichen, Der der Urquell aller Wohltaten ist, zu unterhalten. Hat Gott, der Allmächtige, uns mit diesem Gebet nur betrogen? Welches Gute kann es in einem unnützen und gefallenen Volk geben, das sogar ärger ist als die Frauen von Israel?
Es ist wohlbekannt, dass die Mutter von Hadhrat MosesAS und die Mutter von Hadhrat JesusAS keine Propheten waren. Dennoch wurden sie mit göttlicher Offenbarung begünstigt. Ist es vorstellbar, dass ein Muslim eine derartig reine Seele hat wie die von Abraham und einen derartigen Gehorsam gegenüber Gott, dem Allmächtigen, zeigt, als würde er sein Ego ganz und gar ablegen, und dass er in der Liebe zu Gott, dem Allmächtigen, derart versunken wäre, als würde er sich selbst ganz und gar aufgeben, ist es vorstellbar, dass er dennoch nicht ein Empfänger von Offenbarungen sein kann wie die Mutter von Mo- ses? Kann irgendeine vernünftige Person Gott, dem Allmächtigen, einen derartigen Geiz zuschreiben? Meine einzige Antwort an diese
Leute ist:
نْیِبذاکَ ْلایَلعَ هِ ّللاة
نَ عْ َل 12
Die Wahrheit ist, dass, als diese Menschen zu den Würmern der Erde wurden und die einzig ihnen verbliebenen Abzeichen des Islams ihre Turbane und Bärte, ihre Beschneidung und einige wenige wört- liche Beteuerungen und die formelle Verrichtung des Gebets und des Fastens waren, der allmächtige Gott ihre Herzen abtötete. Tausende dunkle Schleier bedeckten ihre Augen und sie verloren alle Zeichen eines spirituellen Lebens. Sodann leugneten sie die Möglichkeit der Konversion mit dem Göttlichen, und diese Leugnung ist in Wirklich- keit die Leugnung des Islams; und da ihre Herzen tot sind, erkennen sie nicht ihren eigenen wahren Zustand.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin Bd. 21, S. 310-311)
12 „Der Fluch Allahs sei auf die Lügner.“ (Anm. d. Ü.)
O ihr Muslime! Nehmt euch davor in Acht, da solches Denken reine Ignoranz und Dummheit ist. Wenn der Islam eine derart tote Religion ist, wen könnt ihr dann zu ihm einladen? Werdet ihr seinen Leichnam nach Japan tragen oder werdet ihr ihn Europa darbieten? Wer würde töricht genug sein, sich in eine tote Religion zu verlieben, die jedes Segens und aller Spiritualität der Religionen der Vergangen- heit beraubt ist? In jenen Religionen empfingen selbst Frauen Offen- barungen, wie es bei der Mutter von Moses und bei der Mutter von Jesus der Fall war, aber eure Männer sind nicht einmal jenen Frauen gleich. O ihr Törichten und Blinden, unser Heiliger ProphetSAW, unser Herr und Meister (tausende Segnungen seien auf ihm), war in seiner spirituellen Anmut allen Propheten überlegen. Die Gunst der frühe- ren Propheten kam auf einer bestimmten Stufe an ein Ende, und nun sind jene Völker und ihre Religionen tot. Es ist kein Leben in ihnen. Die Gunst des Heiligen ProphetenSAW indes währt fort bis zum Tag des Jüngsten Gerichts. Deshalb ist es nicht erforderlich, dass für sein Volk ein Messias von außen kommen sollte. Im Schatten des Heiligen Pro- phetenSAW aufgezogen zu werden, kann eine demütige Person in einen Messias verwandeln, wie Gott es in meinem Fall getan hat.
(Chašma-e masīḥī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 389)
Unsere Behauptung ist wahr und wohl begründet, dass ein Wahr- heitssucher durch das Wandeln entlang des geraden Wegs ein Empfän- ger göttlicher Offenbarungen werden kann. Meine eigene Erfahrung bezeugt dies. Außerdem kann jede vernünftige Person begreifen, dass es auf dieser Welt keine höhere Stufe der Erkenntnis des Göttlichen gibt, als die Konversation mit seinem glorreichen Herrn. Preis sei Ihm. Dies ist die Stufe, auf der die Seelen völlig befriedigt und jeder Zwei-
fel und alles Misstrauen beseitigt sind. Auf dieser Stufe der Reinheit angekommen, erlangt der Mensch die Einsicht, wofür er erschaffen worden ist. Diese Stufe ist fürwahr der Schlüssel zur Erlösung und zur Bewältigung der Probleme der vergänglichen Existenz. Es be- weist, wie nahe der wahre Schöpfer Seiner schwachen Schöpfung ist. Von dieser Stufe haben wir durch jenes Licht erfahren, das der Qur‘an ist. Jenes Licht gibt uns die frohe Kunde, dass die Quelle der Offen- barung nicht versiegt. Jeder im Osten oder im Westen, der nach dem allmächtigen Gott sucht und seinen Frieden mit Ihm schließt und die dazwischenliegenden Schleier entfernt, wird Ihn gewiss finden; und wenn er Ihn wahrhaftig und vollkommen findet, dann wird Gott zu ihm sprechen.
Die Vedas haben dem Menschen diese Stufe abgesprochen und sie auf die vier Rischis beschränkt, die den Arya Samadjisten zufolge die Autoren der Vedas sind. Dies ist genauso ein Irrtum der Vedas wie die anderen großen darin enthaltenen Irrtümer. Es ist offensichtlich, dass alle Menschen in ihrem Wesen gleich sind, und was einem Menschen möglich ist, ist allen möglich, und die Nähe zum Göttlichen und Seine Erkenntnis, die im Falle eines Menschen zulässig ist, ist zulässig für alle anderen, denn sie alle haben die gleiche Natur. Es ist wahr, dass hinsichtlich des Grades an Vortrefflichkeit eine Mannigfaltigkeit be- steht, aber niemand ist von jener Art der Vortrefflichkeit ausgeschlos- sen, die anderen offensteht. Sollte es eine Person geben, die nicht die geringste Fähigkeit besitzt, menschliche Vortrefflichkeiten zu erwer- ben, so kann diese Person nicht in die Kategorie der menschlichen Wesen eingeschlossen werden. Kurzum, es kann einen Unterschied hinsichtlich der Fähigkeiten geben, aber kein vollständiges Fehlen der Fähigkeit.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 239-240)
Der gnädige und barmherzige Herr, Der das menschliche Wesen mit dem Hunger und Durst nach Seinem eigenen vollständigen Verstehen ausgestattet hat, hat das menschliche Wesen mit zwei Arten von Fähigkeiten versehen, um zu jenem Verständnis zu gelangen. Erstens intellektuelle Fähigkeiten, deren Quelle das Gehirn ist, und zweitens spirituelle Fähigkeiten, deren Quelle das Herz ist. Die Reinheit der spirituellen Fähigkeiten ist abhängig von der Reinheit des Herzens. Das, was nicht durch die intellektuellen Fähigkeiten entdeckt werden kann, wird durch die spirituellen Fähigkeiten erreicht. Spirituelle Fähigkeiten können eine solche Reinheit entwickeln, dass die Gunst der Quelle der Gnade darin reflektiert werden kann, wiewohl die Bedingung ist, dass sie erpicht sind auf die Erlangung der Gnade und alle dazwischenliegenden Schleier und Behinderungen entfernt werden mögen, so dass sie zu den Empfängern der Gnade des vollständigen Verstehens werden mögen. Ihre Erkenntnis des Göttlichen sollte sich nicht auf die Bestätigung beschränken, dass es einen Erschaffer dieses Universums geben müsste. Vielmehr sollten sie, dieweil sie vollkommen gesegnet sind mit der Ehre des göttlichen Zwiegesprächs, deswegen dazu in der Lage sein, Seines Antlitzes direkt gewahr zu werden, weil sie Seine erhabenen Zeichen wahrgenommen haben; und somit sollten sie dazu in der Lage sein, mit vollkommener Gewissheit zu sehen, dass jener Schöpfer wirklich existiert. Da jedoch das Wesen der meisten Menschen nicht frei ist von Behinderungen, sind sie geschlagen mit der Liebe zur und der Gier nach der Welt, mit Stolz, Arroganz, Selbstachtung, Heuchelei, Selbstverehrung und anderen moralischen Vergehen, und sind absichtlich nachlässig hinsichtlich der Verpflichtungen gegenüber Allah und Seinen Geschöpfen und sie wenden sich absichtlich ab von der Aufrichtigkeit, Treue und Liebe zu Gott und der Ergebenheit Ihm gegenüber, ja, freiwillig trennen sie sich von Gott, dem Allmächtigen. Wegen all dieser Behinderungen, Schleier,
Begierden und Leidenschaften sind sie nicht dazu befähigt, dass die Gnade des Zwiegesprächs mit dem Göttlichen auf sie herabkommt, die Licht wirft auf ihre Annahme bei Gott.
Aber dennoch ermöglicht die ewigwährende Wohltätigkeit Gottes, die nicht wünscht, dass das menschliche Wesen vergeudet wird, den meisten Menschen, gelegentlich wahre Träume zu haben oder wahre Offenbarung zu empfangen, so dass sie erkennen mögen, dass ihnen der Weg zum Voranschreiten offensteht. Ihre Träume und Offenbarungen zeigen jedoch nicht, dass sie von Gott angenommen wurden und sind auch nicht begleitet von Zeichen der Liebe und Gnade Gottes, noch sind solche Menschen geläutert von den Unreinheiten ihrer Egos. Sie sehen diese Träume, damit ihnen ein Beweis geliefert wird für den Glauben an Gottes Propheten, denn wenn ihnen das Verstehen wahrer Träume und wahrer Offenbarungen ganz und gar entzogen würde und sie kein bestimmtes Wissen von ihnen haben würden, könnten sie vor Gott, dem Allmächtigen, erklären, dass es ihnen nicht möglich war, die Wirklichkeit des Prophetentums zu begreifen, da sie kein Wissen davon hatten. Sie hatten davon kein Beispiel vor ihren Augen. Daher ist es von Anbeginn die Gepflogenheit Gottes gewesen, dass einem, ohne Rücksicht darauf, ob er gut oder böse, rechtschaffen oder ungehorsam, Anhänger eines wahren oder falschen Glaubens ist, wahre Träume gezeigt werden oder wahre Offenbarung gewährt wird, so dass seine vom Vernehmen solcher Dinge herstammende Vermutung in Gewissheit umgewandelt wird und er ein Beispiel in der Hand hält, das seinen geistigen Fortschritt fördert. Der Weise Schöpfer hat das menschliche Gehirn so geformt und mit spirituellen Fähigkeiten ausgestattet, dass es einige wahre Träume sehen und einige wahre Offenbarungen empfangen kann. Aber diese Träume und Offenbarungen sind kein Hinweis auf irgendeinen spirituellen Rang oder eine Größe, sondern nur ein Beispiel dafür, wie Fortschritte erzielt werden können. (Ḥaqīqatu l-waḥī, Rūḥānī ḫazāʾin Bd. 22, S. 8-10)
Es gibt zwei Arten der Beweisführung, die induktiven und die de- duktiven. Ein induktiver Beweis ermöglicht uns, das, was angezeigt ist, zu erkennen; wie wir zum Beispiel, wenn wir Rauch sehen, daraus folgern, dass dort ein Feuer ist. Die zweite Arte der Beweisführung ist die innī. Beim Folgern bewegt man sich von der Folgerung zur Ursa- che. Wenn wir zum Beispiel eine Person antreffen, die hohes Fieber hat, dann glauben wir, dass es eine Ursache für den Anstieg des Fie- bers gibt.
Wir fahren fort, zuerst den induktiven Grund für die Notwendig- keit von Offenbarungen darzulegen. Es besteht kein Zweifel daran, dass die physischen und geistigen Systeme des Menschen vom selben Naturgesetz beherrscht werden. Im physischen System nehmen wir wahr, dass, welche Art von Begehren auch immer Gott darin gepflanzt hat, Er auch die Mittel zu deren Befriedigung bereitgestellt hat. Ein menschlicher Körper empfindet Hunger und benötigt Nahrung, also hat Gott verschiedene Arten von Speisen für den menschlichen Kör- per bereitgestellt. Auf dieselbe Weise benötigt der Mensch Wasser, um seinen Durst zu stillen; weswegen der Allmächtige Gott für Brunnen und Quellen und Ströme gesorgt hat. Um mit seinen Augen zu se- hen benötigt der Mensch das Licht der Sonne oder Licht aus einer anderen Quelle und der Allmächtige hat Licht in Form der Sonne vom Himmel geliefert und auf der Erde aus anderen Quellen bereitgestellt. Der Mensch benötigt Luft zum Atmen und zum Hören der Stimmen anderer, und Gott hat die Luft bereitgestellt. Desgleichen benötigt der Mensch einen Partner für die Fortpflanzung der Art, also erschuf Gott die Frau als Gemahlin des Mannes und den Mann als den Gemahl der Frau. Kurz, welche Begehren auch immer Gott dem menschlichen Körper eingepflanzt hat, Er hat auch die Mittel zu deren Befriedigung
bereitgestellt. Es ist also erwägenswert, dass, wenn Vorkehrung ge- troffen worden ist für die Erfüllung der physischen Bedürfnisse des sterblichen Körpers, wie sehr muss vorgesorgt worden sein für die Erfüllung der reinen Begehren der Seele, die für die ewige Liebe und Erkenntnis und Anbetung Gottes erschaffen worden ist. Die Vorkeh- rungen dafür sind göttliche Offenbarungen und göttliche Zeichen, die eine Person mit mangelhaftem Wissen zu vollkommener Gewiss- heit führen. Wie Gott Vorsorge für die Befriedigung der Bedürfnisse des Körpers traf, desgleichen traf Er Vorsorge für die Befriedigung der Bedürfnisse der Seele, so dass die physischen und geistigen Systeme übereinstimmen mögen...
Diese induktive Begründung kann nur durch folgerndes Verste- hen vollendet werden, das heißt, durch ein Beispiel der Offenbarung selbst. Das Bedürfnis, etwas zu empfinden, ist eine Sache und des- sen Erfüllung eine andere...Ihr seht, dass Nahrung und Wasser für euren Körper nicht nur in einem vergangenen Zeitalter vorhanden waren, sondern auch in diesem Zeitalter bereitgestellt werden. Wenn aber Offenbarungen zur Sprache kommen, so bezieht ihr euch auf ein vergangenes Zeitalter, seit dem Jahrhunderte über Jahrhunderte ver- gangen sind, und es ist euch nicht möglich, euch auf irgendetwas in der Gegenwart zu beziehen. Wie gibt es denn dann eine Übereinstim- mung zwischen den physischen und geistigen Naturgesetzen? Haltet inne und denkt nach! Ihr könnt nicht leugnen, dass hinsichtlich eu- rer physischen Bedürfnisse stets für euch vorgesorgt ist, dass ihr aber hinsichtlich der Vorkehrungen für eure geistigen Bedürfnisse nichts bei euch habt außer den Geschichten der Vergangenheit. Ihr wisst, dass die physischen Quellen noch fließen, aus denen ihr das Wasser nehmt, um euren Durst zu stillen; und eure Felder sind durch den Ertrag, mit dem ihr euren Hunger stillt, nicht unbestellbar geworden. Wo aber sind die geistigen Quellen, die euren geistigen Durst gestillt haben, indem sie das frische Wasser der göttlichen Offenbarung be-
reitgestellt haben? Noch steht euch die geistige Nahrung zur Verfü- gung, durch deren Genuss ihr eure Seele am Leben erhalten könnt. Demzufolge befindet ihr euch in einer Wüste, wo es weder Nahrung noch Wasser gibt.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 63-66)
Wie bedauerlich! Sie sagen, dass Offenbarungen versiegt sind; Nun wird diese Ummah bis zum Jüngsten Tag auf alte Fabeln an-
gewiesen sein.
Dieser Glauben ist sicherlich gegen Gottes Wort;
Doch wer wird die Last dieses uralten Jochs abwerfen?
Dieser Gott erwählt noch immer denjenigen, den Er zum Empfänger von Offenbarungen (kalīm) machen will;
Er spricht noch immer zu dem, den Er liebt.
Warum verwirft ihr das Juwel der Göttlichen Offenbarung?
Gebt Acht!
Denn alleine dies ist die Quelle der Ehre und Auszeichnung für den Glauben.
Dies ist die Blume, die im Garten nichts Ebenbürtiges hat; Dies ist der Duft, vor dem der Moschus von Tataristan in die
Bedeutungslosigkeit verblasst.
Dies ist der Schlüssel, der die Tore des Himmels öffnet; Dies ist der Spiegel, der uns das Antlitz des Geliebten zeigt.
Dies ist die einzige Waffe, die unseren Sieg garantiert; Dies allein die Festung, die Zitadelle der Sicherheit.
Im Islam ist dies allein das Mittel, um Wissen vom Göttlichen zu erlangen;
Bloße Fabeln können einen Menschen nicht aus dem tosenden Sturm erretten.
Alleine die Göttliche Offenbarung ist das Zeichen der Kenntnis von Gott;
Wer immer sie erreicht, erhält auch den Ewigen Freund.
Wie wundervoll ist der Garten der Liebe! Dessen Übergang über dem Tal des Todes liegt;
Und dessen Frucht die Vereinigung mit dem Geliebten ist, selbst wenn sie umgeben ist von dornigen Sträuchern.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 137)
Die göttliche Eingebung ist eine Botschaft aus dem Verborgenen, die nicht von Überlegung oder tiefgründigem Denken abhängt. Es ist ein klares und offenes Gefühl, wie es ein Zuhörer hinsichtlich eines Sprechers hat oder ein Geschlagener hinsichtlich des Schlägers oder ein Berührter hinsichtlich dessen, der ihn berührt. Die Seele empfin- det hinsichtlich dessen keinen Schmerz. Die Seele erfährt eine immer- währende Vereinigung mit der göttlichen Eingebung, die sie wie ein Liebender genießt, der sich freut, wenn er den Geliebten erblickt. Es ist eine köstliche Mitteilung von Gott, die auch Offenbarung genannt wird.
(Purānī taḥrīre'n, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 20)
Göttliche Eingebung entspricht nicht einem jeden Gedanken, der einem einfällt, wenn man über eine Sache eingehend nachdenkt. Wenn einem Dichter, auf der Suche nach der zweiten Hälfte eines Ver- ses, plötzlich glänzende Gedanken aufblitzen, heißt das nicht, dass er Empfänger der göttlichen Offenbarung ist. Dadurch gelangt bloß das entsprechende Naturgesetz zum Ausdruck, nämlich wenn wir unser Denkvermögen einer Sache, einer guten oder schlechten, zuwenden, so blitzen Gedanken auf, dem Genie des Denkenden entsprechend, ohne Rücksicht auf die Art des Gegenstandes. Zum Beispiel kann ein frommer und rechtschaffener Mensch zur Unterstützung der Wahr- heit Gedichte schreiben und ein anderer, verdorbener und lasterhafter Dichter kann in seinen Gedichten die Falschheit loben und die Recht- schaffenen beschimpfen. Beiden wird es ohne Zweifel gelingen, einige Verse zu schmieden. Es ist sogar möglich, dass der bösartige Dichter, der Feind der Rechtschaffenen, der für die Falschheit Verse schreibt, dank besserer Gewandtheit über einen schöneren und einnehmen- deren Stil eines Dichters verfügt. Wenn wir jeden Gedankenblitz als göttliche Eingebung bezeichnen wollten, dann müssten wir einen liederlichen Dichter, den Feind der Wahrheit und der Wahrheitslie- benden, den Widersacher der Wahrheit und den Erdichter der Dinge, auch mit dem Titel eines mulham (Empfänger der göttlichen Offenba- rung) auszeichnen. Viele Werke sind fesselnde Geschichten, enthalten aber nur leere Gedankengänge des Schreibers. Können wir dann sol- che als Eingebung Gottes betrachten? Wenn wir unter dem Wort ilhām (göttliche Eingebung) einfach neue Gedanken und Einfälle verstehen, dann wäre auch ein Dieb als Empfänger der göttlichen Eingebungen zu betrachten, denn auch ihm fallen erstaunlich raffinierte Gedanken ein, um seine räuberischen und mörderischen Pläne zu schmieden. Ist es denn richtig, dass wir all diese zerstörerischen Gedanken als Einge-
bungen Gottes betrachten? Niemals. Solch ein Verständnis von ilhām (göttliche Eingebung) wird von Menschen vertreten, die den wahren Gott nicht kennen, Der durch Sein Wort den Herzen Friede und Trost gewährt und den Unwissenden Erkenntnis über geistige Wahrheiten vermittelt und sie zur Gotteserkenntnis leitet.
Was ist denn göttliche Eingebung? Es ist dies das Gespräch des preiswürdigen und allmächtigen Gottes mit Seinem Auserwählten oder mit dem, den Er dadurch zum Auserkorenen machen will. Wenn solche Gespräche und Anreden regelmäßig stattfinden und weder unzulänglich noch bruchstückartig noch in die Finsternis der üblen Gedanken gehüllt sind, und wenn sie eine himmlische Glückseligkeit, göttliche Weisheit und Macht in sich tragen, dann heißen sie Worte Gottes, dank derer Er Seinen Diener tröstet und Sich ihm offenbart. Es ist auch wahr, dass manchmal einer durch offenbartes Wort geprüft wird; in diesem Falle sind die Worte nicht von der Vollkommenheit und Glückseligkeit begleitet. Hier handelt es sich um die Anfangsstu- fe, die den Menschen auf die Probe stellt: Er wird, nachdem er an dem erquickenden und Leben spendenden Brunnen der göttlichen Offen- barung getrunken hat, sich einer Wandlung unterziehen und in seinen Taten wie die aufrichtigen Empfänger der göttlichen Eingebungen handeln oder straucheln. Wandelt er nicht in wahrer Rechtschaffen- heit, wie es die Aufrichtigen tun, so wird ihm die Vollkommenheit dieser Gnade entzogen und bloße Eitelkeit wird sein Gut sein.
Obwohl Millionen die göttlichen Eingebungen empfangen haben, sind sie nicht alle gleichen Ranges bei Gott. Selbst die heiligen Prophe- ten Gottes, die an erster Stelle der reinen und deutlichen Eingebungen Gottes stehen, sind nicht alle gleich bedeutend wichtig, wie der all- mächtige Gott sagt:
13 ض
عۡ َبیٰلعَ مۡ ُہض
عۡ َبانَ ۡلضَّ َف ل
سُ رّ لاک
ۡلِت
Das heißt, unter den Gesandten haben wir manche über andere erhöht. Dies zeigt, dass Eingebung eine reine Gnade Gottes ist und mit den verschiedenen Rangstufen der Gottesnähe nichts zu tun hat, da diese vom Maß der Aufrichtigkeit, der Hingabe und der Treue ab- hängen, das nur Gott kennt. Göttliche Eingebung, wenn von all ihren segensreichen Bedingungen begleitet, ist ohne Zweifel eine Frucht dieser Eigenschaften. Wenn der Mensch eine Antwort von Gott auf seine Bitten entgegennimmt, und diese Art Austausch zwischen Gott und Mensch fortwährend stattfindet, und wenn das Wort von der göttlichen Majestät und Erleuchtung begleitet ist und das Wissen über die tiefen Geheimnisse des Ungesehenen und der verborgenen geis- tigen Tatsachen enthält, so ist solche Eingebung unbedingt göttlichen Ursprungs. Bei einem solchen Gespräch ist eine enge Beziehung zwi- schen Gott und dem Empfänger der Eingebung, wie zwischen zwei Freunden, erforderlich.
Ebenfalls, wenn Gott mit Seinem Diener vertraulich Zwiesprache hält, und wenn der Diener Rat sucht in irgendeiner Sache und in Be- antwortung dessen vernimmt er eine Anrede voller Süße und ausge- suchter Sprache, von Dingen, die sein Verstand nicht im Mindesten bisher ermessen hatte, diese Zwiesprache und Offenbarung kann gewisslich als das Wort Gottes verstanden werden. Ein solcher Die- ner Allahs ist tatsächlich groß in der Sicht Gottes; doch dieser absolut hohe Stand, Empfänger des Wortes Gottes zu sein, dessen Merkmal seine absolute Klarheit und Reinheit ist, ist Seine besondere Huld und wird niemand gewährt außer denen, die unaufhörlich voranschrei- ten in Glauben, Hingabe und rechtschaffenen Taten. Und noch etwas
13 Al-Baqara, 2:254. (Anm. d. Ü.)
(geistiger Art) ist damit verbunden, das zu beschreiben wir Menschen allerdings außerstande sind. Wahre und reine Offenbarung enthüllt große Wunder Gottes. Oft erstrahlt ein erhellendes Licht und mit ihm kommt eine majestätische und erleuchtete Offenbarung hernieder. Welch größere Glückseligkeit und Freude können wir uns vorstel- len, als mit dem Schöpfer des Himmels und der Erde sprechen zu dürfen und von Ihm angesprochen zu werden? Das Angesicht Gottes offenbart Sich nur durch Sein Wort und auf diese Weise sieht Ihn der Mensch in dieser Welt.
Es muss allerdings klargestellt werden, dass die unzusammen- hängenden Worte oder Sätze, die viele gelegentlich hören, die jedoch kein Merkmal des Zwiegesprächs tragen, nicht unter dem Begriff der göttlichen Offenbarung fallen. Wer sich in einem solchen Zustand be- findet, steht eigentlich unter einer göttlichen Prüfung, denn Gott prüft zuweilen die Ihm gegenüber trägen und nachlässigen Menschen, in- dem Er ihnen einige Worte oder Sätze eingibt und ihre Zungen solche Worte hervorbringen lässt, deren Ursprung sie nicht kennen, und von denen sie nicht wissen, ob sie göttlich oder teuflisch sind.
Für einen solchen Menschen ist es ratsam, sich Gott zuzuwenden, Reue zu zeigen und um Vergebung zu bitten. Aber der Rechtschaffe- ne und Aufrichtige, dem die Türen der göttlichen Offenbarung weit geöffnet werden, und den Gott klar und deutlich anspricht mit Wor- ten, die Licht, Glückseligkeit, tiefe Bedeutung, Weisheit und Majestä- tisches enthalten, der im Zustand des Wachens mit Gott ein Zwiege- spräch in Form von Frage und Antwort mindestens zehnmal geführt hat, so dass er Gott eine Bitte vorlegte, worauf Gott ihm antworte- te, und er dann wiederum im Zustand des Wachens Gott ein zwei- tes Anliegen vorbrachte und er von Ihm erneut eine Antwort erhielt, um schließlich ein drittes Mal erhört zu werden – ein solches Erleb- nis muss sich zehnmal wiederholt haben –, dessen Gebete im Laufe dieses Zwiegesprächs mit Gott wiederholt erhört worden sind, dem
vortreffliche Wahrheiten und feine Aufschlüsse über die Geheimnisse der ungesehenen Dinge durch Seine klaren Offenbarungen übermit- telt worden sind – und dem Gott immer wieder durch Seine klaren und unmittelbaren Worte im Zwiegespräch geehrt hat – ein solcher Mensch sollte Gott dankbar sein und sich Ihm mehr als die anderen hingeben, denn er ist durch Seine reine Gnade und Barmherzigkeit unter allen Seinen Dienern auserkoren worden und Gott hat ihn zum Erben all jener Segnungen und Gnaden gemacht, die Er den vor ihm gegangenen Rechtschaffenen erwies. Aber diese göttliche Gnade ist äußerst selten und stellt die höchste Glückseligkeit dar. Für jenen, dem diese zuteilwurde, ist alles andere Nichts im Vergleich zu dieser Gnade.
Der Islam hat immer wieder Menschen von diesem Rang hervor- gebracht. Nur im Islam erfährt man die Gnade, dass Gott Sich dem Menschen nähert, ihn anredet und in ihm spricht. Er macht das Herz des Menschen zu Seinem Thron und zieht ihn zum Himmel hin. Er gewährt ihm all die Segnungen, die Er denjenigen erwies, die vor ihm da waren. Ach! Die blinde Welt weiß nicht, zu welcher Höhe der Mensch aufsteigen kann, wenn er sich Gott nähert. Die Weltlichen tun selbst diesbezüglich keinen einzigen Schritt, jedoch brandmarken sie den als einen Ketzer, der ein Pilger auf diesem Pfade ist, oder sie schi- cken sich an, ihn an Gottes Stelle anzubeten.
(Islāmī uṣūl kī filāsafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 437-441 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 231-236])
Es ist müßig zu behaupten, dass Offenbarungen nicht existieren, sie unnütz sind, und dass ihr Schaden größer ist als ihr Nutzen. Eine solche Behauptung wird nur von jemand aufgestellt, der diesen rei- nen Wein nie gekostet hat und einen reinen Glauben nicht zu erlan-
gen wünscht. Ein Solcher ist glücklich mit seinen Gewohnheiten und Bräuchen und versucht nie, zu ergründen, bis zu welchem Grade er an Gott, den Allmächtigen, glaubt und wie weit seine Erkenntnis geht und was er tun sollte, damit seine inneren Schwächen entfernt werden und eine wirkliche Veränderung in seinen Sitten und Hand- lungen und Absichten stattfindet. Er ist nicht begierig, jene Liebe zu pflegen, die seine Reise in die andere Welt leicht machen möge und wodurch er die innere Eigenschaft, spirituelle Fortschritte zu erzielen, entwickeln möge.
Jeder kann nachvollziehen, dass man durch dieses unachtsame Leben stets runtergezogen wird; die Beziehung zur Ehefrau und den Kindern, die Last der Ehre und des guten Rufs – das alles sind schwere Steine, die einen niederdrücken. Man benötigt eine große Kraft, die einen dadurch, dass sie einem wahre Einsicht und wahre Vision gewährt, begierig machen sollte, die vollkommene Schönheit des Allmächtigen Gottes zu erblicken. Jene große Macht ist die gött- liche Offenbarung, die im Leid Trost spendet. Sie ermöglicht einem, unter Bergen von Unglück freudig und behaglich seine Stellung zu halten. Jenes unmerkliche Wesen, das die Vernunft und Weisheit al- ler Philosophen verwirrt, manifestiert sich nur durch Offenbarung. Es tröstet die Herzen der Suchenden und gewährt ihnen Zufriedenheit und lässt die Halbtoten dadurch wieder aufleben, dass Er sagt: Ich bin da. Es ist wahr, dass der Heilige Qur‘an die gesamte Rechtlei- tung enthält; wenn er einen aber zur Quelle der Rechtleitung führt, dann ist das erste Anzeichen davon, dass das Zwiegespräch mit dem Göttlichen einsetzt. Durch jenes wird ein aufschlussreiches Verstehen von hohem Grade, wird sichtbarer Segen und ein Licht erzeugt, und man beginnt jene Erkenntnis zu erlangen, die durch blindes Folgen oder durch intellektuelle Theorien nicht erreicht werden kann, denn sie alle sind begrenzt und angefüllt mit Zweifeln, sind fehlerhaft und unvollständig. Wir müssen unsere Erkenntnis direkt erweitern, denn
je größer unsere Erkenntnis ist, desto größer wird unser Eifer sein. Bei fehlerhafter Erkenntnis können wird keinen vollkommenen Eifer erwarten. Es verwundert, wie wenig intelligent jene Menschen sind, die jenes vollkommene Mittel der Annäherung an die Wahrheit, von dem das spirituelle Leben abhängt, nicht als dringend notwendig er- achten. Man sollte bedenken, dass das spirituelle Wissen und Verste- hen nur durch Offenbarung und Visionen erlangt werden kann, und dass unser Menschsein wahre Erkenntnis oder wahre Vollkommen- heit solange nicht erlangen kann, bis wir jenen Grad der Erleuchtung erreichen...
Wir sind für einen erhabenen Zweck erschaffen worden, und zwar für die wahre Erkenntnis Gottes ist; und von jener Erkenntnis hängt unser Seelenheil ab. Es errettet uns vor jedem unreinen und zwei- felhaften Weg und führt uns auf die Schwelle zu einem reinen und klaren Fluss. Dies kann nur durch göttliche Offenbarung erlangt werden. Wenn wir unserem Ego ganz und gar entsagen, tauchen wir mit einem begierigen Herzen tief in ein unerreichbares Wesen ein und unsere Menschlichkeit kehrt, nachdem sie am Hofe der Göttlichkeit gewesen ist, aus jener Welt mit einigen Zeichen und Erleuchtungen zurück. Somit ist das, was die weltlichen Menschen mit Verachtung betrachten, das einzige, was einen, der lange getrennt war, im Nu zu seinem Geliebten bringt, und jenem Trost spendet, der das Göttliche liebt. Es entfernt bei jenem plötzlich jederart egoistische Grenzen; doch bis jenes wahre Licht auf sein Herz herabkommt, ist es nicht möglich, dass es erleuchtet wird. Die Fehlerhaftigkeit der menschli- chen Vernunft und die Grenzen des gegenwärtigen Wissens bezeugen die Notwendigkeit der Offenbarung.
(Izāla-e auhām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 3, S. 326-329)
EINWAND. Der Glaube, dass Gott Sein Wort vom Himmel niedersendet, ist völlig falsch, denn das Naturgesetz bestätigt dies nicht, noch hören wir je eine Stimme von oben herabkommen. Als Offenbarung werden jene Gedanken bezeichnet, die durch Überlegung und Beobachtung im Geist weiser Menschen aufkommen und das ist alles.
ANTWORT. Eine Wahrheit, die wohlbegründet und von zahllosen verständigen Menschen mit ihren eigenen Augen wahrgenommen worden ist und deren Beweis von einem nach Wahrheit Suchenden in jedem Zeitalter gefunden werden kann, erleidet durch die Leugnung einer der spirituellen Einsicht entbehrenden Person keinen Schaden. Wenn auch das Denken oder fehlerhafte Wissen einer Person, deren Herz in Hüllen gewickelt ist, dies zu bestätigen versäumt, so kann die Wahrheit nicht als außerhalb des Naturgesetzes befindlich erach- tet werden. Wenn zum Beispiel einer, dem die Anziehungskraft eines Magneten nicht bekannt ist, behaupten würde, dass ein Magnet nur ein Felsstück sei und dass er eine derartige Anziehungskraft in einem Felsstück nie erlebt hätte und es daher falsch sei, zu behaupten, dass ein Magnet solche Kraft besitzt, da dies dem Naturgesetz zuwider- laufe; würde seine Behauptung dann Zweifel auf die wohlbegründete Eigenschaft eines Magneten werfen? Gewiss nicht. Alles, was seine Behauptung beweisen würde, wäre, dass er dumm und unwissend sei und seinen eigenen Mangel an Wissen als Beweis des Nichtbestehens einer Realität betrachtet und dass er den Beweis von tausenden von Menschen, welche Erfahrung davon haben, nicht annimmt.
Es ist nicht möglich, zu vermuten, dass jedes Naturgesetz von je-
dem Individuum überprüft werden kann. Gott, der Allmächtige, hat die Menschheit als in ihren offenbaren und verborgenen Eigenschaf- ten sehr verschieden erschaffen. Zum Beispiel haben einige Menschen eine sehr gute und andere eine schwache Sehkraft, und einige sind
völlig blind. Wenn jene mit schwacher Sehkraft feststellen, dass jene mit guter Sehkraft etwas, z.B. die Mondsichel, die sie selbst nicht se- hen können, aus der Ferne wahrgenommen haben, so leugnen sie es nicht und erwägen, dass ihr Leugnen nur ihre Schwäche entblößen würde. Die Blinden haben natürlich zu so etwas nichts zu sagen. Auf dieselbe Weise glauben jene ohne Geruchssinn jenen ernsthaften und wahrheitsliebenden Menschen, die von guten und schlechten Gerü- chen sprechen. Sie misstrauen ihnen nicht, denn sie wissen, dass so viele Menschen nicht lügen können und die Wahrheit sagen müssen und dass es ihnen zweifellos an ihrem eigenen Geruchssinn erman- gelt und sie darum nicht riechen können.
Auch hinsichtlich ihrer verborgenen Eigenschaften sind Menschen verschieden. Die Eigenschaften einiger sind von geringem Maß und von Schleiern bedeckt. Seit alter Zeit haben einige Menschen erhabe- ne und klare Seelen besessen und sind die Empfänger von göttlicher Offenbarung gewesen. Würden die Ersteren die persönlichen Eigen- schaften der Letzteren leugnen, wäre es, als würde ein Blinder oder einer mit schwacher Sehkraft die Beobachtungen eines Menschen mit ausgezeichneter Sehkraft leugnen, oder als würde jemand, der keinen Geruchssinn hat, die Erfahrungen eines Menschen mit Geruchssinn leugnen.
So gibt es also für die Überzeugung einer Person, die die Existenz von Offenbarungen leugnet, ähnliche Wege, wie man eine Person überzeugt, welche die Wahrnehmungen der offenbaren Sinne leugnet. Zum Beispiel könnte einer, dem der Geruchssinn von Geburt an fehlt und der die Existenz von gutem und schlechtem Geruch leugnet und behauptet, dass jene, die einen solchen Sinn ihr eigen nennen, Lügner seien oder sich irrten, auf folgende Art und Weise von seinem Irrtum überzeugt werden. Er sollte gebeten werden, einige Kleidungsstücke zu wählen und auf einige Parfüm zu reiben und andere nicht zu berühren und somit den Geruchssinn einer normalen
Person erproben, so dass er durch wiederholte Erfahrung von dem Vorhandensein eines Geruchssinns überzeugt werden möge und auch davon, dass es Menschen gibt, die zwischen dem, was duftet, und dem, was keinen Geruch hat, unterscheiden können. Auf dieselbe Weise kann die Existenz von Offenbarungen durch wiederholte Experimente zur Zufriedenheit eines nach Wahrheit Suchenden bewiesen werden. Wenn einem Empfänger von Offenbarung geheime Dinge und verborgene Geheimnisse enthüllt werden, die nicht nur durch die Erfahrung des Verstandes entdeckt werden können, und festgestellt wird, dass ein offenbartes Buch Wunder enthält, die in keinem anderen Buch entdeckt werden können, erkennt ein nach Wahrheit Suchender, dass göttliche Offenbarungen eine begründete Wahrheit darstellen. Wenn ein Solcher eine reine Seele besitzt, kann er selbst bis zum Grad der Erleuchtung seines Herzens durch das Schreiten auf dem rechten Pfad göttliche Offenbarungen erfahren – so wie die auliyāʾ14, wodurch er gewisses Wissen von der den Gesandten Gottes gewährten Offenbarung erlangen kann. Für einen nach Wahrheit Suchenden, der aufrichtig den Wunsch, den Islam anzunehmen, zum Ausdruck bringen würde, bin ich bereit, dieses Mittel zu seiner Zufriedenstellung zu erbringen. Sollte irgendjemand mein Wort bezweifeln, so sollte er mit Aufrichtigkeit zu mir kommen. Allah hat die Macht, das zu tun, was ich sage, und Er ist der Helfer in jeder Angelegenheit.
مدقلاقدصبانیلاعجریلفیلوقنمکشیفدحاٰ ناکناو
10 ریصنرمالکیفوھوریدقلوقنامیلعهللاو
14 Wenn irgendjemand an meine Worte zweifeln sollte, so soll er mit Aufrichtigkeit zu mir kommen. Allah besitzt die Macht, das zu tun, was ich sage und Er ist der Helfer in jeder Angelegenheit.
Zu glauben, dass die subtilen Einsichten, die Menschen durch Nachsinnen und Beobachtung enthüllt werden, Offenbarungen sind und Offenbarungen nichts weiter darstellen als dies, ist ein Irrtum aufgrund von dunkler Ignoranz. Wäre es wahr, dass menschliches Denken göttliche Offenbarung ist, dann könnte der Mensch selbst das Unsichtbare durch Nachsinnen und Beobachtung entdeckt haben. Es ist jedoch offensichtlich, dass, wie weise einer auch immer sein mag, er irgendetwas Verborgenes nicht nur durch das Nachdenken darü- ber enthüllen kann. Noch kann er irgendein Zeichen göttlicher Macht vorweisen. Seine Sprache zeigt kein Zeichen von Gottes Macht, und wie sehr er auch immer nachdenken möge, er kann weder das Un- sichtbare, das jenseits seines Verstandes und seiner Beobachtung und seiner anderen Sinne liegt, entdecken, noch ist seine Sprache oder sein Werk von so hohem Niveau, dass sich niemand mit ihm messen kann. Somit gibt es für eine weise Person genug Gründe, festzustel- len, dass, was immer ein Mensch infolge seines eigenen Nachsinnens oder seiner Beobachtung denken möge, es nicht das Wort Gottes sein kann. Wäre es das Wort Gottes gewesen, so hätte jene Person Zugang zu allem Unsichtbaren gehabt und es wäre ihr möglich gewesen, jene Dinge zu erklären, deren Darlegung insofern abhängig ist von der göttlichen Macht, als es notwendig ist, dass das Werk Gottes und das Wort Gottes göttliche Manifestationen enthüllen sollten.
Es mag gefragt werden, von wem und woher die guten und schlechten Konzeptionen kommen, die im Geist als Ergebnis von Nachdenken und Beobachtung entstehen. Die Antwort ist, dass sol-
che Gedanken die Schöpfung Allahs sind und nicht Sein رما (Amr). Mit Schöpfung ist gemeint, dass Gott, der Allmächtige, etwas durch physische Mittel erzeugt und es Sich Selbst zuschreibt, weil Er die Ursache von Dingen ist. رما (Amr) ist das, was ohne Vermittlung ir- gendwelcher Art direkt von Gott, dem Allmächtigen, kommt. Offen- barung, die von Gott herabkommt, kommt aus der Welt der (Amr) und nicht aus dem Reich der Schöpfung.
Gedanken, die infolge von Beobachtung und Nachdenken im Geis- te von Menschen entstehen, kommen alle aus dem Reich der Schöp- fung, wobei die göttliche Kraft hinter dem Schleier der Mittel wirkt. In der Welt der Mittel hat Gott Menschen mit verschiedenen Kräften und Fähigkeiten versehen erschaffen und sie mit der Eigenschaft ausge- stattet, dass ihre Gemüter, wenn sie ihre Gedanken für eine gute oder schlechte Sache gebrauchen, auf angemessene Konzeptionen nieder- gehen. Da es ein Teil des Naturgesetzes ist, dass jemand, wenn er seine Augen öffnet, etwas sehen kann, und dass er, wenn er seinem Ohr Ge- räusche zuführt, etwas hören kann; daher ist es genauso, dass, wenn er über den Erfolgsweg einer guten oder üblen Absicht nachsinnt, ein Plan in seinem Sinn aufkommt. Ein guter Mensch reflektiert durch das Nachsinnen über gute Absichten über gute Dinge, und ein Dieb erfindet durch Nachsinnen über die verschiedenen Arten des Raubs einen Plan, um einen Raub zu verüben. So, wie sich ein Mensch tief- gründige üble Vorhaben ausdenken kann, desgleichen kann er sich, wenn er seine Fähigkeit auf gute Art und Weise gebraucht, gute Pläne ausdenken. So, wie seine schlechten Gedanken, wie tiefgründig und wirksam sie auch sein mögen, nicht für Offenbarungen gehalten wer- den können, desgleichen sind seine Gedanken, die er für gut hält, kei- ne Offenbarungen. Kurz gesagt, welche guten Gedanken auch immer guten Menschen in den Sinn kommen und welche schlechten Gedan- ken oder Pläne auch immer, infolge von Nachsinnen und Beobach- tung, in den Gemütern von Dieben und Räubern und Mördern und
Ehebrechern und Fälschern entstehen, alle sind das Ergebnis der Aus- übung natürlicher Fähigkeiten, und, weil Gott die Ursache aller Dinge ist, werden sie die Schöpfung Gottes und nicht Sein Amr genannt. Sie sind so die natürlichen Eigenschaften des Menschen, wie einigen Ge- müsen die Eigenschaften von Abführung oder von Verstopfung und andere Eigenschaften innewohnen. So, wie Gott andere Dinge mit verschiedenen Arten von Eigenschaften ausgestattet hat, hat Er das Denkvermögen des Menschen mit der Eigenschaft ausgestattet, dass es dem Menschen, wenn immer jener bei einem guten oder schlechten Vorhaben dessen Hilfe bedarf, behilflich ist. Ein Dichter, der irgend- wen betreffende Schmähschriften schreiben möchte, stellt fest, dass sein Sinn in jene Richtung läuft und er derartige Dichtung erzeugen kann. Ein anderer Dichter möchte dieselbe Person loben und löbliche Verse kommen ihm in den Sinn. Diese Art guter oder schlechter Ge- danken ist nicht der Spiegel des göttlichen Willens und kann nicht Sein Wort genannt werden. Gottes Heiliges Wort ist das Wort, das sich weit über den menschlichen Fähigkeiten befindet und von Vollkom- menheit und Macht und Heiligkeit erfüllt ist. Die allererste Bedin- gung von dessen Manifestation ist, dass die menschlichen Fähigkeiten völlig in der Schwebe gelassen und zwecklos gemacht worden sein sollten. Es sollte weder Nachsinnen noch Beobachtung geben und die betreffende Person sollte tot wie ein Leichnam sein. Alle Mittel sollten abgeschnitten sein und Gott, der Allmächtige, Dessen Existenz allein real und tatsächlich ist, sollte Sein Wort durch Seinen besonderen Plan auf das Herz von jemand herabkommen lassen.
Man sollte verstehen, dass so, wie das Licht der Sonne nur vom
Himmel kommt und im Auge nicht erzeugt werden kann, ebenso auch das Licht der Offenbarung von Gott und durch Sein Werk herab- kommt und nicht aus dem Innern eines Menschen entsteht. Da Gott wahrhaft existiert und sieht und hört und weiß und spricht, sollte Sein Wort von Ihm herabkommen und nicht das Erzeugnis der Sinne des
Menschen sein. Aus unserem Sinn entstehen dieselben guten oder schlechten Gedanken, die uns, unserem Wesen gemäß, innewohnen, aber Gottes endloses Wissen und Seine grenzenlose Weisheit kön- nen unseren Herzen nicht innewohnen. Welch größere Verleumdung Gottes könnte es geben, als dass ein Mensch dächte, dass alle gött- lichen Schätze des Wissens, der Weisheit und der verborgenen Ge- heimnissen in unseren Herzen gegenwärtig seien und in ihnen auf- wallen. Dies würde bedeuten, dass wir selbst Gott sind und es kein Wesen außerhalb von uns gibt, das aus sich selbst seiend ist, göttliche Attribute besitzt und Gott genannt werden sollte. Denn, wenn Gott wahrhaft existiert und Ihm Sein unbegrenztes Wissen, für das unsere Herzen nicht das Maß sein können, eigen ist, dann würde die Bemer- kung, dass Gottes grenzenloses Wissen unser Herz erfüllt und alle Schatzkammern Seiner Weisheit darin wohnen, so vollkommen falsch und sinnlos sein, als ob Gottes Wissen auf das beschränkt sei, was in unseren Herzen enthalten ist. Dies würde einem Anspruch auf die Göttlichkeit selbst gleichkommen; aber ist es möglich, dass das Herz des Menschen alle Vortrefflichkeiten des Göttlichen begreift? Ist es er- laubt, dass ein Teilchen zur Sonne wird? Gewiss nicht.
Wir haben bereits erklärt, dass die Eigenschaften des Göttlichen,
wie Sein Wissen des Unsichtbaren, Sein Verstehen der Weisheit und anderer natürlicher Zeichen, vom Menschen nicht kundgetan werden können. Gottes Wort sollte von Gottes Erhabenheit, Gottes Macht, Gottes Segen, Gottes Weisheit und Gottes Unvergleichlichkeit charak- terisiert werden. Alle diese Eigenschaften werden im Heiligen Qur‘an angefunden und wir werden den Beweis dazu an passender Stelle er- bringen.
Wenn jene der Brahmo Samaj noch immer auf die Leugnung der Existenz von Offenbarungen beharren, die das Unsichtbare und andere Beweise der Macht umfassen, dann sollten sie den Heiligen Qur‘an mit voller Aufmerksamkeit studieren, damit sie erkennen mögen,
dass in diesem Heiligen Wort ein ganzer Ozean von Dingen wallt, die unsichtbar sind und eine Manifestationen der Macht, die sich jenseits der Kraft des Menschen befinden. Wenn es ihnen aufgrund eines Mangels an Einsicht nicht möglich sein sollte, diese qur‘anischen Vortrefflichkeiten selbst zu entdecken, so sollten sie dieses von uns verfasste Buch aufmerksam lesen, damit sie beispielhaft einige Schätze jener verborgenen Angelegenheiten und mächtigen Geheimnisse entdecken mögen, mit welchen der Heilige Qur‘an angefüllt ist.
Auch sollten sie wissen, dass es einen weiteren Weg für den Beweis der Existenz der von Gott herabkommenden und verborgene Din- ge umfassenden göttlichen Offenbarung gibt, und der ist, dass Gott, der Allmächtige, aus der Zahl der Muslime, die sich auf den wahren Glauben stützen, stets solche Menschen erschafft, die Offenbarungen von Gott empfangen und solche verborgenen Dinge enthüllen, deren Enthüllung in der Macht von niemandem liegt denn Gott, Der kei- nen Partner hat. Gott, der Allmächtige, gewährt diese heilige Offen- barung jenen der Gläubigen, die wahrhaft an den Heiligen Qur‘an als das Wort Gottes glauben und mit ganzer Aufrichtigkeit demgemäß handeln, und die an Muhammad, den ErwähltenSAW, als den wahren und vollkommen Propheten, der besser und höher und erhabener als alle Propheten und der ḫātamu l-anbiyāʾ15 ist, glauben und sich ihn zum Führer nehmen. Solche Offenbarung wird den Juden und Chris- ten und den Aryas und Brahmos nicht gewährt, ist den vollkomme- nen Anhängern des Heiligen Qur‘an aber stets gewährt worden und wird ihnen auch jetzt gewährt und wird fortfahren, ihnen gewährt zu werden. Obwohl die prophetische Offenbarung – weil sie nicht mehr notwendig ist – zu einem Ende gekommen ist, so wird doch die Of- fenbarung, die den aufrichtigen Dienern des Heiligen ProphetenSAW gewährt wird, niemals zu einem Ende kommen. Diese Offenbarung
15 Das Siegel der Propheten. (Anm. d. Ü.)
ist ein großer Beweis für die Offenbarung, die dem Prophetentum zu eigen ist und die jeden Gegner des Islam demütigt. Da diese gesegne- te Offenbarung mit all ihrem Segen und ihrer Ehre und Erhabenheit und Herrlichkeit nur jenen ehrbaren Dienern gewährt wird, die zu den Muslimen gehören und Diener des Heiligen ProphetenSAW sind, wird dieses vollkommene Licht, das die frohe Kunde der Nähe zu Gott und die Annahme durch Ihn und Sein Wohlgefallen bringt, den Anhängern anderer Glaubensrichtungen entzogen. Somit beweist die- se heilige Offenbarung nicht nur ihre eigene Existenz, sondern auch, dass allein die Muslime jene Menschen sind, die für Gott annehmbar sind und sich auf den wahren Glauben stützen, und dass alle anderen Menschen die Falschheit verehren und irregeführt sind und sich un- ter dem Zorn Gottes befinden. Unwissende Menschen werden, wenn sie dies vernehmen, allerlei Dinge äußern und verneinend ihre Köpfe schütteln oder mich wie törichte und böse Leute verspotten. Sie soll- ten jedoch wissen, dass Leugnung und Spott nicht der Brauch jener ist, die edel sind und nach Wahrheit streben, sondern der Brauch jener bösen Menschen, die nichts mit Gott und der Wahrheit zu tun haben. Es gibt tausende von Dingen in der Welt, die Eigenschaften besitzen,
die vom Verstand nicht begriffen werden können und nur durch
Erfahrung erkannt werden. Es ist daher der Brauch der Weisen, dass dann, wenn eine Eigenschaft irgendeines Dinges wiederholt durch Erfahrung bewiesen wird, sie deren Existenz nicht länger leugnen. Nur ein Esel besteht nach wiederholter Erfahrung auf die Leugnung. Zum Beispiel ist Rhabarber ein Abführmittel und ein Magnet hat Anziehungskraft, und obwohl es keinen Grund dafür gibt, weshalb sie diese Eigenschaften besitzen sollten, muss jede vernünftige Person dennoch, wenn durch wiederholte Erfahrung bewiesen wird, dass sie diese Eigenschaften besitzen, eingestehen, dass Rhabarber ein Abführmittel ist und ein Magnet eine Anziehungskraft besitzt. Sollte irgendjemand dies aufgrund dessen leugnen, dass es keinen Grund
dafür gibt, so würde ein Solcher als wahnsinnig oder geisteskrank verurteilt werden. Also unterbreiten wir den Brahmos und anderen Gegnern, dass das, was wir in Bezug auf Offenbarungen erklärt haben, nicht ohne Beweis ist; und zwar dass Offenbarungen selbst jetzt von vollkommenen muslimischen Individuen erfahren werden, und dass dieselben sich auf sie beschränken und bei anderen nicht angefunden werden, sondern vielmehr einem jeden Wahrheitssucher, wie tausende andere auf diese Weise entdeckte Wahrheiten, durch Versuche und Erfahrung bewiesen werden können. Sollte irgendjemand tatsächlich ein Wahrheitssucher sein, so verpflichten wir uns, ihm dies anschaulich darzustellen, so er denn schriftlich das aufrichtige Versprechen abgeben würde, dass er im Falle des Beweises den Islam annehmen und sich uns dann mit Aufrichtigkeit und in gutem Glauben zuwenden würde.
16 ن
ۡید
سفۡ مُ ۡلاِب ۢمٌ یۡ ِلعَ هَ ّللانَّ اِ َفاوۡ َّلوَ َتنۡ اِ َف
Einige Menschen wenden ein, dass es viele Gruppen wie Astrolo- gen, Weissager, Ärzte, Handwahrsager usw. gibt, die das Unsichtba- re zu offenbaren behaupten und manchmal Dinge voraussagen, von denen sich einige ereignen; und dass es einigen Personen in jüngerer Zeit möglich gewesen sei, durch Mesmerismus17 verborgene Dinge zu offenbaren; wie also könnte das Offenbaren des Unsichtbaren ein endgültiger Beweis für den göttlichen Ursprung von Offenbarungen
16 „Doch wenn sie sich abkehren, dann (bedenke), Allah kennt die Unheilstifter wohl.“
(Āl-e ʾimrān, 3:64; Anm. d. Ü.)
17 Die Bezeichnung für eine dem Elektromagnetismus analoge Kraft am Menschen, die von Franz Anton Mesmer (1734–1815) propagiert wurde. (Anm. d. Ü.)
sein?
Die Antwort ist, dass diese Gruppen auf Grund von Vermutung sprechen und weder bestimmtes Wissen besitzen noch zu besitzen behaupten. Ihre sogenannten Prophezeiungen stützen sich auf Zei- chen und zweifelhafte Anzeichen, die keine Beziehung zur Gewiss- heit haben und nicht über Verdacht und Irrtum erhaben sind. Sehr oft erweisen sich ihre Voraussagen als grundlos und falsch, weshalb jene Voraussagen jeder Ehre, Annahme und Hilfsbereitschaft, ja, jedes Erfolgs entbehren. Jene, die sich solchen Voraussagen hingeben, sind gewöhnlich arme Unglückselige und werden nicht geehrt und sind Feiglinge und gering und erfolglos und ohne Verdienst. Sie können das Unsichtbare nicht dazu bekehren, mit ihren Voraussagen überein- zustimmen, und in ihren eigenen Umständen stellen sie die Zeichen göttlichen Zorns zur Schau, und sie haben keinen Segen oder Ehre oder Hilfe des Göttlichen. Aber die Propheten und die auliyāʾ enthül- len das Unsichtbare nicht nur wie die Astronomen, sondern machen mit der sie stets begleitenden Gnade und Barmherzigkeit Gottes sol- che Prophezeiungen, in denen die Lichter der Annahme und Ehre wie die Sonne scheinen und die frohe Botschaft der Ehre und der göttli- chen Hilfe enthalten ist. Betrachtet die Prophezeiungen des Heiligen Qur‘an und ihr werdet feststellen, dass sie nicht wie die Voraussagen der Astronomen und von anderen sind, sondern angefüllt sind mit Majestät und Herrlichkeit. All jene Prophezeiungen werden charak- terisiert durch die Darlegung der Ehre der Empfänger und die Enteh- rung ihrer Feinde, durch ihren Ruhm und die Demütigung ihrer Fein- de, durch ihren Erfolg und den Misserfolg ihrer Feinde, durch ihren Sieg und die Niederlage ihrer Feinde, und durch ihren Wohlstand und das Verderben ihrer Feinde. Kann irgendein Astronom oder Weissa- ger oder Mesmerist solche Prophezeiungen darbieten? Gewiss nicht! Stets das eigene Gute und den Niedergang des Gegners zu verkünden
und das, was der Gegner sagt, stets zu widerlegen und die Erfüllung dessen zu versprechen, was zum eigenen Gunsten ist, kann nur von Gott sein und nicht das Tun des Menschen.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 232-242, Fußnote 11)
Obwohl der Mensch sich seit tausenden von Jahren mittels der Naturwissenschaft und Mathematik eifrig mit der Entdeckung von Gottes Macht beschäftigt, ist sein Wissen dennoch so fehlerhaft, dass er in seiner Suche nur als hoffnungslos und erfolglos bezeichnet werden kann. Andererseits werden jenen, denen Visionen und Offenbarungen gewährt werden, hunderte von verborgenen Geheimnissen enthüllt und sie werden von tausenden von Rechtschaffenen bezeugt, während die Philosophen fortfahren darin, sie zu leugnen. Die Philosophen führen alles Denken und Überlegen auf das Gehirn zurück, aber jene, die Erfahrungen mit Visionen gemacht haben, entdeckten durch ihre spirituellen Erlebnisse, dass das Herz der Urquell der Vernunft und Erkenntnis ist. Fünfunddreißig Jahre lang habe ich beobachtet, dass Offenbarungen, welche die Quelle der spirituellen Erkenntnis und des Wissens über das Ungesehene darstellen, auf das Herz herabkommen. Sehr oft trifft eine Stimme das Herz mit solcher Gewalt, als würfe man mit Gewalt einen Eimer in einen Brunnen voller Wasser, so dass das Wasser des Herzens aufwallt wie eine geschlossene Blüte und, in der Nähe des Gehirns angekommen, erblüht wie eine Blume und Worte gebiert, die Worte des Göttlichen sind. Diese spirituellen Erlebnisse zeigen, dass das Gehirn keinen Bezug hat zum Wissen und zu wahrer Erkenntnis. Es ist wahr, dass das Gehirn, wenn es gesund ist und an keinem Defekt leidet, Nutzen aus dem geheimen Wissen, welches das Herz besitzt, zieht, und da das Gehirn das Zentrum des
Nervensystems ist, ist es wie eine Maschine, die Wasser aus dem Brunnen heraufpumpen kann. Das Herz ist der Brunnen, welcher der Urquell des geheimen Wissens ist. Dies ist ein Geheimnis, das von aufrichtigen Menschen durch wahre Visionen entdeckt worden ist, und ich selbst habe Erfahrungen damit.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 282-283)
Denn ich bin seit circa 11 Jahren mit der Ehre des göttlichen Dialo- ges beehrt worden und weiß sehr wohl, dass die Offenbarung tatsäch- lich vom Himmel niedergesandt wird. Will man die Offenbarung mit den Dingen der Welt vergleichen, so lässt sie sich vermutlich teilweise mit dem Telegramm vergleichen, das selbst jede Änderung seines Si- gnales vermittelt. Ich habe beobachtet, dass bei der Niedersendung der Offenbarung, die ich als „waḥyī-e walāyat“18 erhalte, das Gefühl einer externen, sehr einflussreichen Macht entsteht. Bisweilen ist diese Macht so stark, dass sie mich in ihrem Licht einhüllt. Und ich sehe, dass ich mit solcher Kraft zu ihr hingezogen werde, dass meine Eigenkräfte ihr nicht Stand halten können. In dieser Macht vernehme ich das offene und erleuchtete Wort. Bisweilen sehe ich die Engel19. Und ich erfahre die Wirkung und die Ehrfurcht, die der Wahrheit eigen sind. Das Wort besteht manchmal aus Nachrichten des Ungesehenen. Und es kommt zu solch überwältigenden Mo- menten der äußeren Besitznahme, dass Gottes Dasein bewiesen ist. Dies nun zu verleugnen, gleicht dem Vernichten einer offenbaren Wahrheit.
(Barakātu d-Duʿā, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 6, S. 26 – Dt. Ü.: „Die Segnun- gen des Gebets“, Frankfurt am Main 2010, S. 34f.)
Ich schwöre bei Gott, dem Erhabenen, dass es tatsächlich zutrifft,
18 Die Offenbarung des Wali. (Anm. d. Ü.)
19 Nicht nur sehe ich bisweilen die Engel, sondern manchmal erklären sie ihre Vermittlerrolle in (der Übermittlung des) Wortes (Gottes).
dass die Offenbarung auf das Herz niederfällt, wie der Lichtstrahl auf die Mauer. Ich beobachte täglich, dass wenn die Zeit des göttlichen Dialoges naht, mich zunächst plötzlich ein Zustand der Ohnmacht überkommt und ich wie verwandelt bin. Obwohl meine Sinne und meine Wahrnehmung und mein Bewusstsein gewissermaßen noch vorhanden sind, empfinde ich zu jenem Zeitpunkt, so als ob ein sehr mächtiges Wesen mein ganzes Wesen in Seiner Macht hat. Ich fühle, dass die Kontrolle über mein Sein in Seiner Hand ist. Was mein ist, ist nicht mehr mein, sondern Sein. Wenn dieser Zustand mich überkommt, sorgt Gott zunächst dafür, dass mir jene Gedanken meines Herzens in den Sinn kommen, welche ER mit Seinem Wort zu erhellen wünscht. Da werden in einem eigenartigen Zustand bestimmte Dinge deutlich. Es verhält sich z.B. so, dass wenn über einen Herrn Müller ein Gedanke entsteht, der sich damit beschäftigt, ob er von einer Krankheit geheilt wird oder nicht, so schlägt ein Stück göttlichen Wortes wie ein Strahl ein und bisweilen wird der gesamte Körper vom Einschlagen des Strahles erschüttert. Wenn dieser Fall beigelegt ist, kommt ein anderer Gedanke. Kaum kommt mir ein Gedanke in den Sinn, so fällt ein Teil der Offenbarung darauf, gleich einem Schützen, der auf jedes Opfer Pfeile feuert. In genau jenem Moment fühlt es sich so an, als ob dieser Gedankengang aus meiner natürlichen Begabung entsteht und das Wort, das darüber niederkommt, von oben niedergesandt wird.
Obwohl auch den Dichtern nach Denken eingegeben wird, ist es
doch eine Anmaßung, jene Offenbarung mit dieser zu vergleichen. Denn die eine Eingebung ist das Ergebnis des Überlegens und Nach- denkens. Und es geschieht unter vollem Bewusstsein und in einem Zustand im Rahmen der Grenzen des Menschlichen. Doch die andere Art von Eingebung findet nur statt, wenn der Mensch mit seinem ge- samten Wesen in Gottes Macht ist und sein eigenes Bewusstsein und sein Denken keinerlei Einfluss haben. Da fühlt es sich so an, dass sei- ne Zunge nicht seine eigene ist, sondern eine andere große Macht sie
benutzt. Dieser Zustand, den ich hier beschrieben habe, verdeutlicht, was das System der Natur ist und was vom Himmel niedergesandt wird.
(Barakātu d-Duʿā, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 6, S. 22-23, Fußnote – Dt. Ü.:
„Die Segnungen des Gebets“, Frankfurt am Main 2010, S. 28f Fußnote.)
Der leichte Schlummer, der einen zu der Zeit, wenn Gottes Wort auf das Herz herabkommt, überkommt, befindet sich vollkommen außerhalb materieller Ursachen und alle physischen Ursachen befin- den sich zu jener Zeit in der Schwebe. Wenn eine rechtschaffene Per- son, die eine wahre Beziehung der Liebe und Treue zu Gott, dem All- mächtigen, aufweist, Gott, im Aufwallen jener Beziehung, ein Flehen unterbreitet, überkommt sie plötzlich, während sie noch mit ihrem Flehen beschäftigt ist, ein leichter Schlummer. Sie scheint zu erwa- chen und stellt fest, dass ihr die Antwort auf ihr Flehen, in beredten Worten abgefasst, hinter dem Schleier jenes Schlummers übermittelt wird. Jene Worte besitzen eine Majestät und haben eine Wonne inne und durch sie hindurchscheinend wird eine göttliche Macht empfun- den. Sie durchdringen das Herz wie ein Eisennagel und enthalten oft geheime Dinge. Oft geschieht es, dass, wenn eine rechtschaffene Per- son betreffs ihres ersten Flehens noch etwas hinzufügen möchte oder ein neues Flehen unterbreitet, sie erneut von einem weniger als einer Sekunde dauernden Schlummer überkommen wird, aus dem heilige Worte köstlich und angefüllt mit Majestät so hervorkommen wie ein Kern aus der Schale hervorkommt. Auf diese Weise antwortet Gott, Der gnädig und barmherzig und erfüllt von Wohlwollen ist, auf jede Frage und tut keine Verachtung und Abscheu kund. Wird ein Flehen sechzig oder siebzig oder einhundert Mal unterbreitet – eine Antwort wird auf gleiche Weise empfangen. Das bedeutet, dass den Empfänger
von Offenbarung zur Zeit des Flehens ein leichter Schlummer über- kommt. Manchmal ist diese Bewusstlosigkeit oder dieser Schlummer tief, als sei man in eine Ohnmacht gefallen. Derartige Offenbarung wird bei sehr wichtigen Dingen gewährt und ist die höchste Form der Offenbarung. Der einen Empfänger von Offenbarung zur Zeit sei- nes Flehens und Gebetes überkommende Schlummer, hinter dessen Schleier göttliche Offenbarung empfangen wird, befindet sich jenseits aller physischen Ursachen. Was immer die Physiker als das den Schlaf betreffende Naturgesetz betrachten, es steht im Widerspruch zu die- sem besonderen Fall. Es gibt hunderte spiritueller Dinge, die das Den- ken von Philosophen widerlegen. Sehr oft sieht man in einer Vision Objekte, die tausende von Meilen entfernt sind und so erscheinen, als seien sie dem Auge nahe, und oft kann man sich bei völligem Wach- sein mit den Seelen derer unterhalten, die verstorben sind.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 111-112)
Erste Form: Von vielen mir von Gott enthüllten Formen der Of- fenbarung ist eine, dass wenn der Allmächtige Gott Seinem Diener irgendeine verborgene Angelegenheit zu enthüllen wünscht, Er bei einem leichten Schlummer einige Redewendungen, manchmal sanft, manchmal herb, von dessen Zunge fließen lässt. Solche Redewendun- gen, die herb von der Zunge fließen, fallen so hart auf die Zunge, wie Hagel plötzlich auf den Boden fällt oder wie die Hufe eines gallop- pierenden Pferdes auf die Erde schlagen. Eine solche Offenbarung kommt sehr schnell und ist so furchterregend, dass der ganze Kör- per davon berührt wird, und die Zunge bewegt sich dabei so schnell und mit so majestätischer Stimme, als ob sie nicht die eigene Zunge wäre. Wenn die Offenbarung vollendet ist, verschwindet der leich- te Schlummer ganz und gar, und während der Zeit ihres Empfangs
liegt man so regungslos da wie ein Leichnam. Eine derartige Offen- barung wird empfangen, wenn der allmächtige Gott aus Seiner Weis- heit heraus ein Flehen nicht anzunehmen oder dessen Annahme zu verzögern beschließt oder etwas zu übermitteln wünscht, was schwer auf dem Empfänger lasten würde. Zum Beispiel, wenn jemand etwas schnell erlangen möchte und ein solches Erlangen nicht im Einklang mit dem göttlichen Willen ist oder aufgeschoben werden muss. Ich bin manchmal der Empfänger solcher Offenbarungen gewesen, welche im Einzelnen zu beschreiben zu lange dauern würde, aber ich werde ein Beispiel darbieten. Vor etwa drei Jahren betete ich, dass Menschen geneigt sein mögen, bei der Veröffentlichung dieses Buches zu helfen, woraufhin ich in strengen Worten diese Form der Offenbarung emp- fing:
„Noch nicht.“
Als ich diese Offenbarung empfing, teilte ich dies einer Anzahl von Hindus und Muslimen, die noch am Leben sind, mit, und auch sie sahen danach den Mangel an Aufmerksamkeit für dieses Buch seitens der Leute.
Was die andere Form der Offenbarung betrifft, in welcher Redewendungen sanft von der Zunge fließen, so würde es genügen zu sagen, dass ich eines Tages, als einige Zeit nach der zuvor erwähnten Offenbarung vergangen war und ich mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert war, folgende Offenbarung empfing:
20 ائً یْ نِ ج
ابً طَ رُ ک
یْ َلعَ ط
قاسَ ُ تةِ َلخْ نّ لاعِ ذْ جِ بِ ک
یْ َلاِ زِّ ھ
Daraus entnahm ich, dass dies ein Hinweis war, dass ich Hilfe von
20 „Ergreife den Zweig der Palme und schüttele ihn; er wird frische reife Datteln auf dich herabwerfen.“ (Anm. d. Ü.)
Leuten erbitten sollte, und dass dies ein Versprechen enthielt, dass es mir aufgrund derartiger Bemühung möglich sein würde, genug Geld für die Unkosten der Veröffentlichung jenes Teiles des Buches zu sammeln. Ich teilte dies mehreren Hindus und Muslimen mit und setzte auch Hafiz Hidayat Ali Khan, Extra Assistant Commissioner, der am selben oder darauffolgenden Tage in Qadian angekommen war, davon in Kenntnis. Ich unterrichtete auch Maulavī Muhammad Hussain aus Batala davon. Kurz gesagt, nach dem Empfang dieser Offenbarung machte ich, dem göttlichen Geheiß zufolge, einige An- strengungen hinsichtlich der Bitte um Hilfe und erhielt daraufhin aus Lahore, Peschawar, Rawalpindi, Malerkotla und einigen anderen Or- ten genügend Hilfe, um die Kosten der Veröffentlichung jenes Teiles zu decken. Aller Preis hierfür gebührt Allah.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 248-251, untergeord- nete Fußnote 1)
Die zweite Form der Eingebung, die ich aufgrund ihrer vielen Wunder die vollkommene Offenbarung nenne, ist, dass wenn Gott, der Allmächtige, einen Diener nach dessen Flehen oder auf Eigenen Wunsch über eine geheime Angelegenheit zu informieren wünscht, Er ihm ein Ohnmachtsgefühl auferlegt, wodurch jener sich völlig von seinem Selbst loslöst und in Ohnmacht sinkt wie einer, der in tiefes Wasser taucht und darin verschwindet; und dann, wenn er aus der Tiefe auftaucht, in seinem Inneren eine Art von Echo empfindet, und dann, wenn jenes Echo verklingt, Worte aus seinem Innern heraus spürt, die angemessen und fein und köstlich sind. Dieses in das Ohn- machtsgefühl Versinken ist ein wunderbares Erlebnis, das in Worten nicht angemessen beschrieben werden kann. In diesem Zustand wird einem ein ganzes Meer der Erkenntnis aufgetan. Wenn er die Erfah- rung dieses ihm von Gott, dem Allmächtigen, auferlegten Versinkens wiederholt macht und auf jedes Flehen in feinen und köstlichen Wor-
ten eine Antwort empfängt und Gott ihm in jedem Fall Wahrheiten enthüllt, die zu enthüllen jenseits der menschlichen Kraft liegt, er- langt er dadurch völliges Verstehen und volle Erkenntnis. Das Fle- hen des Menschen und Gottes Antwort darauf, durch die Manifesta- tion Seiner Gottheit, ist ein Erlebnis, als ob der Flehende Gott schon in dieser Welt sähe, und beide Welten erscheinen ihm sofort gleich. Wenn ein Diener zur Zeit der Not wiederholt zu seinem Herrn fleht und eine Antwort empfängt, wie ein Mensch sie von einem anderen erhält, und jene Antwort in feinen, beredten Worten und manchmal in einer ihm unbekannten Sprache verfasst ist und verborgene Dinge enthält, die sich außerhalb der Macht von Geschöpfen befinden, und welche manchmal die gute Botschaft von großen Gaben oder hohen Stellungen oder der Nähe zu Gott übermittelt und manchmal Prophe- zeiungen hinsichtlich weltlicher Segnungen umfasst, dann erlangt er, durch das Vernehmen dieser feinen und beredten, sich weit über der menschlichen Macht befindlichen Redewendungen ein Maß an Erkenntnis, das nur von jenem, dem diese Gabe gewährt wird, gewür- digt wird. In Wirklichkeit erkennt ein solcher Gott wie man einen fes- ten und alten Freund erkennt. Solche Offenbarung bezieht sich oft auf erhabene Angelegenheiten. Sie enthält manchmal Worte, nach deren Bedeutung in einem Wörterbuch gesucht werden muss. Manchmal habe ich eine solche Offenbarung in einer mir völlig fremden Sprache, wie Englisch oder einer anderen, empfangen.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 260-264, untergeord- nete Fußnote 1)
Die dritte Form der Offenbarung wird dem Herzen auf sanfte Wei- se übermittelt. Eine Redewendung geht durch das Herz, welche nicht alle Wunder der Vollkommenheit umfasst, die charakterisierend für die gerade beschriebene Offenbarung sind. Ihr geht nicht unbedingt ein Ohnmachtsgefühl oder Schlummer voraus. Sie kann bei völligem
Wachsein empfangen werden. Es fühlt sich an, als ob jemand jene Worte in das Herz gehaucht oder an das Herz geworfen hätte. Man könnte teilweise ganz wach sein und empfindet plötzlich, dass neue Worte in seine Brust gekommen sind. Manchmal offenbaren die Wor- te ihr mächtiges Licht sofort beim Eindringen in das Herz und man weiß, dass diese Worte von Gott übermittelt werden. Die Offenbarung übermittelt dem Herzen und den Gliedern Trost, Befriedigung und Zufriedenheit. Ein beunruhigtes Gemüt empfindet dessen Wonne und Kühle. Dies ist ein Geheimnis, von dem die Allgemeinheit nichts weiß, aber Menschen mit Verstand, denen von dem freigebigen Herrn Erlebnisse göttlicher Geheimnisse gewährt worden sind, verstehen dies wohl. Ich habe derartige Offenbarung bei vielen Gelegenheiten erfahren.
Die vierte Form der Offenbarung ist, dass eine Sache von Gott, dem Allmächtigen, in einem wahren Traum enthüllt wird oder ein Engel, der eine menschliche Gestalt annimmt, eine verborgene Sache enthüllt oder auf einem Stück Papier oder auf einem Stein usw. etwas, verborgene Geheimnisse enthüllendes, Geschriebenes erscheint.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 273-274 untergeordnete Fußnote 1)
Die fünfte Form der Offenbarung ist, dass man äußerlich eine Stim- me vernimmt, so als ob jemand von hinter einem Vorhang spricht. Die Stimme indes ist sehr köstlich und fröhlich und wird ziemlich schnell übermittelt, und das Herz freut sich darüber. Die Sinne sind tief in Gedanken und plötzlich wird diese Stimme vernommen und man ist überrascht, woher sie gekommen ist und wer einen anspricht. Man sieht sich nach jenem, von dem die Stimme gekommen sein könn- te, um und erkennt dann, dass sie von einem Engel gekommen ist. Sie übermittelt gewöhnlich eine gute Botschaft, wenn man, nachdem man irgendeine schlechte, sich als falsch herausstellende Nachricht
vernommen hat, besorgt und betrübt oder von Furcht gepackt ist. Im Gegensatz zur zweiten Form der Offenbarung ist eine solche Offenba- rung nicht die Folge eines wiederholten Flehens. Auf einmal spricht ein Engel, wenn Gott, der Allmächtige, es wünscht – konträr zur zwei- ten Form der Offenbarung, wo eine Antwort von Gott, dem Allmäch- tigen als Erwiderung auf fortwährendes Flehen erfolgt; hunderte von Bittgebete erhalten vom vollkommenen Wohltäter hunderte von Ant- worten, so meine eigene Erfahrung.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 287-288, untergeord- nete Fußnote 1)
Abermals habe ich Hadhrat JesusAS in einer Vision gesehen und andere Propheten getroffen, während ich hellwach war. Ich habe auch unser Oberhaupt, unseren Meister und Führer, den Propheten MuhammadSAW oftmals im Wachzustand gesehen und mit ihm gesprochen – in einem derart klaren Zustand des Wachseins, dass nicht die geringste Spur von Schlaf oder Trägheit vorhanden war. Ich habe auch einige Menschen, die tot sind, an ihren Gräbern oder an anderen Orten getroffen, während ich wach war, und mit ihnen gesprochen. Ich weiß sehr wohl, dass solche Treffen mit den Toten im Wachzustand möglich sind. Wir können sie nicht nur treffen, wir können auch mit ihnen sprechen und können ihnen sogar die Hand geben. Zwischen diesem und dem gewöhnlichen Wachzustand gibt es in der Erfahrung keinen Unterschied. Man nimmt wahr, dass man genau in dieser Welt ist; man hat dieselben Ohren, Augen und die selbe Zunge. Doch ein tieferes Nachsinnen enthüllt ein verschiedenes Universum.
Die Welt begreift diese Art der Wachheit nicht, denn die Welt lebt in Trägheit und Unwissen. Diese Wachheit ist ein Geschenk des Himmels. Sie wird jenen gewährt, die mit neuen Sinnen ausgestattet werden. Dies ist eine Tatsache, an der gibt es nichts zu deuteln und
zu leugnen.
(Masīḥ hindūstān me, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 15, S. 36-37; Dt. Ü.: Jesus in Indien, Frankfurt am Main 2017, S. 85f)
Für den Empfang von Offenbarungen werden Auffassungsgabe und Fähigkeit benötigt. Nicht jedermann kann Gottes Prophet wer- den und ein Empfänger von göttlicher Offenbarung sein. Der Heilige Qur‘an gibt im folgenden Vers einen Hinweis darauf:
21 ث
یۡ ح
مُ َلعۡ َاهُ ّللَاؕۘؔهِ ّللالُ سُ رُ یَ ِتوۡ ُاۤاملَ ثۡ میتٰ ؤۡ ُنیتّٰ حن
مِ ؤۡ ُّننۡ َلاوۡ ُلاَق ة
َیاٰ مۡ ُہۡتءآج
اذَ اِ و
هٗ تَ َلاسَ ر لُ عَ جۡ ی
Das heißt, dass, wenn zur Beglaubigung des Heiligen Qur‘an ein Zeichen gezeigt wird, sie sagen: Wir werden niemals glauben, bis wir selbst das Göttliche Buch erhalten. Gott weiß am besten, wo und wann das Prophetentum gewährt wird. Dies bedeutet, dass Gott weiß, wer fähig ist, Offenbarungen zu empfangen, und wer nicht. Er gewährt die Gunst der Offenbarung jenem, der die erforderliche Fähigkeit und Auffassungsgabe besitzt.
Aus verschiedenen Gründen hat der weise Schöpfer unterschiedli- che Arten von Menschen erschaffen, und die Gesamtheit der Mensch- heit ähnelt einer Linie, deren eines Ende in großer Höhe ist und deren anderes Ende sich sehr weit unten befindet. Am oberen Ende befinden sich die reinen Seelen, deren Leistungen vollkommen sind, und am unteren Ende sind jene, die Tieren nahe sind, und in der Mitte befinden sich jene verschiedener Grade. Durch Beobachtung wird diese Vielfäl-
21 Al-Anʿām, 6:125. (Anm.d. Ü.)
tigkeit von Fähigkeiten bestätigt, denn keiner mit Vernunft kann leug- nen, dass Menschen sich auf verschiedenen Stufen von Erkenntnis, Rechtschaffenheit, Gottesfurcht und göttlicher Liebe befinden. So wie einer ansehnlich und ein anderer wenig anziehend ist, und einer ein gutes Sehvermögen hat und ein anderer blind ist oder ein schlechtes Sehvermögen, und einer normal geboren wird und ein anderer mit Mängeln, ebenso ist auch die Mannigfaltigkeit der intellektuellen und spirituellen Fähigkeiten offenkundig und sichtbar. Es ist wahr, dass je- des Individuum, vorausgesetzt es ist nicht geisteskrank, Fortschritte in seiner Vernunft, Rechtschaffenheit und Liebe zum Göttlichen erzie- len kann, man sollte aber bedenken, dass niemand über die Grenzen seiner Auffassungsgabe hinauswachsen kann.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 181-182, Fußnote 11)
Wie bei Mineralien gibt es bei menschlichen Wesen verschiedene Arten; einige sind hell und klar wie Silber, einige sind übelriechend und entflammbar wie Schwefel, einige sind unruhig wie Quecksilber und einige sind hart wie Eisen. Diese Mannigfaltigkeit ist deutlich er- kennbar und in Übereinstimmung mit dem göttlichen System. Dies ist dem Naturgesetz nicht zuwider und trägt zu gesellschaftlichem Frie- den und zur Anpassung bei. Es ist offensichtlich, dass, falls alle Wesen dasselbe Niveau an Fähigkeiten gehabt hätten, dann verschiedene Ar- ten von Arbeit, die unterschiedliche Grade von Fähigkeiten erfordern und notwendig für die Anpassung gesellschaftlicher Zustände sind, unvollendet und in der Schwebe gelassen worden wären. Für harte Arbeit sind harte Wesen passend und für feine Arbeit sind jene Wesen passend, die fein sind. Die griechischen Philosophen haben die An- sicht zum Ausdruck gebracht, dass die Vernunft erfordert, dass, da
einige Menschen Tieren nahe sind, das Wesen von einigen fein und klar sein sollte, so dass es, da wir sehen, dass einige Wesen so tief he- rabsinken als näherten sie sich Tieren, einigen ebenfalls auch möglich sein sollte, so hoch aufzusteigen, dass sie eine Beziehung zur höheren Welt begründen sollten.
Da nun festgestellt ist, dass einzelne Menschen eine Mannigfaltig- keit von Intelligenz, moralischen Eigenschaften und vom Licht des Herzens besitzen, beweist dies, dass die göttliche Offenbarung auf gewisse, in jeder Hinsicht vollkommene Individuen beschränkt ist. Ein jeder mit Vernunft versteht, dass jede Seele göttliches Licht gemäß ihrer Auffassungsgabe und Fähigkeit empfängt und nicht mehr. Die Sonne ist ein gutes Beispiel dieses Prinzips. Ihre Strahlen werden in alle Richtungen gesandt, aber nicht alle Orte erhalten ihr Licht gleich- mäßig. Ein Raum, dessen Türen geschlossen sind, erhält kein Licht, und der, der eine kleine Luftklappe in Richtung der Sonne hat, erhält etwas, aber nicht genug Licht, um die Dunkelheit völlig zu vertrei- ben; aber ein Raum, dessen Türen offen stehen und dessen Wände aus klarem und durchsichtigem Glas errichtet sind, wird nicht nur das volle Licht der Sonne empfangen, sondern jenes auch in alle Richtun- gen verteilen und weiter übermitteln. Desgleichen ist der Fall bei den reinen Seelen der Propheten. Jene heiligen Seelen, die der Allmächti- ge Gott für Sein Prophetentum erwählt, sind wie ein Kristallpalast, der keine Undurchsichtigkeit und kein Gitter hat, um das Licht zu hindern. Es ist darum klar, dass jene Individuen, die keine Vollkom- menheit besitzen, den Rang von göttlichen Boten nicht erreichen kön- nen. Dieser Rang wird jenen gewährt, deren heilige Seelen völlig frei von verdunkelnden Schleiern und physischen Hüllen sind und deren überweltliche Heiligkeit sich jenseits der Vorstellungskraft befindet. Solche vollkommenen Seelen sind die Mittel der Führung für die Menschheit. So wie die Gabe des Lebens allen Gliedern vom Herzen übermittelt wird, hat der Allweise die Gabe der Führung durch sol-
che Seelen festgelegt; denn ihnen wird die vollkommene Beziehung gewährt, die zwischen der Quelle der Gnade und dem Empfänger der Gnade bestehen sollte. Es ist nicht möglich, dass Gott, der All- mächtige, Der absolut einzig und überweltlich ist, die Gnade Seiner heiligen Offenbarung Menschen gewähren sollte, deren größerer We- sensteil dunkel und undurchsichtig und eng und zusammengeballt ist, und deren geringe Wesen in niedere Unreinheiten verwickelt sind. Würden wir uns nicht selbst betrügen, so würden wir zugeben müs- sen, dass, um eine vollkommen Beziehung zu der ewigen Quelle und Unterhaltung mit Seiner erhabenen Heiligkeit zu begründen, eine be- sondere Fähigkeit und Helligkeit vonnöten ist, die diesem erhabenen Rang und dieser Würde angemessen ist. Nicht jede Person, die sich in einem Zustand von Verlust und Mangel an Vorteilen befindet und von dunklen Hüllen bedeckt ist und ein niederes Wesen hat und der es an hohem Mut mangelt, kann dies erreichen.
Niemand sollte von der Tatsache getäuscht sein, dass den Christen zufolge für die Propheten, die Empfänger von göttlicher Offenba- rung sind, Heiligkeit, Transzendenz, Unschuld und die vollkomme- ne Liebe zum Göttlichen nicht erforderlich sind. Sie haben die wah- ren Prinzipien verloren und alle Wahrheiten der Idee geopfert, dass Hadhrat JesusAS auf irgendeine Weise vergöttlicht und die Sühne an- genommen werden möge. Da die Unschuld und Heiligkeit der Pro- pheten ihr diesbezügliches Gefüge vernichtet, waren sie gezwungen, ihre Zuflucht zu einer Falschheit nehmen, um eine weitere Falschheit aufrechtzuerhalten. Da sie ein Auge verloren hatten, mussten sie das andere ausstechen. Sie liebten die Falschheit und verließen die Wahr- heit. Sie beleidigten die Propheten, stellten die Reinen als unrein dar und erklärten jene Herzen für undurchsichtig und unrein, auf welche die göttliche Offenbarung herabkam, damit die Größe ihres erfun- denen Gottes nicht vermindert und die Lehre von der Sühne nicht be- zweifelt werden würde. Bei dieser selbstsüchtigen Einstellung verga-
ßen sie, dass ihre Lehre nicht nur die Propheten verleumdet, sondern auch die Heiligkeit Gottes in Zweifel stellt, denn wie kann Er heilig sein, der Beziehungen unterhielt und mit den Unreinen sprach.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 188-190, Fußnote 11)
Die Philosophie des Herabkommens des Lichts der Offenbarung lautet, dass es auf Licht und nicht auf Dunkelheit herabkommt, denn die Gunst erfordert eine Beziehung und zwischen Dunkelheit und Licht gibt es keine. Licht hat eine Beziehung zum Licht und der Allweise wirkt nur unter Umständen der Angemessenheit. Bei der Gewährung der Gunst des Lichts ist es Gesetz, dass jenem, der einiges Licht hat, mehr Licht gewährt wird, und jenem, der keines hat, kein Licht gewährt wird. Einer mit Augenlicht nimmt das Licht der Sonne wahr, aber demjenigen, der kein Augenlicht hat, ist auch das Licht der Sonne versagt. Derjenige, der einen kleinen Anteil von natürlichem Licht hat, erhält ein wenig mehr Licht, und der, der viel natürliches Licht hat, erhält noch mehr Licht. Die Propheten sind jene hohen Persönlichkeiten, denen so viel inneres Licht gewährt wird, dass sie zu einer Personifikation des Lichts werden. Aus diesem Grund ist der Heilige ProphetSAW „Licht“ und „Licht spendende Sonne“ genannt worden, so wie es heißt:
22 ن
ۡیبِ مُ ب
تٰ ِکوَّ رٌ وۡ ُن هِ ّللانمّ
مۡ ُکءآج
دۡ َق
23 ارً ۡینِ مُّ اجارَ سِ وَ هٖ ِنذۡ اِ ِب هِ ّللایَلاِ ایً عادَ وَ
22 „Gekommen ist zu euch fürwahr ein Licht von Allah und ein klares Buch.“ (Al-Māʾida, 5:16 – Anm. d. Ü.)
23 „O Prophet, Wir haben dich als einen Zeugen entsandt, und als Bringer froher Bot-
Dies ist der Grund, warum das Licht der Offenbarung, dessen Bedingung die Vollkommenheit und Großartigkeit des natürlichen Lichts ist, nur Propheten gewährt wurde und auf jene beschränkt ge- blieben ist. Dies widerlegt jene Leute, die sich, obwohl sie die Mannig- faltigkeit von Rangstufen eingestehen, aufgrund ihrer Unwissenheit dennoch wähnen, dass das Licht, das jenen mit vollkommenen Wesen gewährt wird, auch Individuen mit Mängeln gewährt werden kann. Sie sollten aufrichtig darüber nachdenken und ihren Irrtum erkennen. Sie sehen deutlich, dass Gottes Naturgesetz ihre falsche Vorstellung nicht unterstützt, und dennoch halten sie aus Fanatismus und Feind- schaft an ihrer falschen Vorstellung fest. Auf die gleiche Weise ist es für die Christen keine Bedingung für die Gunst des Herabkommens des Lichts auf jemand, dass jener ein natürliches Licht besitzen sollte, und sie behaupten, dass es nicht erforderlich sei, dass ein Herz, auf welches das Licht der Offenbarung herabkommt, inneres Licht be- sitzen sollte. Ihnen zufolge kann selbst ein Solcher ein Prophet und von Gott Erwählter sein, der, anstatt gesunden Verstand zu besitzen, äußerst dumm und unwissend ist, und der, anstatt mutig zu sein, ein völliger Feigling ist, und der, anstatt großzügig zu sein, ein totaler Geizhals ist, und der, anstatt einen Sinn für Ehre zu besitzen, völlig schamlos ist, und der, anstatt Gott zu lieben, die Welt sehr liebt, und der, anstatt fromm und vertrauenswürdig zu sein, ein Dieb und Räu- ber ist, und der, anstatt sittsam und unschuldig zu sein, ein Wüstling ist, und der, anstatt zufrieden zu sein, äußerst habsüchtig ist. In der Tat waren, mit alleiniger Ausnahme von Hadhrat JesusAS, alle anderen Propheten, die sie als wahr akzeptieren und deren Bücher sie als heilig bezeichnen, ihnen zufolge mit solchen Mängeln belastet und entbehr-
schaft, und als Warner, und als einen Aufrufer zu Allah nach Seinem Gebot, und als eine leuchtende Sonne.“ (Al-Aḥzāb, 33:47 – Anm. d. Ü.)
ten der heiligen Vollkommenheit, die eine Bedingung ist für Unschuld und ein reines Herz. Großer Beifall für den Verstand und Gotteser- kenntis der Christen. Was für eine Philosophie haben die Christen in Bezug auf das Herabkommen des Lichts der göttlichen Offenbarung angenommen! Aber eine solche Philosophie wird nur von Menschen anerkannt und befolgt, die in tiefer Dunkelheit und innerer Blindheit gefangen sind. Sonst würde selbst eine geistesschwache Person die offensichtliche Wahrheit nicht leugnen, dass es für den Empfang der Gunst des Lichts notwendig ist, dass der Empfänger inneres Licht be- sitzen sollte.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 195-197, Fußnote 11)
Es ist schade, dass die meisten Menschen alles, was in einem Zu- stand des Schlummers von ihren Zungen fließt, als das Wort Gottes betrachten, und somit gegen folgenden Vers verstoßen:
24 مٌ ۡلعِ هٖ ِبک
َلسَ ۡیَلام
فُ قۡ َتاَل
Man sollte bedenken, dass alles, was von der Zunge fließt, selbst wenn es dem Wort Gottes und dem des Heiligen Propheten nicht zu- wider ist, nicht das Wort Gottes ist, wenn nicht die Handlung Got- tes, des Allmächtigen, dies bezeugt. Auch Satan, der der Feind des Menschen ist und mannigfaltige Wege sucht, um einen zu verderben, wählt die Methode, dass er Worte in das Herz eines Menschen legt und ihm versichert, dass es die Worte Gottes sind, wiewohl eine sol- che Person schließlich vernichtet wird.
24 „Und verfolge nicht das, wovon du keine Kenntnis hast.“ (Banī Isrāʾīl, 17:37 – Anm. d. Ü.)
Wenn jemand behauptet, Offenbarungen zu erhalten, dann wird es solange so sein, als beginge man einen spirituellen Tod, bis sie nicht drei Bedingungen erfüllen:
Erstens sollten sie dem Heiligen Qur‘an nicht zuwider sein; aber dies allein genügt nicht. Solange die dritte weiter unten erwähnte Be- dingung nicht gegenwärtig ist, kann nichts begründet werden.
Zweitens sollten jene Worte auf eine Person herabkommen, deren Seele vollkommen geläutert worden ist. Sie sollte eine von denen sein, die sich von ihren Leidenschaften gelöst haben und die einem Tod erlegen sind, wodurch sie sich in die Nähe Gottes begeben und von Satan weit entfernt haben. Man hört denjenigen, dem man nahe ist. Wer Satan nahe ist, hört Satans Stimme, und wer Gott nahe ist, hört Gottes Stimme. Sein äußerstes Bemühen sollte der Läuterung seiner Seele gelten. Jede Suche endet damit. In anderen Worten, es ist ein Tod, der alle inneren Unreinheiten verbrennt. Wenn einer seine Suche vollendet, dann kommt eine Stufe, da er sich unter die Herrschaft des Göttlichen begibt. Somit belebt Gott Seinen Diener, der durch Ab- legen seiner Leidenschaften die Stufe des Todes erreicht hat, durch Erkenntnis und Liebe wieder. Dann offenbart Gott ihm durch Seine außergewöhnlichen Zeichen spirituelle Wunder und erfüllt sein Herz mit der Anziehungskraft persönlicher Liebe, was die Welt nicht ver- stehen kann. In diesem Zustand kann von ihm gesagt werden, dass ihm ein neues Leben gewährt worden ist, nach welchem es keinen Tod gibt.
Dieses neue Leben wird durch völlige Erkenntnis und vollkom-
mene Liebe gewonnen. Völlige Erkenntnis wird durch Gottes ewige Zeichen erworben. Wenn jemand diese Stufe erreicht, genießt er das wahre Zwiegespräch mit Gott. Auch diese Bedingung genügt nicht ohne die dritte Bedingung, denn die vollkommene Reinheit ist eine verborgene Sache und jeder, der Eitles daherredet, könnte behaupten,
sie erlangt zu haben.
Die dritte Bedingung für einen wahren Empfänger von Offenba- rung ist, dass Gottes Werk jene Worte, die er Gott zuschreibt, bezeugen sollte, das heißt, es sollten so viele Zeichen zu deren Unterstützung erscheinen, dass der gesunde Menschenverstand die Vermutung zu- rückweist, dass sie trotz so vieler Zeichen nicht das Wort Gottes seien. Diese Bedingung steht über allen anderen Bedingungen...
Sie ist eine so vollkommene Bedingung, dass niemand sie widerlegen kann. Dies ist die Bedingung, durch die wahre Propheten Gottes falsche Menschen stets überwunden haben. Wenn jemand behauptet, dass Gottes Wort auf ihn herabkommt, und damit einhergehend hunderte von Zeichen erscheinen, und tausende Weisen der Unterstützung und der göttlichen Hilfe gezeigt werden, und Gott dessen Feinde offen angreift, wer kann eine solche Person dann falsch nennen? ... Jene, die sich der Ehre des Zwiegesprächs mit Gott erfreuen und dazu ernannt sind, Menschen zur göttlichen Führung zu rufen, werden von göttlichen Zeichen unterstützt, die wie Regen herabfallen, und die Welt kann sich ihnen nicht entgegenstellen. Göttliche Handlung bezeugt wiederholt, dass die von ihnen dargebrachten Worte göttliche Worte sind. Wenn jene, die beanspruchen, Empfänger von Offenbarungen zu sein, diese Bedingung berücksichtigten, dann würden sie nicht in Irrtum verfallen.
(Ḥaqīqatu l-waḥyī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 22, S. 534-538)
Es sei klargestellt, dass es wahr ist, dass es satanische Offenbarun- gen gibt. Manch unvollkommene mystische Person erhält solche, ge- nauso wie Träume aus dem Unterbewusstsein, die man aḍġāṯ aḥlām25
25 Wirre Träume, Träume aus dem Unterbewusstsein, die keine göttlichen Offenbarun-
nennt. Ja, die Person, die das verleugnet, stellt sich gegen den Heiligen Qur‘an, denn aus den Aussagen des Heiligen Qur‘an sind satanische Offenbarungen bewiesen. Allah sagt, dass solange das Ego eines Men- schen nicht vollkommen rein ist, kann er satanische Offenbarungen erhalten und unter diesen Vers fallen:
26 مٍ یۡ ِثَا کاَّفَا لِّ ُکیٰلعَ
Aber die Reinen werden sofort vor den satanischen Einflüsterun- gen gewarnt. Traurig, dass einige christliche Kleriker in ihren Schrif- ten über Hadhrat JesusAS in der Erläuterung des Ereignisses27, als der Teufel ihn auf einen Berg mitnahm, derart wagemutig sind, dass sie schreiben, dass das Ereignis in Wirklichkeit nicht öffentlich stattfand, dessen die Welt und die Juden also nicht gewahr wurden, sondern dass diese teuflische Offenbarung drei Mal von dem Messias als Ein- flüsterung empfangen wurden, jedoch auch dreimal verworfen wur- den. Unser Körper jedoch erzittert, wenn wir eine derartige Interpre- tation des Evangeliums auch nur hören – der Messias und dann teuflische Offenbarung! ... Wie auch immer, es ist wahr, dass in den Herzen der Reinen ein teuflischer Gedanke sich nicht festigen kann. Und wenn auch eine leichte oberflächliche Einflüsterung ihrem Her- zen nahe kommt, so wird dieser teuflische Gedanke schnellstens ent- fernt, so dass ihr reiner Charakter nicht befleckt wird. Im Heiligen Qur‘an werden solche Einflüsterungen, die einem farblosen und schwachen Gedanken ähnlich sind, mit dem Ausdruck „ṭāʾif“ 28فئاط belegt. Im arabischen Sprachgebrauch ist der Name auch „ṭauf“
gen darstellen. (Anm. d. Ü.)
26 „...auf jeden gewohnheitsmäßigen Lügner und Sünder.“ (Aš-Šuʿarāʾ 26:223; Anm. d. Ü.)
27 Matthäus, 4:8-9. (Anm. d. Ü.)
28 Ṭāʾif: um jemanden oder um etwas herum kreisen. (Anm. d. Ü.)
فوط und „ṭaiyyaf“ فیّ ط und „ṭaif“ فیْ ط , wobei diese
Einflüsterung eine sehr geringe Beziehung zum Herzen, ja, nahezu gar keine, aufweist. Oder man kann es so sagen: So wie der Schatten eines Baumes von sehr Weitem nur sehr schmal fällt, so verhält es sich auch mit dieser Einflüsterung. Auch ist möglich, dass der verdammte Teufel beabsichtigte, in das Herz des MessiasAS derartige schwache Einflüsterungen einzuflößen, wobei er dann aber mit der Kraft des Prophetentums diese Einflüsterung abgewehrt hat...
Man kann sagen, dass Hadhrat JesusAS mit der Kraft des Prophetentums und dem Licht der Wahrheit den Eingebungen des Teufels auf keinen Fall erlag, vielmehr bemühte er sich sofort darin, sich von ihnen abzuwenden und sie zu verfluchen. Und so wie in der Konfrontation mit dem göttlichen Licht Dunkelheit nicht bestehen bleiben kann, so konnte der Teufel der Konfrontation mit ihm nicht standhalten und lief weg. Dies ist die wahre Bedeutung von:
29 ن
طٰ ۡلسُ مۡ ِہیۡ َلعَ ک
َلسَ ۡیَلی
دابَ ع
نَّ ا
Die Herrschaft des Teufels wirkt tatsächlich nur bei denjenigen, die teuflische Einflüsterungen und Offenbarungen akzeptieren. Wohinge- gen diejenigen, die schon von Weitem den Teufel mit dem Pfeil göttli- chen Lichts verletzen, ihn mit Ärger und Tadel konfrontieren und sich nicht darum kümmern, was auch immer er schwatzt, der teuflischen Herrschaft überlegen sind. Weil Gott indes ihnen das Reich der Him- mel und der Erde zeigen will und der Teufel ein Bestandteil des Reichs
der Erde ist, ist es wichtig, dass sie, um die Beobachtung der Schöp- fung zu vervollständigen, das Gesicht dieses merkwürdigen Wesens,
das als „Teufel“ bezeichnet wird, sehen und seine Stimme hören. Da- durch wird ihr reiner Charakter und ihre Würde nicht befleckt. Der Teufel flüsterte auf die ihm eigene Art dem Hadhrat Messias eine Bitte ins Ohr, doch sein reiner Charakter verjagte ihn sofort und akzeptier- te sie nicht. Darin liegt keine Minderung seiner Würde. Treten etwa Schurken niemals in die Gegenwart von Königen auf und sprechen? So also hat der Teufel auf spirituelle Weise sein Wort in JesuAS Herz eingegeben. JesusAS akzeptierte diese teuflische Offenbarung jedoch nicht, sondern lehnte sie ab. Das ist also eine lobenswerte Tat. Hieran etwas zu kritisieren, ist dumm und offenbart Unwissen über spirituel- le Philosophie. Indes, so wie JesusAS mit der Peitsche seines Lichts die teuflischen Gedanken verjagt und die Unreinheit seiner Offenbarung sogleich deutlich gemacht hat, kann es nicht jeder Tugendhafte und Sufi machen. Syed Abdul Qadir JilaniRA30 sagte:
„Einmal erhielt auch ich eine teuflische Offenbarung. Der Teufel sagte, ‚O Abdul Qadir, deine Gebete wurden erhört. Nun ist das, was für andere verboten ist, für dich erlaubt, und auch das Ritualgebet ist dir erlassen. Tue nun, was du willst.’ Da sagte ich darauf, ‚O Teufel, geh fort von mir. Wie können für mich die Dinge erlaubt sein, die nicht einmal dem ProphetenSAW erlaubt waren?’ Da verschwand der Teufel mitsamt seinem goldenen Thron aus meinem Blickfeld.“
Wenn also ein solcher Mensch und Freund Allahs wie Abdul Qadir sogar eine teuflische Offenbarung erhielt, wie können dann andere gewöhnliche Menschen, die noch nicht einmal ihr eigenes Verhalten
vervollkommnet haben, davor geschützt sein? Sie besitzen ja nicht diese mit göttlichem Licht erleuchteten Augen, damit sie, so wie Syed
30 Abdul Qadir Jilani (gest. 1166) war ein islamischer Sufi und Heiliger. (Anm. d. Ü.)
Abdul Qadir und der MessiasAS, teuflische Offenbarungen erkennen können.
Es sei daran erinnert, dass es in Arabien vor dem Erscheinen des Heiligen ProphetenSAW viele jüdische Geistliche gab. Diese Personen erhielten häufig teuflische Offenbarungen und manchmal machten sie auch Prophezeiungen aufgrund dieser Offenbarungen. Verwun- derlich dabei ist, dass sogar einige ihrer Prophezeiungen in Erfüllung gingen. Kurzum, islamische Bücher sind voll von solchen Geschich- ten. Wer teuflische Offenbarungen verleugnet, der verneint alle Leh- ren der Propheten und die gesamte Kette des Prophetentums. In der Bibel steht, dass 400 Propheten teuflische Offenbarungen erhielten, die das Werk eines lügnerischen Geistes31 waren und den Sieg eines Königs prophezeiten. Schlussendlich jedoch wurde der König in eben diesem prophezeiten Kampf auf sehr schmachvolle Weise getötet und musste eine große Niederlage einstecken, wobei ein Gesandter, der von Hadhrat Gabriel eine Offenbarung erhalten hatte, ankündigte, dass der König getötet werden wird, Hunde sein Fleisch essen wer- den und es eine große Niederlage geben wird. Somit stellte sich also diese Prophezeiung als wahr heraus und die Prophezeiungen jener 400 Propheten wurden als Lüge entlarvt.
An diesem Punkt kommt die Frage auf, dass, wenn derart häufig
teuflische Offenbarungen stattfinden, der Glaube an die Offenbarung an sich verloren gehen kann. Keine Offenbarung erscheint dann als vertrauenswürdig, weil es möglich ist, dass es eine teuflische ist. Vor allem, wenn selbst einem derartig entschlossenen Propheten wie dem MessiasAS so etwas widerfuhr, dann verlieren die Empfänger von Of- fenbarungen doch das Vertrauen. Ist es eine Offenbarung oder etwa ein Unheil? Die Antwort auf diese Frage ist, dass es keinen Anlass gibt, entmutigt zu sein. Auf der Erde ist das Naturgesetz Gottes eben
31 1. Könige 22:6, 23. (Anm.d.Ü.).
so sichtbar geworden, dass mit jeder hervorragenden Stärke auch ge- fälschte Dinge einhergehen. Seht, einmal gibt es die Perlen, die aus dem Meer kommen. Daneben sind da noch die billigen Perlen, die vom Menschen angefertigt und verkauft werden. Jetzt kann aus dem Gedanken, dass es in der Welt auch falsche Perlen gibt, nicht der Han- del mit echten Perlen enden. Denn die Juweliere, denen Gott Kenntnis verliehen hat, erkennen auf einen Blick, welche echt und welche falsch sind. So ist also für die Juwelen der Offenbarung der Imam der Zeit der Juwelier. In seiner Gesellschaft weilend, kann ein Mensch schnell zwischen wahr und falsch unterscheiden. O Sufis! Und Gefangene dieser Alchemie! Beschreitet doch einmal diesen Weg bewusst und denkt wohl daran, dass eine wahre Offenbarung, die ausschließlich von Gott kommt, folgende Merkmale mit sich bringt:
Sie wird in dem Zustand offenbar, wenn das Herz des Menschen, erweicht durch die Glut des Schmerzes, wie reines Wasser in Gottes Richtung fließt. Genau darauf weist das Hadith hin, das besagt, dass der Heilige Qur‘an während eines Zustands der See- lennot niedergesandt wurde; deshalb sollst auch du ihn mit einem schmerzenden Herzen lesen.
Eine wahre Offenbarung bringt die Eigenschaft eines Wohlgefühls und einer Ekstase mit sich und schenkt einem aus unbekannten Gründen tiefen Glauben und dringt wie ein Keil in die Tiefen des Herzens, wobei ihr Inhalt tiefgründig und makellos ist.
In einer wahren Offenbarung liegt eine Herrlichkeit und Erhaben- heit. Das Herz wird von ihr stark erschüttert und sie wird voller Kraft und mit ehrfurchtgebietender Stimme auf das Herz nieder- gesandt. In einer falschen Offenbarung jedoch ist die Stimme leise wie die von Dieben, Eunuchen und Frauen, weil der Teufel Dieb,
Eunuch und Frau ist.
Eine wahre Offenbarung trägt die Wirkung göttlicher Kräfte in sich, wobei es unerlässlich ist, dass darin auch Prophezeiungen enthalten sind, die sich erfüllen.
Wahre Offenbarung macht den Menschen von Tag zu Tag recht- schaffener, reinigt innere Trübungen und Verschmutzungen und verbessert die moralischen Eigenschaften.
Eine wahre Offenbarung wird von allen inneren Eigenschaften eines Menschen bezeugt. Auf jede Eigenschaft fällt ein neues und reines Licht, der Mensch bemerkt in sich eine Veränderung, sein bisheriges Leben stirbt, ein neues Leben beginnt und er wird zu einem Mittel der allgemeinen Wohltätigkeit für die Schöpfung.
Eine wahre Offenbarung endet nicht nur mit einer einzigen Stim- me, denn die Stimme Gottes besteht aus einer Aneinanderreihung. Er ist ganz besonders sanftmütig und wem Er Aufmerksamkeit schenkt, zu dem spricht Er und beantwortet Fragen, wobei der Mensch an Ort und Stelle schon Antworten auf seine Anliegen erhalten kann. Wohlweislich kann dieser Dialog manchmal auch eine Periode der Leere durchlaufen.
Der Empfänger einer wahren Offenbarung ist niemals feige und hat keine Angst vor der Konfrontation mit jeglicher Person, die den Anspruch erhebt, angeblich eine Offenbarung erhalten zu ha- ben, sei er auch noch so feindlich. Er weiß, dass Gott mit ihm ist, und dass Er jenen eine schmachvolle Niederlage erleiden lassen wird.
Eine wahre Offenbarung trägt häufig dazu bei, Wissen und Er- kenntnisse zu erlangen, denn Gott will den Empfänger Seiner Of- fenbarungen nicht unwissend und ignorant bleiben lassen.
Mit einer wahren Offenbarung gehen auch viele weitere Segnungen einher. Dem, zu dem Gott spricht, wird Ehre aus dem Ungesehenen zuteil und ihm wird eine Ehrfurcht einflößende
Aura verliehen.
(Ḍarūratu l-imām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 13, S. 483-490; Dt. Ü.: Die Not- wendigkeit des Imam, Frankfurt am Main 2013, S. 35-45)
Ich war jung und jetzt bin ich alt, aber von Anfang an bin ich ein Zeuge der Tatsache gewesen, dass Gott, Der stets verborgen gewesen ist, Sich durch den Islam manifestiert. Wenn man dem Heiligen Qur‘an aufrichtig folgt und sich gemäß seiner Lehre mit der Selbstverbesserung beschäftigt, und nicht wie die Weltlichen lebt, sondern wie ein Diener des Glaubens, und sich der Sache Gottes hingibt und Seinen Propheten Muhammad, den ErwähltenSAW, liebt, und frei von Zurschaustellung, Arroganz und Stolz ist, und keinen eigenen Ruhm, sondern den Ruhm und die Erhabenheit Gottes sucht und sich für Seine Sache bis in den Staub erniedrigt, dann besteht die Folge darin, dass das göttliche Zwiegespräch mit jenem in beredtem Arabisch beginnt. Göttliche Worte sind köstlich und majestätisch. Sie sind nicht das Erzeugnis der eigenen Sinne. Ein derartiges Erzeugnis wird in einer leisen Stimme, wie die eines Eunuchen oder Kranken, geliefert, aber Gottes Wort ist angefüllt mit Majestät und ist meistens auf Arabisch und sehr oft in der Form von Versen des Qur‘an. Meine Erfahrung ist, dass es zuerst das Herz gewaltig trifft und dass dadurch ein Echo erzeugt wird, das dann wie eine Blume erblüht, und dass eine heilige und köstliche Folge von verborgene Dinge umfassenden und Majestät und Macht und Wirksamkeit besitzenden Redewendungen daraus hervorkommt, wodurch es wie ein Eisennagel in das Herz eindringt und mit dem Parfüm Gottes bestäubt ist. Diese Eigenschaften sind ihm angeheftet, weil auch einige böswillige Personen teuflische Offenbarungen empfangen oder von dem Erzeugnis ihrer eigenen Sinne getäuscht werden. Gott, der Allmächtige, lässt Sein Wort von strahlendem Licht begleitet sein, um es von anderen Arten zu unterscheiden.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 314-315)
Die meisten unwissenden Menschen halten satanische Eingebun- gen für das Wort Gottes und können zwischen satanischer und göttli- cher Offenbarung nicht unterscheiden. Man sollte bedenken, dass die erste Bedingung für göttliche Offenbarungen ist, dass ihr Empfänger gänzlich Gottes wird und Satan keinen Anteil an ihm hat. Wo immer es Aas gibt, versammeln sich auch Hunde. Darum sagt Gott, der All- mächtige:
32 مٍ یۡ ِثَا کاَّفَا لِّ ُکیٰلعَ لُ زَّ َنَت۔ن
ۡیطِ یٰ شّ لالُ زَّ َنَتنم
یٰلعَ مۡ ک
ئُ بِّ َنُالۡ ھ
Satan aber kann keinen angreifen, an dem er keinen Anteil hat und der vom niederen Leben so abgelassen hat, als sei er gestorben, und der zu einem rechtschaffenen und getreuen Diener Gottes geworden ist und sich ganz Ihm zugewandt hat, wie Gott, der Allmächtige, ge- sagt hat:
33 ن
طٰ ۡلسُ مۡ ِہیۡ َلعَ ک
َلسَ ۡیَلی
دابَ ع
نَّ ا
Satan wendet sich jenen zu, die Satan gehören und satanischen Wegen folgen, denn sie sind seine Beute.
Man sollte bedenken, dass Gottes Worte Segen und Majestät und
32 „Soll ich euch verkünden, auf wen die Teufel herniederfahren; Sie fahren hernieder auf jeden gewohnheitsmäßigen Lügner und Sünder.“ (Aš-Šuʿarāʾ, 26:222-223; Anm. d. Ü.)
33 „Fürwahr, du sollst keine Macht haben über Meine Diener.“ (Al-Ḥiǧr, 15:43; Anm. d. Ü.)
Wonne enthalten. Da Gott allhörend, allwissend und erbarmungsvoll ist, beantwortet Er das demütige Bitten Seiner rechtschaffenen und getreuen Diener. Dieses Flehen und seine Erwiderung kann sich über mehrere Stunden erstrecken. Wenn ein Diener sein Flehen demütig unterbreitet, wird er innerhalb weniger Minuten von einer Ohnmacht überkommen und empfängt die Antwort unter dem Schleier dieser Ohnmacht. Wenn er dann ein weiteres demütiges Bitten unterbrei- tet, erlebt er wiederum denselben Zustand und findet Seine Antwort. Gott ist so wohltätig und hat Mitleid und ist allwissend, dass, wenn ein Diener Ihn tausendmal anfleht, er jedes Mal eine Antwort erhält, da aber Gott, der Allmächtige, selbstgenügend ist und Rücksicht nimmt auf Weisheit und Angemessenheit, werden einige Bittgebete nicht beantwortet. Falls gefragt werden sollte, wie denn in Erfahrung gebracht werden kann, ob diese Antworten von Gott stammen und nicht vom Satan, so haben wir dies bereits beantwortet.
Noch einmal, Satan ist stumm und in seiner Rede nicht beredt; er impft einen oder zwei Sätze auf übelriechende Art und Weise in das Herz ein. Ihm ist nicht die Kraft verliehen worden, sich in köstlichen und majestätischen Worten auszudrücken. Noch kann er eine Folge von Fragen und Antworten einige Stunden lang fortsetzen. Er ist auch taub und kann nicht auf jede Frage antworten. Er ist auch hilflos und kann keine Macht zeigen oder irgendetwas Verborgenes von großer Bedeutung enthüllen. Auch ist sein Hals heiser und er kann nicht mit lauter und majestätischer Stimme sprechen. Seine Stimme ist leise, wie die von Eunuchen. Man kann satanische Offenbarung an diesen Zeichen erkennen; Gott indes ist nicht wie eine stumme oder taube oder hilflose Person. Er hört und antwortet. Sein Wort wird mit ei- ner majestätischen und lauten und furchtbaren Stimme übermittelt. Seine Worte sind wirksam und köstlich während Satans Worte auf leise, weibische und zweifelhafte Art und Weise übermittelt werden. Es gibt keine Majestät oder Erhabenheit in ihnen. Noch kann er lange
fortfahren, da er schnell ermüdet, und seine Worte sind schwach und verraten Feigheit. Gottes Wort ermüdet nicht und enthält jede Art von Kraft und verborgene Dinge von großer Bedeutung und majestätische Versprechen und duftet nach göttlicher Herrlichkeit und Erhabenheit und Macht und Heiligkeit. Satans Worte haben diese Eigenschaften nicht. Göttliche Offenbarungen besitzen eine Wirksamkeit und drin- gen in das Herz ein wie ein Eisennagel. Sie erzeugen eine heilige Wirkung auf das Herz, ja, ziehen das Herz an sich und verwandeln deren Empfänger auf solche Weise in eine Person von starkem Mut, dass er, falls er mit einem scharfen Schwert in Stücke geschnitten oder am Galgen aufgehängt würde oder jede mögliche Art von Folter zu erleiden hätte und entehrt und verleumdet oder ins Feuer geworfen und verbrannt würde, niemals leugnen würde, dass das auf ihn her- abkommende Wort das Wort Gottes ist. Gott gewährt ihm volle Ge- wissheit und macht ihn zum Liebhaber Seines Eigenen Angesichts. Für ihn haben Leben und Ehre und Eigentum nicht mehr wert als ein Strohhalm. Er lässt das Gewand Gottes nie los, selbst wenn die ganze Welt mit ihren Füßen auf ihm herumtrampelte; und er ist unvergleich- lich in seinem Vertrauen, seiner Tapferkeit und seiner Standhaftigkeit. Jene, die satanische Offenbarungen empfangen, haben eine solche Kraft nicht. Sie sind feige, weil Satan ein Feigling ist.
(Ḥaqīqatu l-waḥyī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 22, S. 142-144)
Wenn gefragt wird, wie wir – wenn es keine vollkommene Sicher- heit gegen satanische Eingriffe gibt – darauf vertrauen können, dass unsere Träume von Gott kommen? Ist es nicht möglich, dass wir einen Traum für von Gott kommend halten könnten, er jedoch von Satan sein mag, oder dass wir ihn für von Satan kommend halten, er jedoch von Gott sein mag? Die Antwort ist, dass sich ein Traum, der von Gott ist, durch seine Majestät und seinen Segen und seine Erhabenheit und sein Licht kundtut. Das, was aus einer heiligen Quelle stammt, be-
sitzt Reinheit und Wohlgeruch, und das, was aus unsauberem und schmutzigem Wasser stammt, kündigt seinen Ursprung sofort durch seinen üblen Geruch an. Wahre Träume, die von Gott, dem Allmächti- gen, stammen, sind wie eine heilige Botschaft, die nicht von verwirr- ten Gedanken begleitet ist und wirksame Kraft besitzt, und das Herz wird zu ihr hingezogen und die Seele bezeugt insofern, dass sie von Gott ist, als ihre Erhabenheit und Majestät wie ein Eisennagel in das Herz eindringen. Sehr oft geschieht es, dass jemand einen wahren Traum hat und Gott, der Allmächtige, einem von dessen Gefährten denselben oder einen ähnlichen Traum zur Bestätigung zeigt, so dass ein Traum dadurch einen anderen unterstützt.
(Āʾina-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 354)
Einige kurzsichtige Menschen erheben den Einwand, dass Offen- barungen an dem Mangel leiden, dass sie ihren Empfänger davon ab- halten und ihn daran hindern, vollkommene Einsicht zu erlangen, die für ein ewiges Leben und für ewigwährendes Glück unerlässlich ist. Sie erklären ihren Einwand durch die Beteuerung, dass Offenbarun- gen insofern das Denken behindern und die Forschung unterbinden, als jene, die der Offenbarung folgen, jede Frage dadurch beantworten, dass sie versichern, dass die Sache in ihrem offenbarten Buch entwe- der erlaubt oder verboten ist, und sie dadurch keinen Gebrauch von ihrem Verstand machen, so als ob er ihnen von Gott nicht verliehen worden wäre. Dadurch vermindern sich aufgrund eines Mangels an Gebrauch schließlich jene Fähigkeiten, ja, verschwinden schlussend- lich beinahe vollends. Somit wird das menschliche Wesen völlig ver- ändert und beginnt, den Tieren zu ähneln, und die Vortrefflichkeit der menschlichen Seele, die sich im Fortschritt der Vernunft niederschlägt, wird zerstört, und dem Menschen wird das Erlangen vollkommener Einsicht entzogen. Auf diese Weise bedeuten offenbarte Bücher ein Hindernis auf dem Weg, das vom Menschen benötigte ewige Leben
und ewigwährende Glück zu erlangen.
Die Antwort darauf ist, dass es der Mangel an Intelligenz und die Begriffsstutzigkeit und das im Irrtum Verharren seitens der Brahmos ist, das sie denken macht, dass die Denkfähigkeit durch das Handeln gemäß dem offenbarten Buch Gottes nutzlos gemacht wird, so als ob Offenbarung und Vernunft einander widersprechend wären und nicht zusammen bestehen können. Dieser Verdacht ihrerseits ist teils aus Falschheit und teils aus Engherzigkeit und Unwissenheit zusam- mengesetzt. Die Falschheit ist, dass sie trotz ihres Wissens, dass gött- liche Wahrheiten nur durch Menschen, die der Offenbarung gefolgt sind, gefördert worden sind, und dass die göttliche Einheit nur durch die Erwählten, die an das Wort Gottes glauben, auf der Welt verbrei- tet worden ist, eine Erklärung abgeben, die im Gegensatz zu dieser bekannten Tatsache steht. Ihre Engherzigkeit wird von der Tatsache erklärt, dass sie, um ihre Behauptung zu unterstützen, die Wahrheit zurückhielten, dass in Bezug auf göttliche Angelegenheiten die bloße Vernunft niemanden auf die Stufe vollkommener Gewissheit beför- dern kann. Ihre Unwissenheit wird dadurch verraten, dass sie Offen- barung und Vernunft als miteinander unvereinbar betrachten, ja, dass sie nicht zusammen bestehen könnten; und sie wird durch ihre An- sicht verraten, dass die Offenbarung der Vernunft widerstrebt und sie zerstört, wohingegen diese Befürchtung völlig unbegründet ist.
Es ist offensichtlich, dass sich ein Anhänger von wahrer Offenbarung
der vernünftigen Forschung nicht enthält, sondern dass ihm in Wirklichkeit durch die Offenbarung in seinem Bemühen geholfen wird, die Realität der Dinge auf vernünftige Weise zu betrachten. Durch Hilfe der Offenbarung und durch den Segen ihres Lichts fällt er bei der Beurteilung der auf Vernunft beruhenden Argumente keiner Verwirrung anheim. Er braucht keine ungültigen Argumente zu erfinden, sondern erblickt den Weg der wahren Vernunft und gelangt zur Wahrheit. Es gibt keinen Konflikt zwischen Vernunft und
Offenbarung, sie sind nicht unvereinbar miteinander und einander nicht widersprechend. Die Vernunft unterstützt die Offenbarung und die Offenbarung hilft, die Vernunft davor zu schützen, auf Abwege zu geraten. Die wahre Offenbarung, also der Heilige Qur‘an, behindert nicht den Fortschritt der Vernunft. Sie erleuchtet die Vernunft, ist ihr großer Helfer und ihre Stütze. So, wie der volle Wert der Sonne vom Auge gewürdigt wird und der Nutzen des hellen Tages jenen enthüllt wird, die sehen können, desgleichen wird die göttliche Offenbarung nur von jenen gewürdigt, die Vernunft besitzen, so wie Gott, der Allmächtige, gesagt hat:
34 نَ وۡ مُ ِلعٰ ۡلا اَّلاِ ۤاہَ ُلقِ عۡ َیام
وَ ۚسانّ لِلاہَ ُبرِ ضۡ َنلاثَ مۡ َاۡلاک
ۡلِتوَ ﴿
Dies sind Gleichnisse, die Wir für die Menschheit aufstellen, doch nur jene verstehen sie, die Wissen haben.
So wie der Nutzen des Auges nur von der Sonne enthüllt werden kann, ohne die sowohl das Sehvermögen als auch die Blindheit gleich sein würden, werden auch die Vortrefflichkeiten der Einsicht der Ver- nunft mit Hilfe der Offenbarung enthüllt. Sie sichert die Vernunft ge- gen tausende von unnützen Bemühungen und zeigt den kürzesten Weg zur richtigen Überlegung, durch dessen Befolgung das angestreb- te Ziel schnell erreicht werden kann. Jede weise Person erkennt: wenn beim Nachsinnen über ein Problem Hilfe verfügbar wird, durch die Kenntnis über die richtige Art und Weise der Problemlösung gewon- nen werden kann, dann ist ein solches Wissen der Vernunft äußerst behilflich, da sie sodann von einer Menge von verwirrtem Denken und nutzloser Bemühung befreit wird. Die Anhänger von Offenba- rungen würdigen nicht bloß die Vernunft, sondern die Offenbarung
34 Al-ʿAnkabūt, 29:44. (Anm. d. Ü.)
selbst drängt sie, ihre Vernunft zu vervollkommnen, wodurch sie auf zweifache Weise zur Fortentwicklung der Vernunft hingezogen wer- den. Zuerst ist da der in einem Menschen aufkommende natürliche Eifer, die Wirklichkeit und Wahrheit von allem durch die Vernunft zu entdecken, und zweitens ist es das Drängen der Offenbarung, das ih- ren Eifer verstärkt. Jene, die den Heiligen Qur‘an selbst flüchtig stu- dieren, werden die offensichtliche Tatsache nicht leugnen, dass dieses Heilige Wort großen Nachdruck legt auf Überlegung und Beobach- tung; und zwar so sehr, dass er als eine Eigenschaft der Gläubigen be- schreibt, dass sie fortwährend über die Wunder der Himmel und Erde nachsinnen und über das Gesetz der göttlichen Weisheit reflektieren, so wie es an einer Stelle heißt:
35 ۔بابَ ۡلَاۡلایِلوُاِّل ت
یٰ اٰ َلراہَ نّ لاوَ لِ یۡ َّلافاَلتِ خاوَ ضرۡ َاۡلاوَ توٰ مٰ سّ لاقِ ۡلخیۡ فِ نَّ ا
ۚضرۡ َاۡلاوَ توٰ مٰ سّ لاقِ ۡلخیۡ فِ نَ وۡ رُ کَ فَ تَ َیوَ مۡ ِہِبوۡ نُ جیٰلعَ وَّ ادً وۡ عُ ُقوَّ اًمیٰ قِ هَ ّللانَ وۡ رُ ُکذۡ َین
ۡیذِ َّلا
۔رانّ لاباذَ ع
انَ قِ َفک
نَ حٰ بۡ سُ ۚاًلطاَباذَ ھٰ ت
قۡ َلخام
انَ َّبر
Das heißt, in der Schöpfung der Himmel und der Erde und im Wechsel von Nacht und Tag sind für die Verständigen eine Vielzahl von Zeichen, die die Existenz des Erschaffers des Universums und Seiner Macht beweisen. Weise Menschen sind allein jene, die Allahs gedenken im Stehen und Sitzen und wenn sie auf der Seite liegen, und die über die Schöpfung der Himmel und der Erde nachsinnen und reflektieren, was sie dazu führt, zu beten: Herr, Du hast dies nicht vergebens erschaffen; fürwahr, alles in Deiner Schöpfung ist angefüllt mit den Manifestationen Deiner Macht und Weisheit, die auf Dein hei- liges Wesen hinweisen.
35 Āl-e ʿImrān, 3:191-192. (Anm. d. Ü.)
Andere offenbarte Bücher, die entstellt worden sind, drängen auf das Festhalten an unvernünftigen und unmöglichen Dingen, wie es zum Beispiel die Bibel tut; aber dies ist nicht die Schuld der Offenba- rung. Es ist die Schuld von mangelhaftem Denken. Wären jene, die an sie glauben, bei gesundem Menschenverstand, so wären sie diesen entstellten Büchern nicht gefolgt und hätten ein solches Denken über den unveränderlich vollkommenen und ewigen Gott nicht gestattet, hätten nicht gestattet, dass Er den Zustand eines hilflosen Embryos annahm und durch unreine Nahrung genährt wurde und einen un- reinen Körper annahm und durch einen unreinen Durchgang gebo- ren wurde und in die sterbliche Welt kam und nach dem Ertragen von allerart Leiden seinen Geist aufgab, während er in äußerster Not
‚Eli Eli‘ ausrief. Es ist die Offenbarung, die diesen Irrtum ausgemerzt hat. Heilig ist Allah! Wie erhaben und welcher Ozean der Barmher- zigkeit ist das Wort, welches die Anbeter von Geschöpfen zur Einheit Gottes zurückführte. Wie teuer und anziehend ist das Licht, das eine ganze Welt aus der Dunkelheit herausholte. Außerhalb davon blie- ben Tausende, die als Weise und Philosophen bezeichnet wurden, in diesem Irrtum und in unzählige ähnliche Irrtümer verwickelt, und bis der Heilige Qur‘an kam, widerlegte kein Philosoph energisch die- se falsche Lehre noch reformierte einer diese zugrundegerichteten Menschen. Die Philosophen selbst waren in vielen unheiligen Lehren verfangen. Wie Rev. Mr.Yut aufgezeichnet hat, nahmen die Christen die Lehre von der Dreieinigkeit Platon folgend an und errichteten ein falsches Gebäude auf dem falschen Fundament, das von diesem tö- richten Griechen gelegt wurde.
Kurzum, wahre und vollkommene göttliche Offenbarung ist nicht der Feind der Vernunft, sondern die mangelhafte Vernunft ist der Feind der Halbweisen. Es ist zum Beispiel offenkundig, dass ein Gegenmittel selbst nicht schädlich für den menschlichen Körper ist,
wenn jedoch eine kurzsichtige Person ein Gift mit einem Gegenmit- tel verwechselt, dann ist es die Schuld seiner Vernunft und nicht die des Gegenmittels. Zu meinen, dass es gefährlich sei, zwecks Überprü- fung einer jeden Angelegenheit, seine Zuflucht bei einem offenbarten Buch zu nehmen, ist grober Unsinn. Wie wir niedergelegt haben, ist die Offenbarung ein Spiegel, der die Wahrheit zum Nutzen der Ver- nunft reflektiert, und das erhabene Argument zur Unterstützung ihrer Wahrheit ist, dass sie völlig frei von Dingen ist, deren Unmöglichkeit durch das Nachdenken über Gottes Macht und Vollkommenheit und Heiligkeit festgestellt wird. In der Tat ist sie in göttlichen Angelegen- heiten, die tief und verborgen sind, für die schwache menschliche Ver- nunft der einzige Führer. Dazu seine Zuflucht zu nehmen, macht die Vernunft nicht nutzlos, sondern führt sie zu tiefen Geheimnissen, in die es für die Vernunft schwer war, selbst einzudringen. Die Vernunft gewinnt großen Nutzen aus der wahren Offenbarung, also vom Heili- gen Qur‘an, und erleidet dadurch keinen Schaden oder Verlust. Durch die Offenbarung wird die Vernunft vor Gefahren geschützt und fällt ihnen nicht zum Opfer. Jede weise Person wird eingestehen und es ist in sich offenkundig, dass in der Forschung, die sich allein auf die Vernunft begründet, Irrtümer möglich sind, wohingegen im Wort des Kenners des Ungesehenen Irrtümer nicht möglich sind.
Seid fair und gerecht, ob es für das, was der Möglichkeit eines
ernsthaften Stolperns manchmal entgegensteht, gut oder schlecht ist, dass ihm ein Gefährte geliefert werden möge, der es vor dem Stolpern schützen und zur Zeit seines Ausgleitens stützen sollte. Würde ein sol- cher Gefährte eine Hilfe sein, um ihn zu seinem Ziel zu führen, oder ein Hindernis? Es ist ein Zeichen von innerer Blindheit, einen Helfer als einen Gegner und als ein Hindernis zu betrachten und das, was vollendet und vervollkommnet ist, als schädlich anzusehen. Wenn ihr richtig darüber nachdenkt, wird euch klar werden, dass Gott die Ver- nunft nicht dadurch geschädigt hat, dass Er die Offenbarung zu ih-
rem Gefährten berief. Im Gegenteil, sie verwirrt anfindend, hat Er sie mit einem sicheren Instrument zum Erkennen der Wahrheit versorgt, durch dessen Gebrauch die Vernunft davor errettet wird, auf hunder- te unberechenbare Wege abzuirren – und sie wird nicht irregeführt. In der Tat entdeckt sie den richtigen Weg zu ihrem wahren Ziel. Es ist wie der Fall von einem, den die Suche nach einem Vermissten zu der Stelle führt, wo der Letztere verborgen ist. Kein Vernünftiger hat aufgrund dessen, dass der Helfer sich unnötig in die Suche eingemischt hat, et- was gegen die Hilfe von jemand einzuwenden, der die notwendigen Einzelheiten liefert und den kürzesten Weg weist, um den Vermissten zu erreichen. Im Gegenteil, jeder Betroffene ist ihm äußerst dankbar, dass er ihn unterrichtete und auf die bestimmte Stelle hinwies und die Tür der Gewissheit öffnete, während sie in Mutmaßungen verwi- ckelt waren. Gleichfalls sind jene, denen Gott eine gesunde Vernunft verliehen hat, der wahren Offenbarung dankbar und preisen sie und erkennen vollends, dass die Offenbarung den Fortschritt ihres Den- kens nicht behindert, sondern ihr Denken vor der Verwirrung rettet. Aus einer Vielzahl komplizierter und zweifelhafter Wege weist sie auf einen rechten Weg hin, den entlangzugehen für die Vernunft jederart Vorteil bringt und einen von einer großen Anzahl von Schwierigkei- ten befreit, mit denen man aufgrund der Kürze der Lebenszeit und des begrenzten Wissens und des Mangels an Einsicht konfrontiert ist.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 292-309, Fußnote 11)
Es ist wahr, dass auch die Vernunft eine dem Menschen von Gott verliehene Lampe ist, dessen Licht den Menschen zur Wahrheit lei- tet und ihn vor einer Vielzahl von Zweifeln und Mutmaßungen rettet und verschiedene Arten unbegründeter Ideen und unrichtiger Vermu- tungen beseitigt. Sie ist sehr nützlich, sehr notwendig und eine große
Mildtätigkeit. Trotz allem leidet die Vernunft an dem Mangel, dass sie allein hinsichtlich des Begreifens der Realität der Dinge nicht zu völli- ger Gewissheit führen kann. Die Stufe der vollkommenen Gewissheit besteht darin, dass der Mensch glauben sollte, dass die Realität der Dinge so existiert wie sie in der Tat existiert. Die Vernunft allein kann nicht zu diesem hohen Grad an Gewissheit führen. Äußerlich beweist sie die Notwendigkeit der Existenz von etwas, aber nicht, dass es in der Tat existiert. Dieser Grad der Gewissheit, wonach das Wissen ei- ner Person von der Stufe von „sollte sein“ zur Stufe von „ist“ gelangt, wird nur erworben, wenn der Vernunft ein Gefährte beigesellt wird, der, jene Mutmaßung bestätigend, diese in eine Tatsache umwandelt, das heißt, dass jener Gefährte sie hinsichtlich einer Sache, über die die Vernunft sagt, dass sie „sein sollte“, in Kenntnis setzt, dass sie in der Tat „ist“. Die Vernunft begründet nur die Notwendigkeit von etwas, kann ihre Existenz aber nicht begründen, wiewohl dies zwei indivi- duelle und gesonderte Angelegenheiten sind. Somit benötigt die Ver- nunft einen Gefährten, der das fehlerhafte „sollte sein“ der Vernunft mit dem bestätigenden „ist“ ergänzt, und der von den Tatsachen so informieren sollte, wie sie wirklich sind. Also hat Gott, Der höchst erbarmungsvoll und wohltätig ist und den Menschen zur Stufe höchs- ter Gewissheit zu führen wünscht, diesen Bedarf gedeckt und für die Vernunft verschiedene Gefährten ernannt und dadurch den Weg zur absoluter Gewissheit darüber aufgetan, so dass die Seele des Men- schen, deren gesamtes Glück und ganze Errettung von vollkommener Gewissheit abhängt, nicht des von ihr gewünschten Glückes beraubt werde und die zarte und gefährliche Brücke von „sollte sein“, die die Vernunft über den Fluss der Zweifel und des Verdachts gebaut hat, schnell überqueren und den großartigen Palast von „ist“, der das Haus von Frieden und Zufriedenheit ist, betreten möge.
Jene Gefährten der Vernunft, die seine Helfer sind und bei ver-
schiedenen Gelegenheiten zur Wirkung kommen, sind nicht mehr als
drei an der Zahl. Wenn sich die Wirkung der Vernunft auf das bezieht, was empfunden oder wahrgenommen werden kann, zum Beispiel was gesehen oder gehört oder gerochen oder berührt werden kann, so ist sein zur Gewissheit führender Gefährte die richtige Beobach- tung, welche Erfahrung genannt wird. Bezieht sich die Wirkung der Vernunft auf jene Vorkommnisse, die sich zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten ereignen, so ist in einem solchen Fall der Gefährte der Vernunft die Geschichte oder Zeitungen oder Briefe oder Mitteilungen. So wie die Erfahrung, erhellen auch diese das umne- belte Licht der Vernunft so auf, dass ein darauffolgender Zweifel der Torheit oder dem Irrsinn gleichkommt. Wenn sich die Operation der Vernunft auf metaphysische Dinge bezieht, die weder vom Auge ge- sehen, vom Ohr gehört oder von der Hand berührt werden können, noch könnte man sich über die Geschichte über sie erkundigen, dann ist die Offenbarung der helfende Gefährte.
Auch das Naturgesetz verlangt, dass so, wie im Hinblick auf die ersten beiden Angelegenheiten die unvollkommene Vernunft mit zwei Gefährten versorgt wird, ihm auch hinsichtlich der dritten Ka- tegorie von Dingen ein Gefährte eingerichtet werden sollte. Es kann im Naturgesetz keine Benachteiligung geben. Wenn Gott den Men- schen hinsichtlich des weltlichen Wissens und der Künste, wobei ein Fehler in diesen Hinsichten keine schwerwiegenden Folgen hat, in keinem fehlerhaften Zustand zu belassen wünschte, so würde es ein schlechter Gedanke sein, dass Er den Menschen betreffs des vollen Verstehens von Angelegenheiten, deren Gewissheit eine Bedingung für das Seelenheil ist, und deren Zweifel den Menschen in ewigwäh- renden Ruin stürzen könnte, in einem fehlerhaften Zustand zu be- lassen wünschte. In einem solchen Fall würde des Menschen Wissen über das Jenseits zu einer reinen Mutmaßung reduziert werden und es würden ihm keine Mittel zur Verfügung stehen, die bezeugen wür- den, was ist und was dem Herzen Zufriedenheit und die Befriedigung
gewähren möge, und dass das, was die Vernunft als existierend mut- maßt, in der Tat und in Wahrheit erreichbar ist, und dass die von der Vernunft begründete Erfordernis nicht erfunden wurde, sondern echt ist. Wenn man weiß, dass in göttlichen Dingen die vollkommene Ge- wissheit nur durch die Offenbarung erworben werden kann und der Mensch für sein Seelenheil vollkommene Gewissheit benötigt und der Glaube ohne vollkommene Gewissheit nicht geschützt werden kann, dann wird deutlich, dass der Mensch die Offenbarung benötigt.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 78-80, Fußnote 4)
Die Ideen der Vernunft leiden nicht nur an dem Mangel, dass sie der Gewissheit entbehren und die feineren Aspekte der göttlichen Dinge nicht verstehen können, sondern sie leiden auch an dem Man- gel, dass nur auf die Vernunuft rekurrierende Abhandlungen bei der Überzeugung des Herzens höchst unwirksam sind. Der Grund ist, dass es für jede Abhandlung, die das Herz berühren soll, erforderlich ist, dass ihre Wahrheit so stark im Bewusstsein des Hörers verankert sein sollte, dass kein Platz für Zweifel gelassen wird, und das Herz glauben sollte, dass das, was ihm gesagt wird, nicht der Möglichkeit eines Irrtums unterworfen ist. Wir haben soeben gezeigt, dass die Vernunft allein nicht zu vollkommener Gewissheit führen kann. Es ist somit offensichtlich, dass eine durch vollkommene Gewissheit auf dem Herzen erzeugte Wirkung von der Vernunft alleine nicht erwar- tet werden kann, und dies wird durch die tägliche Erfahrung auch bestätigt. Wenn jemand zum Beispiel heimkehrt, nachdem er in einem fernen Land umhergereist ist, dann befragt ihn jedermann über jenes Land und alle sind tief berührt von dem, was er aus seinem persön- lichen Wissen berichtet, vorausgesetzt, man vermutet nicht, dass er lügt; besser gesagt, vorausgesetzt, er ist eine geachtete und wahrheits- liebende Person. Warum sind seine Worte so wirksam? Sie sind wirk- sam, weil er als rechtschaffene Person bekannt ist und geglaubt wird,
dass er das, was er über die Umstände jenes Landes berichtet, mit eigenen Augen gesehen hat. Darum berührt seine Rede die Herzen und seine Erklärungen gefallen den Zuhörern so als ob sie die von ihm besschriebenen Ereignisse mit ihren eigenen Augen gesehen hät- ten. Es geschieht manchmal, dass, wenn einer eine traurige Geschich- te erzählt, die Zuhörer so sehr berührt sind, dass ihre Augen sich mit Tränen füllen, als ob sie das Ereignis selbst gesehen hätten.
Würde aber einer, der sich nie außerhalb der eigenen vier Wände begeben hat und weder je in einem fremden Land war noch irgend- wen die Umstände und Zustände eines anderen Landes je beschrei- ben hörte, aus seiner Vorstellung heraus über die Umstände und Zu- stände eines anderen Landes zu reden beginnen, dann würde das bei den Zuhörern keine Wirkung erzeugen. In der Tat würden sie ihn des Wahnsinns bezichtigen und ihn als geisteskrank bezeichnen, weil er etwas berichtet, was jenseits seiner Beobachtung und Erfahrung und außerhalb seines unvollkommenen Wissens liegt. Es ist wie die Ge- schichte eines Toren, der Weizenbrot pries, und als er gefragt wurde, ob er es je gegessen hätte, antwortete, dass er es zwar nicht gegessen hätte, dass sein Großvater aber zu sagen pflegte, dass er einmal je- mand gesehen hätte, der es aß.
Solange jemand, nach Ansicht seiner Zuhörer, ein Ereignis nicht völlig verstünde, solange würde seine Rede keine Wirkung in ihren Herzen hervorrufen und er würde sich lächerlich machen. Aus die- sem Grund haben die Reden weltlich erfahrener Leute nie die Auf- merksamkeit von irgendjemand auf das Jenseits gelenkt. Ihre Zuhörer fahren fort zu meinen, dass sie, da der Sprecher aus Mutmaßung sprä- che, jenem mit ihren eigenen Mutmaßungen widersprechen könnten, weil keine der beiden Seiten die Wirklichkeit gesehen hätte. Dies ist der Grund dafür, dass, als einige weise Menschen ihre Unterstützung der Existenz Gottes zum Ausdruck brachten, andere weise Menschen jenen widersprachen und Bücher zur Unterstützung des Atheismus
schrieben. Die Wahrheit ist, dass selbst die Auffassungen jener, die sich bis zu einem gewissen Grade für die Existenz Gottes ausspra- chen, nicht gänzlich frei von atheistischen Ideen waren, noch sind sie jetzt frei davon. Denkt an die Brahmos. Erachten sie je Gott als Eigner vollkommener Eigenschaften? Glauben sie, dass Er die Eigenschaft der Sprache besitzt, wie ein lebendiges Wesen es sollte? Erachten sie ihn als Beherrscher und Erhalter? Glauben sie, dass Gott ewiglebend und allerhaltend ist, und dass Er zu rechtschaffenen Herzen sprechen kann? Im Gegenteil, sie halten Ihn für erfunden und für einen Toten, Der von der menschlichem Vernunft durch ihre eigene Vorstellungs- kraft erfunden worden ist. Keine Stimme wird je von Ihm vernommen. In der Tat, Er ist nicht Gott, sondern ein Götze, der in der Ecke liegt. Ich frage mich, wie diesen Menschen solche infantilen Auffassungen gefallen können und welches Ergebnis sie aus ihrem erfundenen Den- ken erwarten? Warum suchen sie nicht, wie wahre Suchende, nach dem Gott, Der mächtig und ewiglebend ist und Seine Eigene Existenz bestätigen und die Toten in einem Augenblick durch den Ruf: „Ich bin Allah“ wiederbeleben kann? Wenn sie wissen, dass das Licht der Vernunft rauchig ist, warum suchen sie dann nicht nach dem voll- kommenen Licht? Sie geben zu, dass sie krank sind, aber sie suchen kein Heilmittel. Es ist schade, dass sie ihre Augen nicht öffnen, da- mit sie die Wahrheit sehen mögen. Warum wird die Abdeckung nicht von ihren Ohren entfernt, damit sie die göttliche Stimme vernehmen können? Warum sind ihre Herzen so verdreht und ihr Verständnis so verzerrt, dass sie den Einwand, dem sie sich selbst ausgesetzt haben, gegen die Anhänger wahrer Offenbarung vorbringen? ...
Die Brahmo Samaj unterliegen einer weiteren Illusion, und zwar,
dass Offenbarungen eine Einschränkung darstellen, sie selbst indes frei von jeder Einschränkung und somit besser dran sind, da jemand, der frei ist, besser ist als jemand, der gefangen ist. Wir bestätigen diese
Kritik und geben zu, dass die Offenbarung eine Einschränkung ist, ohne die jedoch wahre Freiheit nicht erlangt werden kann. Wahre Freiheit ist, dass man von jederart Irrtum, Zweifel und Verdacht be- freit wird, die Stufe der vollkommenen Gewissheit erreicht und sei- nen Herrn schon in dieser Welt sieht. Diese wahre Freiheit wird in dieser Welt von vollkommenen und Gott liebenden Muslimen durch den Heiligen Qur‘an erreicht und ist, außer für jene, für niemand an- deren, sei er Brahmo oder etwas anderes, erreichbar ...
Ein weiterer Einwand der Brahmo Samaj ist, dass es insofern dem Naturgesetz zuwider sei, der Offenbarung zu folgen, als zur Ergrün- dung der Wirklichkeit einer Sache der klare und gerade Weg darin bestünde, ihn über die Vernunft zu ergründen. Zum Beispiel ist der wahre Grund dafür, dass der Diebstahl eine abscheuliche, die See- le beunruhigende Tat ist, dass dies falsch ist und eine Übertretung, die die Vernunft als unrichtig und nicht erlaubt verurteilt. Der wahre Grund sei nicht, dass irgendein offenbartes Buch dies als eine Sünde verurteile. Ferner sollte Arsen nicht geschluckt werden, weil es ein tödliches Gift ist, und nicht, weil dessen Einnahme gemäß göttlicher Offenbarung verboten sei. Insofern argumentieren sie, dass es die Ver- nunft und nicht Offenbarung sei, die die wahre Realität anzeigt. Sie sind sich der Tatsache nicht bewusst, dass ihr Argument widerlegt wird, wenn durch starke Argumente bewiesen wird, dass die Ver- nunft unvollkommen und unzuverlässig ist. Wie schade! Ist es ange- messen, mit solch einer Frechheit weiterhin auf dem gleichen toten Gedanken herumzureiten, der bereits von einem Arsenal an mächti- gen Argumenten zertrümmert wurde? ... Es ist wahr, dass die Wirk- lichkeit der Dinge bis zu einem gewissen Grade durch auf Vernunft basierende Argumente enthüllt wird, doch die Vernunft umfasst nicht alle Stufen der Gewissheit. Das von ihnen gegebene Beispiel wider- legt ihre Auffassung. Die fatale Eigenschaft von Arsen wurde nicht
durch die Vernunft allein entdeckt, vielmehr wurde diese Eigenschaft als Gewissheit festgestellt, als die Vernunft durch gründliche Experi- mente die verborgenen Eigenschaften von Arsen entdeckte. Dies ist es, was wir klar zu machen wünschen, nämlich, dass die Vernunft eines Gefährten, und zwar des Experimentierens, bedurfte, um die tödliche Eigenschaft von Arsen zu bestimmen. Und genauso benötigt die Vernunft, um göttliche Dinge als Gewissheit festzulegen und um die Wirklichkeit des Lebens nach dem Tode zu ermitteln, die Hilfe von göttlicher Offenbarung, ja, ohne dessen Hilfe kann die Vernunft weder in Sachen des Glaubens noch in anderen Dingen zu einer siche- ren Folgerung gelangen; ohne die Hilfe eines passenden Gefährten ist die Vernunft hilflos, unvollkommen und unvollständig. Innerhalb ihrer eigenen Grenzen kann die Vernunft nichts als Gewissheit fest- legen, wenn sie nicht die Hilfe eines Gefährten hat, und ohne solche Hilfe kann sie besonders in Dingen der Göttlichkeit, bei denen die Re- alität hinter Schleiern verborgen liegt und bei denen es kein Beispiel in dieser Welt gibt, dem Irrtum nicht entrinnen. Die unvollkommene Vernunft kann einen nicht zur vollkommenen Erkenntnis in diesen Dinge führen, geschweige denn ihn allen möglichen Fehlern entrin- nen lassen...
Die Schwierigkeit, mit der wir uns in diesen sich auf die unsichtba-
re Welt beziehenden Dingen konfrontiert sehen, und die Überraschun- gen, die wir bei der Vorstellung der Zustände jener unsichtbaren und verborgenen Welt erleben, zwingen uns einzugestehen, dass wir, um die Umstände jener Welt richtig zu entdecken und mit Gewissheit an sie zu glauben, Historiker und Berichterstatter und erfahrene Men- schen viel eher benötigen, als bei den Dingen dieser Welt. Der Histori- ker und Berichterstatter jener Welt kann niemand anderes sein als das Wort Gottes, und das Schiff der Gewisssheit wird ohne die Hilfe des berichterstattenden Schöpfers wahrscheinlich sinken. In solch einem-
Fall würde kein geistig Gesunder sich, gänzlich auf die Führung der fehlerhaften Vernunft verlassend, von der Offenbarung abwenden. In diesem Fall beruht seine Sicherheit auf der Offenbarung, deren Inhalt keine Mutmaßung enthält, sondern über auf Vernunft beruhenden Argumenten hinaus, informiert sie uns wie ein echter Historiker über die Tatsachen der zweiten Welt und gibt uns einen Augenzeugenbe- richt von ihr.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 327-335, Fußnote 11)
Überlegt wohl, dass es ohne Offenbarung nicht möglich ist, voll- kommene Gewissheit zu erlangen oder dem Irrtum zu entrinnen oder sich auf die wahre Einheit Gottes zu stützen oder die eigenen Leiden- schaften zu überwinden. Es ist die Offenbarung, durch die wir bestä- tigen können, dass Gott „ist“ und die ganze Welt Ihn anruft, weil Er
„ist“. Es ist die Offenbarung, die die Herzen seit Anbeginn mit der Versicherung inspiriert hat, dass Gott „ist“. Es ist durch Offenbarung, dass die Anbetenden Wonne in der Anbetung finden und die Gläubi- gen hinsichtlich der Existenz Gottes und des Lebens nach dem Tode Zufriedenheit erlangen. Es ist die Offenbarung, die es Millionen von Rechtschaffenen ermöglicht hat, diese Welt mit größerer Standhaftig- keit und dem Eifer nach der Liebe des Göttlichen zu verlassen. Es ist die Offenbarung, deren Wahrheit durch das Blut tausender von Mär- tyrern bestätigt worden ist. Es ist die Offenbarung, durch deren An- ziehungskraft Könige die Gewänder von Bettlern anzogen und viele wohlhabende Menschen die Armut den Reichtümern vorzogen und durch deren Segnungen Millionen alte ungelehrte Frauen diese Welt mit eifrigem Glauben verließen. Sie ist das eine Schiff, das unzählige Menschen so oft durch den Strudel der Anbetung von Geschöpfen und Zweifel zur Sicherheit der Einheit Gottes und zu vollkommener Gewissheit getragen hat. Es ist die Offenbarung, die der Freund letz-
ter Augenblicke und der Helfer in ernsthaften Umständen ist.
Der Schaden, der der Welt durch die reine Vernunft zugefügt wor- den ist, ist keine geheime Sache. Was ließ Platon und seine Anhänger leugnen, dass Gott der Schöpfer ist? Was ließ Galen die Unsterblich- keit der Seelen und die Realität des Urteilsspruchs anzweifeln? Was ließ Philosophen leugnen, dass Gott Wissen von allen Dingen hat? Was führte große Philosophen dazu, Götzen anzubeten? Was führte zum Opfern von Hähnen und anderen Tieren vor dem Götzenaltar? War es nicht die Vernunft, die mit der Offenbarung nicht einherging? Ist es nicht richtig zu behaupten, dass viele Menschen selbst der Offenbarung folgend zu Heiden wurden und neue Götter für sich ge- stalteten. Dies war nicht die Schuld der wahren Offenbarung, sondern die Schuld jener, die die Falschheit mit der Wahrheit vermengten und die Anbetung ihrer Leidenschaften der Anbetung Gottes vorzogen. Dennoch vernachlässigte die göttliche Offenbarung nicht ihre Refor- mation und vergaß sie nicht. Die neue Offenbarung reformierte jene
Dinge, die sie irregeführt hatten.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 163-164, Fußnote 11)
Natürlich ist es wahr, dass die Vernunft nicht ohne Verwendung und Nutzen ist, noch haben wir dies behauptet, aber wir können der offensichtlichen Wahrheit nicht entrinnen, dass wir durch Vernunft und Mutmaßung allein nicht jene vollkommene Gewissheit erlangen können, die durch die Verbindung von Vernunft und Offenbarung er- reicht werden kann, noch können wir Fehlern und Irrtümern sowie dem Selbstlob und der Selbstgerechtigkeit entrinnen. Unsere selbst- ersonnenen Ideen können unsere Leidenschaften nicht wie die mäch- tigen und majestätischen und erhabenen Gebote Gottes überwinden. Unsere selbstersonnenen Konzeptionen und eitlen Gedanken können uns nicht mit jener Freude, Wonne, Befriedigung und Zufriedenheit versehen, die uns durch die köstlichen Worte des wahren Geliebten
übermittelt werden. Sollen wir uns also allein durch das Vertrauen auf unsere Vernunft all jenen Verlusten und Nachteilen, dem Unheil und den tausenden von Katastrophen aussetzen? Keine weise Person kann akzeptieren, dass Er, Der in uns das Dursten nach dem vollkomme- nen Verstehen erschaffen hat, Sich geweigert hat, uns mit dem vollen Maß solch eines Verstehens zu versehen, und dass Er, Der die Herzen zu sich hingezogen hat, die Tür des wahren Verstehens vor uns ver- schlossen und alle Stufen der Erkenntnis Gottes auf die Erwägung un- seres fiktiven Bedarfs beschränkt hat. Hat Gott den Menschen denn so unglückselig erschaffen, dass er gänzlich darin enttäuscht sein wird, in dieser Welt die volle Befriedigung zu erlangen, die seine Seele be- gehrt, und wonach sein Herz sich in Dingen der Erkenntnis Gottes sehnt, und deren Eifer seine Seele und sein Herz erfüllt? Gibt es un- ter tausenden von euch keine Seele, die erkennen kann, dass die Tü- ren des Verstehens, die nur von Gott geöffnet werden können, durch die Kraft des Menschen nicht geöffnet werden können, und dass die menschliche Mutmaßung der Versicherung Gottes: „Ich bin gegenwär- tig“, nicht gleichkommen kann? Die Bestätigung Seines Eigenen Da- seins manifestiert uns Gott mit Bestimmtheit, aber die Mutmaßung des Menschen hat keine solche Wirkung. Da unsere nur auf Vernunft basierenden Mutmaßungen Gottes Wort, das Seine Existenz bestätigt, nicht gleichkommen können, warum also wird Sein Wort dann nicht für die Vervollkommnung der Gewissheit benötigt? Werden eure Her- zen durch die Betrachtung dieses deutlichen Missverhältnisses nicht aufgeweckt? Gibt es in dem von uns Vorgebrachten nichts, was eure Herzen berühren kann?
Es gibt keine Schwierigkeit darin, zu verstehen, dass die mensch-
liche Vernunft nicht das Instrument sein kann für die Ermittlung des- sen, was verborgen ist. Bedenkt zum Beispiel, ob irgendjemand weiß, wie die Seele zur Zeit des Todes fortgeht, wohin sie geht, mit wem und wo sie aufgehalten wird und welche Erfahrungen sie macht? Wie
kann die menschliche Vernunft diese Dinge endgültig erklären? Eine endgültige Erklärung würde nur dann möglich sein, wenn jemand ein oder zweimal gestorben wäre und ihm die Wege, über die er Gott er- reichte, bekannt wären und er sich an die Orte erinnern könnte, wo er sich eine Zeit lang aufgehalten hatte. Aber so wie es ist, können wir nur auf Mutmaßungen zurückgreifen. Niemand hat diese Dinge gesehen und sich mit bloßer Mutmaßung zufriedenzugeben, ist keine wahre Befriedigung. Würde man diese Angelegenheit durch die Brille der Forschung erwägen, so würde man bezeugen, dass die mensch- liche Vernunft und das menschliche Gewissen diese Dinge nicht als Gewissheit entdecken können und dass keine Seite im Buch der Natur mit Gewissheit darauf hinweist.
Nehmen wir die anderen Aspekte bei Seite, so ist die Vernunft schon gleich zu Beginn ratlos und kann nicht erklären, was die Seele ist, wie sie in den Körper eingeht und wie sie ihn verlässt. Niemand hat irgendetwas in den Körper hineingehen oder ihn verlassen sehen. Würde man etwas Beseeltes zur Zeit seines Todes in eine Glaskammer hineintun, so würde man nichts aus ihr herauskommen sehen, und falls in der Glaskammer irgendwelche Bakterien erzeugt würden, so könnte nicht bestimmt werden, wie jene Einlass in die Glaskammer erhielten. Das Ausbrüten eines Eies liefert ein noch größeres Wun- der. Wie fliegt die Seele hinein und wie entkommt die Seele im Fall, dass das Junge darin stirbt? Kann irgendein Weiser dieses Rätsel al- lein durch den Gebrauch der Vernunft lösen? Es kann verschiedene Mutmaßungen geben, aber durch die Vernunft allein kann nichts mit Gewissheit festgestellt werden. Wenn dies schon gleich zu Beginn der Fall ist, was also kann diese mangelhafte Vernunft über die anderen Dinge des Lebens nach dem Tod entdecken.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 336-338, Fußnote 11)
Der Allweise wünschte nicht, den schwachen Menschen seiner eigenen Vorstellung und Vermutung zu überlassen, sondern hat ihn mit jeder Art von Geistlichen und Lehrern versorgt, die ihn zufrieden- stellen und seine spirituelle Unruhe beruhigen könnten, und hat ihn mit den Worten versorgt, die ihn von seiner Krankheit heilen können. Gottes Naturgesetz begründet diese Notwendigkeit der Offenbarung. Stimmt es nicht, dass Millionen von Menschen, wenn sie in Not oder von Sünde oder Vernachlässigung gefangen sind, von den Worten eines Geistlichen oder Ratgebers berührt werden, und dass sich ihr eigenes Wissen und Denken als unzulänglich erweist? Der solchen Quellen zu entnehmende Grad an Zufriedenheit hängt von der Ach- tung und Ehre ab, die der Betreffende für jene zu ihm sprechende Per- son empfindet. Nur das Versprechen eines, der aufrichtig mit seinem Versprechen ist und die Kraft hat, es zu erfüllen, liefert dem Zuhörer Befriedigung und Zufriedenheit. Wer kann unter solchen Umständen den offensichtlichen Vorschlag bezweifeln, dass das Wort Gottes das beste Mittel ist in Bezug auf Angelegenheiten des Lebens nach dem Tod und in Bezug auf metaphysischer Dinge sowie das beste Mittel zur Zufriedenheit und der Beseitigung von spirituellen Leiden? Es er- rettet ihn vor vielen Strudeln und kämpft gegen heftige Leidenschaf- ten an und gewährt Standhaftigkeit bei furchtbaren Unglücksfällen. Wenn eine weise Person bei einer Schwierigkeit oder Ergriffen von Leidenschaften im Wort Gottes Sein Versprechen oder Seine Warnung anfindet, oder ein anderer ihm erklärt, was Gott geheißen hat, so wird er so tief berührt, dass er sofort bereut. Der Mensch muss oft von Gott getröstet werden. Sehr oft wird er von solchem Unglück ereilt, dass er, wenn das Wort Gottes ihn nicht mit froher Kunde versorgt hätte, so entmutigt gewesen wäre, dass er vielleicht die Existenz Gottes leug- nen oder in seiner Enttäuschung ganz und gar von Gott abgelassen oder aus Gram gestorben wäre. Der Heilige Qur‘an sagt zum Beispiel:
36 رِ شِّ َبوَ ؕترٰ مَ ثّ لاوَ سفُ ۡنَاۡلاوَ لاوَ مۡ َاۡلان
مّ صقۡ َنوَ عِ وۡ ُجلاوَ ف
وۡ َخلانمّ ءٍ یۡ شَ ِبمۡ ک
َّنوَ لُ بۡ نَ َلو
مۡ ِہیۡ َلعَ کئِ ٰٓلوُا۔نَ وۡ عُ جِ رٰ هیۡ َلاِ ۤاَّناِ وَ هِ ّلٰ ِلانَّ اِ اوۤۡ ُلاَقۙ ة
بَ یۡ صِ مُ مہُ تۡ َباصَ َاۤاذَ اِ ن
ۡیذِ َّلان
ۡیرِ بِ صٰ لا
۔نَ وۡ دُ تَ ہۡ مُ ۡلامُ ُہک
ئِ ٰٓلوُاوَ ۟ة
مَ حۡ رَ وَ مۡ ِہِّبرَّ ن
مّ ت
وٰ لَ ص
Auf dieselbe Weise wird das Wort Gottes benötigt, um seine Lei- denschaften zu überwinden, da der Mensch auf Schritt und Tritt Din- gen begegnet, die nur durch das Wort Gottes beseitigt werden kön- nen. Wenn jemand sich Gott zuzuwenden begehrt, begegnet er vielen Hindernissen. Manchmal erinnert er sich der Freuden der Welt; er wird von der Gesellschaft seiner alten Freunde angezogen und von den Schwierigkeiten des Weges erschreckt. Manchmal blockieren Gewohnheiten und Bräuche seinen Weg, und manchmal versuchen Erwägungen von Ehre, Ruhm oder Macht ihn zu behindern. Manch- mal vereinigen sich alle diese wie eine Armee und ziehen ihn in ihre Richtung und bringen ihn mit ihren unmittelbaren Vorteilen in Ver- suchung. Ihre Vereinigung entwickelt eine solche Kraft, dass seine eigenen Gedanken dem nicht widerstehen können. In einem solchen Wettstreit wird die wirksame Rüstung von Gottes Wort benötigt, da- mit die einander entgegenstehenden Mächte beim ersten Angriff be- siegt werden können. Kann irgendetwas einseitig geschehen? Ist es möglich, dass Gott sich still wie ein Stein verhalten möchte und Sein Diener in seiner Treue, Aufrichtigkeit und Standhaftigkeit eigenstän- dig Fortschritte erzielen, und auf dem Feld der Liebe und gestärkt von dem Gedanken, dass es einen Schöpfer von Himmel und Erde
36 „Wahrlich, Wir werden euch prüfen mit ein wenig Furcht und Hunger und Verlust an Gut und Leben und Früchten; doch gib frohe Botschaft den Geduldigen, die sagen, wenn ein Unglück sie trifft: ‚Wahrlich, Allahs sind wir und zu Ihm kehren wir heim‘. Sie sind es, auf die Segen und Gnade träuft von ihrem Herrn und die rechtgeleitet sind.“ (Al-Baqara 2:156-158; Anm. d. Ü.)
geben muss, nach vorne gezogen werden könnte? Mutmaßungen können nie den Platz von Tatsachen einnehmen. Man stelle sich zum Beispiel vor, dass einem armen Schuldner von einer wahrheitslieben- den, wohlhabenden Person versprochen worden sei, dass sie all des- sen Schulden zur Zeit ihrer Fälligkeit begleichen würde, und es gibt einen anderen armen Schuldner, dem niemand ein Versprechen gege- ben hat, der aber seiner Einbildung freien Lauf lässt, dass vielleicht auch ihm von irgendwem beim Begleichen seiner Schulden zur Zeit ihrer Fälligkeit geholfen werden würde. Können diese beiden Perso- nen gleichermaßen eine Zufriedenheit erlangen? Gewiss nicht. All dieses ist im Naturgesetz enthalten und keine Wahrheit befindet sich außerhalb davon. Wehe indes jenen, die dem Naturgesetz zu folgen behaupten, es dann selbst brechen, zur anderen Seite wechseln und dem zuwider handeln, was sie bestätigt hatten.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 340-342, Fußnote 11)
Ich weiß nicht, wer euch irregeführt hat, dass ihr euch einbildet, dass es einen Widerspruch zwischen Vernunft und Offenbarung ge- ben kann, aufgrund dessen sie nicht zusammen existieren können. Möge Gott euch Einsicht verleihen und die Schleier von euren Herzen entfernen. Könnt ihr diese einfache Sache nicht würdigen, dass, wenn die Vernunft durch die Offenbarung eine Vollkommenheit erreicht und sie vor ihren Fehlern gewarnt wird und die wahre Richtung ihres Weges entdeckt und vor Verwirrung errettet und von unnützer Mühe und Bemühung befreit wird und ihr zweifelhaftes Wissen in Gewiss- heit verwandelt und von der Mutmaßung sich erhebend über wahre Tatsachen unterrichtet und getröstet wird und Zufriedenheit findet, ist die Offenbarung dann ihr Wohltäter und Helfer und Unterstützer oder schadet sie ihr und ist ihr Feind und Gegner? Welche Engstirnig- keit und Blindheit ist es, sich einzubilden, dass ein Unterstützer, der als ein klarer Führer dient, ein Straßenräuber und ein Hindernis sei,
und dass jener, der einen aus einer Grube zieht, derjenige ist, der in die Grube hineinstößt. Die ganze Welt weiß es, und all jene, die Augen haben, können sehen, und jene, die nachsinnen und beobachten kön- nen, stellen fest, dass es in der Vergangenheit Millionen solcher gege- ben hat und auch heute gibt, die ihren Glauben in die Vortrefflichkeit und Erhabenheit der Vernunft setzten und als Weise und von Vernunft Geleitete bekannt waren, doch dennoch die Existenz Gottes leugneten und in jenem Zustand starben. Zeigt uns hingegen nur eine einzige Person, die an die Offenbarung glaubte und dennoch Gott leugnete. Weil die Offenbarung für den festen Glauben an Gott unerlässlich ist, ist es offensichtlich, dass es da, wo dieser Zustand fehlt, keinen festen Glauben geben kann. Es ist klar, dass jene, die die Möglichkeit von Offenbarungen leugnen, absichtlich den Weg des Unglaubens vor- ziehen und die Verbreitung des Atheismus unterstützen. Sie denken nicht darüber nach, dass, wenn der Hörfähigkeit das Hören Seines Wortes entzogen würde, wie könnte man dann an die Existenz eines Wesens glauben, das verborgen ist und weder gesehen noch gerochen oder berührt werden kann? Selbst wenn durch die Beobachtung der Schöpfung die Idee der Existenz Gottes in den Sinn käme, so würde ein Wahrheitssucher, der den Schöpfer trotz seines lebenslangen Be- mühens weder jemals sieht, noch Seine Stimme hört oder irgendein Zeichen eines lebendigen Wesens findet, nicht wähnen, dass er sich vielleicht darin geirrt hätte, sich die Existenz eines Schöpfers vorzu- stellen, und dass die Atheisten und Physiker, die einige Elemente im Universum als die Schöpfer von anderen ansehen und die Notwen- digkeit eines anderen Schöpfers nicht eingestehen, eventuell recht hätten? Ich weiß wohl, dass, wenn ein Anhänger der Vernunft seinen Ideen nachgeht, sein Sinn von diesem Zweifel befallen werden wird, denn es ist ihm nicht möglich, solchen Zweifeln zu entrinnen, wenn er keinen Erfolg hat bei seiner Suche nach einem persönlichen Zeichen
Gottes. Es liegt im Wesen des Menschen, dass er, wenn er durch seine Mutmaßung etwas für notwendig und unentbehrlich erachtet, des- sen Existenz aber trotz aller Suche und Erkundigung nicht entdecken kann, er die Richtigkeit seiner Mutmaßung zu bezweifeln beginnt und sie schließlich bestreitet, und dass hunderte von Zweifeln, die seiner Mutmaßung entgegengesetzt sind, seinen Geist befallen. Wir stellen oft Mutmaßungen über verborgene Dinge an, dass sie so und so sein würden; wenn die Tatsache aber bekannt wird, dann stellt sie sich als etwas ganz anderes heraus. Diese täglichen Erlebnisse erteilen einem die Lehre, dass es die größte Torheit ist, sich mit reiner Mutmaßung zufriedenzugeben. Solange die Mutmaßung nicht von der Tatsache unterstützt wird, ist jede Vorstellung der Vernunft nichts weiter als eine Luftspiegelung, die im Atheismus endet. Wenn ihr ein Atheist sein wollt, seid was ihr wollt; andernfalls könnt ihr durch das feste Ergreifen des starken Haltes der Offenbarung vor einer heftigen Flut von Zweifeln errettet werden, die tausende von Menschen, weiser als ihr selbst, mit einem Handstreich in die Tiefe gerissen haben. Es wird niemals geschehen, dass ihr Gott nur durch das Befolgen eurer auf Vernunft beruhenden Ideen irgendwo sitzen sehen werdet. Das Ende eures Denkens wird sein, dass ihr euch, wenn ihr feststellt, dass Gott ohne ein Zeichen und aller Eigenschaften des Lebenden entbehrend ist, des Suchens nach Ihm müde den Atheisten zugesellt.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 344-346, Fußnote 11)
EINWAND. Vollkommenes Verstehen kann nur durch etwas er- langt werden, das zu jeder Zeit und in allen Zeitaltern gesehen wer- den kann. Diese Eigenschaft wird im Buch der Natur angefunden, das stets offen und nie geschlossen ist; und darum sollte jenes zum Führer genommen werden, denn nicht das kann ein Führer sein, dessen Tür meistens geschlossen ist und sich nur bei gewissen Gelegenheiten öff-
net.
ANTWORT. Es ist ein Zeichen von Blindheit, das Buch der Natur als, im Vergleich zur göttlichen Offenbarung, offen zu betrachten. Jene mit gesunder Einsicht wissen wohl, dass nur jenes Buch offen genannt werden kann, dessen Schrift klar entziffert werden kann und bei des- sem Lesen kein Zweifel bestehen bleibt. Wer kann beweisen, dass der Zweifel von irgendwem nur durch das Betrachten des Buches der Natur entfernt werden kann? Wer weiß, ob irgendjemand durch das Buch der Natur ans Ziel geführt worden ist? Wer kann behaupten, dass er alle Beweise des Buches der Natur vollkommen verstanden hat? Wäre es ein offenes Buch gewesen, warum waren dann jene, die sich auf dasselbe verließen, in tausende von Irrtümern verwickelt? Warum waren die Meinungen derer, die dieses eine Buch lesen, unter- einander so abweichend, dass einige die Existenz Gottes in gewissem Maße eingestanden und andere sie ganz und gar zurückgewiesen ha- ben? Nähme man selbst um des Argumentes willen an, dass einem Menschen, der es nach Lesen jenes Buches nicht für erforderlich hält, dass Gott existiert, ein sehr langes Leben gewährt werden würde, um seinen Fehler zu einer oder anderer Zeit zu entdecken, so bleibt den- noch die Frage, warum das Lesen jenes Buches, wenn es offen ist, zu solchen Irrtümern führte? Haltet ihr ein Buch für offen, dessen Leser hinsichtlich der Existenz Gottes verschiedener Meinung sein mögen und schon beim ersten Schritt auf Abwege gerieten? Stimmt es nicht, dass tausende von Philosophen, nachdem sie das Buch der Natur ge- lesen hatten, zu Atheisten wurden oder Götzendiener blieben und nur jener von ihnen dem geraden Weg folgte, der an die göttliche Offen- barung glaubte? Ist es nicht wahr, dass jene, die sich auf das Lesen des Buches der Natur beschränkten und für große Philosophen gehalten wurden, fortfuhren, Gottes Herrschaft über das Universum und Sein Wissen von allen Dingen zu leugnen, und dass sie in jenem Zustand der Leugnung starben? Habt ihr nicht Intelligenz genug, um zu wis-
sen, dass, wenn ein Brief von X auf eine Art verfasst wird und von Y auf eine andere und von Z wiederum ganz anders, der Text des Brie- fes nicht als einfach und offen angesehen werden kann, sondern zwei- felhaft und konfus ist? Dies ist nichts, was große Intelligenz erfordert, sondern eine offensichtliche Wahrheit. Was können wir jedoch hin- sichtlich jener sagen, die darauf bestehen, die Dunkelheit als Licht zu bezeichnen und das Licht als Dunkelheit und den Tag als Nacht und die Nacht als Tag?
Selbst ein Kind kann begreifen, dass die angemessene, vom Allmächtigen bestimmte Weise, eine Bedeutung zur Darstellung zu bringen, in der eindeutigen Sprache besteht. Das einzige Instrument, um die Gedanken des Bewusstseins zum Ausdruck zu bringen, ist die Sprachfähigkeit, und es ist nur durch den Gebrauch dieses Instruments, dass man von dem, was im Sinn eines anderen ist, in Kenntnis gesetzt werden kann. Alles, was nicht durch dieses Instrument erklärt werden kann, scheitert darin, vollkommen verstanden zu werden. Es gibt tausende von Dingen, hinsichtlich derer es uns nicht möglich ist, nur aufgrund von natürlichen Argumenten zu wahrem Verständnis zu gelangen, ja, unser Nachdenken darüber ist dem Irrtum unterworfen. Zum Beispiel hat Gott das Auge zum Sehen und das Ohr zum Hören und die Zunge zum Sprechen erschaffen. So viel können wir durch das Reflektieren über das Wesen dieser Glieder begreifen; wenn wir uns jedoch auf diese natürlichen Anzeichen verlassen und den Erklärungen der göttlichen Offenbarung keine Aufmerksamkeit schenken, dann würde unsere natürliche Neigung sein, dass wir – ohne zwischen deren Gebrauch bei rechten und bei unrechten Gelegenheiten zu unterscheiden – das sehen würden, was wir sehen wollen, und das hören, was wir zu hören begehren, und das zum Ausdruck bringen, was uns durch den Sinn geht. Das Naturgesetz deutet nur an, dass das Auge zum Sehen, das Ohr zum Hören und die Zunge zum Sprechen erschaffen worden sind, und wir werden
irregeführt zu meinen, dass wir im Gebrauch der Fähigkeiten des Sehens, Hörens und Sprechens völlig frei und uneingeschränkt sind.
Wenn nun das göttliche Wort das Naturgesetz nicht erklären und dessen Unordnung nicht durch deutliche Erklärungen entwirren wür- de, würde ein großes Risiko darin bestehen, dass man sich dadurch, dass man nur dem Naturgesetz folgt, unzähligen Gefahren aussetzt. Es ist das Wort Gottes allein, das durch seine deutlichen Erklärungen die Grenzen unserer Rede und Handlung und Bewegung und Ent- haltung niederlegt und uns gute Manieren lehrt und uns mit reinem Licht versorgt. Es ist das Wort Gottes, das für den Schutz unserer Sicht und unseres Gehörs und unserer Rede niedergelegt hat:
37 مۡ ُہَلیکٰ زۡ َاک
ِلذٰ ؕمۡ ُہجَ وۡ رُ ُفاوۡ ظ
فَ حۡ یَ وَ مۡ ِہراصَ ۡبَا ن
ماوۡ ضُّ غُ َین
ۡینِ مِ ؤۡ مُ ۡلِّللۡ ُقؕ
Das heißt, dass die Gläubigen ihre Augen, Ohren und Geschlechts- teile beschützen, und jede unerwünschte Handlung des Sehens, Hö- rens und der Geschlechtsteile meiden sollten. Somit würde es ihnen möglich sein, die innere Reinheit zu fördern. Das heißt, ihre Sinne werden vor Leidenschaften geschützt sein, denn diese sind die Glie- der, die Leidenschaften hervorrufen und die tierischen Eigenschaften in Prüfungen verwickeln.
Beachtet darum, wie der Heilige Qur‘an die Kontrolle über die Augen, Ohren und Geschlechtsteilen betont hat, und verboten hat, irgendwelchen Unreinheiten zu frönen. Auf dieselbe Weise ist der Zunge gesagt worden, sich an die Wahrheit zu halten, so wie es heißt:
38 ادً ۡیدِ س اًلوۡ َق اوۡ ُلوۡ ُق
Das heißt, man soll nur das sagen, was wahr und recht ist und
37 An-Nūr, 24:31. (Anm. d. Ü.)
38 Al-Aḥzāb, 33:71. (Anm. d. Ü.)
allem Unnützen und Falschen entsagen. Um alle Fähigkeiten den geraden Weg entlangzuführen, ist eine umfassende Warnung erteilt worden, die genügt, um die Unachtsamen zurückzuhalten. Sie lautet:
39 اًلوۡ ُٔـسۡ م
هنۡ ع
ناَکک
ئِ ٰٓلوُا لُّ ُک داؤَ فُ ۡلاوَ رَ صَ بَ ۡلاوَ ع
مۡ سّ لانَّ ا
Das heißt, alle Glieder und Fähigkeiten des Menschen werden ob ihres unrechten Gebrauchs zur Rechenschaft gezogen werden. Somit sind alle Glieder und Fähigkeiten im Wort Gottes ausdrücklich und nachdrücklich zu gutem und rechtem Gebrauch angewiesen wor- den, und jedes Glied ist in klarer, keinen Zweifel oder Verwirrung gestattender Sprache angewiesen worden, sich an den geraden Weg zu halten. Kann man sich dieser Erklärungen und Einzelheiten durch das Lesen irgendeiner Seite des Buches der Natur versichern? Gewiss nicht! Welches ist also das offene Buch? Dieses oder jenes? Welches von ihnen hat die Grenzen und den rechten Gebrauch der natürlichen Fähigkeiten vorgeschrieben? Hätten Andeutungen allein genügt, wa- rum sollte der Mensch mit einer Zunge versehen worden sein? Er hat euch die Zunge verliehen. Hat Er Selbst nicht die Kraft, zu sprechen? Ist es recht, von Ihm, Der das gesamte Universum ohne die Hilfe sei- tens irgendeiner Materie und ohne die Erfordernis von Bauherrn und Arbeitern und Zimmerleuten, sondern nur durch Seinen Willen er- schuf, zu sagen, dass Er nicht die Kraft zu sprechen hat, oder dass Er die Kraft wohl hat, die Gunst Seines Wortes den Menschen aber aus Geiz entzogen hat?
Ist es richtig, dass man vom Allmächtigen denken sollte, dass Er
schwächer sei als die Tiere? Das niedrigste Tier kann einem ande- ren Tier die Gewissheit seiner eigenen Existenz durch seine Stimme mitteilen. Eine Fliege kann ihr Kommen anderen Fliegen durch ihr
39 Banī Isrāʾīl, 17:37. (Anm. d. Ü.)
Summen mitteilen. Euch zufolge besitzt der Allmächtige jedoch nicht einmal die Fähigkeit einer Fliege. Da ihr deutlich sagt, dass Er Sei- nen Mund nie geöffnet und die Sprachfähigkeit niemals besessen hat, wollt ihr bestätigen, dass Er, Dessen andere Attribute bekannt sind, unvollkommen und fehlerhaft ist, und dass Sein Attribut zu sprechen nicht entdeckt werden kann. Wie könnt ihr von Ihm sagen, dass Er euch ein offenes Buch verliehen hat, in dem Er Seine Ansicht deutlich erklärt hat? In der Tat kann eure Meinung über Ihn zusammengefasst werden, indem gesagt wird, dass der allmächtige Gott keine Führung bereitstellte und ihr alles durch eure eigene Fähigkeit entdeckt habt.
Die göttliche Offenbarung kann insofern als offen bezeichnet werden, als sie die Herzen berührt und jede Art von Gemüt Nutzen aus ihr zieht und jede Art Suchender Hilfe aus ihr herleitet. Das ist der Grund, warum durch die göttliche Offenbarung viele Menschen und durch die Vernunft alleine sehr wenige – in der Tat fast keine – geleitet worden sind. Die Vernunft selbst bestätigt, dass dies so sein sollte. Es ist offensichtlich, dass einem, der den Menschen als ein rechtschaffener Berichterstatter bekannt ist, eine doppelte Kraft zur Verfügung steht, wenn er seine Erfahrung und Beobachtung von Dingen, die das Leben nach dem Tod betreffen, beschreibt, und um dessen Bedeutung zu erklären, Beweise der Vernunft zur Hilfe heranzieht. Erstens wird ihm geglaubt, dass er die Sache, von der er spricht, beobachtet und mit seinen eigenen Augen gesehen hat; und zweitens legt er die Wahrheit im Lichte klarer Beweise aus. Die Vereinigung dieser zwei Arten von Beweisen bekleiden seine Rede und seinen Rat mit einer starken Kraft, die selbst an den härtesten Herzen zieht und jede Art von Seele beeinflusst. Seine Darlegung umfasst verschiedene Arten von Illustrationen, die von jedermann, der der Vernunft nicht gänzlich entbehrt, verstanden werden können, und für deren Begreifen kein besonderer Grad an Fähigkeit benötigt wird. Er kann jedermann gemäß seinem Gemüt und dem Stand seiner
Fähigkeit zufrieden stellen. Seine Rede hat große Kraft, das Denken der Menschen zu Gott hinzuziehen und sie die Liebe der Welt ablegen zu lassen und ihren Herzen eine Vorstellung des Jenseits einzuprägen. Sie beschränkt sich nicht auf das enge und dunkle Konzept, das die Vorträge der Anhänger der Vernunft begrenzt. Ihre Wirkung ist weit verbreitet und ihr Nutzen vollkommen. Jedes Gefäß ist gemäß seinem Fassungsvermögen damit angefüllt. Dies wird im Heiligen Wort Gottes, des Allmächtigen, angedeutet:
َ َ َ
ۢ
40 اھرِ دقِبة
َیدِ وۡ َات
َلاسَ َف ءآم
ءآمَ سّ لان
ملَ زَ ۡنَا
Dies bedeutet, dass Gott Sein Wort vom Himmel herabsendet und ein jedes Tal gemäß seines Fassungsvermögens mit dem Wasser des göttlichen Wortes zu strömen beginnt.
Das heißt, jedermann zieht gemäß seinem Gemüt und seinen Ge- danken und seiner Fähigkeit Nutzen daraus. Erhabene Wesen ziehen Nutzen aus den weisen Geheimnissen und jene, die sogar noch hö- her stehen, finden in der Beschreibung wunderbares, nicht in Worte zu fassendes Licht. Jene, die niedriger stehen, sehen die Erhabenheit und persönliche Vollkommenheit des rechtschaffenen Berichterstat- ters und glauben aufrichtig an das, was er sagt, und erreichen durch das Betreten der Arche der Gewissheit auch die Küste der Gewissheit. Nur jene werden außen vor gelassen, die nichts mit Gott zu tun haben und Würmer der Erde sind.
In Anbetracht seiner Wirkmächtigkeit ist die Art und Weise der
folgenden Offenbarung offen und ausgedehnt. Es ist wohl bekannt, dass eine Rede mit Segnungen und Eifer und Macht und Erhabenheit und Anziehung entsprechend dem angefüllt ist, wie hoch der Sprecher sich auf den Stufen der Gewissheit, Aufrichtigkeit und Treue befindet. Diese Vollkommenheit kann nur in der Rede einer Person entdeckt werden, die das Doppelte an Erkenntnis vom Göttlichen besitzt. Jeder Weise erkennt, dass eine kraftvolle Rede, um wirksam zu sein, aus dem Mund von jemand hervorkommt, wenn dessen Herz mit dem Eifer der Gewissheit erfüllt ist; und nur jene Worte ergreifen von den Herzen besitz, die aus den Herzen jener hervorströmen, die mit vollkommener Gewissheit glauben. Dies zeigt auch, dass, vom Standpunkt der Wirkmächtigkeit aus gesehen, die göttliche Offenbarung allein der Türöffner ist. Kurzum, vom Standpunkt der Weite und des Nachdrucks der Wirkung aus gesehen, ist es nur das Buch der Offenbarung, das sich als offen erwies. Es ist offensichtlich, dass nur ein Solcher sich für Gottes Geschöpfe als größter Wohltäter erweist, der Offenbarung und Erkenntnis in sich vereint. Er hat die Fähigkeit, jederart Gemüt und Wesen zu nützen. Einer, der Menschen nur durch logische Beweisgründe auf den rechten Weg zu ziehen versucht, kann, wenn überhaupt, eine Wirkung nur bei jenen erzielen, die sehr gebildet und fähig sind und seinen gelehrten Vorträgen folgen können. Die Allgemeinheit hat nicht die Intelligenz, philosophischen Vorträgen zu folgen. Somit ist die Gunst seines Wissens auf die wenigen beschränkt, die seiner Logik folgen können, und nur jene können Nutzen daraus ziehen, die, wie er, mit Methoden des logischen Denkens vertraut sind. Dies kann durch einen Vergleich zwischen den Errungenschaften der Vernunft und denen der göttlichen Offenbarung bewiesen werden. Jene, denen die Umstände vergangener Philosophen bewusst sind, wissen wohl, wie jene fehlten, ihre Lehren weithin zu verbreiten, und wie ihre beengte und unvollständige Darstellung die Herzen der Allgemeinheit unberührt ließ. Vergleicht dies mit der
erhabenen Wirkung des Heiligen Qur‘ans. Wie mächtig er die Herzen seiner wahren Anhänger mit der Einheit Gottes erfüllt und auf welch wunderbare Weise seine prächtigen Lehren die Gewohnheiten und Bräuche Hunderter von Jahren, die ihnen wie zur zweiten Natur geworden waren, aus den Herzen der Menschen ausrottete. Indem er die niederen Leidenschaften aus ihren Herzen ausmerzte, gab er ihnen die Möglichkeit von dem süßen Getränk der Einheit Gottes zu trinken. Dies geschah im Fall von Millionen von Menschen. Es ist der Heilige Qur‘an, der aufgrund des Beweises seiner unvergleichlichen Macht seine Feinde – durch Darlegung seiner Wirkung und durch Erzeugung guter und dauerhafter Ergebnisse – dazu zwang, seine unvergleichbaren Vortrefflichkeiten zu bestätigen. Selbst jene, die in ihrem Unglauben fest verwurzelt waren, waren so tief berührt, dass sie, während sie ihn zurückwiesen, gezwungen waren, einzugestehen:
41 ن
ۡیبِ مُ
رٌ حۡ سِ اَّلاِ ۤاذَ ھ
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Es ist der Heilige Qur‘an, dessen Anziehungskraft festgesetzte Ge- wohnheiten überwand und die Herzen derart zu Gott hinzog, dass Millionen von Gottes Geschöpfen das Siegel ihres Blutes auf die Ein- heit Gottes setzten. Auf diese Weise ist es von Anfang an die Offenba- rung gewesen, die sich als Führung erwies und die menschliche Ver- nunft gefördert hat. Andererseits wäre es für große Philosophen und weise Männer schwer, ja, sogar unmöglich gewesen, die Einzelheiten der Metaphysik zu ergünden. Jene, die nicht mit einer normalen Ver- nunft ausgestattet sind und denen die Mittel, in jene Richtung Bemü- hungen anzustellen, nicht zur Verfügung stehen, sind ohne jegliche Kenntnis dieser Angelegenheiten geblieben. Die Unterstützung, die Gottes wahre und vollkommene Offenbarung, das heißt, der Heilige
41 „Dies ist nichts als reiner Zauber..“ (Sabā, 34:44; Anm. d. Ü.)
Qur‘an, der Vernunft bereitgestellt hat, und die Verwirrung, vor der er die Reflektion und Beobachtung bewahrt hat, sind Tatsachen, für die jede weise Person dankbar sein muss. Überlegt man, dass die Er- kenntnis Gottes durch die Offenbarung begann und die Wiederbele- bung der Kenntnis des Göttlichen durch die Offenbarung stattgefun- den hat, und dass die Erleichterung von Schwierigkeiten auf jenem Wege nur mit Hilfe der Offenbarung verschafft werden kann, so ist jede weise Person gezwungen einzugestehen, dass der Weg, der deut- lich und gerade und immer offen ist und stets zum Ziel geführt hat, die göttliche Offenbarung ist. Zu meinen, dass das kein offenes Buch ist, ist offenkundige Torheit.
Wir haben im Einzelnen erklärt, dass die auf Vernunft beruhende Erkenntnis Gottes durch die Brahmo Samaj auf das „sollte sein“ be- grenzt ist und ihnen die vollkommene Stufe von „ist“ fehlt. Dies zeigt auch, dass der deutliche und offene Weg der Erkenntnis des Göttli- chen nur durch das Wort Gottes entdeckt wird und durch andere Mit- tel nicht erreichbar ist. Entzöge man einem neugeborenen Kind den Unterricht und überließe man es nur dem Buche der Natur, das den Brahmo Samaj zufolge ein offenes Buch ist, so würde es nur wenig Verständnis erlangen und keine Gotteserkenntnis besitzen. Die Erfah- rung hat gezeigt, dass dann, wenn man nicht durch die Offenbarung über seinen Hörsinn zur Existenz Gottes geleitet wird, man nicht be- urteilen kann, ob es einen Schöpfer dieses Universums gibt, und dass dann, wenn man der Suche nach dem Schöpfer geringe Aufmerksam- keit schenkt, darin endet, einen Teil der Schöpfung – wie Wasser, Feu- er, Mond oder Sonne – zu vergöttlichen; so wie man es bei den wilden Stämmen sieht. Es ist allein die Gnade der Offenbarung, durch deren Segnungen der Mensch den unvergleichlichen und einzigartigen Gott erkennen kann, so wie es Seinem vollkommenen und makellosen We- sen gebührt. Jene, die über die Offenbarung nicht in Kenntnis gesetzt wurden und kein offenbartes Buch hatten, dem sie sich zuwenden
konnten, und denen keine Mittel zur Verfügung standen, die Offen- barung kennenzulernen, erlangten trotz der Tatsache, dass sie Augen und Herzen hatten, kein Verständnis des Göttlichen. Allmählich ver- ließen sie die Menschlichkeit und näherten sich sinnlosen Tieren und zogen keinen Nutzen aus dem Buch der Natur. Es ist offensichtlich: wenn jenes Buch ein offenes gewesen wäre, dann hätten die wilden Stämme einen Nutzen daraus gezogen und sie hätten sich jenen an- geglichen, die Gott durch die göttliche Offenbarung erkannt hatten. Welch größerer Beweis der Tatsache wird also benötigt, dass das Buch der Natur ein geschlossenes ist, als dass, wer immer sich ausschließ- lich darauf verließ und von der göttlichen Offenbarung nie hörte, der Erkenntnis Gottes ganz und gar entbehrte und selbst hinsichtlich der menschlichen Sitten unwissend blieb?
Wenn damit, dass das Buch der Natur offen ist, gemeint ist, dass es physisch sichtbar ist, so ist dies für den hier erläuterten Punkt be- langlos. Wenn gesehen wird, dass niemand über die Reflektion des Buches der Natur irgendeinen spirituellen Nutzen zog und – wenn nicht von Offenbarung geführt – Gott finden kann, so macht es keinen Unterschied, dass die Natur stets sichtbar ist.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 207-216, Fußnote 11)
Alle Historiker wissen wohl: wenn immer in vergangenen Zeit- altern irgendjemand vollständiges Wissen von Gott und Seinen voll- kommenen Attributen erlangte, er dies durch die Offenbarung tat, und dass die Einheit Gottes nie durch die Vernunft verbreitet wurde. Darum blieben jene Menschen, die mit der Offenbarung nicht vertraut waren, unwissend hinsichtlich des Namens Gottes und blieben un- kultiviert und unzivilisiert wie Tiere. Wer kann uns ein in irgendei- nem vergangenen Zeitalter geschriebenes Buch über das Wissen des Göttlichen vorlegen, das echte Wahrheiten enthielt und dessen Autor behauptet hat, dass er den geraden Weg der Erkenntnis Gottes weder
durch Offenbarung entdeckte noch durch sein Gehör von der Exis- tenz des Einen Gottes in Kenntnis gesetzt wurde, und dass ihm bei der Entdeckung Gottes und beim Erlernen der göttlichen Attribute nur von seiner Vernunft und von seiner Reflektion und von seinem Fleiß geholfen wurde, und er, ohne Zuflucht bei irgendeiner anderen Quelle zu nehmen, die Einheit Gottes entdeckte, und dass sein Geist die wahre Erkenntnis und das wahre Verständnis von Gott, dem All- mächtigen, von selbst erlangte? Wer kann uns beweisen, dass es ein Zeitalter gegeben hat, da die göttliche Offenbarung unbekannt war, und es kein heiliges Buch gab und die Menschen jenes Zeitalters nur durch die Reflektion über das Buch der Natur an die Einheit Gottes glaubten und Ihn erkannten? Wer kann uns das Land nennen, des- sen Menschen, da sie von der Offenbarung nichts wussten, nur durch ihre Vernunft zu Gott geführt wurden, und aufgrund ihres Denkver- mögens und ihrer Beobachtungsgabe an die Einheit des Göttlichen glaubten?
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 219-220, Fußnote 11)
Warum kann die reine Einheit Gottes ohne die göttliche Offenba- rung nicht erkannt werden kann, und warum kann jemand, der die Offenbarung leugnet, nicht vom Heidentum geläutert werden? Diese Angelegenheit wird deutlich, wenn man die Wirklichkeit der göttli- chen Einheit betrachtet. Einheit bedeutet, dass man daran glauben sollte, dass das Wesen und die Attribute Gottes frei von irgendeiner Beigesellung sind, und dass wir glauben sollten, dass das, was durch Gottes Kraft erreicht werden kann, durch die Kraft von nichts ande- rem erreichbar ist. Aufgrund des Verlassens dieser Einheit werden Feueranbeter, Sonnenanbeter und Götzendiener usw. insofern Heiden
genannt, als sie ihre Götzen und Gottheiten in Bezug auf Angelegen- heiten anbeten, deren Gewährung allein in Gottes Händen liegt. Es ist offensichtlich, dass auch jene, die die Offenbarung leugnen, wie die Götzendiener glauben, dass Geschöpfe mit den Attributen des Göttlichen ausgestattet sind. Sie glauben, dass Menschen die Kräfte des Allmächtigen besitzen. Sie meinen, dass sie Gott durch ihre Ver- nunft entdeckt haben und es anfangs Menschen waren, die auf den Gedanken kamen, einen Gott zu ernennen, und dass es durch ihr Be- mühen war, dass Gott aus dem Zustand des Unbekanntseins hervor- kam und erkannt und angebetet wurde; dass er zuvor unbekannt war und niemand von Seiner Existenz wusste, und dass Er durch weise Menschen Bekanntheit erlangte. Ist dies etwas anderes, als der Glaube der Götzendiener? Wahrlich nicht. Der einzige Unterschied ist, dass die Götzendiener andere Dinge zu ihren Wohltätern ernennen, wäh- rend diese Menschen ihre verrauchte Vernunft als ihren Führer und Wohltäter erachten. In gewisser Weise gehen diese Letzteren über die Götzendiener hinaus. Obwohl die Götzendiener glauben, dass Gott ihren Gottheiten große Kräfte verliehen hat, und dass dieselben durch die Annahme einer Vielzahl von Opfergaben den Anbetenden das ge- währen, was sie erbitten, so haben sie dennoch niemals behauptet, dass Gott von diesen Gottheiten entdeckt und die Existenz Gottes nur durch jene Bekanntheit erlangte. Es blieb jenen, die die Offenbarung leugnen, überlassen, Gott als eine ihrer Erfindungen zu klassifizieren und zu erklären, dass Gott nie bestätigte: Ich bin da; und dass es ihre große Errungenschaft war, dass sie Ihn, ohne es gesagt zu bekommen und informiert zu werden, selbst fanden. Er war still wie einer, der schläft oder tot ist, und sie entdeckten Seine Spur kraft ihrer eige- nen Reflektion. Somit weisen sie in Wirklichkeit jede Verpflichtung gegenüber Gott zurück, stellen Ihn aber insofern auf gewisse Weise unter ihre Pflicht, als sie sich diesem erfundenen Gott ergeben haben,
ohne von der Existenz Gottes in Kenntnis gesetzt worden zu sein und ohne die volle Gewissheit zu haben, dass der Ungehorsam gegen Ihn sie einer Art von Pein aussetzen und der Gehorsam gegen Ihn eine Art von Wohltätigkeit herbeiführen würde. Ihnen zufolge war Gott so schwach und gebrechlich, dass Er seine Eigene Existenz nicht er- klären und keine Beteuerung hinsichtlich Seiner Versprechen bereit- stellen konnte. Er war verborgen und diese Menschen enthüllten Ihn; Er war unbekannt und sie machten Ihn bekannt; Er war still und sie bemühten sich um Seinetwillen. Seine Gottheit ist erst seit kurzer Zeit bekannt und das auch nur durch ihr Bemühen.
Jede weise Person würde eingestehen, dass eine solche Beteuerung über das hinausgeht, was die Götzendiener behaupten. Die Götzen- diener glauben an ihre Gottheiten als ihre Wohltäter, aber jene, die die Offenbarung leugnen, behaupten, dass die Vernunft, ihre Gottheit, insofern nicht nur der Wohltäter der Menschen ist, sondern auch der von Gott, als Gott nur kraft der Vernunft Bekanntheit erlangte. Somit ist klar, dass sie durch die Leugnung der Offenbarung nicht nur auf zweifelhafte Weise an Gott glauben und in verschiedene Irrtümer ver- wickelt sind, sondern dass sie auch des Glaubens an die vollkommene Einheit Gottes beraubt sind, ja, befleckt sind mit dem Heidentum. Was ist die Beigesellung von Partnern zu Gott? Allein die Zuschreibung der Begünstigungen und Wohltaten an andere, die von Gott gewährt werden.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 165-167, Fußnote 11)
Es gibt drei Arten von Menschen, die himmlische Zeichen erfah-
ren. Erstens jene, die keine Leistung vollbringen und keine Beziehung zum Allmächtigen haben, die jedoch aufgrund ihrer geistigen Eig- nung einige wahre Träume haben und denen einige wahre Visionen gewährt werden, wiewohl sie keinen Hinweis darauf enthalten, dass sie von Gott angenommen wurden und von Ihm geliebt werden, noch ziehen sie einen Nutzen aus ihren Träumen und Visionen. Tausende der boshaften und schlechten Menschen teilen mit ihnen solche übel- riechenden Träume und Visionen...
Zweitens gibt es jene, die eine Beziehung zu Gott, dem Allmächti- gen, haben, deren Beziehung aber nicht vollkommen ist. Ihre Träume und Offenbarungen ähneln dem Erlebnis eines, der in einer dunklen und sehr kalten Nacht den Schein eines Feuers von weitem erspäht und dadurch vermeiden kann, einen Weg entlang zu schreiten, auf dem es viele Gruben und Dornen und Steine und auch viele Schlan- gen und wilde Tiere gibt. Aber der Schein des Feuers kann ihn nicht vor Kälte und Tod schützen. Wenn er den warmen Kreis des Feuers nicht erreichen kann, wird er genauso vernichtet, wie derjenige, der im Dunkeln wandelt.
Drittens gibt es Menschen, deren Erlebnisse von Träumen und Of- fenbarungen demjenigen ähneln, der in einer dunklen und sehr kalten Nacht nicht nur den hellen Schein des Feuers findet und in dessen Licht eingeht, sondern der, in dessen warmen Kreis eintretend, vor Kälte völlig geschützt wird. Diese Stufe wird von jenen erreicht, die ihre Leidenschaften im Feuer der göttlichen Liebe verbrennen und um Gottes willen ein Leben in Härte wählen. Sie sehen den Tod vor sich, laufen auf ihn zu und erwählen ihn für sich. Sie akzeptieren um der Sache Gottes willen jede Pein und um Gottes willen werden sie zu Feinden ihres Egos, und, jenem zuwider voranschreitend, zeigen sie einen solch starken Glauben, dass selbst die Engel von der Stärke ihres Glaubens überrascht sind. Sie sind spirituelle Meister und alle Angriffe Satans gegen ihre spirituelle Kraft sind vergeblich...
Die vollkommene Offenbarung, die von der dritten Art ist und auf vollkommene Menschen herabkommt, ähnelt dem Sonnenstrahl, der auf einen sauberen Spiegel fällt, welcher auf ihn ausgerichtet ist... Dann wird der Strahl zehnfach verstärkt und sein Licht wird für das Auge unerträglich.
Wenn die Offenbarung auf solch eine geläuterte Seele herab- kommt, leuchtet ihr außerordentliches Licht auf, die Reflexion göttli- cher Attribute wird darin gezeigt und das Antlitz des Göttlichen wird völlig enthüllt...
Von einer vollkommen geläuterten Seele wird das Licht der gött- lichen Offenbarung in einem vollkommenen Zustand angenommen. Bloße Träume oder Offenbarungen zeigen nicht die Vortrefflichkeit des Empfängers an, wenn er nicht in seiner Seele, die ja vollkommen geläutert ist, diese Reflexion und das Antlitz des wahrhaft Geliebten zur Darstellung bringt.
(Ḥaqīqatu l-waḥī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 22, S. 22-26)
Es gibt drei Arten von Träumen: egoistische, satanische und gött- liche. Egoistische Träume sind ein Spiegelbild der eigenen Gedanken, so wie eine Katze von Fleischbrocken träumt. Ein satanischer Traum ist wild und beängstigend. Ein göttlicher Traum ist eine Botschaft von Gott; ihr Beweis ist eine Sache der Erfahrung. Dies sind göttli- che Dinge, die weit entfernt sind von dieser Welt. Beurteilen wir sie auf Grundlage der Vernunft, so kann ein anderer sie weder verste- hen noch können wir sie ihm verständlich machen. Dies sind Zeichen der Existenz Gottes, des Allmächtigen, die Er aus dem Unsichtbaren in das Herz legt. Wenn wir feststellen, dass sich das, was uns gesagt wurde, ereignet, so beginnen wir, daran zu glauben. Ein Gegenstand
dieser Welt kann diese Dinge nicht erkennen. Dies sind spirituel- le Dinge und sie können nur spirituell erkannt werden. Ein wahrer Traum bezeugt seine eigene Wahrhaftigkeit.
(Malfūẓāt, Bd. IV, S. 368-369)
Die Träume und Visionen der Menschen sind nicht gleich. Die vollkommene Vision, die im Heiligen Qur‘an als die Enthüllung des Unsichtbaren bezeichnet wird, ist wie ein perfekter Kreis. Sie wird nicht jedem, sondern nur den Erwählten gewährt. Die Vision oder Offenbarung, die zu einer fehlerhaften Person kommt, ist in sich feh- lerhaft und beschämt dieselbe. Die Enthüllung des Unsichtbaren ist vergleichbar mit dem Erlebnis einer Person, die auf ein hohes Gebäu- de steigt, sich die Gegend ansieht und alles leicht unterscheiden kann. Einem, der dieselben Dinge von einer niedrigeren Ebene aus zu sehen wünscht, wird viel davon entgehen. Es ist die Gepflogenheit Gottes hinsichtlich Seiner Auserwählten, dass Er ihre Sicht zu jener Höhe er- hebt, aus der sie alles leicht überblicken und Kunde geben können über das Ende. Einer, der auf niedriger Ebene steht, kann das Ende nicht voraussagen. Auf diese Weise befand sich Bal‘am im Irrtum hin- sichtlich Hadhrat MosesAS, und er versäumte, dessen hohen Stand zu erkennen, der ihn veranlasst hätte, ihm gegenüber respektvoll zu sein.
(Ḥaqīqatu l-mahdī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 442-443)
Man sollte bedenken, dass Offenbarungen von zweierlei Art sind, und zwar Offenbarungen der Prüfung und Offenbarungen der Erhö- hung. Die Offenbarung der Prüfung bringt manchmal die Vernichtung des Empfängers zustande, wie es bei Bal‘am geschah, der Empfänger von Offenbarungen der Erhöhung indes wird nie vernichtet. Selbst die Offenbarung der Prüfung wird nicht jedermann gewährt. Einige menschliche Gemüter sind verunstaltet, so wie einige Menschen taub, stumm und blind geboren werden. Auf dieselbe Weise sind die spi- rituellen Fähigkeiten mancher erloschen und sie schreiten voran wie ein Blinder, der durch die Führung anderer vorangeht.
(Ḥaqīqatu l-waḥī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 22, S. 11)
Die Muslime haben drei Dinge, um an den islamischen Vorschrif- ten festzuhalten:
Der Heilige Qur‘an, welches das Buch Gottes ist. Wir besitzen kein eindeutigeres und gewisseres Wort. Es ist das Wort Gottes, es ist frei von den Verunreinigungen des Zweifels und der Spekulation.
Die zweite Führung ist die Sunna42. An dieser Stelle sprechen wir losgelöst von den Begriffen der Ahl-e Hadith. Wir erklären also das Hadith und die Sunna nicht als ein und dasselbe, wie es sogenann- te muḥaddiṯīn43 zu tun pflegen. Hadith und Sunna sind verschiedene Dinge. Mit Sunna meinen wir die praktischen Gepflogenheiten des Heiligen ProphetenSAW, die sich durch eine Regelmäßigkeit auszeich- nen. Sie ist seit Anbeginn mit dem Heiligen Qur‘an erschienen und wird immer mit ihm bleiben. In anderen Worten kann man sagen: Der Heilige Qur‘an ist das Wort Gottes und die Sunna die Praxis des Heili-
42 Die Praxis des Heiligen Propheten MuhammadSAW. (Anm. d. Ü.)
43 Gelehrte der Hadith (Überlieferungen des Heiligen Propheten MuhammadSAW). (Anm. d. Ü.)
gen ProphetenSAW. Seit jeher ist es Allahs Praxis, dass, wenn Gesandte das Wort Gottes für die Rechtleitung der Menschen bringen, sie durch ihr Tun, also durch ihre Praxis, dieses Wort erläutern, damit die Leute über die Bedeutung des Wortes nicht im Zweifel gelassen werden. Sie befolgen selbst das Wort und bewegen andere ebenso dazu.
Das dritte Mittel für die Rechtleitung ist das Hadith. Mit Ha- dith meinen wir jene Worte, die in Form von Erzählungen etwa 150 Jahre nach dem Heiligen ProphetenSAW durch verschiedene Überliefe- rer gesammelt wurden. Der Unterschied zwischen Sunna und Hadith besteht also darin, dass die Sunna ein praktischer Weg ist, welcher sich durch eine Regelmäßigkeit auszeichnet und den der Heilige Pro- phetSAW durch seine eigene Hand gegründet hat. In den Rängen der Gewissheit nimmt es den zweiten Platz hinter dem Heiligen Qur‘an ein. Der Heilige ProphetSAW nahm sich der Aufgabe der Aufrechterhal- tung der Sunna genauso an wie der Verbreitung des Heiligen Qur‘an. Genauso wie der Heilige Qur‘an völlige Gewissheit ist, ist auch die praktizierte und regelmäßige Sunna Gewissheit. Beide Dienste hat der Heilige ProphetSAW mit seiner eigenen Hand geleistet und er empfand beide als seine Pflicht. Als beispielsweise das Gebot des Ritualgebets kam, legte der Heilige ProphetSAW dieses Wort Allahs durch sein Tun offen und zeigte durch seine Praktizierung, welche rakʿāt zum faǧr- Gebet gehörten und welche zum Maghrib-Gebet und wie die rakʿāt der übrigen Gebete aussahen. Genauso zeigte er die Pilgerfahrt durch sein eigenes Tun und ließ die beständige Befolgung dieser Praxis fest etablieren, indem er durch seine eigene Hand tausenden Gefährten diese Tat anordnete. Die Sunna ist also der Name für das praktizierte Vorbild, das bis heute in der Umma in Form von Praxis gesehen und gefühlt werden kann. Doch der Heilige ProphetSAW ließ das Hadith nicht unmittelbar vor sich aufschreiben noch ließ er ihre Sammlung durchführen. Hadhrat Abu BakrRA sammelte einige Hadithe, doch ließ er sie dann aufgrund von Gottesfurcht allesamt verbrennen, denn
er dachte, er habe sie nicht selbst unmittelbar gehört, Gott weiß, was die Wirklichkeit ist. Als dann die Zeit der Gefährten (möge Gott mit ihnen zufrieden sein) vergangen war, lenkte Gott die Aufmerksam- keit einiger tabaʿ tābiʿīn44 darauf, dass man auch die Ahadith sammeln sollte. Da begann die Sammlung der Hadith. Es besteht kein Zweifel darin, dass die Sammler der meisten Hadith sehr gottesfürchtige und fromme Menschen waren. Sie prüften die Hadith, so weit es für sie möglich war. Sie versuchten sich vor solchen Ahadith zu schützen, die ihrer Meinung nach unter den mauḍūʿāt45 fallen. Sie nahmen das Hadith eines zweifelhaften Überlieferers nicht auf. Sie bemühten sich sehr, doch da diese gesamte Unternehmung in der späteren Zeit ge- schah, kam diese über den Rang des Zweifels nicht hinaus. Deswegen wäre es eine große Ungerechtigkeit, alle solche Ahadith als unsinnig, unverwertbar, nutzlos und unwahr zu bezeichnen. Denn bei dem Ver- fassen dieser Hadith wurde mit solcher Behutsamkeit vorgegangen und die Erforschung und Prüfung geschah derlei, wie sie in keiner anderen Religion vorgefunden werden kann.
Auch die Juden haben Hadith. JesusAS gegenüber stand auch eine Gruppierung der Juden, die als Befolger der Hadith galten. Doch es ist nicht erwiesen, dass die muḥaddiṯīn der Juden mit solcher Behut- samkeit die Hadith sammelten, wie es die muḥaddiṯīn des Islam taten. Doch ist es ein Fehler zu glauben, die Menschen wüssten über die Rakaat der Gebete nicht Bescheid, bevor die Hadith gesammelt wur- den, oder dass sie die Art und Weise der Pilgerfahrt nicht kannten. Denn die beständige Praxis, die aufgrund der Sunna in ihnen entstan- den war, lehrte sie alle Schranken und Pflichten des Islam. Deswegen ist es völlig richtig, dass die echte islamische Lehre keinen Schaden
44 Menschen, welche die Gefährten nicht direkt erlebten, aber solche Menschen erlebten, die ihrerseits die Zeit der Gefährten erlebt hatten. (Anm. d. Ü.)
45 Falsche Hadithe, also Aussagen, die dem Heiligen ProphetenSAW zugesprochen wer- den, wiewohl er sie nicht äußerte. (Anm. d. Ü.)
erlitten hätte, wenn die Hadith gar nicht existieren würden, die erst nach einer langen Zeit gesammelt wurden. Denn der Qur‘an und die beständige Praxis hatten diese Bedürfnisse erfüllt. Dennoch haben die Hadith zur Verstärkung dieses Lichts beigetragen und der Islam wur- de gewissermaßen zum Licht über Licht. Die Hadith richteten sich auf als Zeugen für den Qur‘an und die Sunna und von den vielen Grup- pierungen, die später im Islam entstanden, profitierte die wahrhaftige Gruppierung unter ihnen sehr von den authentischen Hadith.
Die richtige Auslegung lautet also: Weder soll man, wie die Ahl-e Hadith dieser Zeit, glauben, die Hadith seien dem Qur‘an überlegen. Und wenn ihre Erzählungen offenkundig gegen die Aussagen des Qur‘an laufen, soll man nicht die Erzählungen der Hadith dem Qur‘an vorziehen. Noch ist es richtig, die Hadith gemäß der Auffassung von Maulwi Abdullah aus Chakrala als unsinnig und falsch zu deklarie- ren. Vielmehr sollen der Qur‘an und die Sunna als Richter über die Hadith erachtet werden. Und ein Hadith, welches dem Qur‘an und der Sunna nicht entgegensteht, soll mit Entschlossenheit akzeptiert werden. Dies allein ist der gerade Weg. Gesegnet seien solche, die die- sen befolgen. Sehr unglückselig und töricht ist jener, der ohne diese Vorschrift zu beachten die Hadith ablehnt.
Für unsere Jamaat muss es eine Pflicht sein, ein Hadith, welches nicht im Widerspruch und Gegensatz zum Qur‘an und der Sunna steht, egal wie niedrig dieses in seiner Rangstufe auch sein möge, zu befolgen, und dem von Menschen erfundenen Fiqh46 vorzuziehen.
(Review bar mubāḥaṯa batālwī wa-chakrālwī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 19, S.
209-212; Dt. Ü.: Der Rückblick, Frankfurt am Main 2013, S. 18-23.)
46 Rechtsschule. (Anm. d. Ü.)
Die Bücher, die wir akzeptieren und an die wir glauben und die wir für vertrauenswürdig erachten, sind die folgenden.
Das erste ist der Heilige Qur‘an. Man sollte jedoch bedenken, dass nur jene Auslegung eines Verses des Qur‘ans richtig und ver- trauenswürdig ist, die insofern von anderen Versen des Qur‘ans be- zeugt wird, als einige Verse des Qur‘ans andere Verse erklären. Sollte die Gewissheit der Bedeutung nicht von anderen Versen des Qur‘ans garantiert werden, so sollte die Bedeutung durch eine wahre und zu- verlässige Hadith bestätigt werden. Wir erachten eine nur auf eigener Ansicht begründete Auslegung für nicht erlaubt. Jeder, der einen Ein- wand gegen den Heiligen Qur‘an vorbringt, sollte diese Regel berück- sichtigen.
Von den anderen von uns akzeptierten Büchern kommt das Ṣaḥīḥ buḫārī an erster Stelle. Alle darin enthaltenen Hadith, die dem Heiligen Qur‘an nicht entgegenstehen, sind unserer Ansicht nach maßgebend. Danach kommt das Ṣaḥīḥ muslim. Wir akzeptieren seine Autorität vor- behaltlich der Bedingung, dass es dem Heiligen Qur‘an und dem Ṣaḥīḥ buḫārī nicht entgegensteht. Danach kommen die Zusammenstellun- gen von Sunan Tirmiḏī, Ibn-e māja, die Muwaṯṯā von Imam Malik, Sunan an-nasāʾī, Abū dāwūd und Dār quṭnī, die wir als maßgebend betrachten, so weit sie dem Heiligen Qur‘an sowie dem Buḫārī und Muslim nicht entgegenstehen. Diese sind unsere religiösen Bücher und unter diesen Bedingungen akzeptieren wir sie...Jeder Kritiker muss sich auf diese Bücher und auf diese Bedingungen beschränken.
(Āriya dharam, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 86-87)
Das Buch und die Sunna als Autoritäten betrachtend, glaube ich, dass das Buch Allahs allen anderen vorzuziehen ist. Wenn der In- halt eines Hadith dem Buch Allahs nicht entgegensteht, würde es als maßgebend akzeptiert werden, aber wir werden die Auslegung keines Hadith annehmen, das dem klaren Text des Heiligen Qur‘ans entgegensteht. So weit wie möglich werden wir ein Hadith so zu deu- ten versuchen, dass es in Übereinstimmung mit dem klaren Text von Allahs Buch ist; wenn wir aber einem Hadith begegnen, das dem Text des Heiligen Qur‘ans entgegensteht und auf keine andere Art und Weise ausgelegt werden kann, so würden wir es insofern als gefälscht zurückweisen, als Gott, der Glorreiche, gesagt hat:
47 نَ وۡ ُنمِ ؤۡ ُیهٖ تِ یٰ اٰ وَ هِ ّللادَ عۡ َبث
ۡیدِ ح
یِّ َابِ َف
An welches Wort wollen sie denn glauben abgesehen von Allah und Seinen Zeichen?
Dies bedeutet: wenn der Heilige Qur‘an bei einer Angelegenheit endgültig und sicher ist und die Bedeutung klar ist, dann wird ein Gläubiger kein Hadith akzeptieren, das dem deutlich dagegensteht. Dieselbe Bedeutung hat der Vers:
48 نَ وۡ ُنمِ ؤۡ ُی ہٗ دَ عۡ َب ث
ۡیدِ ح
یِّ َابِ َف
Diesen Versen zufolge muss ein Gläubiger das Buch Allahs bedingungslos akzeptieren und er sollte ein Hadith nur bedingt akzeptieren. Dies ist mein Standpunkt.
(Al-Ḥaqq mubāḥaṯa Ludhiana, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 4, S. 11-12)
47 Al-Ǧāṯiya, 45:7. (Anm. d. Ü.)
48 „Woran sonst wollen sie wohl glauben nach diesem?’‘ (Al-Aʿrāf, 7:186; Anm. d. Ü.)
Jemand, dem durch göttliche Gnade das Verständnis des Qur‘an gewährt wurde und der feststellt, dass ein Hadith einem Vers des Qur‘an entgegensteht, sollte aus Ehrerbietung das Hadith so weit wie möglich so auslegen, dass es in Übereinstimmung mit dem Heiligen Qur‘an gelangt. Wenn dies aber nicht möglich ist und auf keine Weise erreicht werden kann, so sollte er das Hadith als gefälscht betrachten. Das ist besser für uns. Wir sollten versuchen, ein Hadith so auszulegen, dass es dem Heiligen Qur‘an nicht zuwider ist. Wenn dies aber nicht möglich sein sollte, so würde es Ketzerei und Unglauben sein, gäben wir den Qur‘an auf – um der Ahadith willen, die uns durch Menschenhand übermittelt wurden und betreffs derer nicht nur die Möglichkeit, sondern die Gewissheit besteht, dass sie mit menschlichen Behauptungen vermischt worden sind.
(Al-Ḥaqq mubāḥaṯa Ludhiana, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 4, S. 21)
Die Ahadith sind in zwei Teile gespalten. Ein Teil besteht aus dem, das durch die Praxis vollkommen geschützt ist, das heißt, solche Ahadith, die gestärkt sind und die durch die feste, starke und gewisse Form der Praxis ein Maß an Gewissheit haben und die alle religiösen Erfordernisse und Gottesdienste und Verträge und Beziehungen und die Gebote des Gesetzes umfassen. Solche Ahadith sind zwei- fellos gewiss und vollkommen bewiesen. Die Stärke dieser Ahadith wird weder aus der Kunst der Zusammenstellung der Hadith, noch aus der ihnen innewohnenden Kraft, noch durch die Zuverlässigkeit ihrer Überlieferer und das in sie gelegte Vertrauen gewonnen, son- dern wird verliehen durch die Segnungen der Praxis. Ich akzeptiere diese Ahadith soweit sie von einem gewissen Maß an Gewissheit der Praxis unterstützt sind, aber die anderen Teile der Ahadith, die keine Beziehung zur Praxis haben und auf der Basis der Wahrheitsliebe ihrer
Überlieferer akzeptiert werden, werden von mir nicht als jenseits des Status der Mutmaßung betrachtet. Sie können höchstens insofern als nützliche Mutmaßung verwandt werden, als die Art ihrer Abfassung nicht gewiss und endgültig ist, sondern Raum lässt für Verdrehungen.
(Al-Ḥaqq mubāḥaṯa Ludhiana, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 4, S. 35)
Ein Kritiker hört von jemandem, dass die Ahadith nicht zuverläs- sig sind und folgert daraus sofort, dass alle anderen Autoritäten des Islam, mit Ausnahme des Heiligen Qur‘an, unbegründet und zwei- felhaft sind und den Kriterien der Gewissheit und Schlüssigkeit nicht genügen. Dies ist ein grober Fehler, dessen vorerstes Ergebnis dar- in besteht, den Glauben und die Religion zu vernichten; denn wäre wahr, dass alle anderen Quellen, mit Ausnahme des Heiligen Qur‘ans, falsch und betrügerisch und Mutmaßungen und Einbildung wären, dann würde vom Islam nicht viel übrigbleiben, denn alle Einzelheiten unseres Glaubens sind uns durch die Ahadith überliefert worden. Un- sere Ritualgebete sind uns vom Heiligen Qur‘an verbindlich gemacht worden, aber nirgends im Heiligen Qur‘an ist niedergelegt worden, dass das Gebet zur Morgendämmerung (faǧr) zwei rakʿāt farḍ und zwei rakʿāt Sunna umfasst und das Mittagsgebet (ẓuhr) vier rakʿāt Sun- na und vier rakʿāt farḍ und danach zwei rakʿāt Sunna umfasst, und dass das Gebet zum Sonnenuntergang drei rakʿāt farḍ und das Abendgebet vier rakʿāt farḍ umfasst. Desgleichen müssen wir uns auf die Ahadith verlassen, um die Einzelheiten des Zakat zu entdecken. Es gibt tausen- de Einzelheiten, die sich auf Gottesdienste und Beziehungen und Ver- träge beziehen, die aus derselben Quelle gewonnen wurden. Darüber hinaus sind die Ahadith die Hauptquelle der islamischen Geschichte. Wenn man sich nicht auf die Ahadith verlässt, kann man es nicht als gewiss betrachten, dass Abu Bakr und Umar und Usman und Ali (möge Allah Wohlgefallen an ihnen haben) die Gefährten des Heiligen ProphetenSAW waren, die in jener Reihenfolge seine Nachfolger wur-
den und in jener Reihenfolge starben. Könnte man sich nicht auf die Ahadith verlassen, so könnten wir keine Gewissheit hinsichtlich der Existenz dieser großen Persönlichkeiten haben und es wäre möglich, dass alle diese Namen erfunden wären und es keinen Abu Bakr, kei- nen Umar, keinen Usman und keinen Ali gab...
Würden wir also darum, weil diese Tatsachen durch die Ahadith begründet wurden und die Ahadith sich auf nichts belaufen, einfach leugnen, dass der Name des Vaters des Heiligen ProphetenSAW Ab- dullah war und der Name seiner Mutter Amina und der Name seines Großvaters Abdul Muttalib, und dass eine seiner Ehefrauen Khadi- ja hieß und eine andere Aischa und eine andere Hafiza, möge Allah Wohlgefallen an ihnen haben, und dass der Name seiner Ziehmutter Halima war, und dass er sich zum Gottesdienst in die Höhle Hira zurückzuziehen pflegte, und dass einige seiner Gefährten nach Abes- sinien auswanderten, und dass der Heilige ProphetSAW danach zehn Jahre lang in Mekka lebte und danach all jene Schlachten stattfanden, die nicht einmal im Qur‘an erwähnt werden?
Wäre es so, würde es den Muslimen nicht möglich sein, sich auf irgendeinen Teil der Biografie des Heiligen ProphetenSAW zu beziehen. Man sollte die Ereignisse des Lebens unseres Herrn und Meisters be- achten, was für eine Art des Lebens er in Mekka vor seiner Berufung lebte, und in welchem Jahr er die Menschen zu seinem Prophetentum rief, und in welcher Reihenfolge die Menschen den Islam annahmen, und wie sie von den Ungläubigen in den zehn mekkanischen Jahren verfolgt wurden, und wie die Kriege begannen und an welchen von ihnen der Heilige ProphetSAW selbst teilnahm und bis in welche Ge- biete sich die Herrschaft des Islam zu seiner Lebenszeit ausgebreitet hatte, und ob er Briefe an die Herrscher seiner Zeit richtete, in denen er sie zum Islam einlud, und, wenn er dies tat, wie war deren Ant- wort, und was waren die Siege nach seinem Tod, die während der Zeit von Hadhrat Abu BakrRA errungen wurden, und gegen welche
Schwierigkeiten er anzukämpfen hatte, und welche Länder während der Zeit von Hadhrat UmarRA erobert wurden – alle diese Dinge sind bekannt durch die Ahadith und die Berichte der Gefährten des Heili- gen ProphetenSAW. Wären die Ahadith belanglos, so wäre es nicht nur schwierig, sondern unmöglich, die Ereignisse jener Zeiten zu entde- cken, und in dem Fall stünde es den Gegnern des Islam frei, in Be- zug auf die Ereignisse im Leben des Heiligen ProphetenSAW und in denen seiner Gefährten, möge Allah Gefallen an ihnen haben, zu er- finden, was ihnen beliebt. Wir würden somit den Feinden des Islam eine große Gelegenheit bieten, grundlose Angriffe gegen den Islam zu unternehmen, und eingestehen müssen, dass alle in den Ahadith berichteten Ereignisse ohne Grundlage und erfunden seien, und zwar so weitreichend, dass selbst die Namen der Gefährten des Heiligen ProphetenSAW nicht für gewiss bekannt wären. Die Annahme, dass wir aus den Ahadith keine gewisse und endgültige Wahrheit gewinnen können, würde darauf hinauslaufen, einen großen Teil des Islam mit unseren eigenen Händen zu vernichten.
Die wahre und richtige Auffassung ist, dass wir alles, was in den Ahadith erklärt wird, akzeptieren müssen, wenn es nicht eindeutig dem Qur‘an widerspricht. Es wird eingestanden, dass es für den Menschen natürlich ist, die Wahrheit zu sagen, und ein Zurückgrei- fen auf Falschheit unter Zwang geschieht, da die Falschheit unnatür- lich ist. Die Schlüssigkeit und Richtigkeit der Ahadith zu bezweifeln, die durch die Praxis zu einer Eigenschaft der verschiedenen Grup- pen von Muslimen geworden sind, würde sich auf Irrsinn belaufen. Würde zum Beispiel irgendjemand behaupten, dass die Anzahl der von den Muslimen in den fünf täglichen Gebeten verrichteten rakʿāt insofern eine zweifelhafte Sache sei, als es im Heiligen Qur‘an keinen Vers gibt, der zwei rakʿāt für das Gebet zur Morgendämmerung (faǧr) und zwei für das Freitagsgebet (ǧumuʿa) und je zwei für die ʿīd-Gebete vorschreibt, und dass die meisten der Ahadith unzuverlässig seien,
hätte eine solche Person dann recht? Würde eine solche Meinung hin- sichtlich der Ahadith akzeptiert werden, dann würden wir zuerst die Gebete aufgeben müssen, denn der Heilige Qur‘an hat nirgends die Methode für die Verrichtung von Gebeten vorgeschrieben und sie werden nur aufgrund der Genauigkeit der Ahadith verrichtet........
Dies ist ein schwerwiegender Fehler, der die Anhänger der Natur in diesem Zeitalter weit vom Islam entfernt hat. Sie meinen, dass jede islamische Praxis, jeder Ritus und Gottesdienst, jede Biografie und Geschichte, bei denen man sich auf Ahadith bezieht, nur aufgrund einiger weniger Ahadith festgelegt wurden. Dies ist ein klarer Irrtum. Die Praxis, die der Heilige ProphetSAW mit seinen eigenen Händen be- gründet hat, hat sich bei Millionen von Menschen derart eingebürgert, dass selbst dann, wenn es von den Zusammenstellern der Ahadith keine Spur gegeben hätte, kein Schaden davongetragen worden wäre. Jeder muss eingestehen, dass der Heilige Lehrer und ProphetSAW seine Lehren nicht auf eine Weise begrenzt hatte, dass er sie nur einigen we- nigen Personen lehrte und alle anderen in Unkenntnis darüber ließ. Hätte es sich so zugetragen, dann wäre der Islam derart korrumpiert gewesen, dass er nicht durch die Bemühungen von irgendeinem der Zusammensteller der Ahadith hätte reformiert werden können. Die Imame der Hadith haben tausende von Ahadith, die sich auf religiöse Anweisungen beziehen, zusammengestellt und dennoch gibt es kein Hadith, das nicht schon befolgt wurde, bevor es niedergeschrieben wurde und der Welt bekannt war. Wenn es irgendeine Lehre oder ein Ereignis oder eine Doktrin gibt, deren Fundament von den Imamen der Hadith nur aufgrund eines Berichtes gelegt wurde, und wovon weder eine Spur in der Praxis entdeckt werden kann, noch findet man eine Erwähnung im Heiligen Qur‘an, dann würde ein solcher, einein- halb Jahrhunderte später bekannt gewordener Bericht zweifellos der vollkommenen Gewissheit entbehren und jede Verurteilung, die auf ihn gerichtet sein möge, würde gerechtfertigt sein. Solche Ahadith ha-
ben in der Geschichte des Islam keine große Beziehung zum Glauben. Wenn ihr genau hinseht, werdet ihr feststellen, dass die Imame der Hadith sehr selten ein Hadith erwähnt haben, von dem keine Spur in der Praxis gefunden wird. Es ist darum nicht wahr, wie einige Unwis- sende meinen, dass die Welt von den hunderten sich auf den Glauben beziehenden Dingen, darunter selbst Dinge wie das Fasten und das Gebet, nur aus den von Bukhari und Muslim und anderen zusam- mengestellten Ahadith erfahren hat. Waren die Muslime eineinhalb jahrhundertelang ohne Glauben, verrichteten sie ihre Gebete nicht, entrichteten sie nicht die Zakat, führten sie nicht die Pilgerfahrt aus und kannten sie die in den Ahadith erwähnten islamischen Lehren nicht? Gewiss nicht.
(Šahādatu l-qurʾān, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 6, S. 298-303)
Jene Menschen, die, weil sich die Dunkelheit falscher Philosophie auf sie auswirkt, die Existenz von Engeln und Satanen verneinen, und die im Heiligen Qur‘an enthaltenen klaren Texte und Beweise zu- rückweisen und törichterweise in die Grube der Ketzerei fallen, sind zu bemitleiden. Dieses Problem ist eines von denen, für deren Be- weis über die im Heiligen Qur‘an enthaltenen Wahrheiten der All- mächtige Gott mich allein auserwählt hat. Aller Preis hierfür gebührt Allah.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 89)
Gott, der Allmächtige, Der in Seiner Transzendenz und Heiligkeit über allem steht, beauftragt für Seine Zeichen und Manifestationen angemessene Träger. Körper und materielle Dinge, auf ihre persönli- chen Eigenschaften beschränkt und sich ihrer Existenz bewusst und von ihren Absichten und natürlichen Tätigkeiten charakterisiert und von dauerhaftem Dasein, welches das Selbst umfasst und das Nicht- Selbst ausschließt, haben sich vom Ursprung der Ursachen und vom Absolut Gütigen weit entfernt. Sie sind durch einen dicken Schleier ihres eigenen Daseins und Egos und ihres Erschaffenseins abgetrennt. Sie sind es nicht wert, dass jene Begünstigungen des Allmächtigen direkt auf sie herabkommen, die nur herabkommen können, wenn die erwähnten Schleier nicht dazwischen wären und ihre Existenz
gänzlich der Nichtexistenz ähnelte. Da ihre Existenz der Nichtexis- tenz nicht ähnelt, proklamiert diese Art der Schöpfung lauthals ihre Existenz. Die Sonne proklamiert, dass sie ein Körper ist, der die Quel- le von Hitze und Kälte ist, die sich auf die Welt in 365 Tagen auswirkt, und dass sie durch ihre Strahlen Hitze erschafft und Kälte durch ihre Umleitung, und dass sie Herrschaft ausübt über Körper und ihre Ma- terie und Form. Die Erde proklamiert, dass sie ein in tausend Länder aufgeteilter Körper ist, Vegetation verschiedener Arten hervorbringt, verschiedene Arten von Mineralien in sich bereitet und, wie eine Frau, himmlische Auswirkungen annimmt. Das Feuer proklamiert, dass es etwas ist, das brennt und die Eigenschaft des Verbrennens besitzt und im Dunkeln ein Ersatz für die Sonne ist. Somit preist alles auf Erden sich selbst...
Alle diese Dinge proklamieren ihre Lobpreisung und sind hinter dem Schutzschirm ihrer Eigenschaften verschleiert und haben sich von der Quelle der Gnade zurückgezogen und, ohne das Eingreifen von Dingen, die frei sind von diesen Schleiern, kann insofern kein Entwurf des Urquells der Gnade eine Beziehung zu ihnen aufbauen, als der Schleier dazwischen tritt. Jene äußere Schöpfung sollte im We- sen sein wie ein durchsichtiger Spiegel und stets dem Allmächtigen zugegen sein. Sie sollte zwei Seiten haben. Eine Seite sollte die der Einzigartigkeit und Transzendenz sein und, da sie unmerklich und frei von Schleiern ist, sich von den anderen Formen der Schöpfung unterscheiden und dem Wesen des Allmächtigen Gottes durch Re- flexion vollkommen gleichen und vom Ego nicht verschleiert sein. Die andere Seite sollte die der Erschaffung sein, aufgrund derer sie eine Beziehung zu dem Rest der Schöpfung haben und sich ihm nä- hern können sollte. Somit kam durch diesen Entwurf des Allmäch- tigen diese wundervolle Form der Schöpfung ins Dasein, die Engel genannt wird. Sie gehen im Gehorsam gegen Gott dermaßen auf, dass sie keinen eigenen Willen oder keine eigene Form oder Absicht und
keine persönlichen Eigenschaften haben, durch die sie selbst zu je- mand gütig oder böse sein oder selbst etwas begehren könnten, oder ihnen etwas misfallen möge; sie sind gänzlich wie die Glieder des Göttlichen. Alle Absichten Gottes, des Allmächtigen, werden zuerst in ihren durchsichtigen Spiegeln reflektiert und bei der gesamten Schöpfung durch ihre Vermittlung verbreitet. Da der allmächtige Gott aufgrund Seiner vollkommenen Heiligkeit von höchster Einzigartig- keit und Transzendenz ist, haben jene, die nicht frei sind vom Ego und der Undurchsichtigkeit des verschleierten Daseins, und die sich ihrer Existenz bewusst sind, keine Beziehung zum Urquell der Gnade; und somit entstand die Notwendigkeit einer Form von Schöpfung, die ei- nerseits eine Beziehung zu Gott, dem Allmächtigen, und andererseits zu Seiner Schöpfung haben sollte, damit sie von einer Seite Gnade empfangen und sie der anderen mitteilen möge.
[Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 161-170, Fußnote]
Der einfachste Weg, um die Existenz von Engeln zu akzeptieren, ist, dass wir unsere Vernunft auf das Folgende lenken sollten. Es wird eingestanden, dass Gott, der Allmächtige, für die Übung und Vervoll- kommnung unserer Körper – so dass die gewünschten Handlungen unserer Sinne zur Wirkung kommen –, das Naturgesetz verkündet hat, wonach die Elemente und die Sonne und der Mond und alle Sterne zum Dienst verpflichtet wurden, um unseren Körpern und Fähigkeiten behilflich zu sein, all ihre Funktionen auf bestmögliche Weise auszuüben. Wir können der Wahrheit nicht entrinnen, dass un- sere Augen, wenn ihnen durch das Licht der Sonne nicht geholfen wird, ihre Funktion durch ihr eigenes Licht nicht ausüben können, und dass unsere Ohren durch ihre Hörfähigkeit nichts hören können,
wenn ihnen nicht von der Luft geholfen wird. Beweist dies nicht, dass das göttliches Gesetz verfügt hat, dass die Vervollkommnung unse- rer Fähigkeiten durch äußere Mittel erreicht werden sollte und unser Wesen die Hilfe externer Mittel nicht entbehren kann? Bei sorgfältiger Betrachtung werden wir feststellen, dass wir nicht nur bei ein oder zwei Dingen, sondern für die Vervollkommnung aller unserer Sinne und Fähigkeiten und Kräfte von äußerer Hilfe abhängig sind.
Da dieses Gesetz und System des allmächtigen Gottes, Dessen Werke eine Einheit und Angemessenheit zeigen, bezüglich unserer äußeren Fähigkeiten und Sinne und unserer materiellen Bedürfnisse fest und verbindlich ist, folgt daraus nicht notwendigerweise, dass es ein System für unsere spirituelle Vervollkommnung und unsere spi- rituelle Führung geben sollte, so dass die Gleichartigkeit der beiden Systeme die Einheit des Schöpfers beweisen mögen? Es ist offensicht- lich, dass der Allweise und Allmächtige, Der dieses äußere System eingerichtet und erwählt hat – das heißt, dass unsere Körper und Fä- higkeiten und Sinne durch die Wirkung der äußeren Mittel wie Him- melskörper und Elemente usw. vervollkommnet werden –, auch das System für unsere spirituelle Vervollkommnung gewählt hat, denn Er ist Einer ohne Partner und Einheit herrscht in Seiner gesamten Weis- heit und in Seinen Werken. Somit werden die äußeren sich auf unsere Spiritualität auswirkenden und unsere spirituellen Bedürfnisse erfül- lenden Mittel, wie Sonne und Mond und Elemente, die uns bezüglich unserer physischen Bedürfnisse helfen, Engel genannt. Dies beweist die Existenz von Engeln, und, das Naturgesetz als Ganzes betrach- tend, wir sind deren Existenz zu bestätigen gezwungen, obgleich es uns nicht möglich sein möge, zu ihrer Realität durchzudringen, noch ist dies erforderlich. Wenn wir das äußerliche Gesetz angenommen haben, gibt es keinen Grund, warum wir nicht auch das innnere Ge- setz ebenso annehmen sollten. Wir werden es ebenso anzunehmen haben, wie wir das äußerliche Gesetz angenommen haben. Das ist der
Grund, warum Gott, der Allmächtige, in Seinem Heiligen Buch diese zwei Gesetze in denselben Worten niedergelegt hat, wie Er sagt:
49 ۔ارً مۡ َا ت
مٰ سِّ قَ مُ ۡلاَف۔ۙارً سۡ ُی ت
یٰ رِ جٰ لاَف۔ارً قۡ وِ ت
ٰلمِ حٰ لاَف ۔ۙاوً رۡ ذَ ت
یٰ رِ ذٰ لاوَ ۙ
Das heißt, Gott bringt das Zeugnis der Winde dar, die die Düns- te von den Ozeanen und anderen Gewässern trennen und sie wie schwangere Frauen in sich tragen und in Form von Wolken zu ihrem Ziel wehen, und das Zeugnis der Engel, das alle diese Dinge zur Wir- kung bringt. Dies deutet an, dass die Winde selbst keine Kraft haben, die Dünste von den Ozeanen zu heben und in Wolken zu verwandeln und, wo benötigt, als Regen herabfallen zu lassen und diese Dinge somit zu verwalten. All dieses ist die Funktion von Engeln.
In diesen Versen deutete der Allmächtige zuerst, wie Philosophen, den Anlass für Regen an, der von den Wolken herabkommt, und legte dann nieder, wie Wasser zu Dunst und dann zu Wolken wird, und enthüllte dann im letzten Vers:
50 ۔ارً مۡ َا تمٰ سِّ قَ مُ ۡلافَ
die Realität, dass sich niemand einbilden sollte, dass das System materieller Ursachen und Wirkungen dem Göttlichen Erlass ange- messen ist, sondern dass sich hinter diesem physischen System ein System spiritueller Ursachen befindet, das dieses sichtbare System unterstützt. An anderer Stelle wird gesagt:
ً َ
51 ۔ۙاقرۡ فتقٰ ِرفٰ ۡلافَ ۔ۙارً شۡ َنت
رٰ شِ نٰ ۡ لا وَّ ۔ۙاۡفً صۡ ۡ عَ َ ت
فٰ صِ عٰ ۡلاَف ۔اًفرۡ ع
تٰلسَ رۡ مُ ۡلاو
49 Aḏ-ḏāriyāt, 51:2-5. (Anm. d. Ü)
50 Aḏ-ḏāriyāt, 51:5. (Anm. d. Ü)
51 Al-Mursalāt, 77:2-6. (Anm. d. Ü.)
۔ارً کذِ تیٰ قِ لمُ لافۙ
Dies bedeutet, dass Gott, der Allmächtige, das Zeugnis der Winde und der Engel vorbringt, die sich langsam und dann schnell bewegen, und das der Winde, die die Wolken erheben, und der Engel, die das Göttliche Wort in die Herzen tragen.
Auf diese Weise hat der allmächtige Gott die Engel und die Sterne in dem Vers vereint:
ارً مۡ َات
رٰ ِّبدَ مُ ۡلاف52
Auf die sieben Planeten wird Bezug genommen, als die Angele- genheiten der Erde äußerlich zu ordnen, und auf die Engel, als sie innerlich zu ordnen. Der Kommentar Fatḥu l-bayān legt diese beiden Ansichten, rekurrierend auf die Autorität von Muaz bin Jabal und Qashiri, dar. Ibn Kathir hat, auf die Autorität von Hasan rekurrierend, berichtet, dass alle Anordnungen, die zwischen Himmel und Erde ausgeführt werden, durch Engel ausgeführt werden, und Ibn Kathir schreibt, dass dies eine Deutung ist, über die Einklang herrscht.
Ibn Jarir hat den Vers:
ارً مۡ َات
رٰ ِّبدَ مُ ۡلاَف53
so ausgelegt, dass die Engel die Anordnungen des Universums ausführen, das heißt, obwohl Sterne und Sonne und Mond und die Elemente ihre Funktionen auf der Oberfläche erfüllen, jene in Wirk- lichkeit von Engeln ausgeführt werden.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 133-137 Fußnote)
52 „Dann bei den die Sachen Lenkenden.“ (Al-Nazi‘at 79:6; Anm. d. Ü.)
53 An-Nāziʿāt, 79:6. (Anm. d. Ü.)
Unsere Beobachtung und unser Nachsinnen und unsere Intelligenz und unser Denken zeigen deutlich, dass es für jede Gunst zwischen dem allmächtigen Gott und uns eingreifende Ursachen gibt, durch deren Eingreifen jede Fähigkeit gemäß ihres Bedarfs begünstigt wird. Dies begründet die Existenz von Engeln und Jinns. Wir brauchen nur zu beweisen, dass unsere Fähigkeiten für das Ausführen von gut oder böse alleine nicht genügen und wir der äußerlichen Hilfe und Unterstützung bedürfen, die einen übernatürlichen Effekt hat. Diese Helfer und Assistenten wirken nicht direkt ohne eine Vermittlung. Es gibt einige vermittelnde Mittel. Die Beachtung des Naturgesetzes hat endgültig und bestimmt festgelegt, dass jene Helfer und Assistenten außerhalb von uns existieren. Wir mögen uns ihrer wahren Realität nicht bewusst sein, aber wir wissen ganz bestimmt, dass es weder der allmächtige Gott Selbst ist, Der direkt wirkt, noch es unsere eigenen Fähigkeiten und unsere Auffassungsgabe sind. Es ist eine Art von Schöpfung, die ein unabhängiges Dasein hat. Wenn wir irgendeinen von ihnen als jemand bezeichnen, der zum Guten aufruft, so würden wir ihn als den Heiligen Geist oder Gabriel bezeichnen, und wenn wir ihn als jemand bezeichnen, der zum Bösen aufruft, so werden wir ihn als Satan oder Iblis bezeichnen. Es ist nicht erforderlich, dass wir einem jeden dunklen Herzen den Heiligen Geist oder Satan zeigen, obgleich jene, die Einsicht haben, sie sehen können und sie in Visionen sichtbar werden.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 86-88)
Möge Allah euch leiten, der Heilige Qur‘an sagt nirgends, dass Gott veränderlich ist, aber er sagt, dass der Mensch veränderlich ist. Darum führt Gott dem Menschen angepasste Veränderungen herbei.
Wenn ein Kind im Mutterleib ist, wird es mit Blut genährt, und wenn es geboren ist, wird es eine Zeit lang mit Milch ernährt und danach nimmt es andere Nahrung zu sich. Von Zeit zu Zeit trifft Gott, der Allmächtige, für ihn angemessene Vorkehrungen. Wenn ein Kind im Mutterleib ist, befiehlt Gott, der Allmächtige, den inneren Teilchen, Blut für das Kind herzustellen. Wenn es geboren ist, wird jener Befehl widerrufen. Den Engeln der Mutterbrust, die deren Teilchen sind, wird anbefohlen, Milch zu erzeugen. Wenn ein Kind seine Aufzucht durch Milch beendet, wird auch jener Befehl widerrufen und den Engeln der Erde, die deren Teilchen sind, wird befohlen, bis zu seinem Ende Nahrung und Wasser für das Kind zu erzeugen. Wir geben darum zu, dass es solche Veränderungen im Willen Gottes gibt...
Im Heiligen Qur‘an hat Gott uns gelehrt, dass dieses natürliche Sy- stem nicht von selbst läuft und alle Teilchen davon die Stimme Gottes vernehmen und Seine Engel sind, die von Ihm ernannt wurden, um gewisse Funktionen auszuführen, und sie tun dies gemäß Seinem Wil- len. Die Teilchen von Gold erzeugen Gold, und die Teilchen von Silber erzeugen Silber, und die Teilchen von Perlen erzeugen Perlen und die Teilchen des menschlichen Körpers bereiten das menschliche Kind im Mutterleib vor. Diese Teilchen wirken nicht von selbst, sondern hören Gottes Stimme und handeln danach. Darum werden sie Seine Engel genannt.
Engel sind von vielerlei Arten. Diese sind die Engel der Erde. Die Engel des Himmels üben ihren Einfluss vom Himmel aus, so wie die Hitze der Sonne ein Engel Gottes ist, der die Früchte reift und ande- re Funktionen ausübt. Die Winde sind Gottes Engel, die die Wolken versammeln und die Felder auf verschiedene Weise beeinflussen, und über ihnen gibt es noch andere Engel, die ihren Einfluss ausüben. Die Physik bezeugt, dass Engel notwendige Wesen sind. Wir nehmen sie mit unseren eigenen Augen wahr.
(Nasīm-e daʿwat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 19, S. 461-463)
Der Heilige Qur‘an erwähnt drei Arten von Engeln.
Die Teilchen irdischer Körper und das Vermögen der Seelen.
Himmel, Sonne, Mond und die Wolken der Erde, die im Ein- satz sind.
All jene überragende höhere Kräfte, wie Gabriel und Michael, Izra’il und andere, die in den Vedas Jum genannt werden...
Der Heilige Qur‘an gebraucht das Wort Engel sehr oft. Alles, was Gottes Stimme vernimmt, ist Sein Engel. Somit ist jedes Teilchen der Welt ein Engel Gottes, denn es vernimmt Seine Stimme und gehorcht Ihm.
(Nasīm-e daʿwat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 19, S. 456-457)
Islamische Gelehrte glauben nicht, dass Engel mit ihrem Wesen auf die Erde herabsteigen und wie Menschen zu Fuß umherwan- dern. Solch eine Vorstellung ist offensichtlich falsch. Wäre es für En- gel zur Durchführung ihrer Aufgaben notwendig, sich körperlich auf die Erde zu begeben, dann wäre es ihnen unmöglich, überhaupt eine Aufgabe zu erfüllen. Nehmt den Engel des Todes, der die Seelen von Tausenden von Personen gleichzeitig in vielen verschiedenen Teilen der Welt, tausende Meilen voneinander entfernt, hinweg nimmt. Wäre es für ihn notwendig, zu Fuß ins Land und die Stadt und das Haus zu gehen und dort nach dieser Mühe die Seelen hinweg zu nehmen, dann würden für diese Aufgabe nicht eine Sekunde, sondern selbst mehrere Monate nicht ausreichen. Ist es möglich, dass sich eine Per-
son, die wie ein Mensch geht, in der Zeit eines Augenzwinkerns oder sogar noch weniger, rund um die Welt bewegen kann? Nein, die Engel bewegen sich von den für sie von Gott bestimmten Plätzen keinen Schritt weg, so wie es Gott für sie im Heiligen Qur‘an verkündet:
54 نَ وۡ ُّفآصّ لان
حۡ نَ َل اَّناِ وَّ ۔مٌ وۡ لُ عۡ مَ
ماقَ م
ہٗ َل اَّلاِ ۤانَّ مِ امو
In Wirklichkeit ist ihr Wirken mit der Sonne vergleichbar, die an ihrem Platz verharrt, aber ihr Licht und Wärme sich überall auf der Erde ausbreiten, und die ihren Eigenschaften entsprechend allen Din- gen auf der Erde Nutzen bringt. Genauso verharren tatsächlich die spirituellen Wesen des Himmels strikt an den ihnen zugewiesenen Plätzen. Mögen wir sie – wie die Griechen, als Himmelsseelen, oder – wie die Avesta und die Vedas, als die Seelen der Sterne, oder ganz einfach und als die an die Einheit Gottes glaubenden – als Engel Al- lahs – bezeichnen. Sie dienen der Aufgabe, jedem Wesen, das bereit ist, dabei zu helfen, sich zur gewünschten Vollkommenheit weiter zu entwickeln. Die Dienste sind sowohl sichtbar, als auch verborgen. So wie die Sonne, der Mond und die anderen Planeten einen Einfluss auf unsere Körper und unsere sichtbaren Kräfte ausüben, genauso beein- flussen die Engel, unseren verschiedenen Fähigkeiten entsprechend, unser Herz und Gehirn und alle unsere spirituellen Kräfte. Ein Ding mit dem Potenzial etwas zu werden – sei es ein Staubteilchen oder ein Wassertropfen, die in eine Muschel eindringen; oder ein Tropfen Flüssigkeit, der in die Gebärmutter gelangt – wird unter der spiritu- ellen Anleitung durch die Engel Gottes zu einem kostbaren Edelstein, Rubin, Diamant, Saphir, oder einer strahlend schimmernden schwe-
54 „Da ist keiner unter uns, der nicht seinen zugewiesenen Platz hätte. Und fürwahr, wir sind die in Reihen Geordneten.“ (Aṣ-Ṣāffāt, 37:165-166; Anm. d. Ü)
ren Perle, oder zu einem Menschen mit großartigem Herz und Geist...
Die Art und Weise, in der die Engel im Heiligen Qur‘an beschrie- ben sind, ist unkompliziert und leicht begreiflich, und man kann sie nicht ablehnen. Tiefere Einsicht in den Heiligen Qur‘an macht deut- lich, dass sowohl für die innere, als auch für die äußere Entwicklung des Menschen und der gesamten Erde vermittelnde Kräfte notwendig sind. Aus einigen Hinweisen im Qur‘an geht klar hervor, dass man- che spirituellen Wesen, Engel genannt, jeweils bestimmten Teilen des Himmels zugewiesen sind. Einige sind zuständig für Winde, einige für Regen, andere für die Entsendung sonstiger Einflüsse auf unsere Erde. Also scheint es keinen Zweifel zu geben, dass einige von diesen guten Wesen – aufgrund der Ähnlichkeit ihres Lichts – mit den strah- lend funkelnden Sternen im Himmel eine Verbindung haben müssen. Aber diese Verbindung muss man sich nicht so vorstellen, wie alles Lebendige auf der Erde mit dem Leben hat. Es ist eine unerforschliche Verbindung, die diese guten Wesen aufgrund ihres Nuur und Lichtes, das sie spirituell besitzen, mit den leuchtenden Sternen haben. Diese Beziehung ist so stark, dass die Annahme, diese guten Wesen seien von den Sternen getrennt, zu einer falschen Einschätzung all ihrer Fä- higkeiten führen würde. Nur durch die verborgene Hand dieser We- sen erfüllen alle Sterne ihre jeweiligen Aufgaben. So wie Gott für das gesamte Universum wie eine Lebenskraft ist (hier ist kein vollstän- diger Vergleich beabsichtigt), so sind auch diese spirituellen Wesen eine Art Lebensenergie für die Sterne und Planeten. Wenn diese spi- rituellen Wesen von ihrer Aufgabe abgehalten würden, so hätte das in der Natur zweifelsohne das vollständige Chaos zur Folge. Es hat nie eine Meinungsverschiedenheit darüber gegeben, dass die himm- lischen Planeten und Sterne stets einen Einfluss auf die Entwicklung
aller Dinge und Wesen auf der Erde haben. Also ist es eine überprüfte und erwiesene Tatsache, dass die Sterne Tag und Nacht auf die ganze Vegetation, die Materie und alles lebendige Einfluss ausüben. Selbst der ungebildetste Landwirt wird zumindest so viel wissen, dass zwei- felsohne der Mondschein die Größe von Früchten, das Sonnenlicht ihr Reifen und ihre Süße und einige Winde ihre Vermehrung beein- flussen. Wenn nun der äußere Teil des Universums seine Entwick- lung den verschiedenen Einflüssen verdankt, die von diesen Wesen ausgehen, so kann es keinen Zweifel geben, dass die Lichtwesen, die mit den leuchtenden Himmelskörpern so eng verbunden sind wie die Seele mit dem Körper, durch göttliche Vorsehung auch auf spiritueller Ebene einen Einfluss ausüben.
Man muss auch wissen, dass der Gedanke zwar fern des Respekts scheint, dass es zwischen Gott und Seinen Gesandten einen Vermittler für die Übertragung des Lichts der Offenbarung gibt, aber ein we- nig Nachdenken wird zeigen, dass hierin keine Respektlosigkeit liegt, ganz im Gegenteil: Es steht im Einklang mit dem göttlichen Natur- gesetz, welches in allen Dingen sichtbar ist. Wir sehen, dass auch die Propheten für ihren physischen Körper und ihre physischen Kräfte gleiche Hilfsmittel brauchen. Eines Propheten Auge, wie scharf und gesegnet es auch sein mag, kann wie andere Menschen ohne die Son- ne oder ihren Ersatz nicht sehen, und Sie können ohne Luft nicht hö- ren. Deshalb müssen wir notwendigerweise annehmen, dass auch die Spiritualität des Propheten von den leuchtenden Wesen dieser Him- melskörper unbedingt beeinflusst wird, sogar am meisten beeinflusst wird. Denn je reiner und vollkommener die Fähigkeiten sind, desto reiner und vollkommener wird auch der Einfluss sein. Aus dem Heili- gen Qur‘an geht hervor, dass diese Planeten und Sterne zu ihren Kör-
pern jeweils eine Art Seele besitzen, die man auch Seelen der Sterne nennen kann. So wie die Sterne und Planeten körperlich verschiedens- te Eigenschaften besitzen, die auf alles auf der Erde Einfluss haben, so haben auch ihre spirituellen Wesen verschiedene Eigenschaften, die mit Erlaubnis des Allweisen die innere Ordnung dieser Erde beein- flussen. Diese spirituellen Wesen offenbaren sich den vollkommenen Menschen in Form des Abbilds eines Körpers und haben das Ausse- hen eines Menschen. Was wir sagen, dient nicht der Rhetorik, sondern ist eine Wahrheit, die die Suchenden nach der Wahrheit und Weisheit anerkennen müssen.
(Tauḍīḥ-e marām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 3, S. 66-72 [Dt. Ü.: Ziele erklärt, Frankfurt am Main 2011, S.29-35])
Wir leugnen das Herabkommen von Engeln nicht, und wenn ir- gendjemand den Beweis erbringen würde, dass Engel auf eine solche Weise herabkommen, dass sie den Himmel verlassen, würden wir be- reit sein, diesen Beweis zu prüfen und, wenn er begründet würde, zu akzeptieren. Die Existenz von Engeln ist ein Teil des Glaubens. Sowohl das Herabkommen Gottes zum Himmel der Welt als auch das Herabkommen von Engeln sind Wirklichkeiten, die wir nicht begreifen können. So viel ist vom Buch Gottes niedergelegt worden, dass Engel als eine neue Schöpfung auf der Erde erscheinen. Das Er- scheinen von Gabriel in der Gestalt von Dehya Kalbi war eine neue Schöpfung, oder was sonst? Es ist nicht erforderlich, dass wir, die Möglichkeit einer neuen Schöpfung eingestehend, die erste Schöp- fung vernichten sollten. Die erste Schöpfung ist im Himmel festgelegt und geregelt und die zweite Schöpfung ist ein Ergebnis der weiten Macht des allmächtigen Gottes. Liegt es jenseits der Macht des all- mächtigen Gottes, ein Wesen an zwei verschiedenen Orten in zwei Körpern zu zeigen? Gewiss nicht.
55 رٌ ۡیدِ َق ءٍ یۡ شلِّ ُکیٰلعَ هَ ّللانَّ َامۡ َلعۡ َتمۡ َلَا
(Sirru l-ḫilāfa, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 8, S. 414-415)
Ich glaube, dass Engel zu Allah gehören und dass sie Ihm nahe sind. Für einen jeden von ihnen gibt es einen bestimmten Platz. Kei- ner von ihnen kommt von jenem Platz herab oder steigt von ihm auf. Ihr im Heiligen Qur‘an erwähntes Herabkommen ist nicht wie das Herabkommen eines Menschen von einer höheren zu einer niedrige- ren Ebene, noch ist ihr Aufsteigen insofern wie das Aufsteigen eines Menschen von einer niedrigeren zu einer höheren Ebene, als das Her- abkommen eines Menschen eine Veränderung in seiner Lage mit sich bringt und durch Anstrengung erreicht wird und Ermüdung mit sich bringt, wohingegen Engel keine Ermüdung kennen, noch irgendeine Anstrengung zu machen brauchen, noch irgendeiner Veränderung ausgesetzt sind. Stellt euch darum nicht vor, dass ihr Herabkommen und ihr Aufsteigen dem Herabkommen und Aufsteigen anderer Kör- per gleicht; ihr Herabkommen und ihr Aufsteigen ähnelt dem Her- abkommen und Aufsteigen von Allah von und zu Seinem Thron und vom Himmel zur Erde. Allah hat ihre Existenz zu einem Teil des Glau- bens gemacht und gesagt:
56 َوھ
اَّلاِ ک
ِّبر
دَ وۡ نُ ج
مُ َلعۡ َیام
„Keiner kennt die Heerscharen deines Herrn als Er allein.“ Also
55 „Weißt du nicht, dass Allah die Macht hat, alles zu tun, was Er will?“ (Al-Baqarah, 2:107; Anm. d. Ü.)
56 Al-Muddaṯir, 74:32. (Anm. d. Ü.)
glaubt an ihr Herabkommen und an ihren Aufstieg und versucht nicht, in ihre Realität einzudringen, denn dies ist am besten und der Rechtschaffenheit am nähesten. Allah hat sie beschrieben als: stehend, in Niederwerfung, in Reihen angeordnet, Gott lobpreisend und die ihnen bestimmten Plätze einnehmend. Er hat ihnen diese Attribute ewigwährend und dauerhaft verliehen und hat jene charakteristisch für sie gemacht. Es ist darum nicht gestattet, dass die Engel ihre Nie- derwerfung und ihr Stehen aufgeben oder ihre Lobpreisung Gottes und die Verkündigung Seiner Heiligkeit unterbrechen und von den ihnen zugewiesenen Plätzen zur Erde kommen und den hohen Him- mel verlassen sollten. In der Tat bewegen sie sich, während sie auf den ihnen bestimmten Plätzen verweilen, im Einklang mit ihrem Wesen wie der König‚ Der sich auf den Thron niederließ. Ihr wisst, dass Allah im letzteren Teil der Nacht zum Himmel der Erde herabkommt, aber es kann nicht gesagt werden, dass er Seinen Thron verlässt und später dann wieder zu ihm aufsteigt. Desgleichen ist es der Fall bei den En- geln, die die Attribute ihres Herrn so reflektieren wie der Schatten das Original reflektiert. Wir erkennen die Realität dessen nicht, aber wir glauben daran. Wir können ihren Zustand nicht in der Ausdrucks- weise der Zustände des Menschen beschreiben, deren Wirklichkeit ih- rer Attribute und Grenzen und Eigenschaften und Bewegungen und Schweigen wir erkennen und verstehen. Allah hat uns das verboten und gesagt:
57 َوھ
اَّلاِ ک
ِّبر
دَ وۡ نُ ج
مُ َلعۡ َیام
„Keiner kennt die Heerscharen Deines Herrn als Er allein.“ Achtet darum auf eure Pflicht gegenüber Allah, O Menschen mit Weisheit.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 384-387)
57 Al-Muddaṯir, 74:32 (Anm. d. Ü.)
Nun, da es klar begründet ist, dass es im göttlichen Naturgesetz für das spirituelle System, so wie es im physikalischen System der Fall ist, äußere Einflüsse gibt, welche Engel genannt werden, bleibt zu zeigen, dass auch alle Ereignisse im physikalischen System nicht ohne die Vermittlung von Engeln stattfinden. Gott, der Allmächtige, hat Engel als Regulierer und Verteiler bezeichnet und sie sind die Ursache jeder Veränderung und Entwicklung. Sie halten den Thron Gottes, des Allmächtigen, in die Höhe. Der Vers:
58 ظٌ فاح
اہَ یۡ َلعَ امَّ َّلس
فۡ َنلُّ ُکنۡ ا
beweist die Ernennung von Engeln über jede Sache. Auch der fol- gende Vers deutet dies an:
59 کِّبرَ شَ رۡ علُ مِ حۡ یَ وَ ؕاہَ ِئآجَ ٌ رۡ َا یلٰۤ عَ کَلمَ ۡلاوّ ُ۔ةیَ ھِ اوَّ ذٍ ئِ مَ وۡ َییَ ہِ َف ءآمَ سّ لاتقَّ شَ ۡ ناو
ةیَ نِ مٰ َثذٍ ئِ مَ وۡ َیمۡ ہَقوۡ َف
Dies bedeutet, dass am Tag des Jüngsten Gericht der Himmel zer- bersten wird, lose und teilnahmslos erscheinend, wird er seine Fähig- keiten verlieren, weil die Engel, die wie die Seele der Himmel und Himmelskörper waren, all ihre Beziehungen aufgeben und sich an die Kanten zurückziehen werden, und an jenem Tag werden acht Engel den Thron Gottes, des Allmächtigen, emporheben.
In seinem Kommentar zu diesem Vers schreibt Shah Abdul Aziz,
58 „Keine Seele gibt es, die nicht einen Wächter über sich hätte.“ (Aṭ-ṭāriq, 86:5; Anm. d. Ü.)
59 Al-Ḥāqqa, 69:17-18. (Anm. d. Ü.)
dass die Weiterführung des Himmels durch die Seelen erfolgt, das heißt, durch die Engel, die wie die Seelen des Himmels und der Him- melskörpern sind, und dass einige Engel so, wie die Seele den Körper schützt und beherrscht, auch den Himmel und die Himmelskörper beherrschen und alle Himmelskörper durch sie existieren und die Tä- tigkeit der Planeten durch ihre Vermittlung stattfindet. Wenn die En- gel jenen Körper so verlassen werden, wie die Seele den physischen Körper verlässt, dann wird das gesamte Himmelssystem umgewor- fen werden wie das physische System durch den Fortgang der Seele. Auch ein anderer Vers des Heiligen Qur‘ans deutet dies an:
60 نِ ۡیطِ یٰ شّ لِّل امً وۡ جُ ر
اہَ نٰ ۡلعَ ج
وَ حَ یۡ ِباصَ مَ ِبایَ ۡندّ لاءآمَ سّ لاانَّ َّیز
دۡ قَ َلو
Wir haben den untersten Himmel mit Lampen geschmückt und Wir haben sie zu einem Mittel für die Vertreibung der Teufel gemacht. Durch den qur‘anischen Text ist begründet worden, dass Engel die Regulierer und Verteiler aller Dinge vom Himmel zur Erde sind, und in diesem Vers wird gesagt, dass die Kometen jene Sterne sind, die im unteren Himmel sind. Dies mag den sich auf die Engel beziehenden Versen zu widersprechen scheinen, wenn wir aber gründlich darüber nachdenken, liegt kein Widerspruch vor. Der Heilige Qur‘an lehrt, dass die Engel wie die Seelen des Himmels und der Himmelskörper sind, und es ist offensichtlich, dass die Seele einer Sache nicht von ihr getrennt sein kann. Darum hat Gott, der Allmächtige, die Engel an einigen Stellen im Heiligen Qur‘an als die Ursache von Kometen bezeichnet und an anderen Stellen insofern die Sterne als ihre Ursa- che erwähnt, als Engel die Sterne derart beeinflussen wie die Seele den Körper beeinflusst. Jener Einfluss kommt von den Sternen und wirkt sich auf die irdischen Dämpfe aus, die die Fähigkeit haben, zu
Kometen zu werden, und sie werden durch die Kraft des allmächti- gen Gottes zum Brennen gebracht. Andererseits stellen die Engel eine Verbindung zu den Kometen her und lenken sie mit ihrem Licht nach rechts und nach links. Kein Philosoph wird leugnen, dass die Ursache all dessen, was auf der Erde oder in der Atmosphäre geschieht, die Sterne und himmlische Einflüsse sind. Nicht jeder kann in das Myste- rium vorstoßen, dass die Kräfte der Sterne von der Gnade der Engel herrühren. Dieses Geheimnis wurde vom Heiligen Qur‘an enthüllt, und jene, die Einsicht besitzen, schenkten ihm ihre Aufmerksamkeit. (Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 137-143, Fußnote)
Alles, was eine Seele hat, wird von Engeln beschützt. Somit müssen wir diesem Vers zufolge hinsichtlich der Seelen von Planeten glauben, dass alle Sterne, die Sonne, der Mond, Merkur, Mars usw. unter dem Schutz von Engeln stehen, das heißt, ein jeder von ihnen hat einen Engel, der ernannt ist, um ihn zu schützen und ihm zu ermöglichen, seine Funktionen richtig auszuführen.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 77 Fußnote)
Engel schützen auch vor physikalischen Katastrophen, wobei die- ser Schutz in einem spirituellen Sinne erfolgt. Wenn zum Beispiel je- mand an einer Stelle steht, wo eine Mauer am Umfallen ist, dann wird kein Engel ihn mit seinen Händen erheben und ihn von der Stelle fort- tragen. Wenn jener Person bestimmt ist, gerettet zu werden, wird ein Engel ihr die Warnung übermitteln, sich von der Stelle fortzubewe- gen. Indes, der Schutz von Sternen und Elementen usw. erfolgt phy- sikalisch.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 99, Fußnote)
Der Allmächtige hat die Ereignisse der Welt nicht auf ein sichtbares System beschränkt, sondern es gibt auch ein unsichtbares System, das ständig zur Wirkung kommt. Die Sonne und der Mond und die Erde und die Dämpfe, die zu Regen werden, und die Winde, die heftig wehen, und der Hagel, der auf die Erde herabfällt, und die Kometen haben für sämtliche Wirkungen und Veränderungen und Umdrehungen und Geschehnisse physikalische Ursachen, die in Büchern über Astronomie und Physik dargelegt sind, dennoch wissen jene, die Einsicht haben, dass es hinter diesen Ursachen andere Ursachen gibt, die jene regulieren und die Engel genannt werden. Womit auch immer sie in Verbindung stehen, sie führen es zu seinem Ziel und in ihren Funktionen berücksichtigen sie stets die spirituellen Ziele, die der allmächtige Gott ihnen aufgetragen hat. Ihre Tätigkeit ist nicht vergebens, sondern in allem, was sie tun, haben sie erhabene Ziele im Sinn.
Es ist eine begründete Wahrheit, die wir im Einzelnen in unserem Büchlein Tauḍīḥ-e marām61 dargelegt haben, dass der Allweise für das richtige Funktionieren des Universums zwei Systeme eingeführt hat. Das unsichtbare System bezieht sich auf die Engel und bei dem sicht- baren System gibt es keinen Zweig, hinter dem nicht das unsichtbare System steht. Es kann darum leicht verstanden werden, dass die Ur- sachen des sichtbaren Systems der Kometen den Ursachen des spi- rituellen Systems nicht im Wege stehen. Das spirituelle System ist, dass für jeden Kometen ein Engel bestimmt ist, der ihn in jede von ihm gewünschte Richtung bewegt. Die Bewegung von Kometen be- zeugt dies. Es ist offensichtlich, dass die Funktion des Engels nicht ohne Zweck sein kann. Es muss ein Zweck dahinterstehen, der eine Wohltat für den Glauben und für die Welt ist, aber es ist nicht möglich, den Zweck des Wirkens der Engel ohne die Vermittlung von Engeln
61 Dt. Ü.: „Ziele erklärt“, Frankfurt am Main 2011. (Anm. d. Ü.)
zu begreifen. Somit wurde dem Heiligen ProphetenSAW durch die Ver- mittlung von Gabriel enthüllt, dass das Ziel der Engel beim Schießen der Sterne sei, Satane fortzujagen.
Das Geheimnis, wie die Satane durch die Kometen fortgejagt wer- den, scheint zu sein, dass eine Feindschaft zwischen Satanen und En- geln herrscht. Zur Zeit der Freigabe dieser Kometen verbreiten die En- gel, die sie durch die Hitze der Sterne beeinflussen, ihre helle Kraft in der Atmosphäre, und jeder sich bewegende Komet hat ein engelhaftes Dasein, da er mit dem Segen der Engel erscheint und eine Eigenschaft besitzt, die Satane zerstört. Es kann darum nicht eingewandt werden, dass den Jinn durch Feuer nicht geschadet werden kann, da sie aus Feuer erschaffen sind, denn der Schaden, der den Jinn durch die Ko- meten zugefügt wird, wird nicht durch Feuer, sondern durch das von Engeln entzündete Licht verursacht, das die Kometen begleitet und durch sein Wesen die Satane verzehrt.
So weit man an die Existenz Gottes glaubt und kein Atheist ist, würde man zu bestätigen haben, dass dieses ganze System nicht ver- gebens ist, und dass alles, was geschieht, das Ergebnis der Weisheit und des angemessenen Entwurfs des allmächtigen Gottes ist, und dass jener Entwurf im Einklang mit dem System durch physikalische Mittel manifestiert wird. Da der allmächtige Gott Körper nicht mit Wissen und Intelligenz ausgestattet hat, wurde für den Erwerb des- sen, was Wissen und Intelligenz erfordert, die Vermittlung solcher Dinge erforderlich, die mit Wissen und Intelligenz ausgestattet sind, und das sind Engel.
Da Engel nicht auf vergebliche und zwecklose Weise wirken, son- dern bei allem, was sie tun, ein Ziel haben, muss bestätigt werden, dass sie bei der Freigabe von Kometen ein Ziel haben, und dass es, da
es der Vernunft nicht möglich ist, jenen Zweck zu begreifen, unnütz ist, die Vernunft zu befragen, um zur Lösung dieses Geheimnisses zu gelangen...
Für diese Erkenntnis ist die Vernunft abhängig von etwas ande- rem, das sich jenseits der Vernunft befindet. Jenes Mittel ist die Of- fenbarung, die dem Menschen gewährt wird, damit sie ihn zu jenen Einsichten und Wahrheiten führen möge, zu denen die Vernunft allein keinen Zugang hat, so dass sie ihm jene feinen Geheimnisse enthüllen möge, die durch die Vernunft nicht ergründet werden können. Mit Offenbarung meinen wir hier die Offenbarung des Qur‘an, die uns enthüllt hat, dass das Ziel der Engel bei der Freigabe von Kometen darin liegt, Satane fortzujagen. Dies ist die Art, wie die Engel das Licht verbreiten, das sich auf die Dunkelheit der Jinns auswirkt und deren Tätigkeit vermindert, und, falls die Verbreitung dieses Lichts in großem Maße erfolgt, werden aufgrund seiner magnetischen An- ziehungskraft unter den Menschen vollkommene Manifestationen des Lichts erschaffen, andernfalls zieht diese Verbreitung des Lichts wegen seiner engelhaften Eigenschaft die Herzen zu Licht und Recht- schaffenheit, wiewohl dies eine Eigenschaft ist, deren Beweis in der Welt stets gezeigt worden ist...
Das göttliche System ist, dass das, was in den Körpern und in der Atmosphäre geschieht oder bei Gelegenheit offenkundig wird, nicht das Ergebnis der zwecklosen Tätigkeit der Körper ist. Der Weise und Mächtige hat die Leitung von all diesem den Händen der Engel an- vertraut, die jeden Augenblick unter dem Kommando des Allmächti- gen mit verschiedenartigen Handlungen beschäftigt sind. Sie handeln nicht vergebens, sondern verursachen auf sehr weise Art und zum Erreichen erhabener Ziele in Himmel und Erde verschiedene Arten von Bewegungen, und keine ihrer Handlungen ist unnütz oder be- deutungslos.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 124-133, Fußnote)
Es soll ebenfalls daran erinnert werden, dass die Stellung der Be- sonderheiten der Engel gemäß der islamischen Scharia nicht höher ist als die Stellung der Besonderheiten der Menschen. Im Gegenteil, besondere Menschen nehmen eine höhere Stellung ein. Auch wenn die Engel der physikalischen und spirituellen Ordnung als Medien dienen, so gibt ihnen das keine höhere Stellung. Gemäß dem Heiligen Qur‘an sind sie lediglich wie pflichtbewusste Diener. Allah sagt:
62 ن
ْیبِ ِئادَ رَ مَ قَ ۡلاوَ س
مۡ شّ لامک
َلرَ خَّ سَ و
Der Gott, Der die Sonne und den Mond zu euren Diensten plat- ziert hat.
Nun lasst uns sehen, dass ein Bote eine Nachricht vom König empfängt und sie dem Gouverneur einer Provinz seines Landes über- bringt. Beweist dies etwa, dass der Bote, der als Vermittler zwischen dem König und dem Gouverneur dient, dadurch dem Gouverneur im Rang überlegen ist? Dann versteht aus diesem Beispiel, dass das Gleiche für die Medien gilt, die im physikalischen und im spirituel- len System den Willen des einzig Allmächtigen zur Erde bringen und mit seiner Ausführung befasst sind. Gott hat im Heiligen Qur‘an an einigen Stellen deutlich gemacht, was immer in den Himmeln und auf der Erde erschaffen worden ist, ist in seiner Existenz dem Menschen untertan, das heißt, nur zu seinem Nutzen erschaffen worden. Der Mensch steht im Rang hoch über diesen, er ist der Herr, dem alles dient. Der Heilige Qur‘an sagt:
62 Ibrāhīm,14:34. (Anm. d. Ü.)
63 رَ مَ قَ ۡلاوَ س
مۡ شّ لامک
َلرَ خَّ سَ و
An anderer Stelle heißt es:
64 یۡ حِ وۡ رُّ نمهیۡ فِ تخۡ فَ َنوَ هٗ تُ ۡیوَّ سَ اذَ اِ َف۔نٍ ۡیط
نمّ ارً شَ َب قٌۢ ِلاخ
یۡ ِّناِ ةِ کئِ ٰٓلمَ ۡلِلک
ُّبرَ لاَقذۡ ا
سَ ۡیِلۡباِ ۤاَّلاِ ۔نَ وۡ عُ مَ جۡ َا مۡ ُہُّلُک ةک
ئِ ٰٓلمَ ۡلادَ جَ سَ َف ن
ۡیدِ جِ س ہٗ َل اوۡ عُ قَ َفؕ
Das bedeutet: Gedenke der Zeit, da dein Herr (dessen vollkom- menste Verkörperung du bist) zu den Engeln sagte: Ich werde einen Menschen aus Ton erschaffen. Und wenn Ich ihn in der vollkommens- ten Form erschaffen und ihm von Meinem Geist eingehaucht habe, lasst ihr euch unterwerfend vor ihm niederfallen; das bedeutet, ihr sollt ihm demütigst dienen und ihm so dienen, als ob ihr euch vor ihm niederwerft. Alle Engel demütigten sich vor dem vollkommenen Menschen, außer Iblis, er versäumte diese Gnade.
Der Befehl, sich zu unterwerfen, wurde nicht zu dem Zeitpunkt der Geburt von Adam erteilt. Dieser Befehl an die Engel ist ein ande- rer. Wenn ein Mensch das wahrhafte Menschsein und das menschli- che Ebenmaß erreicht hat und der Geist Gottes in ihm ruht, dann wird den Engeln befohlen, ihr sollt euch vor diesem Vollkommenen unter- werfen, das heißt mit dem Licht des Himmels auf ihn herabkommen und Segnungen für ihn erflehen. Also ist es ein Hinweis auf das alte
63 „Und dienstbar machte Er euch die Sonne und den Mond, die unablässig ihren Lauf Vollziehenden.“ (Ibrāhīm, 14:34; Anm. d. Ü.)
64 Ṣād, 38:72-75.
Gesetz Gottes, welches Gott für Seine heiligen Diener wirken lässt. Wann immer ein Mensch die vollkommene spirituelle Stufe erlangt hat, dann weilt der Geist Gottes in ihm – d.h. er ist seines Egos entle- digt und hat die Stufe des ‚baqā billāh’65 erreicht – dann beginnen die Engel auf eine außergewöhnliche Art und Weise auf ihn herabzustei- gen. Gewiss begleiten ihn Engel schon in den früheren Stufen seines spirituellen Fortschritts, wobei sie ihm dienen und helfen. Aber das andere Herabsteigen der Engel ist so vollkommen und vollständig, dass es ihr Niederwerfen genannt werden darf. Mit dem Gebrauch des Wortes ‚niederwerfen’ hat Gott gezeigt, dass die Engel nicht höher stehen als der vollkommene Mensch. Im Gegenteil: Wie königliche Diener verbeugen sie sich vor dem vollkommenen Menschen.
(Tauḍīḥ-e marām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 3, S. 74-77 [Dt. Ü.: Ziele erklärt, Frankfurt am Main 2011, S. 38-42])
Die Engel Gottes – wie wir schon zuvor gesagt haben – sind nicht alle von gleichem Rang und gleicher Heiligkeit. Sie haben auch nicht die gleiche Aufgabe zugewiesen bekommen. Vielmehr gibt es für jede der verschiedenen Aufgaben einen anderen Engel. Alle Änderungen und Umwälzungen, die ihr in der Welt seht und alles, das durch ver- borgene Kräfte ins Dasein gerufen wird, sowie alle Seelen und Körper, die ihre gewünschte Vollkommenheit erreichen – sie alle stehen un- ter der Wirkung der kosmischen Kräfte. Es geschieht ebenfalls, dass derselbe Engel aufgrund seiner verschiedenen Eigenschaften unter- schiedliche Einflüsse ausübt. Gabriel zum Beispiel, der ein sehr hoch- rangiger Engel ist und mit einem sehr hell leuchtenden Körper am Himmel verbunden, hat viele Dienste zugewiesen bekommen, so wie
65 Existenz mit/durch Allah. (Anm. d. Ü.)
der diesem Engel entsprechende Körper am Himmel viele Aufgaben erfüllt; dieser Engel steigt auf jeden, den Gott für das Geschenk Seiner Offenbarung auserwählt, herab (das Herabsteigen ist in Wirklichkeit als eine Wirkung, nicht buchstäblich gemeint.)
Je nachdem, ob derjenige, dem der Erzengel Offenbarung bringt, in seinen Eigenschaften und Fähigkeiten reich oder beschränkt ist, ist auch der Wirkungskreis der Einflüsse des Gabriel groß oder klein. Ein sehr großer Wirkungskreis seiner spirituellen Einflüsse ist im Falle der Offenbarungen des Heiligen ProphetenSAW zu beobachten. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Erkenntnisse, Wahrhei- ten, Weisheiten und Eloquenz in vorzüglichster Form, wie sie es im Heiligen Qur‘an in ihrer vollständigen und höchsten Gestalt gibt, in keinem anderen Buch zu finden sind.
Es soll zudem daran erinnert werden (wie wir schon früher darauf hingewiesen haben), dass der Einfluss, den ein Engel auf die mensch- liche Seele ausübt, von zwei Arten ist: zum einen der Einfluss, der mit Gottes Erlaubnis auf die Leibesfrucht im Mutterleib ausgeübt wird, und je nach Art der Leibesfrucht fällt dieser Einfluss unterschiedlich aus; zum anderen jener Einfluss, der erst nach der Bereitschaft des Individuums zur Geltung kommt, um die verborgenen Fähigkeiten dieses Individuums zur möglichen Vollkommenheit zu entfalten. Wird dieser zweite Einfluss auf einen Propheten oder vollkomme- nen Heiligen ausgeübt, wird er Offenbarung genannt. Er wirkt auf folgende Weise: eine fähige Seele, die das Licht des Glaubens und das vollkommene Licht der Liebe besitzt, geht eine Freundschaft mit Gott ein – dem Ursprung aller Gnaden. Die Liebe Gottes nun, die Leben spendet, wirft die Strahlen ihres eigenen Nuur auf die Liebe der fä- higen Seele. Die Möglichkeit, die bis zu diesem Augenblick und die- ser Stufe, der Mensch bei seinem Weg nach oben erhält, wird durch den verborgenen Einfluss gewährt, den der Engel Gottes auf diesen Menschen bereits im embryonalen Zustand ausgeübt hatte. Durch die
Anziehungskraft der ersten Einflüsse wird der Mensch auf den be- sagten Rang erhoben. Dann übt derselbe Engel auf diesen Menschen wiederholt einen Einfluss aus, der voll des Lichts ist.
Aber das unternimmt der Engel nicht eigenmächtig, er dient viel- mehr als vermittelnder Diener. Wie ein Rohr, das an einem Ende das Wasser zieht und an dem anderen Ende abgibt, nimmt der Engel das Licht der Gnade Gottes in sich auf und ergießt es auf den Menschen, und zwar in dem Moment, in dem dieser sich – durch die Vereinigung der beiden Liebesformen – bei dem Rohr des Heiligen Geistes nieder- wirft. Alternativ kann gesagt werden, dass in diesem Augenblick Ga- briel den Schatten seines Lichts auf dieses fähige Herz wirft und darin sein Abbild erzeugt. Diese Reflexion wird genauso Gabriel genannt, wie der Name des Engels im Himmel Gabriel ist. Oder wenn der En- gel beispielsweise Heiliger Geist genannt wird, dann wird auch seine Widerspieglung Heiliger Geist genannt. Dabei dringt nicht der Engel selbst in die Seele des Menschen ein, sondern sein Abbild wird im Menschenherzen sichtbar. Wenn ihr zum Beispiel einen sehr sauberen Spiegel betrachtet, wird darin euer Abbild sichtbar, und zwar in dem Maße, wie der Spiegel groß ist. Euer Antlitz oder Hals werden nicht abgenommen und in den Spiegel gesetzt, sie bleiben da, wo sie sind. Nur der Gegenstand wird reflektiert. Diese Reflexion ist nicht immer gleich, im Gegenteil, sie ist von der Größe des Spiegels des Herzens abhängig. Wenn ihr euer Gesicht in einem kleinen Spiegel, der in ei- nem Fingerring eingefasst ist, betrachtet, so werdet ihr zwar das ganze Gesicht sehen, aber die Gesichtszüge werden verkleinert erscheinen, betrachtet ihr euer Antlitz aber in einem dafür ausreichend großen Spiegel, dann werden alle Gesichtszüge und Merkmale in ihrer vollen Größe erscheinen. Das trifft auch auf die Wirkungen von Gabriel zu. Auch die Heiligen unterster Ordnung beeinflusst Gabriel mit der Of- fenbarung, und auch das Herz des Heiligen ProphetenSAW wurde von demselben Gabriel mit der Offenbarung beeinflusst. Der Unterschied
ist derselbe wie zwischen dem Spiegel im Ring und dem Spiegel von ausreichender Größe. Oberflächlich ist es derselbe Gabriel, seine Ein- flüsse sind auch die gleichen, aber das empfangende Gegenüber hat nicht die gleiche Größe und Reinheit.
Ich habe hier das Wort Reinheit benutzt, um zu zeigen, dass sich die Wirkungen des Gabriel nicht nur in der Quantität, sondern auch in der Qualität unterscheiden, je nach dem Zustand der Reinheit des Herzens, das für die Reflexion notwendig ist. Empfänger von Offenba- rungen befinden sich nie alle auf einer Stufe, so wie auch alle Spiegel nicht gleich gut sind. Einige Spiegel sind von so hoher Qualität und so klar, dass die Abbilder von Betrachtern so vollständig erscheinen, wie sie auch sein sollten. Aber manche sind so schlecht, grob, schmut- zig und uneben, dass das Gesicht nicht klar sichtbar, sondern entstellt erscheint: sind die Lippen zu sehen, dann fehlt die Nase, ist die Nase sichtbar, dann fehlen die Augen. Dieser Qualitätsunterschied trifft auch auf die Spiegel der Herzen zu. Ein Herz, das sehr rein ist, zeigt eine klare Widerspieglung. Und in einem Herzen, das etwas getrübt ist, wird auch das Abbild getrübt erscheinen. Die größte und vollkom- menste Reinheit besitzt das Herz des Heiligen ProphetenSAW, über eine solche Reinheit verfügt gewiss kein anderes Herz.
(Tauḍīḥ-e marām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 3, S. 85-88 [Dt.Ü.: Ziele erklärt, Frankfurt am Main 2011, S. 53-57])
Aber verwunderlich ist der Verstand derer, die für den materiellen Regen, der durch die Wolken auf die Erde kommt, das Medium des Wasserdampfes für notwendig erachten, und einen Regen ohne Wol- ken sich nicht vorstellen können. Aber im Fall des Regens der Offen- barung, der sich auf reine Herzen ergießt, sehen sie die Möglichkeit von Wolken als lächerlich an; die Wolken in diesem Falle sind das Me- dium der Engel, das nach der Scharia notwendig ist. Und sie sagen: Hätte Gott die Offenbarung nicht selbst, ohne das Medium der Engel,
senden können? Sie glauben zwar, dass das Hören von Geräuschen ohne das Medium der Luft den Naturgesetzen widerspricht, sind aber in Unkenntnis über das Naturgesetz, wonach eine Art Luft die Stim- me des erhabenen Gottes zu den Herzen der Offenbarungsempfänger trägt. Sie räumen ein, dass für das Sehen mit dem materiellen Auge das Licht der Sonne notwendig ist, meinen aber, das himmlische Licht sei für die spirituellen Augen unnötig.
Nun, wo das Gesetz Gottes bekannt geworden ist, wonach dieses Universum für den Aus-sich-selbst-Seienden wie Gliedmaßen ist, und alles an seiner Stelle und zu seiner Zeit auf die Art und Weise der Glieder funktioniert, und alle göttlichen Entscheidungen durch diese Glieder in Erscheinung treten, und keine ohne ihre Vermittlung zu- stande kommt, so muss man auch wissen, dass die Vermittlung Gab- riels in der Offenbarung Gottes – die auf reine Herzen herabgesandt wird – in der islamischen Scharia für notwendig erachtet und akzep- tiert worden ist, und dass diese Vermittlung sich auch auf diese wahre Philosophie, die wir eben beschrieben haben, gründet.
Die nähere Erläuterung ist wie folgt: Gemäß dem oben beschrie- benen Naturgesetz ist für das Herabsenden der Offenbarung oder für die Verleihung der Fähigkeit, Offenbarungen zu empfangen, die Ver- mittlung eines erschaffenen Wesens erforderlich. Wie ein Gliedmaß stellt dieses Wesen seine Dienste zur Verfügung, auf dass die Offen- barungsabsicht oder die spirituelle Absicht Gottes in Erscheinung tre- ten kann, so wie es bei Seinen materiellen Vorsätzen nicht anders ist. Dieses Organ ist eben jenes, das mit anderen Worten Gabriel genannt wird, in der Tat kommt es sofort, auf die Bewegung des Erhabenen Wesens folgend, in Bewegung. Das heißt, wenn Gott, der Erhabene, sich voller Liebe einem liebenden Herzen zuwendet, dann wird Ga- briel, der eine solche Beziehung zu Gott hat, wie die Luft zum Atem oder das Licht zu den Augen, in Übereinstimmung mit dem eben be- schriebenen Gesetz aktiv. Man kann auch sagen, dass er sich parallel
zu der Bewegung Gottes ohne eigene Entscheidung und ohne den eigenen Willen bewegt, genauso wie sich der Schatten, seiner Natur gemäß, mit einem Körper mit bewegt.
Durch die Anziehung Gottes und Seine Anregung und Sein Einflö- ßen des spirituellen Lichts kommt Gabriels Licht in Bewegung, dann wird ein Abbild Gabriels, hier der Heilige Geist genannt, im Herzen des wahren Liebenden abgebildet – das Abbild wird ein Teil seiner wahren Liebe. Dann verleiht diese Kraft den Ohren Fähigkeiten, die Stimme Gottes zu hören, und wirkt auf die Augen, um sie Seine Wunder sehen zu lassen, und wird zu einer Energie, um die Zunge in Bewegung zu setzen, damit seine Offenbarungen nachgesprochen werden. Und solange diese Kraft nicht vorhanden ist, ist das Herz des Menschen blind, und seine Zunge ist wie ein Zug ohne Lokomotive. Es soll aber klar bleiben, dass diese Kraft, die Heiliger Geist genannt wird, nicht in jedem Herzen die gleiche Manifestation und die gleiche Intensität entfaltet; so wie die menschliche Liebe vollkommen oder unvollkommen sein kann, fällt der Einfluss von Gabriels Licht gemäß der Qualität seiner Liebe unterschiedlich aus.
Was die Kraft anbelangt, die vom Heiligen Geist ausgeht und die unter dem Einfluss von Gabriels Licht durch die Vereinigung der beiderseitigen Liebe entsteht, so muss auch daran erinnert werden, dass die Existenz ebendieser Kraft nicht unbedingt zur Folge haben muss, dass der Mensch die Heilige Stimme Gottes hört oder spiritu- elle Erfahrungen macht. Im Gegenteil, sie ist nur ein Mittel, um die himmlischen Segnungen zu empfangen. Mit anderen Worten, sie ist wie ein spirituelles Licht für die spirituellen Augen, und Gott gege- bene spirituelle Luft, um eine Stimme zu den spirituellen Ohren zu tragen. Es ist klar, dass solange nichts da ist, das Licht allein nichts zeigen kann und solange der Sprechende nichts sagt, die Luft allein keine Stimme zu übermitteln vermag. Also ist dieses Licht oder diese Luft nur eine helfende, himmlische Gabe für die spirituellen Sinne, so
wie für die materiellen Augen das Sonnenlicht und für die materiellen Ohren die Luft. Wenn Gott beabsichtigt, Seine Worte zu einem Seiner Offenbarungsempfänger zu senden, so wird durch Seine sprechende Bewegung in dem Licht Gabriels aus der Offenbarung eine Lichtwelle oder eine Luftschwingung oder eine Energie wird in der Zunge des Empfangenden wirksam. Durch diese Welle werden unverzüglich die Worte der Offenbarung vor den Augen des Empfangenden sichtbar oder seine Ohren hören die Stimme oder seine Zunge spricht die emp- fangenen Worte aus. Die spirituellen Sinne und das spirituelle Licht werden dem Empfänger gewährt, bevor die Offenbarung zu ihm kommt. Diese beiden Kräfte sollen ihn befähigen, die Offenbarung zu empfangen. Denn würde die Offenbarung gesandt, ohne dass das Herz des Empfängers die spirituellen Sinne besitzt oder das Licht des Heiligen Geistes das Auge des Herzens erreicht, mit welchen Augen würde er das reine Licht der Offenbarung sehen können? Deshalb werden die spirituellen Sinne vorher den Offenbarungsempfängern gewährt.
Den Lesern wird durch diese Ausführungen klar geworden sein, dass Gabriel die Offenbarung betreffend drei Aufgaben hat:
Entsteht im Mutterleib ein Mensch, aus dessen Natur der erha- bene Gott, ob Seiner unbedingten Barmherzigkeit, bei der das menschliche Tun keine Rolle spielt, eine Offenbarung empfan- gende Natur machen will, dann wirft Er auf ihn noch im Zu- stand der Leibesfrucht den Schatten des Lichts von Gabriel. Dann erlangt die Natur eines solchen Menschen von Gott eine Offenbarungsfähigkeit und er empfängt Offenbarungssinne.
Die zweite Aufgabe Gabriels liegt darin, dass, wenn die Lie-
be des Dieners unter den Schatten der Liebe Gottes kommt, sich dann durch die leitende Bewegung Gottes auch eine Be- wegung im Licht Gabriels stattfindet und er sein Licht auf das Herz des wahren Liebenden wirft. Das heißt, auf das Herz des wahren Liebenden fällt ein Licht, das in diesem Herzen eine Widerspieglung des Gabriel hervorruft. Es wirkt wie Licht oder Wind oder Energie und bleibt in dem Empfänger von Offenbarungen in Form einer Offenbarungsfähigkeit erhalten. Sie sind eine Verbindung zwischen dem Licht Gabriels und dem Herzen des Empfängers. Dies kann mit anderen Worten der Heilige Geist oder sein Abbild genannt werden.
Die dritte Aufgabe Gabriels ist es, im Falle einer göttlichen Of- fenbarung wie Wind in Bewegung zu kommen und die Offen- barung zu den Ohren des Herzens zu übertragen, oder sie als Licht vor seinen Augen sichtbar zu machen, oder als Bewe- gungsenergie die Zunge im Sinne der Offenbarungsworte in Bewegung zu setzen.
(Tauḍīḥ-e marām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 3, S. 91-94 [Dt. Ü.: Ziele erklärt, Frankfurt am Main 2011, S. 60-65])
Wenn die göttliche Liebe auf die menschliche Liebe herabkommt, dann wird durch das Zusammentreffen der beiden im Herzen des Menschen ein heller und vollkommener Schatten des Heiligen Geis- tes erschaffen. In diesem Stadium des Zusammentreffens ist das Licht des Heiligen Geistes sehr hell. Außergewöhnliche, von uns zuvor erwähnte Taten voller Macht gehen von solchen Menschen aus, weil das Licht des Heiligen Geistes stets bei ihnen zugegen ist, ihnen in- newohnt, sie nie verlässt und niemals von ihm getrennt wird. Jeden Augenblick strömt das Licht mit ihrem Atem aus ihnen heraus und fällt mit ihrem Blick auf alles und zeigt seine Helligkeit in ihren Wor- ten. Der Name dieses Lichtes ist der Heilige Geist, aber dies ist nicht
der Heilige Geist selbst, denn der Heilige Geist selbst ist im Himmel. Dieser Heilige Geist ist eine Reflexion, die in reinen Gemütern und Herzen und Gehirnen ewig zugegen ist und sie nicht einmal einen Augenblick lang verlässt. Jeder, der glaubt, dass der Heilige Geist mit allen seinen Auswirkungen jene zu irgendeiner Zeit verlässt, fußt ganz und gar auf Falschheit und verletzt mit seinen dunklen Gedan- ken die heiligen Auserwählten des allmächtigen Gottes. Es ist jedoch wahr, dass, obwohl der Heilige Geist selbst an seinem Platz verharrt, seine Reflexion, die metaphorisch der Heilige Geist genannt wird, in die Gemüter und die Herzen und Gehirne und Glieder jener Men- shen eindringt, die, nachdem sie die Stufe der Unsterblichkeit (baqā) und der Vereinigung (liqā) erreicht haben, dazu befähigt werden, dass die vollkommene Liebe des allmächtigen Gottes mit all ihren Segnun- gen auf ihre reine und unbefleckte Liebe herabkommt. Wenn jener Heilige Geist herabkommt, begründet er zu jener Person eine solche Beziehung wie die Beziehung der Seele zum Körper. Er wird zur Seh- fähigkeit und wirkt in den Augen und, sich mit der Hörfähigkeit be- kleidend, verleiht er den Ohren einen spirituellen Sinn, er wird zur Sprachfähigkeit der Zunge und zur Rechtschaffenheit des Herzens und zur Intelligenz des Gehirns und fließt durch die Hände und wirkt sich auf die Füße aus. Kurz, er beseitigt vom Körper alle Dunkelheit und erleuchtet ihn von Kopf bis Fuß. Würde er sie auch nur einen Au- genblick verlassen, so würde Dunkelheit sofort seinen Platz einneh- men. Für die vollkommenen Menschen ist er ein so guter Gefährte, dass er sie keinen Augenblick lang verlässt, und zu meinen, dass er sie verlassen könnte, würde ein Zugeständnis sein, dass sie, nachdem sie in Licht eingehen, wieder in Dunkelheit zurückfallen, und dass ihre übelgesinnten Gemüter zu ihnen zurückkehren, nachdem sie be- schützt worden sind und sicher gemacht wurden, und dass, nachdem ihnen spirituelle Sinne verliehen wurden, jene Sinne nutzlos gemacht und in der Schwebe gelassen werden...
Alles Licht und aller Trost und alle Befriedigung und aller Segen und alle Standhaftigkeit und jede spirituelle Gunst wird den Aus- erwählten durch den Heiligen Geist verliehen. So wie für den Un- gläubigen und die Bösen Satan für immer zu ihrem üblen Gefährten ernannt worden ist, damit er jeden Augenblick Dunkelheit über sie ausbreiten und sie in ihrem Stehen und Sitzen und in ihrer Bewegung und Ruhe und im Schlaf und Wachen nicht allein lassen möge, ist gleichermaßen der Heilige Geist für jene, die Gott nahe sind, ewig- lich zu einem guten Gefährten ernannt worden, damit er ständig Licht auf sie herabregnen und sie jeden Augenblick unterstützen und nie verlassen möge.
Es ist offensichtlich, dass es erforderlich ist, dass im Gegensatz zum üblen Gefährten, welcher der Diener und Kamerad der Bösen ist, der gute Gefährte jenen, die Gott nahe sind, ständig Gesell- schaft leisten sollte; und der Heilige Qur‘an bestätigt dies. Unsere Gegner bilden sich jedoch ein und behaupten, dass der Heilige Geist der Name von Gabriel ist, der manchmal vom Himmel herabkommt und mit den Auserwählten in engem Kontakt steht, so sehr, dass er in ihre Herzen eingeht, sie manches Mal alleine lässt und sich von ihnen trennt und in eine unermessliche Entfernung in den Himmel aufsteigt und sich, von den Auserwählten ganz und gar trennend, an seinem Platz verbirgt. Dann wird ihnen das Licht und der Segen, wel- che ihre Herzen und Gehirne und selbst ihr Haar zur Zeit seines He- rabkommens durchdringt, gänzlich entzogen. Wenn das der Fall sein sollte, würde dem nicht folgen, dass jene Auserwählten nach dem Fortgang des Heiligen Geistes wieder von Dunkelheit umgeben sein würden und, anstatt dem Einfluss des guten Gefährten ausgesetzt zu sein, dem Einfluss des üblen Gefährten ausgesetzt wären?
Nun habt die Gottesfurcht im Sinn und überlegt, ob es mit dem Respekt und dem Glauben und der Einsicht und der Liebe zum Heiligen ProphetenSAW vereinbar ist, sich vorzustellen, dass er die-
sem fehlerhaften Zustand ausgesetzt war, dass der Heilige Geist ihn tagelang verließ und das heilige Licht, das die Widerspiegelung des Heiligen Geistes ist, ihm während solcher Zeiten entzogen wurden. Ist es nicht Ironie, dass die Christen fest daran glauben sollen, dass der Heilige Geist Jesus von dem Augenblick an, da er auf ihn herab- kam, nie verließ und dass er jeden Augenblick vom Heiligen Geist so sehr unterstützt wurde, dass jener ihn nicht einmal im Schlaf verließ, und dass der Heilige Geist nie, Jesus allein und verlassen zurücklas- send, zum Himmel aufstieg, und dass sein Licht ihn nicht einen Au- genblick lang verließ; und dass die Muslime glauben sollen, dass sich der Heilige Geist sich manches Mal vom Heiligen ProphetenSAW trennte.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 72-75)
Man mag sich wundern, was die Bedeutung des Herabkommens von Engeln ist? Es ist die Praxis Allahs, dass, wenn ein Gesandter oder Prophet oder ein muḥaddaṯ für die Reformation eines Volkes vom Himmel herabkommt, dann solche Engel mit ihm herabkommen, die eifrigen Herzen Führung geben und sie zum Gutem lenken, und sie fahren fort mit ihrem Herabkommen, bis die Dunkelheit des Unglau- bens und der Irreführung beseitigt ist und die Morgendämmerung des Glaubens und der Rechtschaffenheit erscheint. So wie Allah, der Glorreiche, sagt:
66 رِ جۡ فَ ۡلا عِ َلطۡ م
یتّٰ ح
یَ ھِ ۟ۛمٌ ٰلسَ ۔ۙرٍ مۡ َا لِّ ُک ن
مۚمۡ ِہِّبرَ نِ ذۡ اِ ِباہَ یۡ فِ ح
وۡ رّ لاوَ ةک
ئِ ٰٓلمَ ۡلالُ زَّ َنَت
66 „In ihr steigen die Engel herab und der Geist nach dem Gebot ihres Herrn – mit jeder Sache. Friede währt bis zum Anbruch der Morgenröte.“ (Al-Qadr, 97:5-6; Anm. d. Ü.)
Somit findet das Herabkommen von Engeln und vom Heiligen Geist aus dem Himmel dann statt, wenn eine große, mit der Robe des Khilafat bekleidete und mit dem Wort Gottes beehrte Persönlichkeit auf die Erde herabsteigt. Einem Solchen wird der Heilige Geist besonders gewährt und die ihn begleitenden Engel kommen herab auf die eifrigen Herzen der ganzen Welt. Dann fällt überall dort, wo Menschen im Besitz einer angemessenen Aufnahmefähigkeit angefunden werden, die Reflexion jenes Lichtes auf sie herab und ein Leuchten verbreitet sich über das gesamte Universum. Durch den heiligen Einfluss der Engel kommen in den Herzen gute Gedanken auf und die Einheit Gottes wird liebgewonen. Ein Geist der Wahrheitsliebe und der Suche nach Wahrheit wird den Herzen, die ehrlich sind, eingehaucht und die Schwachen werden gestärkt und ein Wind beginnt zu wehen, der dem Zweck und Ziel jenes Reformers behilflich ist. Auf das Drängen einer verborgenen Hand hin, beginnen die Menschen sich dem Guten hinzuwenden und in den Nationen kommt Bewegung auf. Dann bilden sich die Unwissenden ein, dass die Ideen der Welt von selbst den Weg in Richtung Wahrheit eingeschlagen haben, wobei es in Wirklichkeit das Wirken von Engeln ist, die mit Gottes Khalifa vom Himmel herabkommen und außergewöhnliche Kräfte für die Annahme und das Verstehen der Wahrheit verleihen. Sie wecken jene, die schlafen, und warnen jene, die unachtsam sind, und öffnen die Ohren der Tauben und hauchen den Toten den Lebensgeist ein und ziehen jene heraus, die in den Gräbern sind. Dann beginnen die Menschen plötzlich, ihre Augen zu öffnen, und ihre Herzen beginnen, jene Dinge wahrzunehmen, die zuvor verborgen waren.
Diese Engel sind nichts dem Khalifa Gottes Gesondertes. Sie sind
das Licht Seines Angesichts und die strahlenden Zeichen Seiner Ent- schlossenheit, die durch ihre Anziehungskraft jeden anziehen, der im Einklang mit ihnen ist, ob physisch nah oder weit entfernt, ob bekannt oder ein Fremder, der in Unkenntnis ist hinsichtlich des Namens des
Khalifa. Welche Bewegung zum Guten zu jener Zeit auch stattfindet, und welcher Eifer für die Annahme der Wahrheit, ob in den Völkern Asiens oder Europas oder Amerikas, auch immer erzeugt wird, er wird durch das Drängen der Engel, die mit Gottes Khalifa herabkom- men, kundgetan. Dies ist das göttliche Gesetz, das sich nie ändert und das leicht zu verstehen ist.
(Fatḥ-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 3, S. 12-13, Fußnote)
Dieser Demütige weiß aus eigener Erfahrung, dass die Heiligkeit des Heiligen Geistes ohne Unterlass in allen Fähigkeiten des Emp- fängers von Offenbarung wirkt und dass er sich ohne den Einfluss der Heiligkeit des Heiligen Geistes nicht einen Augenblick vor Un- reinheiten schützen kann. Der Grund für das andauernde Licht, für die Standhaftigkeit, Liebe, Sündlosigkeit und für die Segnungen ist, dass der Heilige Geist immer und zu jeder Zeit bei ihm ist. Wie kann man also hinsichtlich des Heiligen ProphetenSAW meinen, dass er zu irgendeiner Zeit ohne diese Segnungen und ohne diese Reinheit und dieses Licht belassen wurde.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 93-94, Fußnote)
Es ist bemerkenswert, dass diese Maulavīs Hadhrat JesusAS in al- lem emporgehoben und unseren Herrn und Meister, den Heiligen ProphetenSAW, beleidigt haben. Es ist bedauerlich, dass sie in Bezug auf Hadhrat JesusAS glauben, dass der Heilige Geist ihn nie verließ und er frei von der Berührung Satans war und diese beiden Charak- teristiken ihm eigen waren, während ihr Glaube hinsichtlich des Hei- ligen ProphetenSAW ist, dass weder der Heilige Geist ständig bei ihm war, noch er frei war (Gott behüte uns) von der Berührung Satans. Trotz solcher Auffassungen werden sie Muslime genannt. Sie meinen,
dass unser Herr und Meister Muhammad, der Erwählte, Frieden sei auf ihm, tot ist, Hadhrat JesusAS aber noch lebt, und dass der Heili- ge Geist ein ständiger Gefährte Hadhrat JesuAS ist, diese Freigebig- keit (Gott behüte uns) dem Heiligen ProphetenSAW jedoch entzogen ist, und dass Hadhrat JesusAS vor der Berührung Satans geschützt ist, der Heilige ProphetSAW aber nicht. Wer kann den Schaden abschätzen, der dem Islam in diesem Zeitalter von Leuten mit solchen Ansichten zugefügt wird? Sie sind geheime Feinde des Heiligen ProphetenSAW und jeder Muslim und wahrer Liebender des Heiligen ProphetenSAW sollte sie meiden.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 110-111)
Desgleichen ist der Fall bei einem vermutlichen Irrtum eines Pro- pheten. Der Heilige Geist verlässt einen Propheten nie, manches Mal jedoch ergreift Gott, der Allmächtige, für Seine Eigenen Zwecke Be- sitz von der Intelligenz und Wahrnehmung eines Propheten, und in einem solchen Zustand gerät irgendein Wort oder eine Handlung in Vergessenheit oder ein Irrtum kommt zum Vorschein, während dann der göttliche Plan ersichtlich wird. Der Strom der Offenbarung fließt dann heftig und der Irrtum wird so ausgelöscht, als hätte es ihn nie gegeben. Jesus begab sich zu einem Feigenbaum, um dessen Früchte zu essen, und obwohl er vom Heiligen Geist begleitet war, warnte jener ihn nicht, dass der Baum zu jener Zeit keine Früchte trug. Es muss jedoch verstanden werden, dass das, was selten ist, so ist, als existierte es nicht. In einer Millionen Worte und Handlungen unseres Herrn und Meisters Muhammad, des ErwähltenSAW, sieht man eine klare Manifestation des Göttlichen und das helle Licht des Heiligen Geists ist in all seinen Bewegungen, Worten und Handlungen zu se- hen. Von welcher Bedeutung ist es also, wenn seine Menschlichkeit in
ein oder zwei Dingen gezeigt wird. Es war in der Tat notwendig, dass dies manchmal geschieht, damit sein Menschsein bestätigt und die Menschen sich nicht im Shirk67 verstricken.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 115-116)
Hier enstehen einige Einwende, die beseitigt werden müssen und davon ist eines:
Es wird gefragt, wie der Heilige Geist denn jeden beschützen kann, wenn er nur jenen von Gott Begünstigten gewährt wird, die auf der Stufe des Überlebens (baqā) und der Vereinigung (liqā) gelangen? Die Antwort ist, dass das vollkommene Herabkommen des Heiligen Geistes auf die von Gottes Begünstigten stattfindet, seine allgemeine Unterstützung aber auch von anderen, gemäß dem Maß ihrer Liebe und Aufrichtigkeit, genossen wird. Die erhabenere Manifestation des Heiligen Geistes findet statt, wenn die göttliche Liebe auf der Stufe des Überlebens und der Vereinigung auf die menschliche Liebe herabkommt und das Zusammentreffen von beiden jene Manifesta- tion des Heiligen Geistes erzeugt, mit der verglichen andere Mani- festationen wie nichts sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass andere Manifestationen überhaupt nicht stattfinden. Gott, der Allmächtige, lässt nicht einmal ein Teilchen aufrichtiger Liebe vergeudet werden, und wenn Seine Liebe auf die Liebe des Menschen herabkommt, er- scheint der Heilige Geist im selben Maß. Es ist ein festes göttliches Gesetz, dass die göttliche Liebe gemäß dem Maß der Liebe eines je- den herabkommt, und dass dann, wenn der Fluss der menschlichen Liebe fließt, ein Fluss der Liebe herabkommt, und dass dann, wenn
67 Gleichstellung anderer mit Gott. (Anm. d. Ü.)
die beiden Flüsse zusammentreffen, ein erhabenes Licht erzeugt wird, das in unserem Sprachgebrauch der Heilige Geist genannt wird. Ihr werdet feststellen, dass Wasser in einem Krug nicht süß schmecken wird, wenn ein Teelöffel Zucker hineingetan wird, dass aber nicht ge- sagt werden kann, es sei ihm kein Zucker beigemengt worden. Dies ist beim Heiligen Geist der Fall, der auf mangelhafte Menschen auf mangelhafte Weise herabkommt. Sein Herabkommen kann nicht be- zweifelt werden, denn im Sinn der geringsten Person wird durch den Heiligen Geist die Idee des Guten erzeugt. Manchmal hat auch ein schlimmer Übeltäter einen wahren Traum und das ist, wie durch den Heiligen Qur‘an und den wahren Ahadith bewiesen, die Wirkung des Heiligen Geistes. Aber verglichen mit seiner erhabenen Beziehung zu den Heiligen und Geliebten Gottes beläuft sich dies auf nichts und ist so, als würde es nicht existieren.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 77-80, Fußnote)
Zu fragen, warum Engel nicht sichtbar sind, ist eine unnütze Spe- kulation. So wie Gott, der Allmächtige, sind auch die Engel unsicht- bare Wesen. Wie können sie unseren physischen Augen auch sichtbar sein? Ist der allmächtige Gott, dessen Existenz von eben diesen Philo- sophen bestätigt wird, mit physischen Augen sichtbar? Es ist jedoch nicht wahr, dass Engel keineswegs gesehen werden können. Jene mit Einsicht sehen Engel in ihren Visionen, die sie sehr oft in einem Zu- stand des Wachseins erleben, mit ihren spirituellen Augen. Sie spre- chen mit den Engeln und lernen viele Dinge von ihnen. Ich rufe Gott zum Zeugen dafür an, dass ich die Wahrheit spreche, wenn ich sage, dass ich bei vielen Gelegenheiten Engel gesehen und viele Dinge von ihnen gelernt habe und mir vergangene und zukünftige Ereignisse
berichtet wurden, die sich als Tatsachen erweisen. Wie kann ich also sagen, dass Engel nicht sichtbar sind? Sie sind ohne Zweifel sichtbar – nur mit anderen Augen. So, wie solche Menschen über diese Din- ge lachen, weinen jene mit Einsicht über ihren Zustand. Würden sie mir Gesellschaft leisten, könnten sie durch Visionen zufrieden gestellt werden, doch das Problem ist, dass sie an Hochmut leiden, der ihnen nicht gestattet, als Wahrheitssucher demütig herzukommen.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 181-183, Fußnote)
Eine der Fragen, die erhoben werden, lautet: Warum benötigt Gott, der Allmächtige, Engel, um Seine Pläne zum Wirken zu bringen? Ist Sein Königreich, wie menschliche Regierungen, abhängig von Seinen Angestellten und benötigt Er Armeen, wie sie es tun?
Die Antwort ist, dass der Gott, der Allmächtige, weder Engel noch Sonne oder Mond oder Sterne benötigt, aber wünscht, dass Seine Kräfte durch die Vermittlung von Mitteln zur Schau gestellt werden, so dass dadurch bei den Menschen Weisheit und Wissen Verbreitung finden. Hätte es keine Vermittlung durch Mittel gegeben, so würde es weder Astronomie noch Physik oder Medizin oder Botanik gegeben haben. Es ist der Gebrauch von Mitteln, der zu diesen Wissenschaften führte. Wenn ihr nachdenkt, werdet ihr feststellen, dass, falls es ir- gendeinen Einwand gegen die Beschäftigung von Engeln gibt, dersel- be auch für das Dienstbarmachen von Sonne und Mond und Sternen und Pflanzen und Mineralien und Elementen gilt. Ein jeder mit Ein- sicht weiß, dass jedes Teilchen im Einklang mit dem Göttlichen Ent- wurf wirkt, und dass ein Wassertropfen, der in uns hineingeht, ohne Geheiß Gottes keine günstige oder ungünstige Wirkung auf unseren Körper ausüben kann. Somit sind alle Teilchen und Himmelskörper
tatsächlich Arten von Engeln, die Tag und Nacht im Dienst sind; ei- nige dienen dem menschlichen Körper und andere der menschlichen Seele. Der Allweise, Der die Vermittlung von Mitteln für die physi- sche Entwicklung des Menschen erwählte und viele physische Me- dien erschuf, um den menschlichen Körper auf verschiedene Weise zu beeinflussen, Derselbe ohne Partner, Dessen Werke Einheit und Symmetrie besitzen, beschloss, dass die spirituelle Entwicklung des Menschen auch dem System folgt, das für seine physische Entwick- lung adaptiert wurde, damit die zwei Systeme, das äußere und das innere, und das physische und das spirituelle, durch ihre Einheit und Symmetrie auf den Einen Schöpfer, Der alles durch Seinen Willen reguliert, hinweisen.
Dies ist der Grund, warum Engel als Medien für die spirituelle und physische Entwicklung des Menschen ernannt wurden. Alle die- se Medien stehen unter der Kontrolle Gottes, dem Allmächtigen, wie eine Maschine, die durch Seine Heilige Hand in Betrieb ist. Sie haben weder einen eigenen Willen noch üben sie irgendwelche Macht aus. So wie die Luft unseren Körper auf Göttliches Geheiß beeinflusst und ihn auf Sein Geheiß verlässt, desgleichen ist der Fall bei Engeln.
68 نَ وۡ رُ َمؤۡ ُی امنَ وۡ لُ عَ فۡ َی
Es ist bedauernswert, dass Pandit Dayanand einen Einwand ge- gen das System der Engel erhob. Ich wünschte, er hätte Wissen von Gottes physischen und spirituellen Systemen, so dass er, anstatt Ein- wände zu erheben, von den Vortrefflichkeiten der Lehren des Qur‘an, die ein korrektes und wahres Bild des Naturgesetzes darbieten, über- zeugt worden wäre.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 85-88, Fußnote)
68 „Sie tun das, was ihnen geheißen wird.“ (An-Naḥl, 16:51; Anm. d. Ü.)
Es wird gefragt, wie es käme, dass unsere Pläne erfolgreich seien und gemäß unserem Willen durch unsere Projekte und Pläne beendet werden, wenn Engel die Regulierer und Verteiler sind? Die Antwort ist, dass unsere Projekte und Pläne nicht unabhängig sind von der Ver- mittlung durch Engeln und ihren Vorschlägen und Offenbarungen. Die Funktionen, die die Engel auf Geheiß des Allmächtigen ausüben, üben sie durch Menschen aus, die der Annahme von Vorschlägen von Engeln von Natur aus zugeneigt sind. Wenn Engel zum Beispiel auf Geheiß Gottes Regen auf ein Feld oder ein Dorf oder Land herabzu- bringen wünschen, können sie weder selbst zu Wasser werden noch die Funktion von Wasser durch Feuer ausüben lassen, sondern sie führen die Wolken zu dem Ziel und lassen, zu Regulierern werdend, Regen in Übereinstimmung mit der dafür bestimmten Menge und Grenze herabkommen. Die Wolken besitzen alle Fähigkeiten, die in einem leblosen Ding ohne Willen und Intelligenz möglich sind und mit dem Zustand und der Eigenschaft ihrer Elemente übereinstim- men. Die Funktion von Engeln ist die Verteilung und Regulierung. Darum werden sie Verteiler und Regulierer genannt. Die von den Engeln übermittelte Anregung und Offenbarung ist im Einklang mit dem Wesen der betreffenden Person. Die Offenbarung, die sie Gottes Auserwählten mitteilen, können sie anderen nicht mitteilen.
Jedermann empfängt die Gnade der Eingebung durch Engel ge-
mäß seiner Aufnahmefähigkeit. Die Hilfe von Engeln wird im Hin- blick auf die Kunst oder Wissenschaft, der man zugeneigt ist, erhal- ten. Wenn es zum Beispiel der göttliche Plan ist, dass die Verstopfung von jemand durch ein Medikament überwunden werden möge, so schlägt ein Engel dem Arzt das Medikament vor, dass ihm verabreicht werden sollte. Der Arzt verschreibt das Medikament und mit Hilfe der Engel nimmt das System des Patienten es an und stößt es nicht
ab, und die Engel beeinflussen die Wirkung der Medizin und schaf- fen eine Reaktion im Körper und der unerwünschte Eiter wird auf Geheiß Gottes vom Körper ausgestoßen. Durch Seine äußerst erha- bene Weisheit und vollkommene Macht lässt der Gott, der Allmäch- tige, das System äußerer Künste und Wissenschaften nicht vergeudet werden und lässt Seine göttliche Herrschaft und Seinen Besitz nicht in der Schwebe. Hätte der Allmächtige diese in Einzelheiten gehende Kontrolle über die Zustände Seiner Schöpfung und ihres Fortbestands und ihrer Vernichtung nicht besessen, so wäre Er weder Gott gewesen noch wäre Seine Einheit begründet. Es ist jedoch wahr, dass Gott, der Allmächtige, nicht gewünscht hat, dass diese Geheimnisse alle offen- sichtlich und den Augen der Welt sichtbar werden, denn wenn sie offensichtlich gewesen wären, wäre es kein Verdienst gewesen, an sie zu glauben.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 185-188, Fußnote)
Es wird gefragt, warum man Sünden begeht und in Unglauben und Ungehorsam und Vergehen verwickelt wird, wenn der Heilige Geist dazu ernannt ist, einen von üblem Verhalten zurückzuhalten? Die Antwort ist, dass der Allmächtige zum Zwecke der Prüfung des Menschen zwei spirituelle Rufer ernannt hat; einen, der zum Guten aufruft, dessen Name der Heilige Geist ist, und der andere, der zum Bösen aufruft, dessen Name Iblis und Satan ist. Diese zwei Rufer ru- fen nur zum Guten oder Bösen, üben aber keinen Zwang aus, wie in diesem Vers angezeigt:
69 Aṣ-Ṣams, 91:9. (Anm. d. Ü.)
69 اہىوٰ قۡ َتوَ اھَ رَ وۡ ُجُفاہَ مَ ہَ ۡلَاَف
Dies bedeutet, dass Gott das Falsche und das Richtige offenbarte. Das Mittel der Offenbarung des Falschen ist Satan, welcher üble
Vorschläge macht, und das Mittel der Offenbarung des Rechten ist der Heilige Geist, der reine Gedanken in das Herz eingibt. Da Gott, der Allmächtige, die Ursache der Ursachen ist, hat Er diese beiden Arten der Offenbarung Sich Selbst zugeschrieben, weil das ganze System von Ihm stammt. Welche Macht würde Satan sonst haben, um dem Herzen eines Menschen üble Vorschläge zu unterbreiten, und welche Macht würde der Heilige Geist haben, um irgendjemand auf dem Pfad der Rechtschaffenheit zu führen?
Unsere Gegner, die Aryas, die Brahmos und die Christen erheben aufgrund ihrer Kurzsichtigkeit einen Einwand gegen die Lehren des Heiligen Qur‘an. Jenem zufolge soll Gott, der Allmächtige, Selbst Sa- tan auf die Menschen angesetzt haben und die Menschheit somit ir- rezuführen wünscht, aber dies ist ein Irrtum. Sie sollten wissen, dass der Heilige Qur‘an nicht lehrt, dass Satan Zwang ausüben kann, um irgendjemand irrezuführen. Noch wird gelehrt, dass Satan nur er- nannt worden ist, um zum Bösen aufzurufen. Die Lehre ist, dass dies eine Prüfung und ein Test ist. Dem Menschen ist sowohl der Kontakt mit Engel als auch der mit Iblis gewährt worden – einer, der zum Guten aufruft, und der andere, der zum Bösem aufruft, so dass der Mensch, mit dieser Prüfung konfrontiert, sich einen Lohn erwerben oder der Strafe ausgesetzt werden kann. Würde nur für eine Art von Mittel gesorgt worden sein – wenn zum Beispiel alle äußerlichen und innerlichen Emotionen einen nur zum Guten hingezogen hätten oder sein Wesen ein solches gewesen wäre, dass er nichts als Gutes hätte tun können –, dann gäbe es insofern keinen Grund, ihm seinen guten Handlungen gemäß irgendein Rang der Nähe zu Gott anzuerkennen, als er nichts als Gutes hätte tun können und der Wunsch nach Üblem
von Anfang an aus seinem Wesen getilgt wäre. Mit welchem Recht könnte er in solche einem Fall einen Verdienst für das Vermeiden von Bösem erworben haben? Wenn zum Beispiel einer, der von Anfang an der sexuellen Potenz entbehrt und keine Begierde hinsichtlich Frau- en hat, beanspruchen würde, dass er eine gewisse Zeit in der Gesell- schaft schöner junger Frauen verbrachte, aber so fromm wäre, dass er sie nicht ein einziges Mal mit Begierde anblickte und die ganze Zeit Gottesfurcht hatte, so besteht kein Zweifel daran, dass er von allen ausgelacht würde und man ihn fragte, wann er denn die Kraft beses- sen hätte, aufgrund der Zurückhaltung ebenjener er stolz auf sich sein oder auf Verdienst hoffen könnte.
Man sollte erkennen, dass in seinen elementaren und in seinen Zwischenzuständen jede Hoffnung auf Verdienst seitens eines Su- chenden durch entgegengesetzte Emotionen erzeugt wird, und falls sein Wesen in jenen Phasen ein solches wäre, dass er kein Vergehen begehen kann, dann kann er auch keinen Verdienst erwerben. Zum Beispiel erzeugen unsere Systeme nicht, wie Skorpione und Schlan- gen, eine Art von Gift, durch das wir, wie Skorpione und Schlangen, irgendjemanden verletzen könnten. Darum können wir in der Schät- zung Allahs dadurch keinen Verdienst erwerben, dass wir uns davon zurückhalten, derartige Verletzungen zu verursachen.
Dies zeigt, dass entgegengesetzte Gefühle, die einen zum Verge- hen hinziehen, der Grund sind für den Lohn, denn wenn einer sol- che Gefühle aus Gottesfurcht ablegt, dann wird er in der Schätzung Gottes lobenswert und gewinnt Sein Wohlgefallen. Derjenige, der das höchste Maß an Tugend erreicht und frei von allen widersprüchlichen Gefühlen ist, als wäre sein Satan zu einem Muslim geworden, würde dennoch einen Lohn verdienen, denn er hat alle Stufen der Prüfung mit großem Mut gemeistert. Eine rechtschaffene Person, die in ihrer
Jugend viele große Werke vollbracht hat, erhält selbst in ihrem Alter einen Lohn dafür.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 80-85, Fußnote)
Einige törichte Menschen erheben einen Einwand hinsichtlich der Existenz von Satan, als ob Gott Selbst gewünscht hätte, die Menschen in die Irre zu führen. Das ist nicht so. Jede intelligente Person kann verstehen, dass jedermann zwei Potentiale besitzt, das eine wird die Berührung von Satan und das andere die Berührung von Engeln ge- nannt. Das heißt, das menschliche Wesen zeigt, dass manchmal durch unbekannte Mittel im Sinn eines Menschen ein guter Gedanke erzeugt wird und sein Herz sich guten Werken zuneigt und dass manchmal ein übler Gedanke in seinem Sinn aufkommt und er zu Vergehen und Bosheit und Falschem und Übel neigt. Jene Kraft, die die Quelle üb- ler Gedanken ist, ist der qur‘anischen Lehre zufolge Satan, und jene Kraft, die die Quelle guter Gedanken ist, ist ein Engel.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 435)
Wenn gefragt wird, warum Satan ungehorsam gegen Gott ist, obwohl er an Seine Existenz und Einheit glaubt, so ist die Antwort darauf, dass sein Ungehorsam nicht wie der Ungehorsam des Menschen ist, sondern dass er zur Prüfung des Menschen so erschaffen wurde. Dies ist ein Geheimnis, dessen Einzelheiten dem Menschen nicht enthüllt worden sind. Es ist die Eigenschaft des Menschen, dass er zumeist rechtgeleitet wird durch das Erlangen von Wissen über den Allmächtigen, so wie es im Heiligen Qur‘an heißt:
70 اؤُ مٰٓ َلعُ ۡلا ہِ دابَ ع
نمهَ ّللایش
خۡ یَ امَ َّنا
70 „Von den Dienern Allahs sind es jene, die Wissen haben, die Ihn fürchten.“ (Fāṭir,
35:29; Anm. d. Ü.)
aber jene satanischen Charakters sind von dieser Regel ausgenommen.
(Ḥaqīqatu l-waḥyī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 22, S. 122, Fußnote)
Wir haben schon erklärt, dass der Besitzer der höchsten Vollkom- menheit, dessen Wesen sich auf der höchsten Position der Schöp- fungsreihe befindet, der Heilige ProphetSAW ist, und dass das im Ge- gensatz zu ihm geringste Wesen, das sich auf der niedrigsten Position befindet, Satan genannt wird. Das Wesen von Satan ist nicht sichtbar und wahrnehmbar, aber, dieses System der Schöpfungsreihe betrach- tend, müssen wir eingestehen, dass es, da es auf der höchsten Position der Erhebung ein Wesen gibt, das das Gute personifiziert und als ein Führer zum Guten auf der Welt erschien, im Gegensatz dazu auf der niedrigsten Position ein Wesen geben sollte, das zum Bösen anregt und hinzieht. Aus diesem Grunde wird im Innern der Herzen von allen die Wirkung dieser beiden Dinge angefunden. Die heilige Wir- kung von Muhammad, dem Auserwählten, dem reinen WesenSAW, der auch der Geist der Wahrheit und des Lichts genannt wird, ruft jedes Herz durch heilige Gefühle und innere Aufmerksamkeit zum Guten und zur Tugend. Gemäß dem Grad, zu dem man eine Liebe und Be- ziehung zu ihm entwickelt, wird einem die Befähigung zum Glauben verliehen und Licht verbreitet sich in seinem Herzen, so dass er seine Farbe annimmt und all jene Vortrefflichkeiten, die jenem eigen sind, durch Reflexion erlangt. Der Einfluss des zum Bösen anregenden We- sens, also Satan, dessen Stellung die niedrigste Position ist, zieht je- den, dessen Herz irgendeine Beziehung zu ihm hat, zum Schirk hin. Gemäß dem Maß, bis zu dem man eine Beziehung zu ihm begründet, verändert sich sein Denken in Richtung Unglauben und Bosheit, so dass er, wenn er eine vollkommene Ähnlichkeit mit ihm entwickelt,
dessen Farbe annimmt und gänzlich zu einem Satan wird und alle Fa- cetten der zu Satan gehörenden Bosheit erlangt. Auf dieselbe Art und Weise werden die Freunde des Raḥmān und die Freunde von Satan gemäß ihrer Beziehung in verschiedene Richtungen gezogen.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 248-251, Fußnote)
Ich sage es in Wahrhaftigkeit, wenn das Weinen vor Gott, dem Allmächtigen, in äußerster Demut geschieht, dann bewegt dies Sei- ne Gnade und Barmherzigkeit und zieht sie (hin zum Betenden). Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung sagen, dass ich die Gnade und Barmherzigkeit Gottes empfunden und gesehen habe, die in der Form der Erhörung des Gebets sich mir zuwandte. Fürwahr, ich sollte lieber sagen, dass ich sie eigentlich gesehen habe. Auch wenn die mit dunk- ler Gesinnung versehenen Philosophen dieses Zeitalters sie nicht empfinden oder sehen können, so kann diese Wahrheit nicht aus der Welt verschwinden, vor allem deswegen nicht, weil ich jederzeit be- reit bin, die Erhörung des Gebets zu beweisen.
(Malfūẓāt, Bd. I, S. 198)
O Gefangener deines eigenen Verstandes, ziere dich deiner Person nicht
Denn dieser Himmel voller Wunder hat viele deinesgleichens erschaffen
Wer von Gott entfremdet ist, begeht niemals den Hof des Wahren Nur wer vom Himmel gesandt ist, wird in die Geheimnisse jenes Freundes
eingeweiht
Närrisch ist es zu denken, dass man die Geheimnisse des Qur’ans selbst ohne Hilfe ergründen kann
Wer aus sich ihn auslegt, legte ihn unrein und besudelt aus
Herr Sayyed Ahmad legt in seiner o.g. Schrift seine An- sicht über das Gebet wie folgt dar:
Das Erhören des Gebetes bedeutet nicht, dass man erhält, worum gebetet wird. Denn versteht man unter Erhörung des Ge- betes, dass dem Bittgesuche auf jeden Fall stattgegeben wird, so entstehen zwei Schwierigkeiten. Erstens, tausende Gebete werden mit größter Demut und innerer Aufruhr verrichtet, doch die Bitte wird nicht angenommen. Dies wiederum würde bedeuten, dass das Gebet nicht erhört wurde, wohingegen Gott das Erhören des Gebetes versprochen hat.
Zweitens, Dinge, die geschehen werden, sind vorbestimmt. Und Dinge, die nicht geschehen werden, sind ebenfalls vorbe- stimmt. Nichts kann wider diesen Vorbestimmungen geschehen. Wenn man also unter Erhörung des Gebetes das Erhören der Bitte versteht, dann trifft das Versprechen Gottes
71 مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ ع
دۡ ُا
71 „Ruft Mich an, Ich werde euch antworten.“ (Al-Muʾmin, 40:61; Anm. d. Ü.)
auf jene Bitten nicht zu, deren Erhörung nicht vorbestimmt ist. Das heißt, aus der Sicht dieser Bedeutung wird dieses allgemeine Versprechen der Erhörung des Gebetes nichtig sein, denn nur je- ner Teil der Bitten wird erhört, deren Erhörung vorbestimmt ist. Und doch ist das Versprechen der Erhörung des Gebetes ein all- gemeines Versprechen, worin keine Ausnahme besteht. Einerseits zeigen einige Verse, dass solche Bitten niemals erhört werden, de- ren Erhörung nicht vorbestimmt ist, andererseits bezeugen ande- re Verse, dass kein Gebet zurückgewiesen wird und alle Gebete angenommen werden. Und nicht nur dies, denn es ist ebenfalls bewiesen, dass Gott – wie durch den Vers
72 مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ ع
دۡ ُا
klar ersichtlich ist – das Erhören aller Gebete gar versprochen hat. Den offensichtlichen Widerspruch und Konflikt dieser Verse kann man nur aufheben, wenn man annimmt, dass das Bittgesuch eine Art des Gottesdienstes ist. Und wenn dieser von Herzen und mit Demut und Erniedrigung verrichtet wird, so hat Allah, der Allmächtige, diesen anzunehmen versprochen. Demnach ist die Wirklichkeit der Erhörung des Gebetes lediglich, dass das Bitt- gesuch als Gottesdienst gilt und somit Belohnung zur Folge hat. Wenn jedoch das Erhalten einer Sache vorbestimmt ist und man zufällig auch noch dafür betet, dann erhält man jene Sache, jedoch nicht aufgrund des Betens, sondern weil der Erhalt jener Sache vorgeschrieben war. Ein großer Nutzen des Gebetes liegt auch da- rin, dass, wenn man sich beim Beten auf den Gedanken an Gottes Größe und Seine Allmacht konzentriert, so wird jener Gedanke wirksam und bewältigt alle anderen Gedanken, die Unruhe her- vorrufen. Und der Mensch erhält Geduld und Standhaftigkeit. Das Entstehen solchen Zustandes im Herzen ist die notwendige
72 Ebenso.
Konsequenz des Gebetes und dies ist auch das Erhörtwerden des Gebetes.
Am Ende seiner Abhandlung schreibt Herr Sayyed Ahmad, dass Menschen, die unwissend bezüglich der Wirklichkeit des Ge- betes sind und die Weisheit darin nicht kennen, anführen mögen, worin der Nutzen des Gebetes bestehe, wenn doch deutlich fest- steht, dass das, was nicht vorbestimmt ist, niemals eintreten wird. Das heißt also, dass man das Vorbestimmte auf jeden Fall erhalten wird, unabhängig davon, ob man darum bittet oder nicht. Und wenn etwas nicht vorgesehen ist, so kann man tausendfach dar- um beten, doch hat es keinen Nutzen. Also ist das Beten um eine Sache eine Sinnlosigkeit. Als Antwort hierauf führt Herr Sayyed aus, dass es in der Natur des Menschen liegt, dass er bei Unru- he Hilfe erhofft. Also betet der Mensch aufgrund dieser Eigenart seiner Natur, ungeachtet der Tatsache, ob es (sein Erbetetes) ein- treten oder nicht eintreten wird. Und eben seiner Natur gerecht werdend, wird er aufgefordert, dass er von Gott erbitten solle, was auch immer er erbitten möchte.
Diese Schrift, die wir oben zusammengefasst haben, beweist, dass Herr Sayyed den Glauben hat, dass das Gebet nicht ein Mittel zur Erlangung des Zieles sein kann. Noch hat es irgendeinen Einfluss auf den Erhalt des Erwünschten. Wenn der Betende mit dem Gebet nur zum Ziel hat, durch das Gebet sein Bittgesuch zu erhalten, so ist dieser Gedanke unnütz. Denn jene Sache, die vorbestimmt ist, bedarf des Gebetes nicht. Und bezüglich der Sache, die nicht vorbestimmt ist, ist das Klagen und Bitten ohne Nutzen. Diese Ausführungen machen somit deutlich, dass Herr Sayyed glaubt, dass das Gebet lediglich als Gottesdienst Geltung hat und es als Mittel zur Erlangung weltlicher Ziele zu erklären, eine bodenlose Begierde ist.
Nun sei es deutlich, dass Herr Sayyed im Verstehen der Verse des Qur’ans sehr irregeführt ist. Doch werde ich seinen Irrtum, so Gott will, zum Ende dieser Abhandlung erläutern. Derzeit muss ich mit Bedauern sagen, dass falls Herr Sayyed nicht das Verständnis zur Er- fassung der Bedeutung des Qur’ans besaß, man sich fragen muss, ob er denn etwa beim Verfassen dieser Schrift auch das Naturgesetz nicht vor Augen gehabt hat, welchem zu folgen er sich rühmt und welches er zur Grundlage für die Auslegung der praktischen Anweisungen Gottes und der verhüllten Geheimnisse des Heiligen Qur’ans erklärt hat?
Weiß Herr Sayyed denn etwa nicht, dass obwohl alles Gute und Böse der Welt nicht ohne Vorbestimmung ist, doch die Natur zu de- ren Ereignis Mittel festgelegt hat, deren richtigen und wahren Einfluss kein Verständiger leugnen kann? Beispielsweise ist die Anwendung oder die Gabe eines Heilmittels angesichts der Vorbestimmung ver- gleichbar mit dem Beten oder dem Unterlassen desselben. Kann Herr Sayyed jedoch behaupten, dass zum Beispiel die Medizin gänzlich unnötig sei und der wahre Heiler keinerlei Wirkung in die Heilmit- tel gelegt habe? Wenn nun Herr Sayyed trotz seines Glaubens an die Verordnung die Wirkung der Heilmittel anerkennt, warum macht er dann einen Unterschied im vergleichbaren und ähnlichen Gesetz Gottes? Glaubt Herr Sayyed etwa, dass Gott zwar die Macht hat, sol- che Wirkung in Medikamente wie Turbitwinde, Purgierwinde, Senna oder Croton zu legen, dass eine einzige Dosis Durchfälle auslöst oder beispielsweise Arsen und viele andere tödliche Gifte solche Wirkun- gen haben, dass deren Verzehr in wenigen Minuten zum Tode führt, Er aber die aufrichtigen, standhaften und rührenden Gebete Seiner Heiligen, wie tot, bar jeder Wirkung lässt? Ist es denn möglich, dass im göttlichen System ein Widerspruch besteht und was Er für die Heilmittel zugunsten Seiner Diener beabsichtigte, nicht in Gebeten zu finden ist? Nein, auf keinen Fall.
Tatsache ist, dass Herr Sayyed selbst nicht der wahren Philoso- phie des Gebetes kundig ist. Er hat keine persönliche Erfahrung über ihre tiefgründige Wirkung. Er gleicht jenem, der zeitweilig ein altver- worfenes und abgelaufenes Medikament benutzt und wenn es wir- kungslos bleibt, gemeinhin erklärt, dass es keine Wirkung habe. Es ist bedauernswert, dass Herr Sayyed ein hohes Alter erreichte und doch dieses Natursystem ihm verborgen blieb. Er versteht nicht, wie Schicksal und Vorbestimmung von Mitteln abhängen, noch versteht er die verwobene und unentbehrliche Beziehung im Gefüge der Mittel und Ursachen. Eben deshalb hat er sich zu dem Gedanken verleiten lassen, dass ohne jene Mittel, die die Natur auf seelischer und körper- licher Ebene festgelegt hat, etwas in Erscheinung treten kann. Sicher ist nichts in der Welt ohne Vorbestimmung. Beispielsweise macht sich der Mensch Feuer und Wasser, Luft und Erde, Getreide, Pflanzen, Tie- re und Mineralien usw. zunutze. Alle diese gehören ebenfalls zu den Vorbestimmten. Wenn nun ein Törichter denkt, dass ohne diese Mit- tel, die Gott festsetzte, und jene Wege, die die Natur festlegte, ohne die Vermittlung der physischen und spirituellen Mittel etwas erreicht werden kann, so will er quasi die Weisheit Gottes verleugnen.
Ich kann den Ausführungen Herrn Sayyeds nur entnehmen, dass
er das Gebet nicht zu jenen wirkungsvollen Mitteln zählt, die er voller Überzeugung und Inbrunst anerkennt. Wenn jemand Herrn Sayyed von der Wirkung des Feuers berichtet, so wird er niemals behaup- ten, dass falls das Verbrennen für jemanden vorgesehen ist, diese Per- son sich auch ohne das Feuer verbrennen wird. Es überrascht mich, dass er, obwohl er doch ein Muslim ist, die Wirksamkeit des Gebetes leugnet, das bald die Dunkelheit aufleuchten lässt, bald die Hand des Unverschämten verbrennt. Erinnert er sich etwa beim Gebet der Vor- bestimmung, doch vergisst diese beim Gespräch über das Feuer und andere Elemente? Unterliegen denn nicht beide derselben Vorbestim-
mung? Wenn er nun trotz seines Glaubens an die Vorbestimmung mit solcher Vehemenz die physischen Mittel anerkennt, dass er aufgrund dieser Übertreibung gar in Verruf geraten ist, weshalb vergisst er das Naturgesetz, welches er akzeptiert, in Bezug auf das Gebet? (Es geht) soweit, dass die Fliege zwar eine Wirkung hat, das Gebet jedoch nicht einmal diese. Es ist also Tatsache, dass er dieses Themas unkundig ist und weder persönliche Erfahrung hat, noch die Gesellschaft jener, die über persönliche Erfahrung verfügen, genießt.
Nun werde ich zum allgemeinen Nutzen die Wirklichkeit über die Erhörung des Gebetes darlegen. Es sei verdeutlicht, dass die Frage der Erhörung des Gebetes tatsächlich ein Teil der Frage über das Gebet ist. Die Regel ist, dass jemand, der das Urproblem nicht verstanden hat, beim Verstehen der Unterpunkte Schwierigkeiten hat und sich irreleiten lässt. Dies ist also auch der Grund für Herrn Sayyeds Miss- verständnis.
Die Essenz des Gebetes ist die gegenseitige Anziehungskraft zwi- schen dem glücklichen Diener und seinem Herrn. Das heißt, dass zu- nächst die Gnade Gottes (raḥmāniyyat) den Diener zu Sich zieht, dann durch die Anziehungskraft der Wahrhaftigkeit des Dieners Gott Sich ihm naht. Im Zustand des Gebetes erreicht diese Beziehung eine be- sondere Höhe und bekundet ihre wunderlichen Wirkungen. Wenn nun der Diener unter großen Schwierigkeiten leidet und sich mit ab- soluter Überzeugung und vollkommener Zuversicht, vollkommener Liebe, vollkommener Treue und vollkommenem Entschluss beugt – und wenn er völlig erwacht und die Schleier der Dunkelheit nieder- reißend im Felde der fanāʾ (Entwerdung) sich immer weiter bewegt, was erblickt er da? Den Hof der Göttlichkeit und dass Ihm keiner zur Seite steht. Da legt seine Seele die Stirn an Seine Schwelle und die
Anziehungskraft, die in ihn gelegt ist, zieht Gottes Gaben zu sich. Da kümmert sich Gott um die Erfüllung seiner Bitte und lässt die Wir- kung jenes Gebetes alle jene Urmittel ergreifen, aus denen jene Mittel hervorgehen, die zum Erreichen des Zieles notwendig sind. Wenn bei- spielsweise um Regen gebeten wird, so entstehen unter dem Einfluss jenes Gebetes nach der Erhörung des Bittgesuches solche Naturbe- dingungen, die zum Regnen notwendig sind. Und wenn Hungersnot verwünscht wird, so lässt der Allmächtige gegenteilige Bedingungen entstehen.
Deshalb ist es laut erleuchteten und vollkommenen Menschen durch großartige persönliche Erfahrungen erwiesen, dass im Gebet eines vollkommenen (Menschen) eine Wirkungskraft entsteht. Das heißt, dass jenes Gebet durch die Erlaubnis Gottes Besitz ergreift von den niederen und höheren Sphären und die Elemente und Himmels- körper und die Herzen der Menschen in Richtung des erwünschten Zieles lenkt.
In den heiligen Büchern Gottes sind nicht wenige Beispiele hiervon zu finden. Tatsächlich ist die Wirklichkeit einiger Formen der Wunder eben die Erhörung des Gebetes. Die Wirklichkeit und der Ursprung von tausenden Wundern, die die Gesandten zeigten oder der wunder- samen Zeichen der Heiligen ist eben dieses Gebet. Häufig manifestie- ren durch die Wirkung des Gebetes wundersame Dinge aller Art die Macht des Allmächtigen. Jenes sonderliche Ereignis, das in der Wüste Arabiens geschah, dass nämlich hunderttausende Tote in wenigen Ta- gen zum Leben erwachten und seit Generationen Fehlgeleitete göttli- che Töne annahmen und die Blinden wieder sehen konnten und die Zungen der Stummen göttliche Erkenntnisse aussprachen und plötz-
lich in der Welt eine Umwälzung stattfand, die kein Auge zuvor ge- sehen und kein Ohr je gehört hatte. Wisst ihr denn, was dies bewirkt hatte? Es waren die Gebete in dunklen Nächten eines Menschen, der sich vollkommen in Gott verloren hat, die einen Aufschrei in der Welt auslösten und solche Wunder vollbrachten, die jenem Unge- bildeten, Mittellosen unmöglich erschienen.
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73 لَ زنَاوةمالاہذہلهنزحوهٖ مغوهٖ مّ ھددعبہلاوهیلعکرابومّلسَ وَ لّ ص دبالایلاکتمحرراوناهیْ لعَ
مَ ھُ ّٰللا
Ich sehe auch aus meiner eigenen Erfahrung, dass die Wirkung der Gebete stärker ist als die Wirkung des Wassers und Feuers. Es ist gar so, dass unter den Naturmitteln nichts solch großartige Wirkung hat wie das Gebet.
Wenn man nun denkt, dass manche Gebete fehlgehen und ihre Wirkung nicht sichtbar ist, so sage ich, dass es sich mit den Medi- kamenten ja ebenso verhält. Haben die Medikamente etwa die Tore des Todes verschlossen? Oder ist es denn unmöglich, dass sie nicht wirken? Aber kann denn jemand trotz dessen ihre Wirkung leugnen? Es ist wahr, dass jede Sache von Vorbestimmung umfasst ist, doch die Vorbestimmung hat die Wissenschaften nicht unnütz gemacht oder verachtet. Noch hat sie die Mittel wirkungslos gemacht. Wenn man es sich genau ansieht, so sind auch diese körperlichen und spirituellen
73 O Allah, Deine Gnade und Dein Friede seien auf ihm, und segne ihn und seine Nach- kommenschaft entsprechend seines Grames, seines Kummers und seiner Sorge für diese Ummah (Gemeinschaft) und sende herab auf ihn die Lichter Deiner Güte in alle Ewigkeit. (Anm. d. Ü.)
Mittel nicht frei von der Vorsehung. Wenn beispielsweise ein Kranker eine gute Vorsehung hat, profitiert er von der Behandlung in volls- tem Maße und sein Körper ist in einem Zustand, dass er von dieser Nutzen ziehen kann. Da hilft das Medikament zur Heilung. Dasselbe Prinzip trifft auch auf das Gebet zu. Das heißt, dass die Mittel und Vorbedingungen zum Erhören des Gebetes nur dann zusammenkom- men, wenn die Erstattung der Bitte göttliche Absicht ist. Gott hat das körperliche und spirituelle System in eine Kette von Ursachen und Wirkungen aufgereiht. Herr Sayyed begeht also einen großen Fehler, wenn er zwar das körperliche System anerkennt, das spirituelle je- doch verneint.
Zuletzt halte ich es für wichtig, anzufügen, dass falls Herr Sayyed sich nicht von seinem Fehldenken abwendet und einwendet, wo denn der Beweis für die Wirkung der Gebete sei, so bin ich von Gott be- auftragt worden, diese Fehler zu berichtigen. Ich verspreche, dass ich Herrn Sayyed vorzeitig Kunde von der Erhörung einiger meiner Gebete geben werde, gar sie veröffentlichen werde. Doch soll auch Herr Sayyed bekennen, dass, wenn mein Anspruch erwiesen ist, er von seinem Fehldenken abkehren wird.
Herr Sayyed führt an, dass Gott im Heiligen Qur’an verspricht, alle Gebete zu erhören, wobei doch (tatsächlich) nicht alle Gebete er- hört werden würden. Dies ist sein großes Missverständnis. Der Vers
74 مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ ع
دۡ ُا
unterstützt seine Behauptung ganz und gar nicht. Denn unter dem
74 „Betet zu mir, ich will euer Gebet erhören.” (Al-Muʾmin, 40:61; Anm. d. Ü.)
Gebet, welches zu verrichten in dem Vers
مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ ع
دۡ ُا
als Gebot aufgerufen wird, sind nicht die gewöhnlichen Bittgesu- che gemeint, sondern jener Gottesdienst, der dem Menschen auferlegt ist. Die Befehlsform hier weist auf die Pflicht hin. Und es ist offen- sichtlich, dass nicht alle Gebete zu den Pflichtgebeten zählen. Denn an einigen Stellen hat Gott, der Glorreiche, gar jene gelobt, die standhaft sind und in Zeiten der Prüfung sich gänzlich Gott hingeben. Ein wei- terer Hinweis auf den Pflichtcharakter dieses Gebetes ist, dass sich hier nicht einfach mit der Befehlsform begnügt wird, sondern es Got- tesdienst genannt wird und im Falle der Ungehorsamkeit die Strafe der Hölle verheißen wird. Es ist klar, dass diese Verheißung nicht bei anderen Gebeten besteht. Im Gegenteil, bisweilen sind die Gesandten Gottes (Gnade und Friede sei auf sie) auf Grund des Bittens getadelt
und gerügt worden. So ist
75 نیِلہِ جٰ لا نم
نوۡ کتنۡ اکظعَا یۤۡ ِنا
Zeugnis hierfür. Hier wird nun eindeutig, dass falls jedes Gebet Gottesdienst wäre, NoahAS nicht mit „so frage mich nicht” getadelt wor- den wäre. Bisweilen haben die auliyāʾ und die Propheten das Gebet um etwas für unziemlich gehalten. Die Rechtschaffenen haben in sol- chen Gebeten nach dem „Gebot des Herzens” gehandelt. Das heißt, wenn in Zeit der Schwere das Herz zum Beten riet, so beteten sie. Und wenn es zur Geduld riet, so ertrugen sie und wandten sich von der Bitte ab. Darüber hinaus hat Gott nicht das Erhören anderer Gebete versprochen. Sondern Er sagt deutlich, dass Er erhören wird, falls Er es wünscht und zurückweisen, wenn Er wünscht. Wie auch aus dem
75 „Betet zu mir, ich will euer Gebet erhören.” (Hūd, 11:47; Anm. d. Ü.)
folgenden Vers des Heiligen Qur’ans eindeutig hervorgeht:
76 ءآش
نۡ اِ ه
یۡ َلاِ نَ وۡ ع
دۡ َتام
فُ شِ ک
یَ َفنَ وۡ ع
دۡ َت ہاَّیاِ لۡ َب
Selbst wenn wir uns herablassen, anzunehmen, dass an dieser Stel- le mit „ruft Mich an” allgemein das Bittgesuch gemeint ist, so kom- men wir nicht umhin, anzuerkennen, dass hier unter dem Gebet jenes Gebet zu verstehen ist, welches alle Bedingungen erfüllt. Und es ist nicht im menschlichen Vermögen, alle Bedingungen zusammenzutra- gen, solange nicht göttlicher Beistand gegeben ist. Man sollte auch bedacht sein, dass beim Beten lediglich das Flehen nicht ausreichend ist, sondern auch die Gottesfurcht, die Reinheit, Wahrhaftigkeit, voll- kommene Überzeugung, vollkommene Liebe und völlige Aufmerk- samkeit (sind notwendig). Ebenfalls (ist es wichtig), dass das Erlan- gen des Erwünschten für die Person, die für sich selbst betet oder für welche gebetet wird, für ihr hiesiges Dasein und die Nachwelt nicht gegen göttliches Wohlwollen ist. Denn bisweilen sind zwar alle Bedin- gungen für das Gebet erfüllt, doch ist das Erbetene für den Bittenden bei Gott gegen das göttliche Wohlwollen und es liegt in der Erfüllung des Wunsches nichts Gutes. Wenn beispielsweise das geliebte Kind einer Mutter mit Flehen und Weinen wünscht, dass sie ihm glühendes Feuer oder eine Schlange in die Hand gebe oder ihm ein Gift zum Es- sen gebe, das ihm begehrenswert erscheint, so wird die Mutter diese Bitte des Kindes niemals erfüllen. Und täte sie es doch, würde das Kind, wenn es zufällig überlebte, aber ein Glied verlöre, seine dum- me Mutter beim Erreichen des Erwachsenenalters anklagen.
76 „Ich ermahne dich, damit du nicht der Toren einer werdest.” (Al-Anʿām, 6:42; Anm. d. Ü.)
Außer diesen gibt es viele andere Vorbedingungen, die zusam- menkommen müssen, ehe das Gebet als solches bezeichnet werden kann. Wenn im Bittgesuche nicht völlige Spiritualität vorhanden ist und zwischen dem Anliegen, für das gebetet wird und dem Beten- den nicht eine enge Beziehung entsteht, ist es nichts als eine utopische Hoffnung, die Wirkung des Gebetes zu erwarten. Solange nicht die Erhörung des Gebetes göttliche Absicht ist, kommen alle diese Bedin- gungen nicht zusammen, und alle Bemühungen bleiben bar vollkom- mener Aufmerksamkeit.
Herr Sayyed erkennt an, dass die Seligkeit und die Gaben und Genüsse und Ruhe des Jenseits, in dem wir Erlösung erwarten, das Resultat des Glaubens und der glaubenserfüllten Gebete sind. Wenn sich dem nun so verhält, so muss Herr Sayyed auch anerkennen, dass zweifelsohne die Gebete der Gläubigen eine Wirkung in sich tragen und die Abwendung von Unglück und das Erreichen des Erwünsch- ten bewirken. Denn wenn sie dies nicht bewirken können, wie wer- den sie es am Jüngsten Tag bewirken können? Denkt nach und denkt intensiv darüber nach – denn wenn das Gebet tatsächlich ein wir- kungsloses Unternehmen ist und keine Gefahr in dieser Welt abwen- den kann, warum sollte es dies am Jüngsten Tag tun können?
Es ist klar ersichtlich, dass, falls unsere Gebete in der Tat irgendeine Wirkung zur Abkehr des Missgeschicks enthalten, jene Wirkung auch in dieser Welt offenbar sein müsste, auf dass unsere Gewissheit und Hoffnung sich mehre und wir für Erlösung im Jenseits mit größerem Eifer beten. Wenn aber das Gebet in Wirklichkeit nichtig ist und nur das Vorgeschriebene geschehen muss, so wird es im Jenseits genauso nutzlos sein, wie laut Herrn Sayyed bei Leiden im Diesseits. Und die Hoffnung darauf ist ebenfalls eine sinnlose Begierde.
(Barakātu d-duʿā, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 6, S. 5-14 [Dt. Ü.: Die Segnungen des Gebets, Frankfurt am Main 2010, S. 7-19])
Wenn ein Kind vor Hunger nach Milch schreit, dann wird in der Brust der Mutter Milch erzeugt. Das Kind weiß nicht, was das Gebet ist, aber sein Schreien zieht die Milch herbei. Dies ist eine allgemei- ne Erfahrung. Manchmal, wenn die Mutter die Milch in ihrer Brust nicht empfindet, hilft das Schreien des Kindes, sie herbeizuführen. Kann unser Schreien vor dem Gott, dem Allmächtigen, also nichts herbeiführen? Es führt alles herbei, aber die blinden Gelehrten und Philosophen können es nicht sehen. Dächte man, sich die Beziehung und Verwandtschaft eines Kindes zu seiner Mutter vor Augen hal- tend, über die Philosophie des Gebetes nach, so würde es sehr leicht zu verstehen sein.
Die zweite Art der Gnade kommt nach dem Flehen zur Wirkung.
Fahrt fort zu bitten und es wird euch gegeben werden.
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جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ ع
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sind keine bloßen Worte, sondern eine Eigenschaft des menschli- chen Wesens. Zu flehen ist menschlich und zu antworten ist göttlich. Wer nicht begreift und nicht glaubt, befindet sich im Irrtum. Das von mir angeführte Beispiel des Kindes erläutert die Philosophie des Ge- bets auf vortreffliche Weise.
(Malfūẓāt, Bd. 1, S. 129-130)
Es ist die Zeit der Prüfungen, in der die wunderbaren und seltenen Eigenschaften und Wirkungen des Gebets manifestiert werden. Die Wahrheit ist, dass Gott nur durch Gebet erkannt wird.
(Malfūẓāt, Bd. 3, S. 201)
77 „Ruft Mich an, Ich werde euch antworten.“ (Al-Muʾmin, 40:61; Anm. d. Ü:)
Das Gebet ist etwas Wunderbares. Es ist schade, dass jene, die be- ten, sich weder der wahren Bedeutung des Gebets bewusst sind noch mit der Art und Weise der Annahme des Gebets vertraut sind. Die Wahrheit ist, dass die eigentliche Wirklichkeit des Gebets unbekannt ist. Es gibt einige, die die Wirksamkeit des Gebets ganz und gar leug- nen, und es gibt andere, die sie nicht leugnen, da ihr Gebet aber auf- grund ihres Mangels an Kenntnis der Art und Weise des Gebets nicht erhört wird und nicht ein Gebet im wahren Sinne ist, ist ihr Zustand noch schlimmer als der jener, die die Wirkung des Gebets leugnen. Ihr tatsächlicher Zustand hat viele andere an den Rand des Atheismus getrieben.
Die erste Bedingung für das Gebet ist, dass der Betende nicht er- müden und nicht daran zweifeln sollte, dass etwas geschehen wird. Manchmal geschieht es, dass das Gebet so lange fortgeführt wird bis es beinahe erhört wird, doch dann ermüdet der Betende und das Er- gebnis ist Versagen und Enttäuschung. Enttäuschung endet in der Leugnung der Wirksamkeit des Gebets und führt allmählich zur Leugnung Gottes. Es wird gesagt: wenn es Gott gibt, Der das Gebet er- hört, warum wurde dann jenes Gebet, das über einen langen Zeitraum hinweg dargebracht wurde, nicht erhört? Dächten jene, die so denken und stolpern, über ihren Mangel an Ausdauer nach, so würden sie er- kennen, dass ihre ganze Enttäuschung das Ergebnis ihrer eigenen Eile und Ungeduld ist, welche Missverständnis der Macht Gottes erzeugte und in Verzweiflung endete. Darum sollte man nie ermüden.
Beten ist wie das Säen von Samen von einem Landwirt. Beim Säen eines Feldes bringt er das Samenkorn in die Erde. Wer kann zu jener
Zeit erwarten, dass jedes Samenkorn heranreifen wird? Außenstehen- de und auch der Landwirt selbst können nicht sehen, dass das Korn in der Erde die Gestalt einer Pflanze annimmt. Aber die Realität ist, dass das Korn innerhalb weniger Tage eine Veränderung durchmacht und die Gestalt einer Pflanze annimmt bis jene schließlich aus der Erde hervorsprießt und für jedermann sichtbar wird. Von dem Augenblick an, da das Korn in die Erde getan wurde, hatte es sich darauf vorzu- bereiten begonnen, zu einer Pflanze zu werden, aber das Auge, das nur Sichtbares erkennen kann, war sich dessen nicht bewusst bis sein Spross aus der Erde hervorkam und sichtbar wurde. Ein unwissendes Kind kann in jenem Stadium nicht begreifen, dass es erst zu der dafür vorbestimmten Zeit heranreifen wird. Es wünscht, es sofort heranrei- fen zu sehen, aber ein intelligenter Landwirt wird die Zeit seines He- ranreifens kennen. Er kümmert sich standhaft darum und hegt es bis die Zeit kommt, da es Früchte trägt und die Frucht heranreift.
Desgleichen ist der Fall beim Beten, das auf dieselbe Weise genährt wird und Frucht hervorbringt. Jene, die in Eile sind, ermüden schnell und geben auf, und jene, die standhaft sind, beharren und erreichen ihr Ziel. Es ist wahr, dass es beim Gebet viele Stufen gibt, und die Betenden bringen sich um die Früchte ihrer Gebete ob ihrer Unkennt- nis. Sie haben es eilig und können nicht warten, wohingegen es in den Werken Gottes, des Allmächtigen, Fortschritte gibt. Es geschieht nie, dass ein Mann heute heiratet und ihm morgen ein Kind geboren wird. Obwohl Gott allmächtig ist und tun kann, was immer Er will, so ist die Befolgung des von Ihm bestimmten Gesetzes und Systems dennoch erforderlich. In den ersten Stadien der Schwangerschaft ist, wie bei der Aufzucht von Pflanzen, nichts bekannt. Vier Monate lang gibt es keine Gewissheit. Dann bemerkt man eine Veränderung und nach Ablauf der vollen Zeitspanne wird nach großem Leiden ein Kind geboren. Die Geburt des Kindes ist auch die Geburt der Mutter. Es ist für einen Mann schwer, sich einen Begriff von den Mühen und Leiden
zu machen, die eine Frau während ihrer Schwangerschaft zu erleiden hat, aber es ist wahr, dass die Ankunft eines Kindes für die Mutter ein neues Leben bedeutet. Sie muss einen Tod akzeptieren, um die Freu- de zu erleben, ein Kind zu erhalten. Ebenso ist es für einen Betenden erforderlich, dass er sich der Eile entledigen und alle Mühen erdulden und nie glauben sollte, dass das Gebet nicht erhört wird. Schließlich kommt die Zeit, da das Ergebnis des Gebets offenkundig gemacht wird; das Kind, welches das Ziel ist, wird geboren.
Das Gebet sollte, bis es ein Ergebnis zeitigt, bis zum Äußersten fortgeführt werden. Ihr werdet gesehen haben, wie ein Stück Stoff un- ter ein Vergrößerungsglas gelegt wurde und die Strahlen der Sonne darauf konzentriert wurden und ihre Hitze den Grad erreichen, der den Stoff entzündet. Auf dieselbe Weise ist es erforderlich, dass das Gebet zu einer solchen Stufe gebracht wird, auf der es die Kraft des Verbrennens der Verfehlungen und Enttäuschungen entwickelt und den Zweck erfüllt.
78 تبانج تسا دنلب ہک ار ادن تسا ادیپ
Man muss sehr lange mit dem Gebet beschäftigt sein und dann macht Gott, der Allmächtige, das Ergebnis offenkundig. Meine Er- fahrung, die von der Erfahrung der Rechtschaffenen der Vergangen- heit bestätigt wird, ist, dass Hoffnung auf Erfolg besteht, wenn sehr lange Stille herrscht, gibt es aber eine schnelle Antwort, dann wird der Zweck wahrscheinlich nicht erfüllt werden. Wenn ein Bettler zu jemand geht und ihn mit Demut und Eifer anbettelt und sich, selbst wenn er gerügt wird, nicht von der Stelle bewegt und mit seinem Bit- ten fortfährt, dann gibt der Angebettelte dem Bettler schließlich trotz seines Geizes etwas. Sollte ein Betender also nicht auch mindestens
78 Wecke einen lauten Ruf in dir, denn Sein Wesen ist sehr erhaben. (Anm. d. Ü.)
so viel Standhaftigkeit besitzen, wie ein gewöhnlicher Bettler? Wenn Gott, der Allmächtige, Der wohltätig ist und Majestät besitzt, sieht, dass Sein demütiger Diener sich sehr lange vor Seiner Schwelle nie- dergeworfen hatte, führt Er ihn zu keinem schlechten Ende. Sollte eine schwangere Frau nach vier oder fünf Monaten ungeduldig wer- den und ein eine Fehlgeburt einleitendes Mittel einnehmen, so wür- de das Kind nicht geboren, sie selbst aber in Verzweiflung gestürzt werden. Desgleichen erlebt einer, der vorzeitig in Eile ist, nur Verlust und bringt seinen Glauben in Gefahr. In diesem Zustand werden eini- ge Leute zu Atheisten. Es gab einen Tischler in unserem Dorf, dessen Frau erkrankte und dann starb. Er sagte, wenn es einen Gott gegeben hätte, wäre sein vielfaches Beten erhört worden und seine Frau nicht gestorben. Auf diese Weise wurde er zu einem Atheisten.
Ist eine ernsthafte Person treu und aufrichtig, dann wird ihr Glau- be gefördert und sie erreicht ihr Ziel. Die Reichtümer dieser Welt ha- ben in der Schätzung von Gott, dem Allmächtigen, keinen Wert. Er kann alles in einem Augenblick tun. Habt ihr nicht gesehen, dass Er einem Volk, das völlig unbekannt war, die Herrschaft verlieh, ihnen ein großes Königreich untertan und Sklaven zu Königen machte? Wenn jemand rechtschaffen wäre und sich Gott ganz hingäbe, wür- de er ein vortreffliches Leben führen, aber die Bedingung ist, dass er aufrichtig sein und Entschlossenheit besitzen müsste. Sein Herz sollte nie erschüttert werden und es sollte keine Prahlerei und Götzendienst darin geben. Was gab es in Abraham, das ihn zum Vater seines Volkes und zum Vater jener machte, die Gott ergeben waren, und dass Gott, der Allmächtige, ihm unzählige große Segnungen gewährte? Es wa- ren seine Rechtschaffenheit und seine Aufrichtigkeit. Abraham hatte erfleht, dass unter seinen Nachkommen ein Prophet in Arabien er- scheinen möge. Wurde sein Flehen sofort erhört? Während einer sehr langen Zeitspanne nach Abraham schenkte niemand jenem Flehen irgendwelche Aufmerksamkeit, dennoch wurde es mit dem Erschei-
nen des Heiligen ProphetenSAW erfüllt – und wie großartig war dessen Erfüllung.
(Al-Ḥakam, Bd. 7, Nummer 8, 28. Februar 1903, S. 1-3)
Man möge bedenken, dass die Erhörung des Gebets auf zwei Ar- ten geschieht, einmal als Prüfung und zum anderen als Erhöhung. Manchmal wird das Gebet von Sündern und Ungehorsamen, ja, selbst von Ungläubigen, als Prüfung erhört, aber jenes Erhören zeigt keine wirkliche Erhörung an, vielmehr geschieht dies zur Prüfung. Die Be- dingung der Annahme des Gebets zur Erhöhung ist, dass der Betende einer der Ausgewählten des allmächtigen Gottes ist und die Lichter und Zeichen dessen, dass er einer der Auserwählten ist, sollten in al- len Richtungen in ihm erscheinen. Gott, der Allmächtige, nimmt das Beten Ungehorsamer nicht als wahre Erhörung an. Er erhört nur das Beten jener, die in Seinen Augen rechtschaffen und Ihm gehorsam sind. Der Unterschied der beiden Arten der Erhörung ist, dass es bei der Erhörung des Gebetes, das eine Prüfung ist, weder die Bedingung gibt, dass der Betende ein Rechtschaffener und ein Freund Gottes ist, noch es erforderlich ist, dass Gott, der Allmächtige, die Erhörung ei- nes solchen Gebets durch besondere Kommunikation anzeigt. Noch sind jene Gebete von so großem Ausmaß, dass deren Erhörung ein wunderbares und außergewöhnliches Ereignis darstellen würde. Je- nes Beten, das als Erhöhung erhört wird, hat die folgenden Merkmale:
Erstens, dass der Betende rechtschaffen, wahrheitsliebend und ein
vollkommener Mensch ist.
Zweitens, dass er von der Erhörung seines Gebets durch Gottes Wort in Kenntnis gesetzt wird.
Drittens, die meisten seiner Gebete sind von hohem Rang und beziehen sich auf erhabene Angelegenheiten, deren Erhörung zeigt,
dass es nicht das Werk oder die Planung eines Menschen, sondern ein besonderes Beispiel der göttlichen Macht ist, die im Fall erwählter Diener offenbart wird.
Viertens, das Gebet zur Prüfung wird selten erhört, wohingegen das zur Erhöhung häufig angenommen wird. Sehr oft ist ein für die Erhöhung Betender in solche Schwierigkeiten verwickelt, dass, wenn irgendein anderer darin verwickelt wäre, jener keinen Ausweg dar- aus gesehen hätte, außer durch Selbstmord. Es geschieht, dass dann, wenn jene, die der Welt huldigen und weit von Gott, dem Allmäch- tigen, entfernt sind, in große Leiden und Kummer und Krankheiten und Störungen und Prüfungen verwickelt sind, aus denen es kein Entrinnen gibt, aufgrund der Schwäche ihres Glaubens und ihrer Hoffnungslosigkeit im Hinblick auf den Gott, dem Allmächtigen, Gift nehmen oder in einen Brunnen springen oder sich mit einer Waffe umbringen. In so schwierigen Situationen wird jenem, der sich der Erhöhung erfreut, aufgrund der Stärke seines Glaubens und seiner besonderen Beziehung zu Gott, vom Allmächtigen auf wunderbare Weise geholfen. Die Gunst Gottes ergreift seine Hand auf wunderbare Weise, so dass das Herz eines Menschen, das sich dieser Geheimnisse bewusst ist, unwillkürlich bezeugt, dass der Betreffende sich der Un- terstützung Gottes erfreut.
Fünftens, ein für die Erhöhung Betender ist der Empfänger gött-
licher Gunst und Gott, der Allmächtige, wird zu seinem Beschützer in allen Angelegenheiten und das Licht der Liebe Gottes und die Zei- chen der Annahme durch Gott und die der spirituellen Wonne und Begünstigungen werden auf seinem Angesicht offenbart, so wie Gott, der Glorreiche, sagt:
79 مِ یۡ عِ نّ لا ةَ رَ ضۡ َنمۡ ِہھِ وۡ جُ وُ یۡ فِ فرِ عۡ َت
79 „Erkennen wirst du auf ihren Gesichtern den Glanz der Seligkeit.“ (Al-Muṭaffifīn,
und
80 نَ وۡ ُنزَ حۡ ی
مۡ ُہ اَلوَ مۡ ِہیۡ َلعَ ف
وۡ خ
اَلهِ ّللاءآیَ ِلوۡ َانَّ اِ ۤاَلَا
(Taṣdīqu n-nabiy, S. 43-45 oder Maktūbāt-e aḥmadiyya, Bd. III, S. 75-77)
Wenn unsere Seele ihre Hand, auf der Suche nach etwas, mit gro- ßem Eifer und Weinen nach dem Urquell der Gnade ausstreckt und hilflos irgendwo nach dem Licht einer Reflexion sucht, so ist auch dies ein Zustand des Gebets. Alle Weisheiten sind durch ein solches Beten offenbart worden und der Schlüssel zu jedem Haus des Wis- sens ist das Gebet. Kein Wissen und keine Einsicht wird ohne ihm manifestiert. Unser Denken, unser Nachsinnen und unsere Suche nach dem verborgenen Ziel sind alle Teil des Gebets. Der einzige Unterschied ist, dass das Beten derer, die Einsicht haben, von der Art ihrer Einsicht abhängig ist, und ihre Seele streckt, den Urquell der Gnade erkennend, mit Einsicht ihre Hand danach aus. Das Gebet der Verschleierten ist ein Bemühen, das im Nachsinnen und Denken und der Suche nach Mitteln offenkundig wird. Jene Menschen, die weder einen Bezug zur Erkenntnis Gottes, des Allmächtigen, besitzen, noch daran glauben, suchen auch durch Nachsinnen und Denken danach, dass ihren Herzen aus dem Unsichtbaren heraus irgendein Weg zum Erfolg angezeigt werden möge, und auch jemand, der Erkenntnis be- sitzt und betet, begehrt, dass Gott ihm den Weg zum Erfolg öffnen möge. Der Verschleierte indes, der keine Beziehung zu Gott, dem
83:25; Anm. d. Ü.)
80 „Siehe, über Allahs Freunde soll keine Furcht kommen, noch sollen sie trauern.“
(Yūnus, 10:63; Anm. d. Ü.).
Allmächtigen, hat, kennt den Urquell der Gnade nicht. So wie jener, der Einsicht besitzt, sieht auch er sich, um Hilfe bemüht, woanders um, aber einer, der Einsicht besitzt, hat ein Auge auf den Urquell. Der Andere wandelt in Dunkelheit und weiß nicht, dass auch das, was das Herz nach Überlegung und Nachsinnen erreicht, vom Allmächti- gen Gott stammt, Der, die Beunruhigung des Beunruhigten als ein Gebet betrachtend, das benötigte Wissen in das Herz dessen wirft, der nachdenkt. Auch die Aspekte der Weisheit und des Verstehens, die in das Herz durch Nachsinnen eingehen, kommen von Gott, und obwohl derjenige es selbst nicht wissen mag, weiß Gott, der Allmäch- tige, dennoch, dass jener ihn anfleht. Schließlich wird ihm sein Ziel von Gott gewährt. Wenn dieser Methode des Erblickens des Lichts mit Einsicht und der wirklichen Erkenntnis des wahren Führers gefolgt wird, dann ist dies das Gebet eines Menschen mit Verständnis; wird das Licht aber nur durch Überlegung und Nachsinnen, ohne seinen Blick auf den wahren Erleuchter zu heften, von einer unbekannten Quelle gesucht, dann ist es nur ein verschleiertes Gebet...
Da die Beziehung zwischen Planung und Beten durch das Natur- gesetz bewiesen wurde, wird es auch durch das Zeugnis des Buches der Natur bewiesen. Oft beobachtet man, dass so, wie das menschli- che Wesen zu einer Zeit von Sorge sich Planungen und Hilfsmitteln zuwendet, es aufgrund seines natürlichen Eifers sich auch dem Gebet, dem Almosengeben und der Wohltätigkeit zuneigt...Es ist ein spiritu- elles Argument, dass das dem Menschen inhärente Gesetz alle Völ- ker von Anfang an angewiesen hat, das Gebet nicht von Hilfsmitteln und Planungen zu trennen, sondern mit dem Gebet nach Möglich- keiten zu suchen. Kurzum, Gebet und Planung sind zwei natürliche Erfordernisse des menschlichen Wesens, die seit der Erschaffung des
Menschen wie zwei Blutsbrüder die Diener des menschlichen Wesens sind. Die Planung ist die notwendige Folge des Gebets und das Gebet spornt zur Planung an. Das Glück des Menschen besteht darin, dass er, bevor er zu planen beginnt, durch das Gebet die Hilfe vom Urquell der Gnade ersucht, so dass ihm, nachdem ihm Licht aus dieser ewig fließenden Quelle gewährt wurde, gute Pläne bereitgestellt werden.
(Ayyāmu ṣ-ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 230-232)
Derjenige, der zur Zeit von Schwierigkeiten und Sorge zu Gott be- tet und Ihn um die Lösung seiner Schwierigkeiten ersucht, erhält von Gott, dem Allmächtigen, eine Zufriedenheit und echten Erfolg, vor- ausgesetzt, er führt sein Gebet bis zur äußersten Grenze. Selbst wenn er das Ziel seines Gebets nicht erreicht, wird ihm von Gott, dem All- mächtigen, eine andere Art der Befriedigung und Zufriedenheit ge- währt und er erlebt keine Enttäuschung. Außerdem wird sein Glaube gestärkt und seine Gewissheit wird größer. Aber derjenige, der sich in seinem Gebet nicht Gott, dem Allmächtigen, zuwendet, bleibt stets blind und stirbt blind...
Derjenige, der mit der Aufrichtigkeit seiner Seele betet, ist nie wirk- lich enttäuscht. Jener Erfolg, der nicht durch Reichtümer und Macht und Gesundheit erworben werden kann, sondern in der Hand Gottes liegt, und den Er, in welcher Form auch immer Er will, gewährt, wird durch das vollkommene Gebet gewährt. Wenn Gott, der Allmächtige, es so will, erlangt eine aufrichtige und rechtschaffene Person mitten in ihrer Sorge nach dem Gebet eine solche Wonne, die kein Kaiser auf seinem Thron genießen kann. Dies ist der wahre Erfolg, der jenen, die beten, schließlich gewährt wird.
(Ayyāmu ṣ-ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 237)
Ist es nicht ein zufriedenstellender Beweis, dass es von Anfang an das natürliche spirituelle göttliche Gesetz gewesen ist, dass infolge des Gebets die göttliche Aufmerksamkeit angezogen wird und Be- friedigung, Zufriedenheit und wahrer Erfolg gewährt wird? Wenn wir uns bei der Suche nach einem Ziel nicht im Irrtum befinden, er- reichen wir jenes, wenn wir uns aber mit unserem Gebet in einem Irrtum befinden – wie das irregeleitete Kind, das eine Schlange oder ein brennendes Scheit von seiner Mutter verlangt –, dann gewährt Gott, der Allmächtige, uns das, was besser für uns ist. In jedem Fall fördert Er unseren Glauben und für das wahre Gebet wird uns von Gott, dem Allmächtigen, im Voraus Wissen gewährt und unsere Ge- wissheit nimmt derart zu, als ob wir Gott gesehen hätten. Es besteht eine Beziehung zwischen dem Gebet und der Erhörung, und sie be- steht seit der Erschaffung des Menschen. Wenn Gott, der Allmächtige, Sich dem Ausführen einer Sache zuwendet, dann ist es Seine Praxis, dass manch aufrichtiger Diener sich in Rastlosigkeit, Schmerz und Leid dem Gebet hingibt und all seine Entschlossenheit und Aufmerk- samkeit der Erfüllung jenes Zieles widmet. Dann zieht das Gebet des sterblichen Menschen die göttliche Gnade an, durch die der Zweck erfüllt wird.
Obwohl ein solches Gebet scheinbar vom Menschen dargeboten
wird, ist jener in Wirklichkeit doch gänzlich verloren in Gott, und zur Zeit des Gebets kommt er mit einem solchen Zeichen des Verlo- renseins in Gott in die Gegenwart des Einen und Glorreichen, dass zu jener Zeit seine Hand zur Hand Gottes wird. Solcher Art ist das Gebet, durch welches Gott erkannt und die Existenz des Glorreichen, Der hinter Tausenden von Schleiern verborgen ist, erkannt wird.
(Ayyāmu ṣ-ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 238-239)
Ein Tor meint, dass das Gebet eine vergebliche und nutzlose Sache sei, aber er weiß nicht, dass es das Gebet ist, infolgedessen der glorreiche Gott Sich den Ihn Suchenden offenbart und ihren Herzen die Offenbarung übermittelt: „Ich bin der Allmächtige“. Ein jeder nach Gewissheit Hungernder und Durstender sollte bedenken, dass das Gebet für den auf dieser Welt nach spirituellem Licht Suchenden das einzige Mittel ist, das hinsichtlich der Existenz des Allmächtigen Gottes Gewissheit gewährt und alle Zweifel und jedes Misstrauen beseitigt.
(Ayyāmu ṣ-ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 239-240)
Es ist auch bemerkenswert, dass das Gebet, das im Heiligen Wort Gottes für die Muslime zur Pflicht gemacht worden ist, aus vier Grün- den vorgeschrieben worden ist. (1) Der erste ist, damit man durch die Hinwendung zu Gott, dem Allmächtigen, insofern jederzeit und in je- dem Zustand fest auf der Grundlage der Einheit Gottes steht, als Seine Anbetung bestätigt, dass uns allein Gott unser Ziel gewährt. (2) Der zweite ist, dass durch die Erhörung des Gebets und das Erreichen des Zieles der Glaube gestärkt wird. (3) Der dritte ist, dass dann, wenn auf eine andere Weise die göttliche Gunst gewährt wird, Wissen und Weisheit zunehmen. (4) Der vierte ist, dass, wenn man durch eine in Erfüllung gegangene Vision oder Offenbarung von der Erhörung des Gebets in Kenntnis gesetzt wird, das Verstehen des Göttlichen gefördert wird, das Verständnis zur Gewissheit heranwächst und die Gewissheit zur Liebe, und durch Liebe erfolgt die Befreiung von je- der Sünde und ein Abspalten von allem außer Gott, was das Ergebnis von wahrer Erlösung ist.
(Ayyāmu ṣ-ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 242)
Wie wir schon erklärt haben, sind Muslime in der Sura Fatiha dazu angehalten worden, sich mit dem Gebet zu beschäftigen und ihnen ist das Gebet gelehrt worden:
81 مَ یۡ قِ تَ سۡ مُ ۡلاطارَ صِ لااَندِ ھۡ ا
Und es wurde zur Pflicht gemacht, dieses Gebet fünfmal täglich darzubringen. Es würde darum ein großer Fehler sein, die Spiritua- lität des Gebets zu leugnen. Der Heilige Qur‘an hat bestimmt, dass das Gebet eine Spiritualität enthält und infolge des Gebets eine Gnade herabkommt, die das Ergebnis des Erfolgs in verschiedenen Formen gewährt.
Somit kann jeder Gerechte verstehen, dass so, wie es trotz des Ein- geständnisses der Vorbestimmung die Praxis Allahs ist, dass Anstren- gung und Bestrebungen in hunderten von Angelegenheiten Ergeb- nisse erzielen, desgleichen auch die Bemühung in Form des Gebets nicht vergeudet wird. An einer Stelle im Heiligen Qur‘an hat Gott, der Allmächtige, es zu einem Zeichen Seines Erkennens ernannt, dass Er das Gebet der Leidenden erhört, da es heißt:
82 ہاعَ دَ اذَ اِ رَّ طَ ضۡ مُ ۡلاب
یۡ جِ یُّ ن
مَّ َا
Da Gott, der Allmächtige, die Erhörung des Gebets zu einem Zei- chen Seiner Existenz ernannt hat, wie kann ein verständiger Mensch
81 „Führe uns den geraden Weg.“ (Al-Fātiḥa, 1:6; Anm. d. Ü.)
82 „Wer antwortet dem Geplagten, wenn er Ihn anruft.“ (An-Naml, 27:63; Anm. d. Ü.)
sich einbilden, dass das Gebet kein sichtbares Zeichen der Erhörung zur Folge hat, sondern nur eine Formalität ist, die keine Spiritualität enthält? Ich finde, dass sich niemand, der wahrhaft glaubt, solcher Respektlosigkeit schuldig machen kann. Gott, der Glorreiche, sagt, dass so, wie der wahre Gott durch das Nachsinnen über die Erschaf- fung von Himmel und Erde erkannt wird, desgleichen der Glauben an Gott, den Allmächtigen, durch das Betrachten der Erhörung des Gebets erzeugt wird. Wenn es also im Gebet keine Spiritualität gibt und die offensichtliche Gnade infolge des Gebets nicht wirklich und tatsächlich herabkommt, wie kann das Gebet dann ein solches Mittel der Erkenntnis Gottes, des Allmächtigen, sein wie Himmel und Erde und Himmelskörper es sind? In der Tat zeigt der Heilige Qur‘an, dass das Gebet das beste Mittel zur Erkenntnis Gottes ist und dass das voll- endete und vollkommene Verständnis der Existenz Gottes und Seiner vollkommenen Attribute nur durch das Gebet und auf keine andere Weise erlangt werden kann. Es ist das Gebet, das eine Person wie ein Blitz aus der Grube der Dunkelheit zieht und in die offene Atmosphä- re des Lichts bringt und in die Gegenwart von Gott, dem Allmächti- gen, bringt. Durch das Gebet werden tausende der Bösen reformiert und tausende der Verderbten geläutert.
(Ayyāmu ṣ-ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 259-260)
Wenn sich die Gnade von Gott, dem Allmächtigen, nähert, dann stellt Er die Mittel zur Erhörung des Gebets bereit und im Herzen wird ein Schmelzen und Brennen erschaffen. Doch wenn es nicht Zeit ist für die Erhörung des Gebets, dann wird im Herzen kein Gefühl der Zufriedenstellung und der Hinwendung zu Gott hervorgerufen. Wie sehr auch immer man sich bemühen möge, sein Gemüt schenkt
dem keine Aufmerksamkeit. Der Grund ist, dass Gott, der Allmäch- tige, das Gebet manchmal erhört und manchmal wünscht, Seine Ent- scheidung geltend zu machen. Aus diesem Grund habe ich, bis dass ich die Zeichen des Göttlichen Geheiß sehe, wenig Hoffnung auf die Erhörung des Gebetes und bringe mich insofern mit Seiner Entschei- dung mit noch größerer Wonne in Einklang als ich sie aus der Erhö- rung des Gebet gewonnen hätte, als die Früchte und Segnungen des Zufriedenseins mit Seiner Entscheidung viel größer sind.
(Malfūẓāt, Bd. 1, S. 460)
Es ist wahr, dass derjenige, der für die Erhörung seines Gebets keine guten Taten vollbringt, nicht betet, sondern Gott, den Allmäch- tigen, prüft. Darum ist es erforderlich, vor dem Gebet jede Anstren- gung zu unternehmen – und das ist die Bedeutung von Gebet. Ein Betender sollte zuerst seine Überzeugungen und Handlungen prüfen, denn es ist die Praxis von Gott, dem Allmächtigen, dass die Besserung in der Gestalt von Mitteln erscheint, die Er in der einen oder anderen Form bereitstellt.
(Malfūẓāt, Bd. 1, S. 124)
Es gibt ein Punjabi-Sprichwort: „Derjenige, der bittet, stirbt einen Tod, also sterbe erst und bitte danach.“ Die Bedeutung hiervon ist, dass es ein Leidender ist, der fleht, und das Gebet eine Form des To- des ist. Wenn jemand einen Tropfen Wasser trinkt und behauptet, dass sein großer Durst gestillt worden sei, dann sagt er nicht die Wahrheit. Seine Behauptung würde begründet sein, wenn er eine Schale voll Wasser trinken würde. Wenn das Gebet in großem Leid dargebracht wird, so dass die Seele schmilzt und auf der Schwelle des Göttlichen fließt, so ist das wahres Beten, und es ist Gottes Praxis, dass Er, wenn
solch ein Gebet dargebracht wird, jenes erhört oder auf eine andere Weise darauf antwortet.
(Malfūẓāt, Bd. IV, S. 340)
Wenn du dich zum Gebet bereit machst, so obliegt es dir, daran zu denken, dass dein Gott allmächtig ist, und dass kein einziges Ding außerhalb Seiner Macht ist. Nur dann wird dein Gebet angenommen, und nur so kannst du jene Wunder der Macht Gottes bezeugen, die wir auch bezeugt haben. Und wohl gemerkt: Mein Zeugnis beruht nicht auf Hörensagen, sondern es beruht auf Dingen, die ich selbst mit eigenen Augen gesehen und erlebt habe. Wie können die Gebe- te eines Menschen angenommen werden, der nicht fest daran glaubt, dass alle Dinge von Gottes Macht abhängig sind? Und wie kann ein solcher Mensch in sich selbst den Mut haben, Gott um Abhilfe oder Änderungen zu bitten, die den von ihm gemeinten Naturgesetzen wi- dersprechen würden? Aber du, o glückseliger Mensch, tue dies nicht! Dein Gott ist Er, Der ohne jeden Pfeiler darunter die zahllosen Sterne im Weltraum aufgehängt hat; und Der die Erde und die Himmel aus dem Nichts erschuf. Wagst du etwa zu behaupten, dass Er nicht im- stande sein wird, dir bei deinen Unternehmungen zu helfen? Tatsache ist, dass deine eigene irrige Auffassung dich Seiner Segnungen berau- ben wird. In unserm Gott gibt es unzählbare wundervolle Dinge, aber diese sind nur von jenen bezeugt, die sich Ihm aufrichtig und vertrau- ensvoll unterworfen haben. Jene Wunder enthüllt Er nicht jenen, die kein Vertrauen in Seine Kräfte gelegt haben, die Ihm nicht treu und ehrlich sind. Wie unglückselig ist doch ein Mensch, der nicht einmal weiß, dass er einen Gott hat, der allmächtig ist!
(Kaštī-e nūḥ, Rūḥānī ḫazāʾn, Bd. 19, S. 21 [Dt. Ü.: Die Arche Noahs, Frankfurt am Main 2015, S. 55f])
So weit Gott, der Allmächtige, mir das Wissen über das Gebet ge- währt hat, denke ich, dass es für die Erhörung des Gebets drei Bedin- gungen gibt.
Erstens, ein Betender sollte vollkommen rechtschaffen sein, denn nur jener ist für Gott, den Allmächtigen, annehmbar, der sich die Rechtschaffenheit zur Gewohnheit macht und auf allen Pfaden der Rechtschaffenheit wandelt. Und der vertrauenswürdig ist und fromm und aufrichtig in seinen Versprechen und der von der persönlichen Liebe Gottes erfüllt ist.
Zweitens, sein Entschluss und seine Aufmerksamkeit sollten so fest und stark sein, dass er bereit sein sollte, sein eigenes Leben für die Wiederbelebung eines anderen niederzulegen, und auch dazu bereit sein, ins Grab einzugehen, um einen anderen aus jenem herauszuzie- hen. Seine akzeptierten Diener sind dem Allmächtigen lieber als ein schönes Einzelkind seiner Mutter lieb ist. Wenn Gott, der Barmherzi- ge und Gütige, sieht, dass sich ein von Ihm Angenommener, der Ihm treu ist, um das Leben eines anderen zu retten, in einem Ausmaße spirituellen Mühen und Disziplinierungen unterworfen hat, dass sein eigenes Leben in Gefahr ist, empfindet Er es als unangenehm, jenen in dem Zustand zugrundegehen zu lassen. Dann vergibt Er um sei- netwillen die Sünde, aufgrund derselben die andere Person ergriffen worden war. Wenn er von einer tödlichen Krankheit befallen oder im Griff eines anderen Unheils ist, dann schafft Er durch Seine Macht Mit- tel zu dessen Errettung. Es geschieht sehr oft, dass Er entschlossen ist, eine Person zugrunde zu richten oder zu vernichten, aber aufgrund seines Glücks kommt einer, der einen guten Stand bei Gott hat, mit seinen ernsthaften Gebeten dazwischen, so dass die Aufzeichnung, die für seine Bestrafung vorbereitet und fertiggestellt worden war, vernichtet werden muss, denn jene Angelegenheit ist jetzt von dem
Zustand, dass sie sich auf einen Fremden bezieht, geändert worden in den Zustand, dass sie sich auf einen Freund bezieht. Es kann nicht geschehen, dass Gott Seinen Freund in Schwierigkeit bringt.
Drittens, es gibt eine Bedingung, die insofern schwerer zu erfüllen ist als alle anderen, als deren Befolgung nicht in den Händen derer liegt, die von Gott angenommen sind, sondern in den Händen jener Person, die wünscht, dass ein Bittgesuch für sie ausgeführt wird. Jene Bedingung ist, dass er begehren sollte, dass mit äußerster Aufrichtig- keit und in vollkommenem Vertrauen und mit Gewissheit und voll- kommenem Wohlwollen und in Unterwerfung für ihn gebetet wird. Er sollte in seinem Herzen beschließen, dass sich dies selbst dann, wenn das Gebet nicht erhört wird, auf sein Vertrauen und Wohlwol- len nicht auswirken würde. Seine Bitte um das Gebet sollte nicht als eine Prüfung, sondern in vollem Vertrauen dargebracht werden. Er sollte äußerst demütig auf der Schwelle der Person niederfallen, die er um ein Gebet bittet, und so weit es ihm möglich ist, sollte er durch die Aufwendung finanzieller Mittel und seiner Dienstbarkeit und jeder- art von Gehorsam eine enge Beziehung zu ihr begründen, wodurch er in sein Herz eingehen sollte. Zusammen mit all diesem sollte er gut von ihm denken und ihn als im höchsten Maße Rechtschaffenheit besitzend betrachten und es als Unglauben erachten, einen einzigen Gedanken zu hegen, der mit dessen heiligem Stand nicht vereinbar wäre. Er sollte seinen vollen Glauben an ihn durch jederart von Opfer beweisen. Er sollte keinen anderen auf dieser Welt als seinesgleichen erachten und ihm so ergeben sein, als wäre er bereit, sein Leben und sein Eigentum und seine Ehre für ihn niederzulegen und von keinem Gesichtspunkt aus sollte er weder etwas Geringschätziges über ihn sagen noch sein Herz in diese Richtung ziehen lassen. Er sollte zur Zufriedenstellung desselben begründen, dass er völlig an ihn glaubt und sein Anhänger ist. Trotz dessen sollte er mit Geduld warten und, selbst wenn er fünfzigmal darin enttäuscht sein sollte sein Ziel zu er-
reichen, darf das keine Auswirkung auf seinen Glauben und auf sein Wohlwollen haben.
Solche Menschen haben sehr zarte Empfindungen und können aus dem Antlitz einer Person das Maß ihrer Aufrichtigkeit entneh- men. Sie sind weichherzig, aber dennoch selbstgenügend. Sie haben keine Achtung für eine hochmütige, selbstsüchtige und heuchlerische Person. Nur jene können irgendeinen Nutzen aus ihnen ziehen, die ihnen bis zu einem Maße gehorchen, da sie bereit sind, ihr Leben für sie niederzulegen. Einer, der stets schlecht von ihnen denkt und in seinem Herzen Einwände hegt und der vollkommenen Liebe und des vollkommenen Wohlwollens entbehrt, zieht keinen Nutzen aus ihnen und richtet nur sich selbst zu Grunde.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 226-228)
Es stimmt, dass die meisten Gebete jener, die von Gott akzeptiert sind, erhört werden. Ihr großes Wunder ist die Erhörung ihrer Ge- bete. Wenn ihre Herzen in einer Zeit des Unglücks sehr besorgt sind und sich in ihrer Besorgnis Gott zuwenden, so wird ihre Hand zu jener Zeit gewissermaßen zur Hand Gottes. Gott ist ein verborgener Schatz. Durch Seine vollkommenen Geliebten zeigt Er Sein Angesicht. Gottes Zeichen werden offenbar, wenn Seine Geliebten verfolgt wer- den. Wenn sie bis zum Äußersten verfolgt werden, dann ist dies ein Zeichen dafür, dass das Zeichen Gottes nahe ist, ja, fürwahr vor der Tür steht. Niemand liebt seinen Sohn so sehr wie Gott jene liebt, die gänzlich Sein werden. Er zeigt Seine Wunder für sie und manifestiert solche Kraft ihrerseits, als ob ein schlafender Tiger erwachen würde. Gott ist verborgen und diese sind die Menschen, die Ihn zeigen. Er ist hinter tausend Schleiern verborgen und diese sind die Menschen, die Sein Angesicht zeigen.
Aber es muss bedacht werden, dass es falsch ist zu denken, dass jedes Gebet jener, die Gottes Geliebte sind, erhört wird. Die Wahrheit ist, dass der Umgang Gottes, des Allmächtigen, mit ihnen so ist wie der eines Freundes – manchmal erhört Er ihr Gebet und manchmal zwingt Er ihnen Seinen Willen auf. Das ist es, was bei der Freundschaft geschieht. Manchmal akzeptiert ein Freund das, was sein Freund vor- schlägt und handelt demgemäß, und ein andermal muss jener das ak- zeptieren, was er selbst wünscht. An einer Stelle im Heiligen Qur‘an verheißt Gott die Erhörung der Gebete der Gläubigen, indem Er sagt:
83 مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ ع
دۡ ُا
Das heißt, betet Mich an, Ich werde euer Gebet erhören.
Und an einer anderen Stelle weist er sie an, Seinen Entscheid mit Wonne zu akzeptieren. Es heißt:
84 رِ شِّ َبوَ ؕترٰ مَ ثّ لاوَ س
فُ ۡنَاۡلاوَ لاوَ مۡ َاۡلان
مّ ص
قۡ َنوَ عِ وۡ ُجلاوَ فوۡ َخلان
مّ ءٍ یۡ شَ ِبمۡ ک
َّنوَ لُ بۡ نَ َلو
نَ وۡ عُ جِ رٰ ه
یۡ َلاِ ۤاَّناِ وَ هِ ّلٰ ِلاَّناِ اوۤۡ ُلاَقۙ ة
بَ یۡ صِ مُ
مۡ ُہتۡ َباصَ َاۤاذَ اِ ن
ۡیذِ َّلا۔ نۡیرِ بِ صٰ لا
Wenn man beide Verse zusammenhängend liest, wird man erken- nen, wie Allahs Praxis in Bezug auf das Gebet aussieht und wie die Beziehung ist zwischen dem Herrn und einem Diener.
(Ḥaqīqatu l-waḥyi, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 22, S. 20-21)
83 Al-Muʾmin, 40:61. (Anm. d. Ü.)
84 „Wahrlich, Wir werden euch prüfen mit ein wenig Furcht und Hunger und Verlust an Gut und Leben und Früchten; doch gib frohe Botschaft den Geduldigen, die sagen, wenn ein Unglück sie trifft: ‚Wahrlich, Allahs sind wir und zu Ihm kehren wir heim.‘“ (Al-Baqara, 2:156-157; Anm. d. Ü.)
Einige Unwissende fragen, warum einige der Gebete derer, die vollkommen sind, nicht erhört werden. Die Antwort ist, dass Gott, der Allmächtige, die Manifestation ihrer Schönheit unter Seine eigene Kontrolle gebracht hat. Wenn diese große Manifestation stattfindet und ihre Schönheit im Hinblick auf eine Sache hervorstrahlt, dann werden die Teilchen des Universums davon angezogen und das Unmögliche, in anderen Worten ein Wunder genannt, geschieht. Aber diese spiritu- elle Manifestation erscheint nicht immer und überall und ist abhängig von externen Elementen. Dies ist so, weil Gott – da Er selbstgenügend ist – Seine Auserwählten mit der Eigenschaft der Selbstgenügsamkeit ausgestattet hat. So wie Gott, sind auch sie selbstgenügend, und bis jemand ihre Gunst mit voller Demut und Aufrichtigkeit in Bewegung setzt, wird ihre diesbezügliche Eigenschaft nicht betätigt. Diese Men- schen besitzen die Eigenschaft der Gunst in einem größeren Maße als der Rest der Welt, aber es ist erstaunlich, dass es nicht in ihrer Macht liegt, sie zu betätigen. Sie wünschen oft, dass jene gezeigt werde, aber sie wird ohne den göttlichen Willen nicht offenkundig gemacht. Sie haben keine Achtung vor jenen, die sie verleugnen und vor Heuch- lern und Glaubensschwachen und betrachten jene als tote Insekten. Ihre Selbstgenügsamkeit ist derart, wie sie von einer geliebten Person besessen wird, die ihr Gesicht hinter einem schönen Schleier verbirgt. Ein Aspekt dieser Selbstgenügsamkeit ist, dass, wenn eine üble Per- son schlecht von ihnen denkt, sie dieses schlechte Denken oft fördern, denn sie nehmen göttliche Eigenschaften an. Hinsichtlich der ihnen übel Wünschenden hat Gott, der Allmächtige, gesagt:
85 اض
رَ َم هُ ّللا مُ ُہدازَ َفۙضٌ رَ َمّ مۡ ِہِبوۡ لُ ُقیۡ ف
Wenn Gott wünscht, dass sie ein Wunder darbieten, schafft er ein Verlangen in ihren Herzen, und sie werden zwecks des Erfüllens ei- nes besonderen Zweckes rastlos und beunruhigt. Dann legen sie den Schleier der Selbstgenügsamkeit beiseite und ihre Schönheit, die nie- mandem sichtbar ist außer Gott, dem Allmächtigen, wird den Engeln des Himmels und einem jeden Teilchen des Universums enthüllt. Die Entfernung ihrer Schleier bedeutet, dass sie sich Gott mit der spiri- tuellen Schönheit, aufgrund derer sie zu den von Gott Geliebten ge- worden sind, auf so außergewöhnliche Weise zuwenden und in ihren Herzen ein derartiger Zustand des Willkommenheißens Gottes er- zeugt wird, der die außergewöhnliche Gunst des allmächtigen Gottes, zusammen mit jedem Teilchen dieses Universums, zu ihnen hinzieht und die Hitze ihrer liebenden Wärme sich im Himmel ansammelt und ihr Angesicht den Engeln wie die Wolken enthüllt. Ihre Schmerzen, die die Eigenschaft des Donners in sich tragen, verursachen einen Aufruhr im Himmel. Dann werden durch die Kraft des allmächtigen Gottes jene Eigenschaften erschaffen, die den Regen des Erlangens der von ihnen begehrten Gunst herabsenden. Wenn ihre Spiritualität die Lösung irgendeiner Schwierigkeit mit starkem Verlangen erledigt, zieht das insofern Gottes Aufmerksamkeit an, als sie zu jenen gezählt werden, die aufgrund der persönlichen Liebe, die sie für Gott hegen, die von Gott Geliebten sind. Dann wird alles, was in der Befehlsge- walt Gottes ist, ihnen eifrig helfen, und die göttliche Barmherzigkeit macht sich, um ihren Zweck zu erfüllen, für eine neue Schöpfung be- reit, und jene Dinge werden gezeigt, die den weltlich Gesinnten un- möglich scheinen und den nach geringerem Wissen Strebenden un-
85 „In ihren Herzen war Krankheit, und Allah hat ihre Krankheit vermehrt.“ (Al-Baqara, 2:11; Anm. d. Ü.)
bekannt sind. Diese Menschen können nicht Gott genannt werden, aber ihre Beziehung der Liebe und Nähe zu Gott ist so aufrichtig und treu, dass Gott in sie herabzukommen scheint und ihnen der göttliche Geist eingehaucht wird, wie er Adam eingehaucht wurde. Sie sind nicht Gott, aber ihre Beziehung zu Gott ist eine solche, wie die eines Stück Eisens zum Feuer, wenn es bis zu einem solchen Grad im Feuer erhitzt wird, dass es die Farbe des Feuers annimmt.
Wenn dies geschieht, gerät all das, was in der Befehlsgewalt von Gott, dem Allmächtigen, ist, in ihre Befehlsgewalt, und die Sterne des Himmels und die Sonne und der Mond und die Ozeane und die Luft und das Feuer hören ihre Stimme und erkennen sie und dienen ih- nen. Alles liebt sie auf natürliche Weise und wird, wie ein wirklich Liebender, zu ihnen hingezogen, außer den Bösen, die die Widerspie- gelungen Satans sind. Die Liebe zur Welt hat ein schlechtes Schicksal. Sie entsteht auf einer Seite und stirbt auf der anderen, und sie basiert auf Schönheit, die vergänglich ist, und es gibt wenige Menschen, die unter ihren Einfluss geraten. Aber wie wunderbar ist jene spirituel- le Schönheit, die in einer Person durch gutes Verhalten und Reinheit und Rechtschaffenheit erschaffen wird, und die, nach der Manifesta- tion der göttlichen Liebe, eine allgemeine Anziehungskraft hat und begierige Herzen zu sich hinzieht, wie Honig Ameisen anzieht, und die Anziehungskraft wirkt sich nicht nur auf Menschen aus, sondern auf jedes Teilchen des Universums. Jemand, der wahre Liebe für Gott, den Allmächtigen, empfindet, ist der Joseph, für den jedes Teilchen dieses Universums die Eigenschaft von Zulaikha hat. Seine Schön- heit wird nicht in dieser Welt gezeigt, denn diese Welt kann sie nicht ertragen. Gott, der Allmächtige, sagt in Seinem Heiligen Buch, dem Qur‘an, dass das Licht der Gläubigen auf ihren Angesichtern gezeigt wird, und ein Gläubiger wird an der Schönheit erkannt, deren anderer Name Licht ist.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 221-224)
Manchmal geschieht es, dass ein Suchender mit großer Sehnsucht und großem Schmerz betet, jedoch feststellt, dass das Ergebnis seines Gebets aufgeschoben und verzögert wird. Was ist der Grund dafür? In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, zu bedenken, dass es in weltlichen Angelegenheiten ein stufenweises Fortschreiten gibt. Wie viele Stufen muss ein Kind durchlaufen, bevor es zu einem Erwachse- nen wird. Wie viel Zeit braucht ein Samen, um zu einem Baum zu wer- den! Desgleichen werden auch göttliche Angelegenheiten allmählich vollendet. In dieser Verzögerung liegt auch der göttliche Zweck, dass der Betende in seinem Entschluss und Mut bestätigt und in seinem Verständnis gestärkt werde. In dem Maß, in dem ein Mensch einen hohen Rang und eine hohe Einstufung zu gewinnen begehrt, wird von ihm verlangt, hart zu arbeiten und zu warten. Ausdauer und Ent- schlossenheit sind derart vortreffliche Eigenschaften, dass man die Stufen des Erfolgs ohne sie nicht erklimmen kann. Es ist darum erfor- derlich, dass man zuerst Schwierigkeiten durchläuft. Darum heißt es:
86 ارً سۡ ُی رِ سۡ عُ ۡلاع
مَ نَّ ا
(Malfūẓāt, Bd. III, S. 202-203)
Manchmal geschieht es, dass ein Mensch für etwas betet, sein Ge- bet aber das Ergebnis seiner Unwissenheit und Torheit ist. Er begehrt von Gott, dem Allmächtigen, etwas, was unter keinen Umständen nützlich oder gut für ihn sein kann. In solchem Fall lehnt Gott, der
86 „Also wahrlich, kommt mit der Drangsal die Erleichterung.“ (Al-Inširāḥ, 94:7; Anm. d. Ü.)
Allmächtige, sein Gebet nicht ab, sondern erfüllt es auf eine andere Weise. Wenn zum Beispiel ein Bauer, der einen Ochsen für seinen Pflug benötigt, zu einem Herrscher geht und ihn um ein Kamel bittet, der Herrscher aber weiß, dass ein Ochse nützlich für ihn sein würde und wünscht, dass ihm ein Ochse gegeben werden möge. Wenn jener sagen würde, sein Wunsch sei nicht erfüllt worden, so würde das sei- nerseits töricht sein, denn würde er nachdenken, so würde er feststel- len, dass das, was geschah, das Beste für ihn gewesen ist. Desgleichen, wenn ein Kind seine Mutter beim Anblick rotglühender Holzscheite um jene bittet, würde eine gütige und mitfühlende Mutter sie ihm dann aushändigen? Somit entstehen im Zusammenhang mit der Er- hörung von Gebeten manchmal derartige Umstände, dass Menschen, die ungeduldig und ohne Wohlwollen sind, selbst zur Ursache der Ablehnung ihres Gebets werden.
(Malfūẓāt, Bd. IV, S. 435)
In der Phase zwischen dem Gebet und dessen Erhörung wird man häufig einer Prüfung nach der anderen ausgesetzt, wovon einige das Rückgrat brechen. Ein ausdauernder und gut gesinnter Betender empfindet in diesen Prüfungen und Schwierigkeiten den Duft der Be- günstigungen seines Herrn und seine Intelligenz teilt ihm mit, dass ihnen Hilfe folgen wird. Ein Aspekt dieser Prüfungen ist, dass sie das Verlangen, zu flehen, fördern. Je größer das Leid des Flehenden, desto mehr schmilzt seine Seele. Dies ist einer der Faktoren der Erhörung des Gebets. Also sollte man nicht den Mut verlieren und aufgrund von Ungeduld und Rastlosigkeit schlecht von Gott denken. Man soll- te niemals meinen, dass das Gebet nicht erhört wurde oder erhört werden wird. Eine solche Auffassung ist das Leugnen des göttlichen Attributs, dass Er die Gebete erhört. (Malfūẓāt, Bd. IV, S. 434)
Beten ist äußerst wertvoll und jemand, der zu beten pflegt, ist schließlich erfolgreich. Es ist Torheit und Missachtung, dass man ver- sucht, den Entwurf Gottes, des Allmächtigen, zu verhindern. Zum Beispiel ist es unverschämt, zu flehen, dass die Sonne im ersten Teil der Nacht erscheinen möge. Einer, der die Hoffnung verliert oder eine vorzeitige Erfüllung begehrt, erleidet Verlust. Wenn zum Beispiel Eheleute zehn Tage nach der Hochzeit wünschen, dass ihnen ein Kind geboren werden möge, so würde das ihrerseits töricht sein. Desglei- chen lässt derjenige, der einer Pflanze nicht die Zeit zum Wachsen zugesteht, die Stufe des Heranreifens des Korns nicht kommen...
Muslime kennen im Allgemeinen die Grundsätze des Gebets nicht und es gibt einige unter ihnen, die die Gelegenheit hatten, zu beten, die aber, da sie sich nicht in Geduld und Ausdauer übten, enttäuscht wurden und die Ansicht von Sayyed Ahmed Khan annahmen, wo- nach das Gebet nichts ist. In solchem Irrtum verfallen sie, weil sie sich der Wirklichkeit des Gebets nicht bewusst sind und dessen Wirkung nicht kennen. Wenn sie ihre Hoffnung auf Reichtum nicht erfüllt se- hen, verkünden sie, dass das Gebet nichts ist, und nehmen Abstand davon. Das Gebet ist eine vollkommene Beziehung zwischen Vorse- hung und Dienstbarkeit. Wenn das Gebet keine Wirkung hätte, so wäre es egal, ob man Zuflucht dazu nähme oder nicht.
(Malfūẓāt, Bd. III, S. 203-204)
Wir sollten Zuflucht nehmen im Gebet und Gott, den Allmächti- gen, um Vergebung ersuchen, denn Er ist selbstgenügend und keiner Macht unterworfen. Er hat keine Achtung vor einem, der nicht de- mütig und in Unterwerfung zu Ihm kommt. Wenn jemand, um eine Gunst bittend, zu einem anderen geht und seine Hilflosigkeit und Armut vorträgt, so würde ihm eine Gunst erwiesen werden, wenn einer aber auf einem Pferd angeritten kommt und um eine Gunst ersucht und droht, dass er Gewalt anwenden würde, wenn sie ihm
nicht gewährt würde, so würde er nur auf Gewalt treffen. Hartnäckig eine Gunst von dem Allmächtigen zu ersuchen und seinen Glauben an Bedingungen knüpfen, ist ein großer Fehler und kann sich als ein Stolperstein erweisen. Ausdauer und Standhaftigkeit im Gebet sind eine Sache, aber Hartnäckigkeit ist eine ganz andere. Zu sagen, dass man dann, wenn der Zweck nicht erfüllt wird, den Glauben verleug- nen oder dies oder das sagen würde, ist eine große Torheit und verrät Unwissenheit über die Art und Weise des Gebets und läuft auf Göt- zendienst hinaus. Solche Leute sind sich der Philosophie des Gebets nicht bewusst. Nirgends sagt der Heilige Qur‘an, dass Gott das Gebet gemäß dem Wunsch des Betenden erhören würde. Es ist wahr, dass es im Heiligen Qur‘an heißt:
87 مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ ع
دُا
aber der Heilige Qur‘an sagt auch:
88 عِ وۡ ُجلۡ اوَ ف
وۡ َخلان
مّ ءٍ یۡ شَ ِبمۡ ک
َّنوَ لُ بۡ نَ َلو
Wenn Gott euer Gebet aufgrund von:
89 مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ ع
دۡ ُا
erhört, dann macht Er aufgrund von:
90 مۡ ک
َّنوَ لُ بۡ نَ َل
87 „Betet zu Mir; Ich will euer Gebet erhören.“ (Al-Muʾmin 40:61; Anm. d. Ü.)
88 „Wahrlich, Wir werden euch prüfen mit ein wenig Furcht und Hunger.“ (Al- Baqarah, 2:156; Anm. d. Ü.)
89 „Betet zu Mir; Ich will euer Gebet erhören.“ (Al-Muʾmin 40:61; Anm. d. Ü.)
90 „Wir werden euch prüfen...“ (Al-Baqara, 2:156; Anm. d. Ü.)
Seinen Eigenen Willen geltend. Es ist die Wohltätigkeit Gottes, des Allmächtigen, dass Er das Gebet Seiner Diener erhört, sonst würde es nicht widersprüchlich zu Seiner Göttlichkeit und Vorsehung sein, dass Er stets Seinen Willen geltend macht. Wenn Er sagt:
91 ف
وۡ َخلان
مّ ءٍ یۡ شَ ِبمۡ ک
َّنوَ لُ بۡ نَ َلو
dann wünscht Er, Seinen Willen zu jener Zeit geltend zu machen. Manchmal gibt es Furcht und manchmal Hunger und manchmal eine Verminderung von Reichtum oder Verlust im Handel oder gerin- ge Ernte oder Tod von Kindern oder Verminderung von Erfolg und schädliche Ergebnisse. Dies sind Prüfungen von Gott, dem Allmächti- gen. Zu jener Zeit wünscht Gott, Seine Macht zum Ausdruck zu brin- gen und Seinen Willen geltend zu machen. Zu solchen Zeiten akzep- tiert ein aufrichtiger Gläubiger den Willen Gottes gern und bevorzugt ihn und ist zufrieden damit und beklagt sich nicht und denkt nichts Böses. Der Vers fährt fort, zu sagen:
92 ن
ۡیرِ بِ صٰ لارِ شِّ َبو
Und gib frohe Botschaft den Standhaften.
Gott sagt nicht, dass dem Betenden frohe Botschaft übermittelt werden soll, sondern dem, der durchhält. Es ist darum erforderlich, dass ein Betender nicht verzagen sollte, wenn seine Gebete versagen, sondern er sollte das Belieben Gottes, des Allmächtigen, mit Standhaf- tigkeit und Ausdauer bevorzugen. Die Menschen Gottes erkennen die Hoffnung auf den Erfolg eines Unternehmens und beten dann dafür;
91 „Wahrlich, Wir werden euch prüfen mit ein wenig Furcht...“ (Al-Baqara, 2:156; Anm. d. Ü.)
92 Al-Baqara, 2:156. (Anm. d. Ü.)
ansonsten sind sie mit der göttlichen Entscheidung zufrieden. Wenn sie die Anzeichen eines Unheils wahrnehmen, beten sie, aber wenn sie fühlen, dass ebenjenes eine göttliche Entscheidung ist, dann sind sie standhaft, so wie es im Fall des Heiligen ProphetenSAW beim Tod seiner Kinder war, wovon eines Ibrahim war.
(Malfūẓāt, Bd. III, S. 385-386)
Es ist meine häufige Erfahrung, dass Gott so gütig und barmherzig ist, dass Er dann, wenn Er in Seiner Weisheit ein Gebet nicht erhört, ein anderes ähnliches Gebet an dessen Stelle erhört. So wie Er gesagt hat:
93 ۤاہََ نۡ مِّ َرٍ ۡیّ َخُ بِ ت
اۡ َناٰ ہَ سَِ ۡنُنوَۡ َاةٍ َیاٰ َن
مخۡ سَ ۡۡنَنام
رٌ ۡیدِ ق ءٍ یۡ شلِ کیٰلعَ هَ ّللانّ َامۡ لعۡ َتمۡ لَاؕاہَ ِلثم
وۡ َا
(Ḥaqīqatu l-waḥyī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 22, S. 340)
Denkt nicht, dass wir jeden Tag beten und dass alle Ritualgebete, die wir verrichten, auch Gebete sind. Denn das Gebet, das nach Got- teserkenntnis und mit Hilfe Seiner Gnade verrichtet wird, erzeugt ein ganz anderes Gefühl. Es überwältigt den Betenden. Es ist ein Feuer, das alles zum Schmelzen bringt. Es hat eine Kraft wie ein Magnet, der Gnade zu sich zieht. Es ist ein Tod, der Leben gibt. Es ist eine tosende Flut, die zu einer Arche wird. Alle missratenen Dinge werden damit gerichtet und jedes Gift wird dadurch vernichtet.
Gesegnet seien die Gefangenen, die beten. Sie werden nicht müde,
93 „Welches Zeichen Wir auch aufheben oder dem Vergessen anheimgeben, Wir bringen ein besseres dafür oder ein gleichwertiges. Weißt du nicht, dass Allah die Macht hat, alles zu tun, was Er will?“(Al-Baqara, 2:107; Anm. d. Ü.)
denn eines Tages werden sie entlassen. Gesegnet sind die Blinden, die keine Müdigkeit in ihren Gebeten zeigen, denn eines Tages wer- den sie sehen können. Gesegnet sind diejenigen, die in ihren Gräbern mithilfe des Gebets Gott um Hilfe bitten, denn eines Tages werden sie aus ihren Gräbern heraussteigen. Gesegnet seiest du, der du in Gebeten keine Erschöpfung zeigst, dafür, dass deine Seele im Gebet dahinschmilzt, dafür, dass aus deinem Auge Tränen fließen und in deiner Brust ein Feuer entfacht ist, um die Freude der Einsamkeit zu spüren, dafür, dass du dich in dunklen Zimmern und in verlassene Wälder zurückziehst und dich ungeduldig, wahnsinnig und verrückt machst, denn letztendlich wirst du göttliche Segnungen erhalten. Der Gott, zu dem wir rufen, ist gütig und unendlich barmherzig, beschei- den, wahrhaftig, loyal und erweist seinen Dienern Gnade. So werdet auch ihr loyal und betet voller Treue und Wahrhaftigkeit, dass er euch Seine Gnade erweist. Entfernt euch von dem Lärm und Tumult der Welt. Und tragt im Namen der Religion nicht eure persönlichen Strei- tereien aus. Nehmt für Gott eine Niederlage in Kauf und nehmt diese Niederlage an, damit ihr zum Erben großer Siege werdet. Gott wird denjenigen, die beten, ein Wunder zeigen und denjenigen, die darum bitten, wird ein Wunder geschickt. Das Bittgebet kommt von Gott und geht auch zu Ihm zurück. Durch Gebete wird Gott so nah, wie dein eigenes Leben dir nah ist.
Gottes erste Segnung besteht darin, dass sich im Menschen eine
reine Wandlung vollzieht. Durch diese Wandlung ändert auch Gott Seine Attribute. Zwar sind Seine Attribute nicht veränderbar, aber für denjenigen, der sich verändert, äußert Gott sich auf eine veränderte Weise, die die Welt nicht kennt. So, als ob es ein anderer Gott wäre, ob- wohl es keinen anderen Gott gibt. Aber diese neue Erscheinung zeigt Ihn in einem anderen Licht. Dann, im Licht dieser besonderen Weise,
lässt Er Dinge für diesen veränderten Menschen geschehen, die Er für andere nicht tut. Hierbei handelt es sich um das, was wir „Wunder“ nennen.
Kurzum, das Bittgebet ist ein Heilmittel, das eine Handvoll Staub in Gold verwandelt und es ist ein Wasser, das den inneren Schmutz reinigt. Mit diesem Gebet schmilzt die Seele und fließt wie Wasser zur Türschwelle des Einen Gottes. Sie steht vor Gott und verbeugt sich auch vor Gott und wirft sich auch vor Gott zu Boden. Das ṣalāt94, das uns der Islam beigebracht hat, ist dabei die Reflexion des Gebets. Das Stehen der Seele ist so, als ob sie Bereitschaft zeigen würde, bei jegli- chem Unglück Geduld zu haben und jede Anweisung zu befolgen. Die Verbeugung der Seele bedeutet, dass sie jegliche Liebe und Bezie- hung aufgibt, um sich vor Gott zu verbeugen und um vollkommen Gottes zu werden. Die Niederwerfung der Seele bedeutet, dass sie auf der Türschwelle Gottes sich niederwirft, ihre eigenen Gedanken vollkommen aufgibt und ihre Existenz vollkommen auslöscht. Dies ist das Salat, das zu Gott führt und die islamische Scharia hat sein physisches Abbild in das fünfmal am Tag zu erbringende Ritualgebet überführt, damit dieses körperliche Gebet das seelische Gebet herbei- führt. Denn Gott hat den Menschen so erschaffen, dass sich die Seele auf den Körper und der Körper auf die Seele auswirkt. Wenn deine Seele unglücklich ist, dann fließen auch Tränen aus deinen Augen und wenn die Seele sich erfreut, dann äußert sich diese Freude auch im Gesicht, manchmal so sehr, dass man anfängt zu lachen. So ist es auch, wenn der Körper sich verletzt, denn dann ist auch die Seele an diesem Schmerz beteiligt. Wenn der Körper sich auf einen kühlen Luftzug freut, so erfreut sich auch die Seele. Demnach manifestiert sich der Sinn der körperlichen Bewegung im ṣalāt über die Beziehung zwi- schen Körper und Seele. Die Seele bewegt sich auf den Einzigen zu
94 Das fünfmal am Tag zu erbringende Ritualgebet im Islam. (Anm. d. Ü.)
und verliert sich vollkommen in dem seelischen qiyām95 und saǧda96. (Lecture Sialkot, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 222-224 [Dt. Ü.: Der Vor-
trag von Sialkot, Frankfurt am Main 2012, S. 48-51])
Zu meinen, dass das Ersuchen von Hilfe von Gott manchmal ohne Ergebnis bleibt, und zu denken, dass sich die raḥmāniyyat und raḥīmiyyat Gottes nicht in Form von Hilfe zeigen, ist die Folge eines Missverständnisses. Gott, der Allmächtige, hört für gewiss die auf- richtig dargebrachten Gebete und hilft den Hilfesuchenden so wie Er es für richtig hält. Aber manchmal geschieht es, dass ein Gebet und die Bitte um Hilfe nicht voller Aufrichtigkeit dargebracht wird und ihnen die Demut des Herzens fehlt, und dass der spirituelle Zustand des Betenden ungenügend ist, so dass sein Herz, während seine Lip- pen die Worte des Gebetes sprechen, unaufmerksam ist und nur eine Schau abzieht. Manchmal geschieht es auch, dass Gott das Gebet er- hört und das gewährt, was Er in Seiner vollkommenen Weisheit für richtig und höchst angemessen hält, aber der törichte Betende erkennt die verborgene Gunst, die Gott ihm erweist, nicht und beginnt, sich aufgrund seiner Unwissenheit und Unkenntnis zu beklagen. Er wür- digt nicht den Vers:
97 اوۡ بُّ حِ تُ نَۡ َایسٰۤ َ عَ ُ وَ ۚمۡ کُ
َّلرٌ ۡیٰ خوَ ھوَّ ُائً یَۡ شَ َاوۡ ھُ رَ کۡ َتنۡ َاَ یسٰۤ ع
نَ وۡ مُ لعۡ َتال مۡ تۡنَاوَ م
لعۡ َیهُ ّللاوَ ؕمۡ کّلرٌّ شوَ ھ
وَّ ائً یۡ ش
Das heißt, es ist wohl möglich, dass euch etwas missfällt, was ge- wiss gut für euch ist; und es ist wohl möglich, dass euch etwas gefällt,
95 Das „Aufrechtstehen“, was im Ritualgebet auch körperlich vollzogen wird. (Anm. d. Ü.)
96 Das „Niederwerfen“, was ebenso im Ritualgebet auch körperlich vollzogen wird. (Anm. d. Ü.)
97 Al-Baqara, 2:217. (Anm. d. Ü.)
was für euch übel ist. Allah kennt die Wirklichkeit jeder Sache, ihr aber kennt sie nicht.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 430-431, Fußnote 11)
In der Sura Fatiha hat Gott, der Allmächtige, eine Gebetsmethode gelehrt, die besser nicht sein könnte. Sie umfasst all jene Dinge, die notwendig sind, um das Herz mit dem Verlangen zu beten, zu ins- pirieren. Für die Erhörung des Gebets ist es erforderlich, dass es mit Eifer dargebracht wird, denn das Gebet, dem es an Eifer fehlt, besteht aus bloßen Worten und ist kein wahres Gebet. Es ist jedoch offensicht- lich, dass niemand sich aussuchen kann, dass sein Gebet jederzeit von Eifer inspiriert ist. Es ist erforderlich, dass zur Zeit des Gebets jene Dinge gegenwärtig sind, die im Gemüt des Betenden einen Eifer er- zeugen. Jeder Vernünftige weiß, dass das Herz infolge von zwei Emp- findungen mit Eifer erfüllt wird. Erstens, dass der Betende an Gott als vollkommen und mächtig und im Besitze aller vollkommen Attribute denkt und Seine Barmherzigkeit und Sein Wohlwollen als für seine eigene Existenz und Erhaltung vom Anfang bis zum Ende wesent- lich erachtet und Ihn als den Urquell aller Gunst ansieht. Zweitens, dass er sich selbst und alle seine Mitmenschen als hilflos und arm und von Gottes Hilfe abhängig betrachtet. Dies sind zwei Dinge, die einen Eifer im Gebet erzeugen. Der Eifer wird erzeugt, wenn der Be- tende sich als gänzlich schwach und ohne Kraft und von göttlicher Hilfe abhängig betrachtet und fest glaubt, dass Gott, der Allmächtige, der Herr der Welten und gnädig und barmherzig und der Herr des Gerichtstages ist, und dass die Erfüllung aller menschlichen Bedürf- nisse in Seinen Händen liegt. Die Sura al-Fātiḥa legt gleich am Anfang nieder, dass Gott das Wesen ist, Dem aller Preis gebührt und Der alle Vortrefflichkeiten umfasst, Der der Herr der Welten und der Urquell
aller Barmherzigkeit ist, und jedem den Lohn seiner Handlungen gewährt. Durch das Niederlegen dieser Attribute hat Gott, der All- mächtige, verkündet, dass alle Macht in Seinen Händen liegt und alle Gunst Ihm entströmt. Er hat Seine Erhabenheit dermaßen verkündet, dass Er der Erfüller aller Bedürfnisse in dieser Welt und im Jenseits und die Ursache aller Ursachen und die Quelle aller Gunst ist. Er hat auch angedeutet, dass das Leben und der Trost und das Behagen ei- nes Lebewesens ohne Ihn und Seine Gunst nicht möglich ist. Danach wurde den Betenden Demut gelehrt in den Worten:
98 ن
ۡیعِ تَ سۡ َ نکاَّیاِ وَ دُ بُ عۡ َنکاَّیِا
Dies bedeutet: O Quelle aller Wohltaten! Dir allein dienen wir und Dich allein flehen wir um Hilfe.
Dass heißt, wir sind hilflos und können selbst nichts erreichen, wenn uns Stärke und Unterstützung nicht von Dir gewährt wird. Somit hat Gott, der Allmächtige, zwei Dinge erwähnt, die Eifer im Gebet erzeugen; erstens Seine Erhabenheit und Gunst und zweitens die Hilflosigkeit und Demut Seiner Diener. Dies sind zwei Dinge, de- rer der Betende zur Zeit des Gebets unbedingt gedenken sollte. Somit wissen jene, die einige Erfahrung in Beten haben, dass es, ohne die Gegenwart dieser zwei Inspiranten, kein Gebet geben kann, und dass das Feuer der Liebe Gottes ohne sie im Gebet nicht auflodert. Es ist offensichtlich, dass einer, der der Erhabenheit und Gunst und voll- kommen Macht Gottes nicht eingedenk ist, sich Gott nicht zuwenden kann, und dass die Seele von einem, der seine eigene Hilflosigkeit und Armut nicht eingesteht, sich dem wohlwollenden Herrn nicht zu- neigen kann. Dies ist eine Wahrheit, die für ihre Anerkennung keiner tiefgründigen Philosophie bedarf. Wenn die Erhabenheit Gottes und
die eigene Demut und Hilflosigkeit wirklich im Herzen reflektiert werden, unterrichtet jener Zustand den Betenden selbst, dass dies das Mittel für das Darbringen eines wahren Gebets ist.
Wahrhaft Betende wissen wohl, dass dafür ein Begreifen der fol- genden zwei Dinge wesentlich ist: erstens, dass Gott, der Allmächtige, die Macht hat, Barmherzigkeit und Lohn zu fördern und zu entwi- ckeln und zu gewähren, und dass diese Seine vollkommenen Attri- bute ständig wirken; und zweitens, dass der Mensch ohne die Hilfe und Unterstützung des Göttlichen nichts erreichen kann. Diese zwei Begriffe sind derart, dass sie, wenn sie zur Zeit des Gebets im Herzen festgesetzt sind, im Zustand des Betenden eine solche Veränderung herbeiführen, dass ein Überheblicher gerührt davon zu Boden fällt und Tränen aus den Augen eines Stolzen und Hartherzigen fließen. Dieses ist das Mittel, das eine unbekümmerte tote Person zum Le- ben erweckt. Durch diese beiden Begriffe wird jedes Herz zum Gebet hingezogen. Dies ist das spirituelle Mittel, durch das die Seele einer Person sich Gott zuwendet und ihre eigene Schwäche und die Not- wendigkeit der Hilfe Gottes erkennt. Hierdurch erreicht jemand eine solche Stufe der Selbstlosigkeit, auf der kein Zeichen seiner eigenen undurchsichtigen Existenz verbleibt und die Herrlichkeit eines erha- benen Wesens hervorleuchtet und jenes Wesen als allbarmherzig und als Stütze eines jeden Wesens und als Heilmittel einer jeden Krankheit und als Quelle aller Gnade erscheint. Schließlich zeigt sich ein Zu- stand des Verlorengehens in Gott, infolge dessen keine Neigung zu irgendeinem Teil der Schöpfung verbleibt und man gänzlich in der Liebe Gottes aufgeht. Durch die Manifestation jener Wirklichkeit er- scheinen die eigene Existenz und die Existenz der übrigen Schöpfung wie nichts. Von Gott wird dieser Zustand der gerade Weg genannt, den zu suchen ein Diener durch das Gebet angewiesen worden ist:
99 مَ یۡ قِ تَ سۡ مُ ۡلاطارَ صِ لااَندِ ھۡ ا
Das heißt, gewähre uns jenen Weg der Selbstaufgabe und der Ein- heit und Liebe Gottes, der in den vorangegangenen Versen angezeigt wurde, und trenne uns ganz und gar von allem außer Dir.
Kurzum, der allmächtige Gott hat dem Menschen für die Erzeu- gung von Eifer im Gebet solche wahren Mittel gewährt, dass ein Be- tender durch deren Annahme vom Bewusstsein des Selbst zur Welt zur Welt der Nicht-Existenz befördert wird. Man sollte bedenken, dass die Sura Fatiha nicht nur eines von vielen Mitteln für das Su- chen nach Führung ist, sondern, wie durch die niedergelegten Argu- mente bereits gezeigt, das einzige Mittel ist, durch dessen Annahme das Gebet mit dem Eifer des Herzens dargebracht wird und dem das menschliche Wesen unter dem Drang eines natürlichen Bedürfnisses zu folgen begehrt.
Die Wahrheit ist, dass so, wie Gott Regeln für andere Dinge aufge- stellt hat, es gleichfalls auch eine besondere Regel für das Gebet gibt, und jene ist in der Sura al-Fātiḥa niedergelegt worden. Es ist nicht möglich, das es im Gebet einen Eifer gibt, wenn die Faktoren, die das Herz zum Eifer inspirieren, im Gemüt nicht gegenwärtig sind. Somit ist die natürliche Weise des Gebets jene, die in der Sura Fatiha nieder- gelegt wurde. Es ist eine der Vortrefflichkeiten jener Sura, dass sie das Gebet zusammen mit den dazu anregenden Faktoren niederlegt.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin Bd. 1, S. 569-575, Fußnote 11)
O, Allerbarmherzigster! Ein demütiger Diener von Dir, nutzlos und voller Fehler und ohne irgendeinen Verdienst, Ghulam Ahmad, der in Indien lebt, fleht:
O Allerbarmherzigster! Sei Du zufrieden mit mir und vergib meine Fehler und Sünden, denn Du bist höchst vergebend und barmherzig. Lasse mich das tun, was Dich sehr erfreut. Entferne mein Ego von mir so weit wie den Osten vom Westen und mache mein Leben und mei- nen Tod und jede Fähigkeit, die ich habe, Dir ergeben. Erhalte mich in Deiner Liebe lebend, und lasse mich in Deiner Liebe sterben und erwecke mich unter Deinen vollkommenen Liebenden.
Allerbarmherzigster! Führe Du, durch Deine Gnade, die Aufgabe, für die Du mich ernannt hast, und den Dienst, für den Du Eifer in mei- nem Herzen geschaffen hast, zuende. Setze die Wahrheit des Islams überzeugend in den Augen all derer fest, die sich der Vortrefflichkei- ten des Islams nicht bewusst sind. Behalte diesen Demütigen und sei- ne Freunde und aufrichtigen Gefährten im Schatten und unter dem Schutz Deiner Vergebung und Barmherzigkeit. Sei Du ihr Versorger in Sachen des Glaubens und in Angelegenheiten der Welt und befördere sie alle zu dem Haus Deiner Zufriedenheit, und sende Frieden und Segnungen im höchsten Maße herab auf Deinen Gesandten und seine Gefährten und Anhänger, Amien.
(Al-Ḥakam, 6. & 13. August 1898/Maktūbāt-e imām-e hummām [hand- geschriebens Manuskript], Bd. 1, S. 61)
100 Anmerkung: Dieses Gebet wurde vom Verheißenen MessiasAS in einem Brief an Hadhrat Sufi Ahmad Jan Sahib aus Ludhiana gesandt und er wurde angewiesen: „Es ist ihre Pflicht, meinerseits in eben diesen Worten, ohne irgendeine Veränderung, im Hause Allahs vor dem höchst Barmherzigen zu beten. Tragen sie diesen Brief bei sich, um ihrem Gedächstnis nachzuhelfen.“ Demzufolge brachte Sufi Sahib am Tage der gro- ßen Pilgerfahrt im Jahre 1302 n. H. dieses Gebet im Hause Allahs in lauter Stimme dar, während seine Gefährten fortfuhren, mit Amien darauf zu antworten. (Anm. d. Ü.)
Mein mächtiger Gott! Erhöre meine demütigen Gebete und öff- ne die Ohren und die Herzen dieses Volkes. Zeige uns die Zeit, da die Anbetung falscher Gottheiten aus der Welt verschwinden und Dir auf der Erde aufrichtig gehuldigt werden möge. Die Erde möge mit Deinen rechtschaffenen, an Deine Einheit glaubenden Dienern angefüllt werden, wie der Ozean mit Wasser angefüllt ist, und möge die Erhabenheit und die Wahrheit Deines Gesandten Muhammad, des ErwähltenSAW, in den Herzen der Menschen festgesetzt werden, Amien.
Unser letzter Ausruf ist, dass alle Lobpreisung Gott, dem Herrn der Welten, gehört.
(Ḥaqīqatu l-waḥyī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 22, S. 603)
Es ist offensichtlich, dass der Mensch von Natur aus schwach ist und ihm hunderte von göttlichen Geboten auferlegt wurden. Auf- grund seiner Schwäche verfehlt er, einige Göttliche Gebote zu befol- gen und wird manchmal von den Begehren des Egos übermannt, die zum Übel anregen. Aufgrund seines schwachen Wesens verdient er, dass zur Zeit einer Verfehlung Gottes Gnade ihn, falls er bereuen und Gottes Vergebung ersuchen möge, davor erretten möge, vernichtet zu werden. Es ist eine Gewissheit, dass diese hunderte von Geboten dem Menschen nicht auferlegt worden wären, wenn Gott nicht der Erhörer der Reue gewesen wäre. Dies beweist, dass Gott Sich dem Menschen mit Gnade zuwendet und höchst vergebend ist.
Tauba (Reue) bedeutet, dass man ein Laster mit dem Vorsatz ablegt, jener Untugend danach nicht wieder zu frönen, selbst wenn man ins Feuer geworfen würde. Wenn der Mensch sich Gott, dem Allmäch- tigen, aufrichtig und mit festem Entschluss zuwendet, vergibt Gott, Der wohltätig und barmherzig ist, jene bestimmte Sünde. Es ist eines der erhabenen göttlichen Attribute, dass Gott die Reue annimmt und einen Sünder vor dem Ruin errettet.
Wenn der Mensch nicht die Hoffnung darauf hätte, dass seine Reue angenommen würde, würde er sich nicht von Sünde zurückhal- ten können. Auch die Christen glauben an Reue, aber unter der Bedin- gung, dass die bereuende Person ein Christ sein muss. Der Islam legt für die Reue keine Bedingung fest. Außer der Sünde der Verleugnung des Buches Gottes und Seines Gesandten kann die Reue der Anhän- ger eines jeden Glaubens angenommen werden. Es ist unmöglich, dass man nur durch sein Verhalten Erlösung erlangen kann. Es ist die Wohltätigkeit Gottes, dass Er die Reue Einiger annimmt und Ande- ren durch Seine Gunst solche Kräfte verleiht, dass sie davor geschützt sind, zu sündigen.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 189-190)
Reue und Vergebung zu verleugnen bedeutet, die Tür zum menschlichen Fortschritt zu schließen. Es ist für jedermann offensicht- lich, dass der Mensch in sich selbst nicht vollkommen ist, sondern die Vollkommenheit benötigt. So wie er sein Wissen nach seiner Geburt allmählich erweitert und nicht gelehrt und gut informiert geboren wird, ebenso ist, wenn er nach seiner Geburt seine Umgebung wahr- zunehmen beginnt, sein moralischer Zustand sehr niedrig. Eine Beob- achtung des Zustands kleiner Kinder würde zeigen, dass die meisten Kinder dazu neigen, andere bei der geringsten Herausforderung zu schlagen, und viele von ihnen neigen zum Lügen und zur Misshand- lung anderer Kinder. Einige stehlen und petzen und sind neidisch und geizig. Wenn sie aufwachsen, geraten sie in die Umklammerung des Egos, das zum Laster anregt, und machen sich verschiedener Ar- ten von Übel und Bosheit schuldig.
Somit ist die erste Stufe des Lebens für die meisten Menschen un- rein, wenn aber ein vom Glück Begünstigter aus der heftigen Flut der Jugend hervorkommt, wendet er sich Gott zu und zieht sich durch aufrichtige Reue von unerwünschten Aktivitäten zurück und beschäf-
tigt sich damit, das Gewand seines Wesens zu reinigen. Dies sind Stu- fen des menschlichen Lebens, die man gewöhnlich zu durchlaufen hat. Dies zeigt: wenn es wahr wäre, dass die Reue nicht angenommen wird, dann würde dies bedeuten, dass Gott niemandem eine Erlösung zu gewähren wünscht.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 192-193)
Obwohl Gott, der Allmächtige, verkündet hat, dass der Samen der Einheit Gottes in jeder Seele gegenwärtig ist, hat Er auch erklärt, dass jener Samen nicht in jedermann von gleicher Stärke ist, und dass die Wesen von einigen so sehr von ihren Leidenschaften ergriffen sind, dass jenes Licht beinahe verschwindet. Darum ist es offensichtlich, dass die natürlichen tierischen Eigenschaften mit dem natürlichen Empfindungsvermögen der Einheit Gottes nicht unvereinbar sind. Ein Solcher mag jedoch die Angewohnheit haben, seinen Begierden zu folgen und, wie sehr auch immer er seinem zum Übel auffordern- den Selbst nachgeben möge, so besitzt er dennoch ein gewisses Maß natürlichen Lichts. Wenn einer zum Beispiel unter dem Einfluss einer Leidenschaft oder Zorns einen Diebstahl oder Mord oder Ehebruch begeht, dann, obwohl dies ein Erfordernis seines Wesens ist, rügt das Licht guten Verhaltens seine diesbezügliche Handlung dennoch zu eben jener Zeit, da er einer dieser unrechten Handlungen nachgeht. Hierauf wird sich in dem Vers bezogen:
101 اہىوٰ قۡ َتوَ اھَ رَ وۡ ُجُفاہَ مَ ہَ ۡلَاَف
Dies bedeutet, dass Gott jedem eine Form der Offenbarung ge-
101 Aš-Šams, 91:9. (Anm. d. Ü.)
währt, die das Licht des Herzens genannt wird und die Fähigkeit ist, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden.
Wenn zum Beispiel ein Dieb einen Diebstahl oder ein Mörder ei- nen Mord begeht, so gibt Gott seinem Herzen gleichzeitig ein, dass er schlecht und nicht gut gehandelt hat, aber jener schenkt dem keine Aufmerksamkeit, denn das Licht seines Herzens und seine Vernunft sind schwach und von seinen tierischen Eigenschaften übermannt und sein Ego ist hartnäckig...Die Aufruhr des Egos solcher Menschen kann nicht verringert werden, denn das, was Gott auferlegt hat, kann von niemandem beseitigt werden. Dennoch hat Gott für ein Heilmit- tel gesorgt. Was ist dieses Heilmittel? Es ist die Reue, das Bitten um Vergebung und Gewissensbisse. Dies bedeutet, dass Gott ihnen ver- gibt, wenn sie Böses in Übereinstimmung mit derartigen Forderungen ihres Egos begehen, oder ihnen ein schlechter Gedanke in den Sinn kommt und sie durch Reue und das Bitten um Vergebung ein Gegen- mittel suchen. Wenn sie wiederholt stolpern und jedes Mal reuevoll sind und bereuen, waschen die Gewissensbisse und die Reue den Fle- cken ihrer Sünde fort. Dies ist wahre Sühne, die das Heilmittel einer natürlichen Sünde ist. Hierauf wird sich bezogen in dem Vers:
102 اًمیۡ حِ رَّ ارً وۡ فُ غ
هَ ّللادِ جِ یَ هَ ّللاِرِفغۡ تَ سۡ َ یمَّ ُثهٗ سَ فۡ َن مۡ ِلظۡ َیوۡ َااءً ٓوۡ سُ لۡ مَ عۡ َّینمو
Wer immer Übel begeht oder seiner Seele schadet und dann Allah mit Reue um Vergebung bittet, wird Allah höchst vergebend, allbarm- herzig finden.
Dieser Vers, der derart tiefgründig und voller Weisheit ist, bedeu- tet, dass geradeso, wie das Stolpern und Sündigen die von fehlerhaften Seelen gezeigten Eigenschaften sind, es auch die damit korrespondie- renden ewigen Attribute Gottes der Barmherzigkeit und Vergebung
102 An-Nisāʾ, 4:111. (Anm. d. Ü.)
gibt; und Er ist von Natur aus vergebend und barmherzig. Seine Ver- gebung ist nicht flüchtig, sondern Sein ewiges Attribut, das Er liebt und das Er bei verdienstvollen Menschen auszuüben wünscht.
Wenn immer sich eine Person zu einer Zeit des Stolperns oder Sündigens Gott mit Gewissensbissen und in Reue zuwendet, wird sie würdig, dass Gott sich ihr mit Gnade und Vergebung zuwendet. Dies beschränkt sich nicht auf ein- oder zweimal, sondern es ist das ewi- ge Attribut Gottes, des Allmächtigen, dass Er Sich einem reumütigen und bereuenden Diener zuwendet, wenn immer der Letztere sich Ihm zuwendet. Somit ist es nicht Gottes Naturgesetz, dass eine schwache Person nicht stolpert oder das Wesen jener, die von ihren tierischen Eigenschaften übermannt werden, verändert wird, sondern Sein ewi- ges Gesetz ist, dass jenen, die sündigen, durch Reue und das Bitten um Vergebung vergeben wird.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 1, S. 185-I87, Fußnote 11)
Im arabischen Sprachgebrauch bedeutet tauba (Reue) „wiederkeh- rend“ und darum ist Gottes Name im Heiligen Qur‘an auch Tawwāb, das heißt, Er, Der Häufig-Wiederkehrende. Dies bedeutet, dass, wenn man sich Gott, die Sünde verwerfend, mit einem aufrichtigen Herzen zuwendet, der Allmächtige Sich einem noch mehr zuwendet. Dies ist gänzlich im Einklang mit dem Naturgesetz. Der allmächtige Gott hat es zu einem Teil des menschlichen Wesens gemacht, dass dann, wenn einer sich einem anderen mit aufrichtigem Herzen zuwendet, auch das Herz des Letzteren ihm gegenüber erweicht. Wie also kann die Vernunft akzeptieren, dass dann, wenn ein Diener sich Gott, dem Allmächtigen, mit einem getreuen Herzen zuwendet, Gott Sich ihm nicht zuwenden würde? In der Tat wendet Gott, Der wohlwollend
und barmherzig ist, Sich Seinem Diener sogar noch mehr zu. Darum ist, wie wir gerade erwähnt haben, Gottes Name im Heiligen Qur‘an auch Tawwāb, was „oft-wiederkehrend“ bedeutet.
Des Menschen Hinwenden zu Gott findet in Reue und Demut und Sanftmut, und Gottes Hinwenden zum Menschen findet in Gnade und Vergebung statt. Wäre die Gnade nicht eines der Attribute des allmächtigen Gottes so würde niemand errettet werden. Es ist scha- de, dass diese Menschen über die Attribute Gottes, des Allmächti- gen, nicht nachdenken und gänzlich von ihren eigenen Handlungen abhängig sind. Aber kann es die Einstellung Gottes sein, Der ohne irgendeine Handlung seitens des Menschen tausende von Begünsti- gungen für ihn auf der Erde erschaffen hat, dass Er Sich nicht mit Gnade dem Menschen zuwenden würde, wenn er als schwacher und aufgrund seiner Unachtsamkeit gewarnter Mensch sich Ihm mit einer Hingabe zuwendet, die dem Tod gleicht, und er sein altes Gewand ablegen und vom Feuer Seiner Liebe verzehrt werden möchte? Ist dies das Naturgesetz?
103 ن
ْیِبذاکَ ْلایَلعَ هِ ّللاة
نَ عْ َل
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 133-134)
Man möge bedenken, dass es für die Reue drei Bedingungen gibt, ohne deren Erfüllung wahre Reue nicht erlangt werden kann.
Die erste Bedingung ist, sich übler Einbildungen, die üble Nei- gungen hervorrufen, zu entledigen. Gedanken haben einen großen Einfluss. Jeder Handlung geht ein Gedanke voraus. Somit ist die erste
Bedingung für Reue, dass üble Gedanken und Einbildungen abgelegt werden sollten. Wenn jemand zum Beispiel eine unerlaubte Bezie- hung zu einer Frau hat und bereuen möchte, dann ist es erforderlich, dass er jene als hässlich betrachtet und sich alle ihre niederen Eigen- schaften ins Gedächtnis ruft. Wie ich gerade gesagt habe, üben Gedan- ken einen starken Einfluss aus. Ich habe gelesen, dass einige Sufis ihre Vorstellungen so weit trieben, dass sie eine Person in der Form eines Affen oder Schweines sahen. Somit ist die erste Bedingung der Reue, dass alle Gedanken, die üble Freuden aufkommen lassen, ganz und gar abgelegt werden sollten.
Die zweite Bedingung ist ein schlechtes Gewissen. Das Gewissen eines jeden rügt ihn wegen eines jeden Übels, aber ein vom Glück nicht Begünstigter lässt sein Gewissen in der Schwebe. Also sollte ein Sünder wegen seiner Sünde und üblen Handlung eine Reue zum Ausdruck bringen und darüber nachdenken, dass das Vergnügen, das durch sie gewonnen werden kann, vorübergehend ist. Er sollte auch bedenken, dass das Vergnügen jedes Mal geringer wird und er schließlich im Alter, wenn seine Fähigkeiten geschwächt sind, ge- zwungen sein wird, all diesen Freuden zu entsagen. Warum also sich dem hingeben, was schließlich ohnehin aufgegeben werden muss? Äußerst vom Glück begünstigt ist jene Person, die reumütig umkehrt und entschlossen ist, alle verderbten Gedanken und üblen Vorstel- lungen abzulegen. Wenn er sich dieser Unreinheit entledigt, sollte er reumütig sein.
Die dritte Bedingung ist der feste Entschluss, dass man nicht zu jenen Lastern zurückkehren wird. Wenn man auf diesem Vorsatz be- harrt, wird Gott einem die Kraft für wahre Reue verleihen und man wird sich seiner Laster völlig entledigen, die durch gutes sittliches Verhalten und lobenswerte Handlungen ersetzt werden. Dies ist ein moralischer Sieg. Es liegt bei Gott, dem Allmächtigen, die Kraft und
Stärke dafür zu verleihen, denn Er ist der Herr aller Kraft und aller Stärke, so wie er gesagt hat:
104 اعً یۡ مِ ج
هِ ّلٰ ِلةَ وَّ قُ ۡلانَّ َا
(Malfūẓāt, Bd. I, S. 138-40)
Die wahre Bedeutung von istiġfār ist, von Gott zu erflehen, dass keine menschliche Schwäche gezeigt werden möge und Gott sein We- sen mit Seiner Stärke unterstützen und in den Kreis Seiner Hilfe und Seines Schutzes aufnehmen möge. Die Wurzel von istiġfār ist ġafara, was „bedecken“ bedeutet. Somit ist die Bedeutung von istiġfār, dass Gott die natürliche Schwäche des Betenden mit Seiner Kraft bedecken möge. Diese Bedeutung wird dann erweitert, um das Verhüllen ei- ner begangenen Sünde einzuschließen, aber die wahre Bedeutung ist, dass Gott den Betenden vor dessen natürlicher Schwäche schützen und ihm Kraft von Seiner Kraft und Wissen von Seinem Wissen und Licht von Seinem Licht gewähren möge.
Nachdem Er den Menschen erschaffen hat, ist Gott nicht von ihm separiert, doch da Er der Schöpfer des Menschen und der Schöpfer al- ler seiner äußerlichen und inneren Eigenschaften ist, ist Er auch aller- haltend, das heißt, Er schützt mit Seiner Stütze alles, was Er erschaffen hat. Darum ist es für den Menschen erforderlich, dass er, da er von Gott erschaffen worden ist, die Wesenszüge seiner Erschaffung durch das allerhaltende Attribut des Göttlichen zu schützen versuchen soll- te...
Somit ist dies ein natürliches Bedürfnis des Menschen, zu dem er
104 „Alle Macht gehört Allah.“ (Al-Baqara, 2:166; Anm. d. Ü.)
angewiesen worden ist, das istiġfār auszuführen. Hierauf wird sich in dem Vers bezogen:
105
مُ وۡ یُّ قَ ۡلایُّ َحلۡ َاوَۚ ھ
اَّلاِ ہَ ٰلاِ ۤاَلهُ ّللَا
...Er ist sowohl der Schöpfer als auch allerhaltend. Als der Mensch erschaffen wurde, war die Funktion des Erschaffens vollendet, aber die Funktion des Erhaltens wirkt ewig, weswegen das istiġfār stets benötigt wird. Jedes Attribut Gottes beinhaltet eine Gnade und das istiġfār ist erforderlich, um die Gnade des Allerhaltens zu erlangen. Dies wird angedeutet in dem Vers der Sura al-Fātiḥa:
106 ُنۡیعِ تَ سۡ َ نکاَّیاِ وَ دُ بُ عۡ َنکاَّیاِ
Dies bedeutet, dass wir Dich allein anbeten und Dich allein um Hil- fe anflehen. Deine Attribute des Versorgens und Allerhaltens sollten uns helfen und uns vor dem Stolpern schützen, damit unsere Schwä- che nicht offenkundig werde und wir versäumen, Dich anzubeten.
Somit ist es offensichtlich, dass die wahre Bedeutung von istiġfār nicht ist, dass ein Versäumnis geschah, sondern dass sich kein Ver- säumnis ereignen möge. Das menschliche Wesen, das sich schwach sieht, sucht natürlich Kraft bei Gott, wie ein Kind Milch bei seiner Mutter sucht. So wie Gott dem Menschen von Anfang an Zunge und Augen und Herz und Ohren usw. verliehen hat, desgleichen hat Er ihm auch von Anfang an das Verlangen nach istiġfār verliehen und ihn fühlen lassen, dass er für Hilfe von Gott abhängig ist. Dies wird angedeutet in dem Vers:
105 „Allah – es gibt keinen Gott außer Ihm, dem Lebendigen, dem aus Sich Selbst Seien- den und Allerhaltenden.“ (Al-Baqara, 2:256; Anm. d. Ü.)
106 Al-Fātiḥa, 1:5. (Anm. d. Ü.)
107 ت
نٰ مِ ؤۡ مُ ۡلاوَ ن
ۡینِ مِ ؤۡ مُ ۡلِلوَ ک
بِ ۡۢنذَ ِلرۡ ِفغۡ تَ ساو
Dies bedeutet, dass der Heilige ProphetSAW angewiesen wurde, zu beten, dass sein Wesen vor menschlicher Schwäche geschützt und so gestärkt werden möge, dass die Schwäche nicht offenkundig werden möge. Er wurde auch angewiesen, als Fürbitte für die Männer und Frauen, die an ihn glaubten, zu beten, dass sie geschützt werden mö- gen vor der Strafe für die Sünden, die von ihnen begangen worden sein mögen, und dass sie für den Rest ihres Lebens vor Sünde ge- schützt sein mögen.
Dieser Vers umfasst eine sehr erhabene Philosophie über den Schutz vor Sünde und die Fürbitte. Er deutet auch an, dass man eine hohe Stufe des Schutzes vor Sünde erreichen und Fürbitte erlan- gen kann, wenn man ständig für die Unterdrückung seiner eigenen Schwäche und für die Errettung anderer vor dem Gift der Sünde betet und man selbst durch das Gebet Kraft von Gott anzieht und wünscht, dass auch jene, die seinen Glauben teilen, an jener Kraft teilhaben mögen. Eine sündlose Person muss von Gott insofern Kraft erflehen, als das menschliche Wesen selbst keine Vortrefflichkeit besitzt, son- dern sie jeden Augenblick von Gott erhält, und selbst keine Kraft hat, sondern jeden Augenblick die Kraft von Gott erhält, und selbst kein vollkommenes Licht hat, sondern das Licht von Gott erhält. Einem vollkommenen Wesen wird eine Anziehungskraft verliehen, damit es die von oben kommende Kraft auf sich herabziehen möge, wie- wohl der Schatz der Kraft das Wesen Gottes ist. Engel ziehen für sich selbst Kraft aus diesem Schatz und ebenso zieht der vollkommene Mensch aus diesem Urquell der Kraft durch das Rohr der Knecht- schaft die Kraft der Sündlosigkeit und Gunst zu sich. Somit ist al-
107 „Und bitte um Vergebung für deine Fehler und für die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen.“ (Muḥammad, 47:20; Anm. d. Ü.)
Was also ist das istiġfār? Es ist ein Instrument, durch das Kraft ge- wonnen wird. Das ganze Geheimnis der göttlichen Einheit ist, dass man die Eigenschaft der Unschuld nicht als einen fortdauernden Be- sitz des Menschen betrachten, sondern Gott als den Urquell erachten sollte, um sie zu erlangen. Gott, der Allmächtige, gleicht metaphorisch dem Herzen, das einen Vorrat an reinem Blut hat, und das istiġfār ei- nes vollkommenen Menschen gleicht den Venen und Arterien, die mit dem Herzen verbunden sind und reines Blut aus ihm ziehen, um es den Gliedern, die es benötigen, zuzuführen.
(Review of Religions – Urdu, vol. I, S. 187-190)
Istiġfār und tauba (Reue) sind zwei verschiedene Dinge. Von einem Gesichtspunkt aus hat das istiġfār insofern einen Vorrang gegenüber der Reue, als das istiġfār die von Gott erlangte Hilfe und Kraft ist, während Reue bedeutet, auf seinen eigenen Füßen zu stehen. Es ist die Praxis Gottes, dass Er, wenn man Ihn um Hilfe ersucht, Kraft ver- leiht, und mit jener Kraft steht der Betende auf seinen eigenen Füßen und besitzt somit die Fähigkeit, Gutes zu tun. Dies bedeutet, sich Gott zuzuwenden und ist die natürliche Folge davon. Suchenden wird an- befohlen, dass sie in jedem Zustand Hilfe von Gott ersuchen sollten. Bis dass ein Suchender Kraft von Gott erhält, kann er nichts tun.
Die Kraft zur Reue wird nach dem istiġfār erlangt. Wenn es kein istiġfār gibt, stirbt die Fähigkeit zur Reue. Wenn ihr dem istiġfār also mit Reue nachgeht, wird das Ergebnis so sein, wie in diesem Vers nie- dergelegt ist:
108 یمًّ سَ مُ
لٍ جَ َایٰۤلاِ انً سَ ح
اعاتَ مَ
مۡ ک
عۡ تِّ مَ ُی
Es ist Gottes Praxis, dass jene, die dem istiġfār mit Reue nachge- hen, hohe Stufen erreichen. Jede Seele hat seine Kapzität, innerhalb der sie ihre hohen Stufen erreichen kann. Nicht jeder kann ein Prophet oder ein Gesandter oder ein Rechtschaffener (ṣiddīq) oder ein Märty- rer (šahīd) sein.
(Malfūẓāt, Vol. II, S. 68-69)
109 ه
یۡ َلاِ اوۤۡ ُبوۡ ُت مَّ ُث مۡ ک
َّبرَ اوۡ رُ ِفغۡ تَ سانِ َاوَ
Den Muslimen wurden zwei Dinge gewährt; eines um Kraft zu erlangen, und das andere für den praktischen Beweis der erhaltenen Kraft. Das istiġfār ist für das Erlangen von Kraft. Es wird auch Hilfe- suchen genannt. Die Sufis haben gesagt, dass so, wie die physische Stärke und Kraft durch Übung gefördert wird, das istiġfār gleicherma- ßen eine spirituelle Übung ist. Dadurch erhält die Seele Kraft und das Herz erlangt Standhaftigkeit. Derjenige, der Kraft begehrt, sollte sich im istiġfār üben.
(Malfūẓāt, Vol. II, S. 67)
Die Tore der göttlichen Gunst sind niemals geschlossen
Die Tore der Gunst und des Wohlwollens von Gott, dem Allmäch-
108 „Er wird euch eine reiche Versorgung bereiten bis zum Ende der festgesetzten Frist.“
(Hūd, 11:4; Anm. d. Ü.)
109 „Und dass ihr Vergebung erflehet von eurem Herrn und euch dann zu Ihm bekehrt."
(Hūd, 11:4; Anm. d. Ü.)
tigen, sind nie geschlossen. Wenn man sich Ihm mit wahrem Herzen und aufrichtig zuwendet, dann ist Er vergebend und barmherzig und akzeptiert die Reue. Es ist eine große Unverschämtheit und Respekt- losigkeit, zu spekulieren, wie vielen Sündern der Allmächtige verge- ben wird. Die Schätze Seiner Gnade sind unbegrenzt. Ihm fehlt nichts und Seine Türen sind vor niemandem verschlossen. All jene, die vor Gott erscheinen, werden hohe Ränge erreichen. Dies ist ein sicheres Versprechen. Derjenige, der an Gott verzweifelt, und den sein letz- ter Augenblick in einem Zustand der Unachtsamkeit ereilt, ist höchst unglückselig und kein vom Glück Begünstigter, weil die Tür zu jener Zeit verschlossen ist.
(Malfūẓāt, vol. III, S. 296-297)
Es gibt Menschen, die der Sünde gewahr werden, und es gibt an- dere, die sich der Sünde nicht einmal bewusst sind. Darum hat Gott, der Allmächtige, das istiġfār unter allen Umständen vorgeschrieben, so dass der Mensch sich ob all seiner Sünden mit dem istiġfār beschäf- tigen möge, seien es äußerliche oder innere und ob er sie kennt oder nicht kennt. Man sollte für jede Art von Sünde um Vergebung bitten, ob es Sünden der Hände oder der Füße oder der Zunge oder der Nase oder der Ohren oder der Augen sind. Wir sollten heutzutage flehen wie Adam:
110 ن
ۡیرِ سِ خٰ لان
منَّ َنوۡ ک
نَ َلانَ مۡ حَ رۡ َتوَ انَ َلرۡ ِفغۡ َتمۡ َّل نۡ اِ وَ ٜانَ سَ فُ ۡنَاۤانَ مۡ َلظَ انَ َّبر
Dieses Gebet wurde bereits erhört. Lebt nicht unachtsam. Derjeni- ge, der nicht unachtsam ist, würde nicht in einem Unglück verwickelt
110 „Unser Herr, wir haben wider uns selbst gesündigt; und wenn Du uns nicht verzeihst und Dich unser nicht erbarmst, dann werden wir gewiss unter den Verlorenen sein.“ (Al-Aʿrāf, 7:24; Anm.d. Ü.)
sein, das über seine Kraft hinausgeht. Kein Unglück kommt ohne göttliches Geheiß. Darum ist mir in einer Offenbarung das Gebet ge- lehrt worden:
111 یْ نِ مْ حَ راوَ یْ ِنرْ صُ ْناوَ یْ نِ ظْ فَ حاَفبِّ رَ ک
مُ داخ
ءٍ یْ ش
لُّ ُکبِّ ر
(Malfūẓāt, vol. IV, S. 275-276)
Unachtsamkeit entsteht aus unbekannten Gründen. Manchmal ist das Herz plötzlich, ohne dass man es bemerkt, von Rost und Dun- kelheit befallen. Infolgedessen benötigt man das istiġfār. Es bedeutet, dass man nicht an Rost und Dunkelheit leidet. Die Christen behaup- ten törichterweise, dass das istiġfār zeigt, dass der Betende sündig gewesen ist. Die wahre Bedeutung von istiġfār ist, dass keine Sünde begangen werden möge. Wenn istiġfār die Vergebung begangener Sünden bedeutet, welchen Ausdruck verwendet man dann für die Unterdrückung der zukünftigen Sünden? Alle Propheten benötigten das istiġfār. Je mehr man das istiġfār betet, desto unschuldiger ist man. Die wahre Bedeutung davon ist, dass Gott einen vor Sünde erretten möge.
(Malfūẓāt, vol. IV, p. 255)
Also steht auf! Zeigt Reue und erfreut euren Herren mit guten Ta- ten. Und merkt euch, dass die Strafe für glaubensbezogene Sünden nach dem Tod sein wird. Genauso wird auch der Disput zwischen Hindus, Christen und Muslime am Tag des Jüngsten Gerichts ent-
111 „Herr, alles dient Dir; darum Herr, beschütze mich und helfe mir und sei mir gnä- dig.“ (Anm. d. Ü.)
schieden werden. Aber derjenige, der in Unterdrückung, Grausam- keit und Immoralität jede Grenze überschreitet, der wird schon in diesem Leben bestraft und wird vor der Strafe Gottes nicht weglaufen können. Also erlangt schnell das Wohlgefallen eures Herren, bevor der fürchterliche Tag der Pest, vom Heiligen ProphetenSAW prophezeit, kommt. Vertragt euch mit Gott, Der höchst Gnädige, der siebzig Jahre sündhaftes Leben durch einen Moment der Reue vergibt. Und sagt nicht, dass Reue nicht angenommen wird. Merkt euch, dass ihr durch eure Taten niemals beschützt werdet. Immer schützt die Gnade Gottes und niemals die eigenen Taten. O mein gnädiger Herr! Schütte Deinen Segen über uns alle, da wir Deine Diener sind und uns vor Deinem Reich niederwerfen. Amien.
(Lecture Lahore, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 174 [Dt. Ü.: Der Vortrag von Lahore, Frankfurt am Main 2011, S. 54f])
In diesem Haus der Dunkelheit angekommen, kann der Mensch keine Erlösung erlangen, wenn er nicht dadurch, dass er entweder mit der Rede Gottes beehrt wird oder sich in der Gesellschaft eines aufhält, der der Empfänger wahrer Offenbarung ist und deutliche Zeichen gesehen hat, die Gewissheit erlangt, dass er einen Gott hat, Der mächtig, wohlwollend und barmherzig ist, und dass sein Glaube, der Islam, wirklich wahrhaftig ist, und dass das Jüngste Gericht und Himmel und Hölle Realitäten sind. Aus Tradition glauben alle Musli- me an Gott und an die Wahrhaftigkeit des Heiligen ProphetenSAW, aber dieser Glaube hat keine sichere Grundlage. Durch einen so schwachen Glauben ist es nicht möglich, tief berührt zu sein und wahren Hass auf die Sünde zu entwickeln.
(Nuzūlu l-masīḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 18, S. 485-486)
Es ist schade, dass sich die meisten Menschen der wahren Bedeu- tung von Erlösung nicht bewusst sind. Den Christen zufolge bedeutet Erlösung die Errettung vor der Strafe für begangene Sünde. Dies ist nicht die wahre Bedeutung von Erlösung. Es ist möglich, dass jemand keinen Ehebruch oder Diebstahl begeht, kein falsches Zeugnis ablegt und niemanden tötet, noch irgendeine andere Sünde begeht und den-
noch die Erlösung nicht kennt, denn Erlösung bedeutet das Erlan- gen jenes ewigen Wohlergehens, nach dem das menschliche Wesen hungert und durstet. Sie wird, nach Seinem vollen Verstehen und der Begründung einer vollkommenen Beziehung zu Ihm, nur durch die persönliche Liebe Gottes erlangt, und deren Bedingung ist, dass die Liebe auf beiden Seiten aufwallt...
Für einen Wahrheitssucher ist die einzige Frage, wie wahres Wohl- ergehen, das das Mittel zu ewiger Freude und ewigem Glück sein würde, zu erreichen ist. Das Zeichen einer wahren Religion ist, dass sie einen zu diesem Wohlergehen führt. Durch die Führung des Hei- ligen Qur‘an lernen wir, dass ewiges Wohlergehen im wahren Verste- hen Gottes, des Allmächtigen, und in Seiner heiligen und vollkomme- nen und persönlichen Liebe gefunden wird, sowie im vollkommenen Glauben, der im Herzen die Unruhe eines Liebenden erzeugt. Dies sind einige wenige Worte und dennoch würde es einen ganzen Band erfordern, um eine vollständige Erklärung niederzulegen.
(Chašma-e masīḥī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 359-360)
Was der Heilige Qur‘an in diesem Zusammenhang sagt, ist unten- stehend zusammengefasst:
O Meine Diener, verzweifelt nicht an Mir. Ich bin barmherzig und wohlwollend und bedecke die Sünden und vergebe sie und bin barm- herziger zu euch als irgendein anderer. Niemand wird euch gnädiger sein als Ich. Liebt Mich mehr als ihr eure Väter liebt, denn Ich bin größer in der Liebe als sie es sind. Wenn ihr zu mir kommt, werde Ich alle eure Sünden vergeben, und wenn ihr bereut, werde Ich eure Reue annehmen. Wenn ihr mir langsam näherkommt, laufe Ich auf euch zu. Derjenige, der Mich sucht, wird Mich finden, und derjenige, der sich Mir zuwendet, wird Meine Tür offen finden. Ich vergebe die Sün- den eines Reuigen – selbst wenn sie größer sind als die Berge. Meine
Barmherzigkeit euch gegenüber ist groß und mein Zorn ist gering, weil ihr Meine Geschöpfe seid. Ich habe euch erschaffen und darum umfasst Meine Barmherzigkeit euch alle.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 56)
Nach intensiven Überlegungen und fortwährenden Offenbarun- gen durch Allah habe ich erfahren, dass, obwohl in diesem Land viele verschiedene religiöse Gruppierungen existieren und religiöse Auseinandersetzungen tagtäglich zunehmen, es tatsächlich nur einen Grund für diese Auseinandersetzungen gibt; nämlich die Abnahme von Spiritualität in den Menschen und ihre schwache Bindung zu Gott. Das himmlische Licht, durch das die Menschen zwischen wahr und falsch unterscheiden können, hat sich aus den Herzen vieler Men- schen entfernt und die Welt wendet sich verstärkt der Gottlosigkeit zu. Sie reden zwar von Gott und Parameshwara, doch in ihren Her- zen verbreitet sich immer mehr atheistisches Gedankengut. Dies kann auch sehr einfach durch das Verhalten der Menschen, das nicht so ist wie es sein sollte, nachgewiesen werden. Alles Mögliche wird verkün- det, doch nichts in die Tat umgesetzt. Hier soll nicht die Tugendhaftig- keit einer frommen Person angezweifelt werden, vielmehr gilt es fest- zustellen, dass es einem Großteil der Menschen misslingt, so zu leben, dass sie dem ursprünglichen Sinn von Religionen gerecht werden. Die wahre Reinheit des Herzens und die wahre Liebe zu Gott und die wahre Liebe zu seiner Schöpfung und Duldsamkeit und Gnade und Gerechtigkeit und Demut und alle anderen reinen Tugenden, ebenso Gottesfurcht und Ehrlichkeit bilden die Seele einer Religion, doch die meisten Menschen beachten dies nicht. Es ist bedauerlich, dass auf der Welt tagtäglich Kriege und Kämpfe zwischen den Religionen zu- nehmen, demgegenüber aber die Spiritualität immer weiter abnimmt.
Der wahre Sinn von Religionen ist, den wahren Gott, den Schöpfer des Universums zu erkennen, eine solche Liebe zu Ihm zu entwickeln, die die Liebe zu allem anderen erkalten lässt, mit Seinen Geschöpfen mit Mitgefühl umzugehen und danach zu Streben, die größtmögliche innere Reinheit zu erlangen. Demgegenüber sehe ich jedoch, dass die- ser Zweck in der heutigen Zeit vergessen wurde und viele Menschen einem wie auch immer geartetem Atheismus folgen. Sie sind sich der Existenz Gottes nicht bewusst und dieses mangelhafte Bewusstsein über die Existenz Gottes führt dazu, dass mit immer weniger Skrupel Sünden begangen werden. Es ist logisch, dass man eine Sache, die man nicht kennt, nicht wertschätzt, nicht liebt noch hat man Furcht vor ihr. Alle Arten der Liebe und Furcht entstehen nach der Erkennt- nis.
Es ist also ersichtlich, dass heutzutage auf der Welt eine Vielzahl der Sünden aufgrund fehlender Erkenntnis begangen werden. Ein Merkmal von wahren Religionen ist, dass in ihr viele solcher großarti- gen Zeichen vorhanden sind, die das Erkennen von Gott ermöglichen, so dass die Menschen sich nicht nur vor Sündhaftigkeit schützen, son- dern sie die Schönheit Gottes erfahren und daraufhin solch eine Lie- be zu Ihm entwickeln, dass auch nur ein Augenblick der Trennung von Gott für sie sich schlimmer anfühlt als die Qualen der Hölle. Be- freiung von Sündhaftigkeit und in der Liebe Gottes zu versinken, bedeuten nicht nur den unzweifelhaft höchsten Sinn menschlicher Existenz erlangt zu haben, sondern auch wahre Glückseligkeit und das Erlangen von Seelenfrieden. Demgegenüber sind alle Wünsche, die dem Wohlgefallen Gottes widersprechen, und jedes Leben, das damit verbracht wird, diese Wünsche zu erlangen, gleichzusetzen mit dem Feuer der Hölle. An dieser Stelle kommt nun die Frage auf, wie man sich von dieser höllischen Existenz befreien kann. Die mir von Allah mitgeteilte Antwort lautet, dass, wenn man sich von die-
sem Feuertempel befreien möchte, man eine wahre und vollkommene Erkenntnis von Gott besitzen muss, denn die menschlichen Gefühle, die einen zum Schlechten verleiten, sind wie gewaltige Fluten, die mit aller Kraft versuchen, den Glauben zu vernichten. Gegen die Stärke solcher Kräfte wird ein Gegenmittel benötigt, das ebenso stark ist. Wir brauchen also um Erlösung zu erlangen, vollkommenes Wissen und vollkommene Erkenntnis von Gott.
(Lecture Lahore, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 147-149 [Dt. Ü.: Der Vor- trag von Lahore, Frankfurt am Main 2011, S. 19-21)
Also, meine Lieben! Es ist eine wahre und erwiesene Tatsache, dass der Mensch für die Befreiung von Sünden von vollkommener Got- teserkenntnis abhängig ist und nicht von irgendeiner Erlösung. Ich sage wahrhaftig, wenn das Volk Noahs durch vollkommene Gotte- serkenntnis vollkommene Furcht erlangt hätte, dann wäre es niemals versunken. Und wenn Lots Volk diese Erkenntnis gewährt wäre, so hätte es auf sie nicht Steine gehagelt. Und wenn diesem Land die Er- kenntnis Gottes zuteil geworden wäre, die im Körper ein Zittern er- zeugt, dann hätte die Pest nicht eine solche Vernichtung angerichtet, wie sie es getan hat. Eine mangelhafte Erkenntnis jedoch bringt nichts, noch kann dessen Ergebnis, also Furcht und Liebe, vollkommen sein. Unvollkommener Glaube ist nutzlos und unvollkommene Liebe ist nutzlos und unvollkommene Furcht ist nutzlos und unvollkommene Erlösung ist nutzlos. Und jegliche Nahrung und jeglicher Trank, die nicht vollkommen sind, sind nutzlos. Kannst du deinen Hunger nur durch ein Korn stillen?
O diejenigen, die träge in ihren Bemühungen sind! O Wahrheits- suchende! Wie könnt ihr mit geringer Erlösung, geringer Liebe und geringer Furcht große Segnungen Gottes erwarten? Es ist die Aufgabe von Gott, dem Allmächtigen, die Menschen von Sünden zu reinigen
und die Herzen mit seiner Liebe zu füllen. Und es ist von Seiner Ab- sicht abhängig, die Furcht vor Seiner Erhabenheit im Herzen zu er- zeugen. Ebenso war es schon immer ein göttliches Verfahren, dass alle diese Dinge nur nach der vollkommenen Erkenntnis erlangt werden können.
Die Wurzel von Furcht, Liebe und Respektbekundung liegt also in der vollkommenen Erkenntnis. Derjenige also, der vollkommene Erkenntnis erlangt hat, der hat auch vollkommene Furcht und Liebe erlangt. Und derjenige, der vollkommene Furcht und Liebe erlangt hat, der wird auch von jeder Sünde, die durch Skrupellosigkeit ent- steht, befreit. Für diese Erlösung sind wir weder auf irgendjemandes Blut angewiesen, noch auf irgendein Kreuz.
Und wir benötigen auch kein Sühneopfer, sondern nur ein Op- fer unserer Begierden, dessen Notwendigkeit unsere Natur ver- spürt. Eine andere Bezeichnung für ein solches Opfer ist Islam. Islam bedeutet, dass man sein Selbst opfert, dass man mit vollkom- mener Überzeugung seine Seele an die Schwelle zu Gott legt. Dieser schöne Name ist die Seele jeder Scharia und das Leben aller göttlichen Gebote. Mit Herzensfreude und Wohlwollen sich selbst zu opfern, er- fordert vollkommene Liebe. Und vollkommene Liebe erfordert voll- kommene Erkenntnis. Der Begriff Islam deutet also darauf hin, dass für das wahre Opfern vollkommene Erkenntnis und Liebe notwendig sind und nichts anderes. Darauf deutet Allah im Heiligen Qur‘an hin.
112 ۡمک
نۡ مِ یوٰ قۡ تّ لاہُ ُلانَ َّینک
ٰلوَ اھَ ؤآمَ دِ اَلوَ اہَ مُ وۡ ُحل
هَ ّللالانَ َّینۡ َل
Das heißt, dass weder das geopferte Fleisch noch das Blut eurer Opfer Mich erreichen. Im Gegenteil, das einzige Opfer, das Mich er-
112 Al-Ḥaǧǧ, 22:38. (Anm. d. Ü.)
reicht, ist eure Furcht vor Mir, und dass ihr Meinetwillen rechtschaf- fen seid.
(Lecture Lahore, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 150-152 [Dt. Ü.: Der Vor- trag von Lahore, Frankfurt am Main 2011, S. 23f)
Nun erhebt sich natürlich die Frage, ob es ein wahres Heilmittel für die Befreiung von der Knechtschaft der Sünde gibt, wenn das Süh- neopfer Christi dies nicht ist, weil das sündige Leben schlechter als der Tod ist. Ich behaupte es nicht nur eindringlich, sondern biete als meine eigene Erfahrung und wohlerprobtes Mittel an, dass seit der Erschaffung des Menschen bis heute nur eine einzige sichere Metho- de existiert, um von der Sklaverei der Sünde und dem Ungehorsam gegen Gott erlöst zu werden. Nichts kann sicher gegen die Sünde wirken, außer einem gründlichen Wissen über Gott, erworben durch sichere und überzeugende Argumente und strahlende Zeichen Seiner Existenz. Man soll nicht einfach nur glauben, dass ein Gott ist, son- dern Gott kennen und Gott sehen. Eben durch solches Wissen von Gott erkennt der Mensch klar, dass der Zorn Gottes wie verzehrendes Feuer ist, und dass eine Offenbarung der Schönheiten Gottes die Seele beruhigt und offenbar macht, dass wahre Wonne und ewige Glück- seligkeit aus beständiger und ehrfurchtsvoller Anbetung Gottes be- stehen. Jeder Schleier, der das Angesicht Gottes vor den Menschen verbirgt, wird dann gelüftet, und die göttliche Glorie und Schönheit werden in ihrem vollen Glanz enthüllt. Dies ist der einzige Weg, auf dem die sinnlichen Begierden beherrscht werden können, und es ist nur ein solches Wissen von Gott, das eine echte Umwandlung im Menschen schafft. Manch einer möchte vielleicht denken, dass auch
er an Gott glaubt, Gott liebt und Ihn fürchtet, doch ihm nicht die Rein- heit der Seele gewährt ist. Andere möchten vielleicht einwenden, dass die ganze Welt, mit Ausnahme einiger weniger, nicht ungläubig ge- gen Gott ist, und doch wüten Sünde und Bosheit in der Welt. Aber tatsächlich besteht ein großer Unterschied zwischen einem Glauben an Gott und einem Wissen von Gott. Ich beabsichtige nicht zu sagen, dass einem, der lediglich an Gott glaubt, die Kraft gewährt wird, die Sünden zu überwinden, aber solche Kraft wird dem gewährt, der ein gründliches Wissen von Gott hat, und der beides gekostet hat, die Gottesfurcht und die Gottesliebe. Der an Gott Glaubende gibt ganz einfach zu, dass ein Gott existiert, aber einer, der ein gründliches Wis- sen von Gott hat, sieht in Wirklichkeit, was der andere einfach auf- grund von Wahrscheinlichkeit nicht zurückweist. Wenn gesagt wird, Satan habe ein klares Wissen von Gott und doch ist er ungehorsam gegen das Göttliche, so sei die Antwort, dass eine solche Sichtweise nicht korrekt ist. Satan hat nicht die perfekte Kenntnis, welche dem Rechtschaffenen von Gott gewährt wird.
Es liegt im Wesen des Menschen, dass er, wenn vollkommenes Wissen ihn sicher gegenüber etwas macht, unbedingt davon erfüllt ist. Er vermeidet jeden schrecklichen Pfad der Zerstörung, wenn er es einmal erkannt hat. Es ist deshalb unmöglich, dass ein wirkliches Wis- sen von Gott und Ungehorsam gegen Seine Gebote im selben Herzen wohnen können, denn wenn das eine Dunkelheit ist, ist das andere Licht und muss jene vertreiben. In euren Augen ist es gewöhnlich, dass eine Sache, die sich aus Erfahrung als nützlich und förderlich für irgendetwas Gutes erwiesen hat, begierig von jedem verlangt wird, während das, was sich als schädlich erwiesen hat, verhasst ist und sogar mit Abscheu betrachtet wird. Zum Beispiel wird der Mann, der Strychnin in seiner Hand hält, sich aber dessen verhängnisvoller Ei- genschaft nicht bewusst ist, es möglicherweise unter dem Eindruck, es sei ein harmloses Medikament, in beliebiger Menge zu sich nehmen;
doch die Person, die weiß, es ist ein Gift, kann es nicht in irgendeiner solchen Menge einnehmen, da es sie sicher töten würde, wie sie weiß. Auf ähnliche Weise ist es eine zuverlässige und offensichtliche Wahr- heit, dass man, wenn man sicher weiß, da ist ein Gott, der jede Über- schreitung bestraft, und dass Strafe sicher auf jede ungehorsame Tat folgt, zu respektvoller Entfernung von jeder Art von Missetat bleibt...
Die Behauptung, dass wir wissen, dass es einen Gott gibt und dass die Sünde bestraft werden wird, und trotzdem noch Sünden zu bege- hen, und zu sagen, dass deshalb die Unzulänglichkeit der Methode aufgezeigt sei, ist nichts als Täuschung. Unmöglich würde der Mensch riskieren, eine Sünde zu begehen, nach der sicheren Überzeugung, dass er kaum eher die Gebote des Allmächtigen übertreten könnte, als ihn das Feuer der Bestrafung schon blitzschnell im Nu verzehren würde. Der Grundsatz, auf dem hier die Betonung liegt, ist einer, der der Widerlegung trotzt. Unbestreitbar gibt es im Menschen nicht die Tendenz, eine Tat zu versuchen, so oft dieser Tat mit Sicherheit eine bestimmte Bestrafung folgt. Niemand hält seine Hand in brennendes Feuer oder stürzt sich selbst vom Gipfel eines Berges hinunter oder springt in einen Brunnen oder stellt sich vor einen fahrenden Zug oder hält seine Hand in einen Löwenrachen oder streckt sein Bein vor einem tollwütigen Hund aus oder stellt sich unter einen einschlagen- den Blitz oder bleibt in einem Haus, wenn das Dach über seinem Kopf zusammenfällt, oder bleibt auf einem gerade einsinkenden Grund ste- hen. Gibt es einen beherzten Mann, der, wenn er eine giftige Schlange auf seinem Bett sieht, nicht sofort auf den Boden springt? Oder wird der waghalsigste Mann, wenn sein Haus brennt, nicht alles von den Flammen verzehren lassen, um mit dem nackten Leben davonzukom-
men? Wenn dies alles wahr ist und der Mensch natürlicherweise vor der Gefahr flieht, warum bleibt er dann nicht frei von Sünden und entflieht dem kommenden Zorn? Die Antwort, die ein mit Verstand begabter nach intensivem Nachsinnen geben kann, lautet, dass in den zwei Fällen ein Unterschied besteht, was die Gewissheit der Konse- quenzen betrifft.
Die meisten Menschen haben tatsächlich kein sicheres Wissen be- züglich der Folgen ihrer Vergehen. Sie sind sich zweifellos der Schäd- lichkeit der Sünde bewusst, aber sie fürchten sie niemals wie den Lö- wen oder die Schlange. Unter diesem äußerlichen Glauben versteckt sich eine Vorstellung, es gebe keinen positiven Beweis in Bezug auf die Vergeltung. Selbst die Existenz Gottes ist nicht ohne Frage. Es be- steht auch eine Unsicherheit hinsichtlich der Unsterblichkeit der See- le, oder falls als unsterblich angenommen, wer könne schon über ihr künftiges Schicksal etwas sagen, oder ob etwa die Übertretung von Gottes Geboten wirklich bestraft werden wird? Dass solche Gedanken in den Köpfen verborgen sind, steht außer leisestem Zweifel, obgleich sie dort vielleicht unerspäht bleiben werden oder sogar ungeahnt. Aber wie zu Anlässen eindeutiger Gefahr oben Beispiele angeführt wurden, wird Zerstörung todsicher die unmittelbare Folge sein, und deswegen kann keiner an die Gefahr herantreten, oder wenn jemand vor ihr Angesicht gebracht wird, wird er davoneilen.
Zusammenfassend sei gesagt, dass die meisten Menschen nicht jene Sicherheit in religiösen Angelegenheiten besitzen, wie sie sie in der materiellen Welt haben. Im einen Fall haben sie Gewissheit, im anderen eine bloße Idee, eine Vermutung sozusagen: In diesem füh- len und sehen sie, in jenem ist da ein totes Märchen. Nebel kann die Dunkelheit der Sünde nicht vertreiben, da muss schon klares Licht herrschen. Ich sage es klar und deutlich, dass die wahre Erlösung der Menschheit in keiner Beziehung zur Kreuzigung Jesu steht, und so- gar wenn tausend Messiasse gekreuzigt würden, dieses Ziel niemals
erreicht werden könnte. Nur eine gründliche Kenntnis von oder eine vollkommene Liebe zu Gott kann die Menschen von der Knechtschaft der Sünde befreien. Was den Tod Jesu am Kreuz anbetrifft, so ist dies zunächst einmal keine wahre Aussage und hat überdies keine Verbin- dung mit der Linderung von Sünde. Es ist eine unklare Behauptung ohne Grundlage und ohne Folgen. Beweismaterial stützt sie nicht noch bestätigt sie die Erfahrung. Der Freitod eines Messias hat keine denkbare Beziehung zur Vergebung der Sünden eines anderen.
Die wahre Natur von Erlösung bedeutet, dass der Mensch befreit werden sollte aus der Sündenverdammnis in dieser unserer Welt. Das Versprechen einer Erlösung im künftigen Leben, während dieses im Sündenfeuer verbracht werden muss, ist nichts als ein Trugschluss. Unnütze Märchen können einen nicht der schweren Last entheben, die man so sehnlich abzuschütteln wünscht, noch haben diese kin- dischen Geschichten, die bar jeder reinen Wahrheit und gänzlich der Sache fremd sind, irgend etwas Gutes dafür bewirkt oder ihre Vertei- diger gerettet. Sucht im ganzen Land, von Norden nach Süden und von Osten nach Westen, Ihr werdet keinen einzigen Menschen fin- den, welcher durch diese Geschichte zu jener Rechtschaffenheit des Herzens gelangt ist, die Gottes strahlendes Angesicht enthüllt. Es ist diese Rechtschaffenheit, die einen Menschen nicht nur die Sünde ver- abscheuen lässt, sondern ihm auch wirkliche Aussicht auf ein künfti- ges Paradies gibt, indem sie ihm in der Freude an der Wahrheit schon in diesem Leben himmlische Wonne gewährt. Die menschliche Seele zerschmilzt und wirft sich in Demut vor der Majestät Gottes ohne Zu- rückhaltung nieder. Ein Licht steigt vom Himmel herab und zerstreut die Düsterkeit fleischlicher Begierden.
So wie Dunkelheit einen Raum am helllichten Tag erfüllt, dessen
Türen geschlossen sind, während jedoch Licht hereindringt, wenn je- mand sich die Mühe macht und die Türen öffnet, ist es der Fall mit dem Geist des Menschen. Er muss sich selbst bis zum Äußersten be-
mühen, bevor er wirklichen Gewinn erntet. Um Licht in einen Raum hereinzulassen, muss man von seinem Platz aufstehen und die Fens- ter öffnen. Solange dies nicht geschieht, kann man nicht an den Gaben der Naturgesetze teilhaben. Ein Dürstender kann seinen Durst nicht mit dem bloßen Gedanken an Wasser löschen, sondern stolpernd und fallend muss er eine süße Wasserquelle erreichen und sich bücken, um daraus zu trinken. Dann erst wird sein brennender Durst gelöscht. Das Wasser des Lebens, das eure Seelen von der Entzündung der Sünde kühlen und erfrischen kann, ist vollkommene Zuversicht. Auf dieser Erde und unter den Himmeln gibt es kein anderes Heilmittel, um von Sünden gereinigt zu werden. Kein Kreuz kann dich von Übel befreien, kein Blut kann dich von den Fesseln der Leidenschaft befrei- en. Traue diesen Dingen nicht, denn sie haben nichts mit Befreiung zu tun. Denke über Realitäten nach und über Wahrheiten. Probiere es, wie Du es in der materiellen Welt tust, und Du wirst sehen, es gibt kein Licht außer jenem, welches von wirklicher Sicherheit ausgeht, das Dich aus der fleischlichen Dunkelheit der Sinne herausziehen kann, und es gibt kein reines und süßes Wasser außer dem, welches aus gründlicher Kenntnis und einer wirklichen Offenbarung von Got- tes Angesicht fließt, welches auch die Unreinheiten der Seele reinigen und das brennende Herz erfrischen kann. Ein Lügner ist jener, der eine andere Theorie vorschlägt, und ein Unwissender jener, der ein anderes Heilmittel anwenden will. Nicht Licht können sie Dir geben, sondern weitere Finsternis an Zweifeln, und nicht das kühle und süße Wasser, das sie Dir versprechen, sondern noch mehr Brennen und Entzündung. Kein Blut kann Dich läutern außer dem reinen Blut, das die nährende Gewissheit erzeugt, und kein Kreuz kann Dich erlösen außer dem Kreuz, das Du ertragen musst, um auf dem rechten Weg
zu gehen.
Ist es denn nicht wahr, dass Du nicht sehen kannst, solange da kein Licht ist, und solange Du nicht auf dem rechten Weg schreitest, kannst
Du nicht das Ziel erreichen. Denke an das, was weit entfernt ist von dem, was nahe ist, und beurteile die geistige nach der materiellen Welt. Die Gesetze, die in der einen maßgebend sind, gelten auch in der anderen Welt, denn beide haben denselben Ursprung.
Erlösung kann man nicht erreichen außer durch Licht, und der Blinde, der auf das Blut eines anderen vertraut, um von Sünden erret- tet zu werden, vertraut nur einem schwankenden Schilfrohr.
Einer, der nur nach Rettung in der nächsten Welt verlangt, ist si- cherlich auf der falschen Spur. Wahre Erlösung ist solche, die in die- sem Leben beginnt. Sie ist ein Licht, das ins Herz hineinfließt und den Abgrund der Vernichtung aufzeigt. Schreitet deshalb auf dem Pfad der Wahrheit und der Weisheit, dann werdet ihr Gott finden. Belebt und erwärmt euer Herz, damit ihr fähig werdet, euch in Richtung der Wahrheit zu bewegen. Unglücklich ist das Herz, welches kalt ist, elend der Geist, der niedergeschlagen ist und tot das Gewissen, in dem kein Licht ist. Seid nicht schlechter gestellt als der Eimer, der leer in den Brunnen geht, aber voll herauskommt. Seid nicht wie das Sieb, das seinen flüssigen Inhalt genau so rasch ausströmen lässt, wie es ihn erhält. Lasst all eure Bemühungen nur zu dem einen Ziel kom- men, dass eure Gesundheit wiederhergestellt sei und dass das Fieber, dessen vergiftende Hitze all eure Sinne beeinträchtigt hat, welches auch das Augenlicht, das Gehör, den Geschmackssinn, die Stärke der Glieder genommen hat, euch verlassen soll. Stellt die niederen Verbin- dungen mit dieser Welt ein, damit ihr fähig werdet, euch mit den hö- heren zu vereinen. Kontrolliert euer diesen Weg gehendes Herz, dass es gezwungen sei, den anderen zu wählen. Verwerft den schmutzigen Wurm dieser Erde, so dass euch das leuchtende Juwel des Himmels gewährt werde. Schaut zurück an den Anfang, da Gott Adam Seinen
Geist einhauchte. Lasst eure Taten derartig werden, dass ihr euch um denselben Segen verdient macht, damit ihr zu Herren über alle Dinge gemacht werdet, wie es euren Vätern vor euch geschah.
(Review of Religions—Urdu, vol. I, S. 23-29 [Dt. Ü.: Befreiung von der Sünde, Frankfurt am Main 2012, S. 46-56])
Das nächste, was für Erlösung erforderlich ist, ist die Liebe Gottes. Es ist offensichtlich, dass niemand einen zu quälen wünscht, der ihn liebt.
Liebe zieht Liebe an und zieht sie zu sich hin. Wenn jemand ei- nen anderen wirklich liebt, dann hat er, selbst wenn er seine Liebe der anderen Person nicht mitteilt, mindestens so viel Auswirkung, dass die geliebte Person nicht zum Feind dessen werden kann, der sie liebt. Darum ist gesagt worden, dass ein Herz sich einem anderen Herzen zuneigt. Die Ursache für die Anziehungskraft, die Propheten und Gesandte besitzen und wodurch tausende von Menschen zu ih- nen hingezogen werden und sie so sehr lieben, dass sie bereit sind, ihr Leben für sie niederzulegen, ist, dass ihre Herzen mit Mitgefühl für die Menschheit erfüllt sind, so dass sie selbst die Menschen so- gar noch mehr lieben, als eine Mutter ihre Kinder liebt, und den Trost jener sogar dadurch begehren, dass sie selbst Schmerz und Mühen dafür erleiden. Schließlich beginnt ihre Anziehungskraft, gute Herzen zu sich zu ziehen. Wenn der Mensch sich somit der geheimen Liebe einer Person bewusst wird, obgleich er das Verborgene nicht kennt, wie kann dann Gott, der Allmächtige, Der das Verborgene kennt, Sich der aufrichtigen Liebe eines Menschen nicht bewusst sein? Liebe ist etwas Wunderbares. Ihr Feuer übermannt das Feuer der Sünde und löscht die Flamme des Ungehorsams. Wahre und persönliche und vollkommene Liebe kann nicht zusammen mit der Strafe bestehen.
Eines der Zeichen von wahrer Liebe ist, dass es zum Wesen eines wahren Liebenden gehört, zu befürchten, sein Geliebter könnte sich von ihm trennen, und dass er sich als verloren betrachtet, wenn er den geringsten Fehler macht, und es als ein Gift ansieht, sich seinem Geliebten zu widersetzen, und dass er sich stets danach sehnt, ihn zu treffen, und so tief berührt ist von einer Entfernung und Abwesen- heit, dass er dann einem Toten gleicht. Er betrachtet nicht nur das, was die gewöhnlichen Menschen als Sünde betrachten – wie zum Bei- spiel Mord, Ehebruch, Diebstahl oder eine falsche Zeugenaussage –, als Sünde, sondern erachtet selbst die geringste Vernachlässigung und auch, dass er die geringste Neigung zu irgendetwas anderem außer Gott haben könnte, als große Sünde. Darum übt er sich fortwährend mit dem istiġfār vor dem Ewigen Geliebten und, da sein Wesen sich niemals eine Trennung vom Allmächtigen vorstellen kann, betrachtet er die geringste Vernachlässigung, die sich aus seiner Menschlichkeit ergeben könnte, als einen Berg von Sünde. Das ist der Grund, war- um sich jene, die eine heilige und vollkommene Beziehung zu Gott, dem Allmächtigen, aufgebaut haben, fortwährend im istiġfār üben. Es ist eine Eigenschaft der Liebe, dass ein wahrer Liebender stets be- fürchtet, dass sein Geliebter ihm zürnen könnte, und da sein Herz danach dürstet, dass Gott vollkommen zufrieden mit ihm sein mag, ist er auch dann nicht zufrieden, wenn der Allmächtige ihm sagt, dass Er zufrieden mit ihm ist. Wie der Trinker durch ein einmaliges Trin- ken nicht befriedigt ist und stets mehr fordert, desgleichen fordert die Liebe zum Göttlichen, wenn sie im Herzen eines Menschen aufwallt, dass sie das Wohlgefallen Gottes mehr und mehr gewinnen möge. Die Intensität der Liebe verlangt nach immer mehr istiġfār. Darum kon- zentrieren sich jene, die Gott vollkommen lieben, fortwährend auf das istiġfār. Das erhabene Zeichen eines Unschuldigen ist, dass er sich mehr als irgendein anderer im istiġfār übt. Die wahre Bedeutung von istiġfār ist, zu Gott zu flehen, dass die menschliche Schwäche, durch
die man stolpern und sich Fehler zu Schulde kommen lassen kann, durch Seine Gnade verdeckt und nicht offenbar gemacht werden mag. Dann wird die Bedeutung von istiġfār für die Allgemeinheit erweitert, so dass sie das Gebet enthält, dass es Gott, dem Allmächtigen, gefal- len möge, den Betenden in dieser Welt und im Jenseits vor den üblen Folgen und giftigen Ergebnissen der Fehler, die man auch immer be- gangen haben mag, zu schützen.
Somit ist die Quelle wahrer Erlösung die persönliche Liebe zu Gott, dem Glorreichen, welche die Liebe des Allmächtigen durch De- mut, Gebet und fortwährendes istiġfār anzieht. Wenn des Menschen Liebe zu Gott vollendet wird und ihr Feuer die menschlichen Leiden- schaften verzehrt, dann fällt Gottes Liebe für ihn plötzlich auf sein Herz und zieht ihn aus der Fäule des niederen Lebens heraus. Dann nimmt er die Färbung der Heiligkeit Gottes, des Ewiglebenden und Allerhaltenden, an und hat durch eine Widerspiegelung Anteil an al- len göttlichen Attributen. Dann wird er zu einer Manifestation gött- licher Reflexionen, und durch ihn werden alle im ewigen Schatz der rabūbiyyat113 verborgenen Geheimnisse der Welt enthüllt.
(Chašma-e masīḥī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 378-380)
Erwartet nicht, dass irgendeine andere Konzeption das mensch- liche Ego läutern kann. So wie Dunkelheit nur durch Licht zerstreut werden kann, desgleichen ist das Heilmittel für die Dunkelheit der Sünde die göttlichen Reflexionen in Wort und Tat, die auf wunderbare Weise mit heftigen Strahlen von Gott auf ein gutes Herz herabkom- men und ihm zeigen, dass Gott existiert, die die Fäule aller Zweifel be- seitigen und Befriedigung und Zufriedenheit bringen. Durch die star- ke Anziehung dieser himmlischen Kraft wird jene gute Person zum Himmel emporgehoben. Alle anderen dargebotenen Heilmittel sind
113 Herrlichkeit. (Anm. d. Ü.)
Fälschungen und genügen nicht. Es muss von ernsthaftem Flehen be- gleitet sein. Gott, Der Allmächtige, ist selbstgenügend und um Seine Barmherzigkeit anzuziehen bedarf es eines sehr eifrigen Flehens, das von Weinen, Aufrichtigkeit und einem Leiden des Herzens begleitet wird. Man kann allgemein beobachten, dass, obwohl ein Säugling sei- ne Mutter voll und ganz erkennt und sie liebt und auch die Mutter es liebt, sein Weinen dennoch eine enge Beziehung zur Muttermilch hat. Einerseits schreit der Säugling bitterlich vor Hunger und andererseits wird die Mutter von seinem Schreien und Weinen so berührt, dass Milch in ihrer Brust erzeugt wird. So sollte jeder Suchende seinen spi- rituellen Hunger und Durst durch sein Weinen und Schreien bewei- sen, damit die spirituelle Milch, die ihn befriedigen würde, erzeugt werden mag. Verstehen allein genügt für die spirituelle Läuterung nicht. Auch herzzerreißendes Weinen und Schreien, wie das kleiner Kinder, ist erforderlich. Gebt die Hoffnung nicht auf und seid nicht entmutigt bei dem Gedanken, dass ihr in viele Sünden verwickelt seid und euer Flehen keine große Wirkung haben kann. Der Mensch ist für die Liebe Gottes erschaffen worden, und selbst wenn er durch das Feuer der Sünde erregt wird, besitzt er die Fähigkeit zur Reue, die das Feuer löschen kann. Ihr werdet beobachtet haben, dass, egal wie sehr es auch erhitzt wird, ebenjenes Wasser das Feuer löscht, wenn es auf ihm geschüttet wird. Seit Gott, der Allmächtige, den Menschen erschaffen hat, ist dessen Herz stets durch dieses Mittel geläutert wor- den. Das heißt, dass der Mensch durch keine anderen Mittel von der Sünde geläutert werden kann, als dass der lebendige Gott Seine Exis- tenz, Macht und Göttlichkeit durch Wort und Tat und dadurch offen- bart, dass Er Seine leuchtende Majestät zeigt.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 33-34)
Auf den Hauptgegenstand zurückkommend, bemerken wir, dass der Heilige Qur‘an uns zwei Mittel überliefert, um eine vollkommene geistige Verbindung mit Gott herzustellen, nämlich Islam, eine vor- behaltlose Fügung unter den Willen Gottes, und das Gebet, wie es in der Eröffnungs-Sura al-Fātiḥa enthalten ist. Vollkommene Gotter- gebenheit und das fortwährende Gebet, wie uns die Sura al-Fātiḥa lehrt, bilden den Kern des ganzen Islams. Sie sind die einzigen Wege, die den Brunnen der wahren Erlösung erschließen, und die einzigen heilsamen Führer, um Gott zu erreichen. Dies sind die alleinigen na- türlichen Mittel, das Ziel des höchsten geistigen Fortschritts und der Begegnung mit Gott zu erfahren. Nur diejenigen können Gott errei- chen, die sich in das geistige Feuer des Islams (d. h. Gottergebenheit) begeben und die beständig nach dem Gebet al-Fātiḥa leben.
Was ist der Islam? Er ist das brennende Feuer, das all unsere nie- deren Wünsche verzehrt und alle Götzen verbrennt und unser Leben, Eigentum und unsere Ehre vor unserem wahren und Heiligen Gott als Opfer darbringt.
Wenn wir zu diesem Brunnen treten, trinken wir das Wasser eines neuen Lebens und die sämtlichen uns innewohnenden, geistigen Fä- higkeiten werden mit Gott so stark verbunden, wie die Glieder einer Kette untereinander. Ein Feuer gleich dem Blitze flammt in uns em- por und ein anderes Feuer steigt auf uns herab. Die beiden Flammen, wenn sie zusammen brennen, vernichten unsere irdischen Gelüste und fleischlichen Begierden sowie unsere Neigung zu falschen Göt- tern.
Eine Art Tod kommt über unser früheres Leben: dieser Zustand versinnbildlicht das Wort Islam, so lehrt der Heilige Qur‘an. Der Islam – oder die vollkommene Ergebenheit in den Willen Gottes – bringt unseren sündhaften Leidenschaften Tod und das Gebet schenkt
uns ein neues Leben. Dieser Wiedergeburt muss die Offenbarung des göttlichen Wortes vorangehen. Die Erreichung dieser Stufe heißt Be- gegnung mit Gott, denn erst hier sieht der Mensch das Antlitz Gottes. Auf dieser Stufe wird seine Verbindung mit Gott so stark, dass er Gott sozusagen vor Augen sieht.
ِ ِ ِ
Er erhält Kraft von oben; seine inneren Kräfte und Sinne werden belebt und die Anziehungskraft eines rein himmlischen Lebens wirkt gewaltig auf ihn. Wenn der Mensch zu dieser Stufe gelangt, wird Gott selbst das Auge, mit dem der Mensch sieht, die Zunge, mit der er spricht, die Hand, mit der er ergreift, das Ohr, mit dem er hört, und die Füße, mit denen er geht. Sich auf diese Stufe beziehend, sagt der Allerhöchste: 114 مۡ ہۡیدۡیَا قَ وۡ َف هّللادُ َی
Allahs Hand ist auf ihre Hände. Gleichermaßen heißt es:
115 یمٰ رَ هَ ّللانَ ک
ٰلوَ ت
یۡ مَ رَ ذۡ اِ ت
یۡ مَ رَ امو
Das heißt, du warfst nicht, als du warfst, sondern Gott war es, Der schleuderte. Kurz, dies ist die Stufe des vollkommenen Eins–Seins mit Gott. Sein heiliger Wille durchdringt die Seele des Menschen und die moralischen Kräfte, die zuvor schwach waren, werden auf dieser Stu- fe gekräftigt und befestigt wie die Berge. Durch diese Umwandlung werden Vernunft und Verstand im höchsten Grad verfeinert. Dies ist
der Sinn der Worte:
116 ه
نۡ مِّ حٍ وۡ رُ ِب مۡ ُہدَ َّیَاو
114 „Die Hand Allahs ist über ihren Händen.“ (Al-Fatḥ, 48:11; Anm. d. Ü.)
115 „Und du warfest nicht, als du warfest, sondern Allah warf.“ (Al-Anfāl, 8:18; Anm. d. Ü.)
116 „Und die Er gestärkt hat mit Seinem eigenen Wort.“ (Al-Muǧādala, 58:23; Anm. d. Ü.)
Auf dieser Stufe branden des Menschen Wogen der Liebe und Hin- gabe zu Gott so überwältigend, dass ihm das Sterben auf dem Pfade Gottes und das Erleiden von tausendfacher Verfolgung oder der Ver- lust der Ehre um Seinetwillen leichter fällt als das Knicken eines tro- ckenen Strohhalmes. Zu Gott hingezogen, flieht der Mensch zu Ihm, weiß jedoch nicht, wer es ist, der ihn anzieht. Eine unsichtbare Hand stützt ihn überall. Er setzt sich zum Ziel und Zweck seines Lebens, den Willen Gottes zu verwirklichen. Hier findet er sich seinem Gott am nächsten, wie Er sagt:
117 دِ ۡیرِ وَ ۡلا لِ بۡ ح
نم ه
یۡ َلاِ ب
رَ قۡ َا ن
حۡ ن
Das heißt, Wir sind ihm näher als seine Halsader.
Wie eine reife Frucht von selbst vom Baume fällt, in gleicher Weise werden auf dieser Stufe die irdischen Verbindungen des Menschen mühelos abgebrochen. Er tritt in eine tiefe Verbindung mit Gott und ist der übrigen Schöpfung entrückt. Ihm wird die Ehre zuteil, mit Gott zu sprechen und von Ihm angesprochen zu werden. Die Türen zu dieser Stufe sind auch heute weit offen, wie sie in der Vergangenheit offen waren, und die Gnade Gottes gewährt dem Suchenden diesen Segen auch heute wie zuvor.
Aber die Eitelkeiten der Zunge führen nicht zu diesem Pfade noch öffnet sich diese Türe durch bloße Prahlerei und müßiges Gerede. Der Suchenden sind viele, aber nur wenige kommen zum Ziel, da dieses ohne ein gewissenhaftes Streben und wahre Aufopferung nicht zu er- reichen ist. Bloße Worte können nichts nützen. Ihr könnt diesen Pfad nicht betreten, ehe ihr den Fuß nicht in wahrer Aufrichtigkeit auf das Feuer stellt, vor dem andere fliehen, dies ist die Vorbedingung. Prah-
117 „Wir sind ihm näher als die Halsader.“ (Qāf, 50:17; Anm. d. Ü.)
lerei, bar des echten Eifers und Ernstes, ist wertlos. Darüber sagt Gott, der Erhabene:
118 یۡ ِلاوۡ بُ یۡ جِ تَ سۡ َیۡلَفۙ ناعَ دَ اذَ اِ عادّ لاةَ وَ َ عدَ بیۡ جِ ُاؕبۡیرِ َقیۡ ِّناِ َفیۡ نِّ عیدابَ عکَلَاسَ اذَ اِ و
نَ وۡ دُ شُ رۡ َی مۡ ُہّلعَ َل یۡ ِباوۡ ُنمِ ؤۡ یُ ۡلو
Das heißt, wenn Meine Diener dich nach Mir fragen, sprich: „Ich bin nahe. Ich antworte dem Gebet des Bittenden, wenn er zu Mir be- tet. So sollten sie Mich suchen durch Gebete und fest an Mich glauben, auf dass sie Erfolg haben mögen.“
(Islāmī uṣūl kī filasafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 394-396 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 162-165])
Die Philosophie der Erlösung ist, dass jene, die eine heilige und vollkommene Beziehung zu Gott begründen, zu Manifestationen je- nes Lichtes werden, das nicht abnimmt. Sie fallen ins Feuer Seiner Lie- be und verlassen ihr Dasein wie ein Stück Eisen, das, im Feuer erhitzt, dessen Aussehen annimmt, obwohl es kein Feuer ist, sondern immer noch ein Stück Eisen. So wie durch die Manifestationen Gottes eine überraschende Veränderung in jenen, die Ihn lieben, eintritt, nimmt auch Gott um derentwillen eine Veränderung vor. Es ist wahr, dass Gott unveränderlich und frei von Veränderung ist, aber für solche Sei- ner Diener zeigt Er so wunderbare Werke, als ob Er ein neuer und nicht derselbe Gott sei, wie der Gott der Allgemeinheit. In dem Maße, in dem die rechtschaffenen Diener Gottes sich Ihm durch ihre reinen Taten und ihre Aufrichtigkeit und Treue so sehr nähern, dass ihre vor-
118 „Und wenn Meine Diener dich nach Mir fragen (sprich): ‚Ich bin nahe. Ich antworte dem Gebet des Bittenden, wenn er zu Mir betet. So sollten sie auf Mich hören und an Mich glauben, auf dass sie den rechten Weg wandeln mögen.‘“ (Al-Baqara, 2:187; Anm. d. Ü.)
herige Existenz stirbt, bewegt Sich auch Gott auf sie mit Wohlwollen und Hilfe so sehr zu, dass Er Seine Hilfe und Unterstützung und Ei- fersucht im Hinblick auf sie auf eine außergewöhnliche Weise zeigt.
Es ist unmöglich und dem Wohlwollen Gottes zuwider, dass Er ei- nen Seiner Diener, der Ihm in seiner Liebe mit ganzem Herzen, gan- zer Seele und voller Aufrichtigkeit, was das Merkmal wahrer Liebe ist, auf solche Weise ergeben ist, in die Hölle verdammen wird. Er er- achtet keinen als Ihm gleich und betrachtet jedermann im Gegensatz zu Ihm als nichts und ist bereit, sein Leben für Seine Sache niederzule- gen. Wie kann ein solcher Mensch zum Gegenstand der Pein werden? Es ist in der Tat wahr, dass vollkommene Liebe Erlösung bedeutet. Könntet ihr eines eurer Kinder, das ihr liebt, absichtlich ins Feuer sto- ßen? Wie also wird Gott, Der gänzlich Liebe ist, jene ins Feuer stoßen, die Ihn lieben und deren gesamte Teilchen in Seiner Liebe versunken sind? Kein Opfer ist besser als das Opfer, dass man den wahren Ge- liebten so liebt, dass Er erkennt, dass niemand außer Ihm einem teuer ist. Nicht nur das, sondern er sollte die Liebe seiner Selbst aufgeben und um Seinetwillen ein besseres Leben führen. Wenn er diese Stufe erreicht, dann erlangt er zweifellos Erlösung. Auf dieser Stufe der Lie- be braucht er weder die Kette von Seelenwanderung zu durchlaufen noch bedarf er eines, der um seinetwillen gekreuzigt wird. Auf dieser Stufe der Liebe bildet man sich nicht nur ein, Erlösung erlangt zu ha- ben, sondern seine Liebe lehrt, dass die Liebe Gottes mit ihm ist, die auf sein Herz Zufriedenheit und Frieden herabkommen lässt. Gott beginnt, ihn so zu behandeln, wie Er stets jene behandelt hat, die Ihm lieb und von Ihm akzeptiert sind. Er erhört die meisten seiner Gebete und lehrt ihm feine Einsichten und teilt ihm viele verborgene Din- ge mit und bewirkt auf seinen Wunsch Veränderungen in der Welt. Er sorgt für seine ehrenvolle Bekanntheit und Akzeptanz in der Welt und entehrt jenen, der ihm gegenüber in Feindschaft beharrt und sich
darum bemüht, ihn zu entehren. Er unterstützt ihn auf eine außerge- wöhnliche Weise und gibt den Herzen von Millionen von Menschen seine Liebe ein und zeigt wunderbare Dinge durch ihn. Die Herzen der Menschen werden durch die göttliche Offenbarung zu ihm hin- gezogen und sie sind mit Eifer dabei, ihm mit verschiedenen Arten von Gaben und mit Geld und anderen Dingen zu dienen. Gott spricht zu ihm in köstlichen und majestätischen Worten wie ein Freund zu einem Freund. Der Gott, Der vor den Augen der Welt verborgen ist, offenbart Sich ihm und tröstet ihn zur Zeit eines jeden Grams mit Sei- nen Worten. Er setzt in Seinen beredten und köstlichen und majestä- tischen Worten ein Zwiegespräch mit ihm fort und beantwortet seine Fragen und teilt ihm Dinge mit, die jenseits des Wissens und der Kraft des Menschen liegen. Er tut dies nicht wie Astronomen, sondern wie mächtige Könige, deren Worte mit königlicher Macht erfüllt sind. Er enthüllt ihm seinen Sieg und die Niederlage seiner Feinde anzeigende Prophezeiungen, die ein Zeichen seiner Ehre und der Schande seiner Feinde sind. Auf diese Weise offenbart Er ihm Seine Existenz durch Seine Worte und Seine Werke. Dann, nachdem jener Diener von allen Sünden geläutert ist, erreicht er jene Vollkommenheit, für die er er- schaffen worden ist.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 418-421)
Der Heilige Qur‘an lehrt uns, dass Erlösung etwas ist, das schon in diesem Leben manifestiert wird; so wie Er gesagt hat:
119 یمٰ ع
َا ةِ رَ خ
اٰ ۡلایفِ وَ ہُ َفیمٰ ع
َا ۤہٖ ذِ ھٰ یۡ فِ ناَکنمو
119 Banī Isrāʾīl 17:73. (Anm. d. Ü.)
Das heißt, der in dieser Welt blind ist, wird auch im Jenseits blind sein. Dies bedeutet, dass man die Fähigkeiten, Gott zu sehen, und die Mittel ewiger Erlösung aus dieser Welt mitnimmt. Er hat wiederholt angedeutet, dass die Mittel zur Erlangung der Erlösung für den Men- schen ewig sind, da Gott Selbst ewig ist. Es ist nicht so, dass Er sich nach einiger Zeit entsann, dass dann, wenn die Menschen die Erlö- sung nicht durch etwaige andere Mittel erlangen können, Er ihnen dadurch die Erlösung gewähren sollte, dass Er Sich Selbst tötete. Man kann sagen, dass ein Mensch die Erlösung erlangt hätte, wenn alle seine Leidenschaften verzehrt wären und Gottes Wille zu seinem Wil- len und er Gott aus Liebe so ergeben wäre, dass nichts sein bleibt und alles Gottes wird. Alle Worte und Taten und Bewegungen und Pläne sollten für Gott sein, und er sollte in seinem Herzen wahrnehmen, dass seine ganze Freude jetzt in Gott liegt und die vorübergehende Trennung von Gott für ihn einen Tod bedeutet. Er sollte so berauscht sein von der Liebe Gottes, dass es seiner Meinung nach nichts außer Gott geben sollte. Wenn die ganze Welt ihn mit Schwertern angreift und ihn durch Furcht von Gott zu trennen versucht, dann sollte er standhaft bleiben wie ein feststehender Berg. Das Feuer vollkomme- ner Liebe sollte in ihm entflammen und er sollte die Sünde hassen. So wie andere Menschen ihre Kinder und Ehefrauen und Freunde lieben, so dass deren Liebe ihre Herzen durchdringt, und der Tod irgendeines von ihnen sie so sehr betrübt, als ob es ihr eigener Tod wäre, jene Art von Liebe, und in der Tat eine noch größere, sollte in seinem Herzen für Gott erzeugt werden, so sehr, dass er im Griff jener Liebe wie zu einem Irrsinnigen werden und bereit sein sollte, jede Qual und jede Verletzung um jener Liebe willen zu ertragen, damit Gott, der All- mächtige, zufrieden mit ihm sein möge.
Wenn einer in diesem Maß von seiner Liebe zu Gott übermannt
ist, werden alle seine Leidenschaften vom Feuer der Liebe verbrannt und ein großer Umsturz findet in seinem Wesen statt und ihm wird
ein Herz verliehen, das er zuvor nicht besaß, und Augen, die er zuvor nicht hatte, und er ist so von der Gewissheit bewegt, dass er Gott in eben dieser Welt zu sehen beginnt. Jenes brennende Gefühl für die Welt, von dem das Wesen weltlicher Menschen wie von der Hölle be- fallen ist, wird von ihm gänzlich beseitigt, und ihm wird ein Leben von Behagen, Vergnügen und Freude verliehen. Dieser sein Zustand wird insofern Erlösung genannt, als seine Seele, an der Schwelle Got- tes mit Liebe und Hingabe niederfallend, unendlichen Trost findet und die Vereinigung seiner Liebe mit der Liebe Gottes ihn auf eine Stufe der Anbetung befördert, die jenseits jeder Beschreibung liegt.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 416-417)
Erlösung wird nicht durch unser Bemühen erlangt, sondern durch die Gnade Gottes, des Allmächtigen. Das vom Allmächtigen für das Erlangen dieser Gnade bestimmte Gesetz erweist sich nie als falsch. Jenes Gesetz ist:
120
هُ ّللامکبۡ بِ حۡ یُ یۡ ِنوۡ عُ بِ َّتاَفهَ ّللانَ وۡ بُّ حِ تُ مۡ ُتنۡ کُ ناِ
121 ه
نۡ مِ لَ بَ قۡ ُّینۡ َلَفانً ۡیدِ ماَلسۡ اِ ۡلارَ ۡیغ
غِ تَ بۡ َّینمو
Erlösung ist nicht etwas, dessen Segnungen und Früchte der Mensch erst nach seinem Tod kennen wird. Sie ist etwas, dessen Auswirkungen schon in dieser Welt gezeigt werden, und einem, der Erlösung erlangt hat, wird himmlisches Leben schon in dieser Welt
120 „Wenn ihr Allah liebt, dann folgt mir, Allah wird euch dann lieben.“ (āl-e ʿImrān, 3:32; Anm. d. Ü.)
121 „Derjenige, der einen anderen Glauben sucht als Islam, er wird nicht von ihm ange- nommen werden.“ (Āl-e ʿImrān, 3:86; Anm. d. Ü.)
gewährt. Den Anhängern anderer Religionen ist dies ganz und gar versagt. Wenn gesagt wird, dass sich auch Muslime in demselben Zu- stand befinden, so ist die Antwort darauf, dass ihnen jenes entzogen ist, weil sie nicht dem Buch folgen. Jemand, der ein Medikament be- sitzt, es aber nicht anwendet und unvorsichtig ist, wird keinen Nutzen aus ihm ziehen. Jenen, die sich vom Worte Gottes, des Allmächtigen, abwenden, werden Erleuchtungen und Segnungen entzogen. Das Ab- wenden ist von zweierlei Art; erstens in der Tat und zweitens in der Lehre. Man kann nicht an Erleuchtungen und Segnungen teilhaben, wenn man nicht so handelt wie Gott, der Allmächtige, es geheißen hat:
122
نۡیقِ دِ صٰ لا ع
مَ اوۡ ُنوۡ ک
(Malfūẓāt, vol. IV, S. 206-207)
Es ist vollkommen wahr, dass derjenige, der Gottes Gesandte nicht erkennt, auch Gott nicht erkennt. Seine Gesandten sind ein Spiegel von Gottes Antlitz. Jeder, der Gott sieht, sieht Ihn durch diesen Spie- gel. Welche Art von Erlösung ist es also, dass einer den Heiligen Pro- phetenSAW sein Leben lang leugnet und den Heiligen Qur‘an ablehnt und Gott ihm weder Augen noch ein Herz verleiht und er blind bleibt und blind stirbt und dennoch Erlösung erlangt? Es ist unsere Beobach- tung, dass wenn Gott, der Allmächtige, jemandem Gnade gewähren will, Er ihm zuerst Verständnis und Wissen von Sich Selbst verleiht. Es gibt hunderte von Menschen in unserer Jamaat, die ihr aufgrund von
122 „Haltet euch in der Gesellschaft der Rechtschaffenen auf.“ (At-Tauba, 9:119; Anm. d. Ü.)
Träumen oder Offenbarungen beigetreten sind. Die Gnade Gottes, des Allmächtigen, ist sehr umfangreich. Geht man einen Schritt auf ihn zu, so läuft er einem entgegen und öffnet die Augen der Blinden. Wie also kann akzeptiert werden, dass jemand an Ihn glaubt und Ihn als Einen ohne Partner annimmt und Ihn liebt und der Gesellschaft Sei- ner Freunde beitritt und Gott ihn dennoch blind lässt und er so blind bleibt, dass er Gottes Propheten nicht erkennt? Dies wird unterstützt von dem Hadith:
ةیَّ ِلھاَجلاه
تَ یْ م
تام
دْ قَ َفهٖ ِنامَ زَ مامَ اِ ف
رِ عْ َیمْ َلوَ تام
نمَ و
Wer stirbt, ohne den Imam seines Zeitalters erkannt zu haben, stirbt den Tod der Ignoranz und wird des geraden Weges beraubt.
(Ḥaqīqatu l-waḥyī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 22, S. 151)
Es ist bemerkenswert, dass die Vedas das einzige Buch von allen Religionen ist, die Parameshawar als zornig und rachsüchtig dar- stellt und sich der Lehre entgegenstellt, dass Gott, der Allmächtige, die Sünden Seiner Diener durch Reue und das Ersuchen um Verge- bung vergibt. Sie lehrt jedoch auch, dass Parameshawar der Herr aller Schöpfung ist und das Schicksal aller Lebewesen beherrscht und dass er der eine ist, vor den alle Sünder gebracht werden. Für die Mensch- heit von Unglück ist, dass er das Attribut der Wut besitzt, wodurch er die Sünde mit schlimmer Züchtigung bestraft, wohingegen er nicht das Attribut besitzt, die Sünde einer Person aufgrund ihrer Reue und ihres Flehens zu vergeben. Wenn ein Fehler einmal begangen wurde, gibt es keine Annahme von Reue, und einem diesbezüglichem Flehen wird keine Aufmerksamkeit geschenkt. Und obgleich es offensichtlich
ist, dass der Mensch sich aufgrund seiner natürlichen Schwäche vor Sünde nicht schützen und bei jedem Schritt stolpern kann, bieten die Vedas dennoch keinen Weg zur Erlösung. Die Vedas haben nur ein Rezept, das gänzlich zornig und rachsüchtig ist, und das ist, dass sie für die geringste Sünde eine lange und endlose Kette von Inkarnati- onen vorschreiben. Ein Sünder verdient auch darum Gnade, weil sei- ne in Sünde fallenden schwachen Fähigkeiten nicht selbsterschaffen sind, sondern von Gott. In dieser Lage verdiente der Mensch, dass Zugeständnisse hierfür gemacht würden. Den Aryas zufolge macht Parameshawar beim Erteilen von Strafen keine Zugeständnisse auf- grund der Tatsache, dass auch er mit dem Aufkommen von Sünden etwas zu tun hat. Die Vedas haben als Bedingung für eine Erlösung niedergelegt, dass der Mensch vollkommen von Sünde geläutert werden sollte. Gemessen am Standard des Naturgesetzes wird man feststellen, dass es dem Menschen unmöglich ist, diese Bedingung zu erfüllen, denn solange der Mensch nicht alle Verpflichtungen erfüllt, die er dem Allmächtigen schuldet, kann er nicht beanspruchen, dass er alle Erfordernisse für den Gehorsam erfüllt hat. Das Naturgesetz und das Buch des menschlichen Wesens bezeugen, dass der Mensch auf keiner Stufe des Fortschritts und der Vollkommenheit von dem Fehler freigesprochen werden kann, für alle göttlichen Begünstigun- gen nicht wahrhaft dankbar gewesen zu sein und der vollkommenen Erfüllung der göttlichen Gebote nicht genügt zu haben. Wenn der Mensch Erlösung also nur durch das fehlerfreie Erfüllen aller Gott, dem Allmächtigen, geschuldeten Verpflichtungen erlangen kann, so ist dieser Weg der Erlösung eine Unmöglichkeit. Niemand kann je- nes Maß an Erfüllung der Verpflichtungen erlangen und darum wird niemand Erlösung erlangen. Das, was unmöglich ist und dem Na- turgesetz zuwider und dem Buch der Natur widerspricht, kann kein göttliches Gebot sein. Sucht den Osten und den Westen ab und ihr werdet nicht eine Person finden können, die vollkommen fehlerfrei
ist und sich keines Versäumnisses und keiner Vernachlässigung schul- dig gemacht und alle dem Menschen gebührenden Rechte erfüllt hat und behauptet, dass sie alle Verpflichtungen des Gehorsams und der Dankbarkeit erfüllt hat. Wenn es heutzutage keine solche Person auf der Welt gibt, könnt ihr sicher sein, dass eine solche weder je exis- tiert hat noch irgendwelche Hoffnung darauf besteht, dass sie in der Zukunft ins Dasein kommt. Da es also hinsichtlich des Gesetzes und dem Buch der Natur unmöglich ist, dass irgendwer durch seine eige- ne Kraft alle seine Verpflichtungen gegen Gott, den Allmächtigen, er- füllen und Ihm vollkommen dankbar sein könnte – und die Erfahrung von jedermann bezeugt dies –, so steht es einem Buch, das von Gott zu sein beansprucht, nicht zu, Erlösung von etwas abhängig zu machen, desses Erlangung unmöglich ist. Es ist jedoch möglich, dass so, wie die Vedas hinsichtlich vieler anderer Aspekte verfälscht worden sind, auch dieses eine Verfälschung und nicht ihre wahre Lehre sein mag.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 50-52)
Die Christen haben sich darauf geeinigt, dass nach der Zeit Jesu keine göttlichen Offenbarungen mehr möglich sind. Und dass diese Segnung Gottes nicht in der Zukunft, sondern nur in der Vergangen- heit erhalten wurde. Es gibt heutzutage keinen Weg, diese Segnung zu erlangen, bis zum Tag des Jüngsten Gerichts herrscht Hoffnungslosig- keit und das Tor der Wohltätigkeit Gottes ist geschlossen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum für die Erlösung eine neue Idee notwen- dig war und ein neues Heilmittel vorgeschlagen wurde, welches im Gegensatz zu den Gesetzen der Welt seltsam, vernunftwidrig, unge- recht und gnadenlos ist. Es heißt, Jesus habe die Sünden der gesamten Welt auf sich genommen und durch seinen Kreuztod die Menschheit
erlöst. Gott habe also seinen einzigen Sohn geopfert, damit die Sünder erlöst werden. Wir jedoch verstehen nicht, wie durch so einen grau- samen Tod die Herzen der Menschheit von Sünden bereinigt werden können? Wie können durch die Ermordung eines Unschuldigen schon begangene Sünden vergeben werden?
Diese Lehre bedeutet das Ende von Gerechtigkeit und Gnade. Ei- nen Unschuldigen statt eines Schuldigen zu ergreifen, widerspricht der Gerechtigkeit, und seinen Sohn auf diese brutale Weise zu ermor- den, spricht gegen jede Barmherzigkeit. Durch diese Tat wird über- haupt kein Nutzen erfahren...
(Lecture Lahore, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 163 [Dt. Ü.: Der Vortrag von Lahore, Frankfurt am Main 2011, S. 41f])
Der Heilige Qur‘an heißt die im Evangelium niedergelegte Leh- re der Erlösung, nämlich die Kreuzigung von Jesus und seine Sühne, nicht gut. Der Heilige Qur‘an bestätigt, dass Jesus ein großer Prophet und der von Gott Geliebte war, Ihm nahestand und geehrt war – indes war er nur ein Mensch. Er erachtet es für die Erlösung als nicht erfor- derlich, dass die Last eines Sünders einem Unschuldigen aufgebürdet werden sollte, noch gestattet es die Vernunft, dass Y für die Sünde von X verantwortlich gemacht werden sollte. Keine Regierung ist je diesem Grundsatz gefolgt.
Es ist schade, dass auch die Aryas, wie die Christen, einen falschen Standpunkt hinsichtlich der Frage der Erlösung angenommen haben, und dass auch sie die Realität außer Acht lassen. Gemäß der Lehre der Aryas zählen Reue und das Bitten um Vergebung nichts. Solan- ge ein Mensch nicht alle Inkarnationen, die für eine Sünde festgelegt wurden, durchläuft, kann er keine Erlösung erlangen, und wenn sie erlangt wird, dann nur begrenzt. Parameshawar hat nicht die Macht, Sünden zu vergeben, und wahre Reue, die ein spiritueller Tod ist und ein Feuer, in welchem man, um Parameshawar zufriedenzustel-
len, einzugehen gewillt ist, zählt nichts. Dies zeigt den Geiz von Pa- rameshawar. Wenn er seine Diener anweist, jenen, die sie verletzen, zu verzeihen und selbst nicht demgemäß handelt, will er Seine Diener das lehren, was er selbst nicht praktiziert. In solchem Fall müssen die Anhänger jener Religion meinen, wie sie selbst, wenn Parameshawar schon die Sünden eines Missetäters nicht vergibt, denn das tun kön- nen, was den Eigenschaften von Parameshawar zuwider ist? Jene, die der Herrschaft von Königen und Herrschern untertan sind, die wie Parameshawar keine Ahnung von der Vergebung von Missetaten ha- ben, sind schlimm dran. Außerdem, welches Beweismaterial gibt es, um die Wiedergeburt von Seelen zu beweisen? Wir haben nie gese- hen, dass die Seele eines Verstorbenen in einen anderen Körper einge- gangen ist. Auch darum ist eine solche Strafe unnütz, denn wenn eine wiedergeborene Seele nicht gewarnt wird, dass sie aufgrund eines bestimmten Vergehens in eine niedrigere Inkarnation gesetzt wurde, wie also wird sie jene Sünde vermeiden?
Man sollte bedenken, dass das menschliche Wesen viele vortreffli- che Eigenschaften besitzt, obgleich es auch dem Mangel unterworfen ist, dass es aufgrund seiner Schwächen dazu neigt, Sünden und Fehler zu begehen. Der Allmächtige, Der das menschliche Wesen erschaffen hat, hat es nicht darum mit der Neigung Sünden zu begehen verse- hen, damit Er den Menschen zu Qualen verurteilt, sondern damit Sein Attribut der Vergebung gezeigt wird. Sünde ist zweifellos ein Gift, aber das Feuer der Vergebung und des istiġfār verwandelt es in ein Gegenmittel. Somit wird die Sünde nach Reue und Gewissensbissen zu einem Mittel des Fortschritts und entwurzelt aus dem Innern einer Person das Empfinden, dass er etwas wert ist, und merzt Überheb- lichkeit, Stolz und Selbstdarstellung aus.
Bedenkt, dass niemand die Erlösung durch seine Handlungen er- langen kann. Erlösung wird allein durch Gnade erlangt. Der Gott, an Den wir glauben, ist äußerst barmherzig und wohlwollend. Er ist all- mächtig und leidet nicht an Schwäche oder Fehlern. Er ist die Quelle aller Manifestationen und der Urquell aller Gnade und der Schöpfer der gesamten Schöpfung und der Herr aller Begünstigungen und um- fasst alle lobenswerten und vollkommenen Eigenschaften und ist die Quelle allen Lichtes und ist das Leben aller Leben und der Erhalter von allem. Er ist allem nahe, aber wir können nicht sagen, dass Er ein jedes Ding ist. Er steht über allem, aber wir können nicht sagen, dass es etwas gibt, das zwischen Ihm und uns liegt. Er ist nicht wahrnehm- bar und ist verborgen, aber dennoch offenkundiger als alles andere. Jede wahre Wonne und jeder Trost liegen in Ihm. Dies ist die wahre Philosophie der Erlösung.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 414-416)
Die christliche Lehre, dass Gott die Welt liebte und, um sie mit der Erlösung zu versorgen, den Weg bereitete, dass die Lasten der Sünden der Ungehorsamen und Ungläubigen und Bösen Seinem ge- liebten Sohn, Jesus, aufgebürdet wurden und Er ihn verfluchte, um die Welt von Sünden zu erlösen, und dass Er ihn an das verfluchte Kreuz hängte, ist von jedem Gesichtspunkt aus falsch und schändlich. Wird es vom Gesichtspunkt der Gerechtigkeit aus betrachtet, so ist es offensichtlich falsch, dass Y die Sünde von X angelastet werden sollte. Das menschliches Gewissen heißt es nicht gut, dass die Strafe eines Missetäters einem Unschuldigen auferlegt werden sollte.
Reflektiert man über die Wirklichkeit der Sünde vom Gesichts- punkt der spirituellen Philosophie, so verurteilt auch jene diese Lehre. Sünde ist ein Gift, das erzeugt wird, wenn einer des Gehorsams gegen
Gott und der eifrigen Liebe zu Ihm und Seines liebenden Gedenkens entbehrt. So, wie ein Baum, der aus der Erde entwurzelt ist und kein Wasser aufnehmen kann, zu vertrocknen beginnt und sein Grün ver- liert, desgleichen ist der Fall bei einer Person, aus deren Herzen die Liebe Gottes entwurzelt wurde; sie beginnt zu vertrocknen und ver- fällt in Sünde. In Gottes Naturgesetz gibt es für diese Trockenheit drei Heilmittel. Eines ist Liebe; das zweite ist istiġfār, was den Wunsch, zu unterdrücken und zu verdecken bedeutet, denn so lange die Wurzel eines Baumes fest in der Erde steckt, besteht Hoffnung auf sein Grü- nen; und das dritte ist Reue, das heißt, sich demütig Gott zuzuwen- den, um das Wasser der Liebe anzuziehen und sich Ihm zu nähern und sich mit Hilfe von guten Taten aus der Dunkelheit des Ungehor- sams herauszuziehen. Reue geschieht nicht nur durch das Wort des Mundes, sondern wird durch gute Taten vollbracht. Alle Tugenden dienen der Vervollkommnung der Reue, denn das Ziel von allem ist, sich Gott zu nähern.
Auch das Gebet ist Reue, denn dadurch suchen wir die Nähe zu Gott. Darum hat Gott das Leben des Menschen erschaffen und inso- fern Seele genannt, als sein wahrer Trost in der Bestätigung der Exis- tenz Gottes und Seiner Liebe und Seinem Gehorsam liegt. Auch hat Er es insofern als Selbst bezeichnet, als es die Vereinigung mit Gott sucht. Gott zu lieben ist wie jener Baum im Garten, der fest in den Boden gepflanzt ist. Dies ist der Himmel des Menschen. Wie ein Baum das Wasser der Erde aufnimmt und es in sich hineinzieht und dadurch seine giftigen Dünste ausstößt, ist auch der Zustand des Herzens ei- ner Person. Es saugt das Wasser von Gottes Liebe auf, und dadurch wird es ihm ermöglicht, sein giftiges Material leicht auszustoßen, und gestützt auf Gott wird es rein genährt und breitet sich aus und stellt angenehmes Grün zur Schau und trägt gute Früchte. Aber derjenige, der keine feste Beziehung zu Gott hat, kann kein nährendes Wasser aufsaugen, vertrocknet darum fortschreitend, verliert schließlich sei-
ne Blätter und nur trockene und hässliche Zweige bleiben übrig.
(Sirāǧu d-dīn ʿisāʾī ke chār sawālo kā ǧawāb, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 12, S.
328-329)
Es ist das ewige Naturgesetz Gottes, dass Er Sünden durch Reue und istiġfār vergibt und das Flehen der Tugendhaften durch Fürbit- te annimmt, aber wir haben nie gesehen, dass, wenn X sich mit ei- nem Stein an seinen Kopf schlüge, es die Kopfschmerzen von Y hei- len würde. Darum wissen wir nicht, aufgrund welches Gesetzes der Selbstmord von Jesus die innere Krankheit anderer beseitigen kann. Noch sind wir uns irgendeiner Philosophie bewusst, aufgrund derer das Blut von Jesus die innere Unreinheit irgendeines anderen fortwa- schen kann. In der Tat widerspricht die Beobachtung dem. Bis Jesus sich entschlossen hatte, Selbstmord zu verüben, besaßen die Chris- ten die Eigenschaft der Tugend und der Anbetung Gottes, aber nach dem Ereignis der Kreuzigung schien es, als ob ein Damm gebrochen wäre und das gestaute Wasser sich in alle Richtungen ausgebreitet hätte. Das ist mit den Leidenschaften der Christen geschehen. Es be- steht kein Zweifel daran, dass, falls Jesus sein Leben absichtlich nie- derlegte, er sehr unrecht handelte. Hätte er hingegen sein Leben der Ermahnung und dem Predigen gewidmet, so hätte er den Menschen viel Gutes erwiesen. Welches Gute erwies diese unrechte Handlung? Falls Jesus nach seinem Selbstmord zum Leben zurückgekehrt und in Gegenwart der Juden zum Himmel aufgestiegen wäre, würden sie an ihn geglaubt haben. Tatsächlich aber sehen die Juden und alle weisen Menschen Jesu Aufstieg zum Himmel als Erfindung an.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 347-348]
Ich hatte befürchtet, dass eine falsche Anklage gegen mich erho- ben würde. Denn wenn ein Feind vollkommen widerlegt ist, führt er einen Angriff gegen Leben und Ehre aus. Desgleichen geschah in mei- nem Fall und diese Anklage der Verschwörung zu einem Mord wurde gegen mich erhoben...Die christlichen Missionare fühlten sich durch mich sehr beleidigt. Meine Aktivitäten hatten ihnen großen Verlust be- reitet. Neben himmlischen Zeichen hatte meine Kritik an ihrer Lehre Morast und Gespinst ihrer Religion zerstört. Ihre Lehre von der Sühne war völlig widerlegt durch meinen Hinweis darauf, dass, wenn der Fluch der Sünden aller Sünder auf Jesus herabgekommen wäre, dies bedeutete, dass sein Herz von der Erkenntnis des allmächtigen Got- tes und Dessen Liebe vollkommen beraubt und er zu einem Feind Gottes geworden wäre. Da ein Fluch in seiner wahren Bedeutung im Fall eines Rechtschaffenen wie Jesus nicht gestattet ist, wie also kann die vollkommen auf seinem Verfluchtsein beruhende Lehre der Sühne aufrechterhalten werden?
Ich hatte auch darauf hingewiesen, dass nicht eine einzige Hand- lung des Göttlichen entgegen Seiner ewigen Praxis wäre, und das be- deutet, dass es eine große Anzahl von Beweisen geben sollte. Wenn es die Praxis Gottes ist, einen Sohn zu senden, dann sollte es noch viel mehr Söhne Gottes geben, so dass ein Weg festgelegt würde und auch für die Jinns und Menschen und jene Geschöpfe, die in anderen Sphären wohnen, einige Söhne gekreuzigt werden mögen. Auch die- ser Einwand war derart, dass man nach kurzem Nachdenken darüber vor der Dunkelheit des Christentums errettet würde...
Ich habe darauf hingewiesen, dass auch die Lehre der Sühne un- haltbar ist, denn ihr Ziel würde entweder sein, dass ihr zufolge die Sünde völlig abgeschafft werden sollte oder jede Art von Sünde, ob sich auf die Rechte Gottes oder auf die Rechte der Menschen bezie- hend, fortwährend vergeben werden sollte. Die erste Vermutung ist völlig falsch, da wir beobachten, dass es den Männern und Frauen
Europas nicht möglich gewesen ist, sich der Sünde nach der Sühne zu enthalten, und dass sich die Menschen Europas allerart Sünden schul- dig gemacht haben. Aber lasst das beiseite und denkt über den Fall der „Propheten“123 nach, deren Glauben stärker war als der Glaube anderer. Selbst Jesu Jünger waren in Sünde verwickelt und entkamen ihr nicht. Somit besteht kein Zweifel, dass Sühne kein Damm ist, der die Flut der Sünde stauen kann. Was die zweite Vermutung betrifft, dass also jene, die an die Sühne glauben, von jedweder Bestrafung ihrer Sünden ausgenommen sein würden und Gott sie, ob sie nun Diebstahl oder Raub oder Mord oder Vergehen jederart begängen, nicht zur Rechenschaft ziehen wird, so ist dies gänzlich unwahr, da es Gottes ewige Gebote ungültig machen und die Reinheit des Gesetzes zerstören würde.
(Kitābu l-bariyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 13, S. 59-60)
Die Christen sollten gezeigt haben, welche Maßnahme das Evan- gelium für jene Gewissheit über die Existenz Gottes getroffen hat, die dem Menschen die Einsicht der Gottesfurcht verleiht und den Zun- der der Sünde verbrennt. Wie kann die Sünde durch nutzlose Mit- tel abgelegt werden? Diese Menschen erkennen nicht, dass es völlig unrealistisch und gänzlich erfunden ist, dass die Sünden der ganzen Welt einer Person auferlegt wurden und der Fluch aller Sünder von ihnen fortgenommen und dem Herzen von Jesus aufgebürdet wurde. Dies würde bedeuten, dass jedermann, mit Ausnahme von Jesus, da- nach ein reines Leben und die Erkenntnis von Gott gewonnen hätte und Jesus allein mit einem Fluch belastet worden war, der aus einer
123 Das Wort „Prophet“ wird hier im biblischen Sinne verwendet und nicht als islami- scher Begriff. (Anm. d. Ü.)
Sammlung von Millionen von Flüchen bestand. Wenn wir aber sehen, dass jedermann seine Sünden bei sich trägt und dass er, ob er Jesus nun akzeptiert oder nicht, die ihm von der Natur verliehenen Leiden- schaften empfindet, so zeigt dies, dass die Verfluchten nicht von ihren verfluchten Leben getrennt worden sind und ihr Fluch nicht auf Jesus gefallen ist. Da ein Fluch fest an seinen Gegenstand geheftet ist, wie also könnte er auf Jesus übertragen worden sein? Es ist äußerst unge- recht, dass der Fluch eines jeden Bösen und Verfluchten, der an Jesus glaubt, auf Jesus fallen und jene Person selbst von Schuld befreit und rein werden sollte. Wenn diese unendliche Kette von Flüchen, die sich bis zum Tag des Jüngsten Gericht erstrecken wird, fortfahren wird, dem armen Jesus von neuem aufgeladen zu werden, wann wird er von den Flüchen befreit werden?...Dies würde bedeuten, dass Jesus nie wieder den Tag erblicken würde, wenn er im Schatten der Liebe Gottes und im Lichte Seiner Erkenntnis weilen würde. Alles, was die- se Lehre erreichen würde, wäre, dass ein Heiliger Gottes unendlicher Fäule ausgesetzt sein würde.
(Kitābu l-bariyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 13, S. 63-64)
Die christliche Lehre, dass ohne Sühne die göttliche Gerechtigkeit nicht erfüllt werden würde, ist äußerst lächerlich. Sie glauben, dass Jesus in seiner menschlichen Gestalt sündenlos war, und dennoch belastete ihr Gott ihn grundlos mit dem Fluch der ganzen Welt und hatte keine Achtung vor Seiner Eigenen Gerechtigkeit. Dies zeigt, dass ihr Gott sich überhaupt nicht um Gerechtigkeit kümmert. Welch ein Anblick ist dies, dass das, dem man zu entrinnen suchte, in seiner schlimmsten Form angenommen wurde. Die große Sorge war, dass auf keinster Weise gegen die Gerechtigkeit verstoßen werden sollte
und auch die Barmherzigkeit erfüllt werden möge. Aber durch das Hinschlachten eines Unschuldigen wurde weder die Gerechtigkeit eingeführt noch die Barmherzigkeit erfüllt.
Die Vorstellung, dass Gerechtigkeit und Barmherzigkeit im We- sen von Gott, dem Allmächtigen, insofern nicht gemeinsam existieren können, als Gerechtigkeit Strafe erfordert und Barmherzigkeit nach Vergebung verlangt, ist ein Irrtum, dem kurzsichtige Christen aus Mangel an Reflektion verfallen sind. Sie bedenken nicht, dass die Ge- rechtigkeit von Gott, dem Allmächtigen, auch eine Barmherzigkeit ist...
Man sollte bedenken, dass das wesentliche Attribut Gottes die Barmherzigkeit ist. Die Gerechtigkeit kommt zur Wirkung, nachdem Vernunft und Gesetz etabliert worden sind. Die Gerechtigkeit ist eine andere Form der Barmherzigkeit. Wenn einer Person Vernunft ver- liehen wird und sie sich dadurch der Einschränkungen und Gesetze Gottes, des Allmächtigen, bewusst wird, wird sie den Erfordernissen der Gerechtigkeit unterworfen. Die Barmherzigkeit jedoch ist nicht gebunden an Vernunft und Gesetz. Und da Gott, der Allmächtige, die Menschheit durch Barmherzigkeit zu erheben wünschte, legte Er die Regeln und Grenzen der Gerechtigkeit nieder. Somit ist es Un- wissenheit, sich einzubilden, dass ein Widerspruch besteht zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit.
Die Christen sagen, dass der Tod des Menschen und der aller Tie- re das Resultat der Sünde sei, doch dagegen gibt es zwei Einwände. Erstens kann nicht geleugnet werden, dass es vor Adam eine Schöp- fung gab und dass sie dem Tod unterworfen war. Zu jener Zeit gab es weder einen Adam noch dessen Sünde. Wie also kam der Tod zu- stande? Zweitens besteht kein Zweifel daran, dass Adam in dem Gar-
ten alles, mit Ausnahme einer einzigen Frucht, aß, also muss er auch Fleisch gegessen haben. Auch dies zeigt an, dass Tiere auch vor der Sünde Adams getötet wurden. Sehen wir selbst davon ab, so trank Adam Wasser, denn Essen und Trinken gehören zusammen, und die Forschung hat ergeben, dass jeder Tropfen Wasser tausende von Bak- terien enthält. Somit kann kein Zweifel bestehen, dass Millionen von Bakterien schon vor der Sünde Adams zu sterben pflegten. Darum ist man zu bestätigen gezwungen, dass der Tod nicht das Ergebnis der Sünde ist, was die These der Christen widerlegt.
(Kitābu l-bariyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 13, S. 72-74)
Gemäß ihrem Grundsatz messen die Christen rechtschaffenem Verhalten keine Wichtigkeit bei. Ihrer Ansicht nach ist die Sühne von Jesus ein ausreichendes Mittel zur Erlangung von Erlösung. Wir ha- ben gezeigt, dass die Sühne von Jesus die Christen weder vor Sünden rettete noch es wahr ist, dass aufgrund jener Sühne für sie nun je- des Laster zulässig geworden ist. Es gibt darüber hinaus eine weitere Sache, die bemerkenswert ist, und zwar beweist die Vernunft, dass rechtschaffenes Verhalten die Wirkung hat, den Rechtschaffenen die Frucht der Erlösung zu gewähren. Selbst die Christen bestätigen, dass das Laster die Konsequenz hat, denjenigen, der sich ihrer schuldig macht, für immer in die Hölle zu verdammen. Wenn das so ist, dann muss man auch das betreffende Naturgesetz berücksichtigen, wonach auch das Gute eine Wirkung hat, und dass derjenige, der Gutes tut, Erlösung erlangen kann.
Ein weiterer von uns vorgebrachter Einwand war, dass die von den Christen dargelegte Sühne dem ewigen göttlichen Naturgesetz widerspricht. Es gibt im Naturgesetz kein Beispiel, dass das Hö-
herstehende getötet werden sollte, um das Niedrigere zu schützen. Wir haben vor uns das göttliche Naturgesetz, das beweist, dass zum Schutz des Höhergestellten stets das Geringere geopfert wird. Alle Lebewesen, selbst die Bakterien im Wasser, werden für die Erhaltung des Menschen, der das Edelste der Schöpfung ist, geopfert. Das Opfer von Jesus ist diesem offensichtlichen Gesetz zuwider. Jeder Vernünf- tige kann begreifen, dass zum Schutz dessen, was teurer und wert- voller ist, das geopfert werden muss, was geringer ist als jenes. Gott, der Allmächtige, lässt Millionen von Lebewesen für die Erhaltung des Menschen opfern, und durch unser bloßes Dasein folgen wir dem- selben Gesetz. Ihr könnt somit verstehen, wie sehr die Sühne, an die die Christen glauben, dem göttlichen Naturgesetz entgegensteht. Ein weiterer von uns erhobener Einwand war, dass die Behauptung der Christen, dass Jesus sowohl frei von ererbter als auch von erworbe- ner Sünde war, offensichtlich unbegründet ist. Die Christen geben zu, dass Jesus seinen Körper von seiner Mutter erhalten hatte und jene nicht frei von Sünde war. Die Christen bestätigen auch, dass jeder Schmerz und jede Verletzung das Ergebnis der Sünde ist, und es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Jesus Hunger und Durst empfand, in seiner Kindheit an Windpocken und an schwarzen Pocken gelitten haben mag, Zahnschmerzen erlitten und an jahreszeitlichbedingten Fiebern gelitten haben mag. Den Christen zufolge sind dies die Folgen von Sünden. Wie also könnte Jesus als ein sündenloses Opfer betrach- tet werden? Außerdem kann, den Christen zufolge, nur jene Person eine Beziehung zum Heiligen Geist begründen, die gänzlich frei von Sünde ist. Wie also begründete der Heilige Geist eine Beziehung zu Jesus, der weder frei von der Erbsünde war noch den Folgen von Sün- den entrann? Anscheinend verdiente es Melchisedek mehr, eine Be- ziehung zum Heiligen Geist aufzubauen, denn den Christen zufolge war er frei von jederart von Sünde.
Die Christen bestätigen, dass die Sündlosigkeit das wahre Mittel ist zur Erlangung von Erlösung, und dennoch bieten sie das wahre Mittel zur Erlangung der Sündlosigkeit nicht dar, sondern bieten eine beschämende Erfindung an, die keine wahre Beziehung hat zur Sünd- losigkeit hat. Es ist offensichtlich, dass, weil er für Gott erschaffen worden ist, des Menschen ganzer Trost und sein gesamtes Wohlerge- hen darin liegen, dass er gänzlich Gottes wird, und er keinen wahren Trost erlangen kann, bis er seine Beziehung zu Gott nicht in die Praxis umsetzt. Wendet der Mensch sich von Gott ab, so ist es wie bei einem, der jene Fenster seines Zimmers schließt, die in Richtung der Sonne liegen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass das Zimmer durch das Schließen der Fenster dunkel wird und dass das ausgeschlossene Sonnenlicht plötzlich durch Dunkelheit ersetzt wird. Jene Dunkelheit ist es, die als Irreführung und Hölle bezeichnet wird, denn sie ist die Wurzel allen Schmerzes. Wird, in Übereinstimmung mit dem Natur- gesetz, die Beseitigung dieser Dunkelheit und die Befreiung aus dieser Hölle gesucht, dann besteht keine Notwendigkeit darin, irgendwen zu kreuzigen. Die Fenster, deren Schließen die Dunkelheit verursacht hatte, sollten geöffnet werden. Kann man glauben, dass wir irgend- welches Licht empfangen, während wir darauf bestehen, dass die Fenster, durch welche Licht hereinströmen könnte, geschlossen blei- ben? Die Vergebung von Sünden ist keine Geschichte, die in einem zukünftigen Leben offenbar gemacht wird. Noch ist dies ohne Sub- stanz oder vergleichbar mit dem Ungehorsam gegenüber weltlichen Regierungen und deren Begnadigung. Eine Person wird zum Missetä- ter oder Sünder erklärt, wenn er sich, sich von Gott abwendend, von der Konfrontation mit dem Licht und der Helligkeit, die von Gott auf menschliche Herzen herabkommen, zurückzieht. Jener Zustand wird
im Wort Gottes حانَ ج
ǧunāḥ genannt, das von den Parsen in ہگ
gunāh
(Sünde) verdreht wurde. Die Wurzel des Wortes bedeutet, sich vom Mittelpunkt abzuwenden und fortzubewegen. Es gewann insofern die Bedeutung von Sünde, als man die Stelle, auf die das göttliche Licht fällt, durch Abwenden verlässt und, sich davon fortbewegend, von jenem Licht entfernt, das auf der ursprünglichen Stelle erhalten bleibt. Desgleichen bedeutet مرج ǧurm (Verbrechen), was auch Sünde bedeutet, Abtrennung. Somit zertrennt ein Missetäter seine ganze Be- ziehung zu Gott. Ǧurm ist somit schlimmer als ǧunāḥ, denn das Letz- tere bedeutet nur eine falsche Neigung, aber das Erstere bedeutet, das jemand durch das Brechen von Gottes Gesetz und die Unachtsamkeit gegenüber einer Beziehung zu Ihm, absichtlich eine Missetat begeht.
Da das die Wirklichkeit von wahrer Reinheit ist, fragt man sich, ob jene Erleuchtungen, die einer durch seine Liebe zur Dunkelheit ver- liert, durch den Glauben an die Kreuzigung erlangt werden können. Die Antwort ist, dass eine solche Ansicht falsch ist. Die Wahrheit ist, dass es das ewige Gesetz zur Erlangung jener Erleuchtungen ist, dass wir die Fenster in Richtung der wahren Sonne öffnen, damit die Strah- len, die durch ihr Schließen abgewendet worden waren, wiederbelebt werden mögen. Es wird vom physischen Naturgesetz bezeugt, dass wir die Dunkelheit nicht loswerden können, bis wir die Fenster öff- nen, die die direkten Strahlen der Sonne hereinlassen. Darum ist der richtige und vernünftige Weg zweifellos, dass jene Fenster geöffnet werden, durch die wir nicht nur Licht empfangen, sondern auch die Lichtquelle sehen werden.
Für die Beseitigung der Dunkelheit von Sünde und Nachlässig- keit ist es erforderlich, Licht zu empfangen. Dies wird vom Gott, dem Glorreichen, angedeutet in dem Vers:
124 اًلیۡ بِ س
لُّ ضَ َاوَ یمٰ ع
َا ةِ رَ خ
اٰ ۡلایفِ وَ ہُ َفیمٰ ع
َا ۤہٖ ذِ ھٰ یۡ فِ ناَکنم
Derjenige, der blind ist in dieser Welt, wird blind im Jenseits sein und noch mehr irregehen. Dies bedeutet, dass die Augen für das Er- blicken Gottes und die Sinne dafür, Ihn zu entdecken, in diesem Leben gewährt werden und dass derjenige, dem sie in diesem Leben nicht ge- währt werden, sie im Jenseits nicht finden wird. Die Rechtschaffenen, die Gott am Tage des Jüngsten Gerichtes sehen werden, werden jene Sinne, durch die sie Ihn sehen werden, mit sich führen, und derjenige, der die Stimme Gottes in dieser Welt nicht hört, wird sie in der nächs- ten nicht hören. Gott so zu erkennen, wie Er ist, und wahre Erkenntnis Seines Wesens und Seiner Attribute in dieser Welt zu erlangen, ist die Quelle allen Lichtes. Es ist somit offensichtlich, dass jene, die glauben, dass Gott Tod und Qual und Leiden und Unwissenheit ausgesetzt ist und verflucht werden kann und wahrer Reinheit und Barmherzigkeit und wahren Wissens entbehrt, in der Grube der Irreführung zap- peln und sich des wahren Wissens und der wahren Einsicht, was die Grundlagen sind für die Erlösung, nicht bewusst sind. Die Christen befinden sich in großem Irrtum, indem sie meinen, dass die Erlösung leicht zu haben sei und gute Taten in dem Zusammenhang belanglos seien. Er, den sie vergöttert haben, hielt vierzig Fastentage ein. Auch Moses fastete in Sinai. Wenn gute Taten nichts sind, warum verfolgten diese zwei Erwählten jenes vergebliche Ziel? Da es klar ist, dass Gott, der Allmächtige, Abscheu vor Lastern hat, können wir verstehen, dass Er sich über die Tugend sehr freut. Auf diese Weise wird die Tugend zu einer Sühne für Laster. Vollbringt einer, nachdem er sich eines Las- ters schuldig gemacht hat, eine gute, gottgefällige Tat, so folgt daraus, dass der vorherige Zustand durch den nachfolgenden ersetzt worden ist; andererseits wäre es eine Respektlosigkeit. Demzufolge sagt Gott,
124 Banī isrāʾīl, 17:73. (Anm. d. Ü.)
der Allmächtige, im Heiligen Qur‘an:
125
تاٰ یِّ سّ لان
ۡبھِ ذۡ ُیت
نٰ سَ َحلانَّ ا
Wahrlich, gute Taten beseitigen üble Taten.
Wir können auch sagen, dass das Laster eine giftige Eigenschaft hat, die vernichtet, und dass die Tugend die Eigenschaft eines Gegen- mittels hat, die vor dem Tod errettet. Zum Beispiel ist es ein Laster, alle Türen eines Zimmers zu schließen, weil die unvermeidliche Folge Dunkelheit ist. Im Gegensatz dazu steht das Öffnen der in Richtung der Sonne liegenden Türen. Dies ist die Tugend, deren unvermeidli- che Folge ist, dass das Licht, das ausgeschlossen worden war, wieder in das Zimmer kommen wird.
(Kitābu l-bariyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 13, S. 76-81)
Eure Ansicht ist gewiss richtig, dass es die Lehre des Heiligen Pro- phetenSAW ist, dass Sünden getilgt werden durch die Bestätigung von:
126 هِ ّللالُ وْ سُ رَّ دٌ مَّ َحمُ هُ ّللااَّلاِ ہَ ٰلاِ اَل
Es ist die Wirklichkeit, dass jener, der daran glaubt, dass Gott Ei- ner ohne Partner ist, und dass Muhammad, der AuserwählteSAW, von demselben Allmächtigen Einzigartigen entsandt wurde, ohne Zweifel Erlösung erlangen wird – falls er in dem Glauben stirbt. Es gibt unter dem Himmel keine Erlösung durch den Selbstmord von irgendjeman-
125 Hūd, 11:115. (Anm. d. Ü.)
126 Niemand ist anbetungswürdig außer Allah und Muhammad ist Sein Gesandter. (Anm. d. Ü.)
dem. Niemand kann irrsinniger sein als derjenige, der so denkt. Aber an Gott zu glauben als Einen ohne Partner und als so mitfühlend, dass Er durch Seine große Barmherzigkeit Seinen Gesandten, dessen Name Muhammad, der ErwählteSAW, ist, entsandte, um die Welt vor der Irre- führung zu erretten, ist die Lehre, durch deren Befolgung die Dunkel- heit der Seele beseitigt und das „Ego“ durch die Einheit Gottes ersetzt wird. Schließlich breitet sich das gewaltige Aufwallen der Einheit über das ganze Herz aus und das himmlische Leben beginnt schon in dieser Welt. So wie ihr wahrnehmt, dass die Dunkelheit durch das Erscheinen des Lichts verschwindet, desgleichen verschwinden die dunklen Leidenschaften des Egos, wenn die helle Reflexion von ‚
127 هُ ّللااَّلاِ ہَ ٰلاِ اَل
auf ein Herz fällt. Die Essenz der Sünde ist, dass es einen Tumult gibt in den Leidenschaften des Egos. Und man wird dann ein Sünder genannt, wenn man ihnen nachgibt. Die Bedeutung von
128 هُ ّللاالَّ اِ ہَ ٰلاِ اَل
die von ihren unterschiedlichen Bedeutungen aus dem arabischen Lexikon abgeleitet wird, lautet:
هُ ّللااَّلاِ یْ ِلعاطَ م
اَلوَ دَ وْ بُ عْ م
اَلوَ یْ ِلب
وْ بحمَ اَلوَ یْ ِلب
وْ لُ طْ م
اَل
Das heißt, dass es niemand gibt, der begehrt oder geliebt oder an- gebetet oder dem gehorcht werden sollte, außer Allah. Also ist es of-
127 Niemand ist anbetungswürdig außer Allah. (Anm. d. Ü.)
128 Ebenso.
fensichtlich, dass diese Auffassung der Wirklichkeit der Sünde und ihrer wahren Quelle gänzlich zuwider ist. Wenn jemand diese Bedeu- tung mit der Aufrichtigkeit seines Herzens in seiner Seele begründet, dann wird jeder entgegengesetzte Begriff insofern gezwungenerma- ßen aus seinem Herzen vertrieben, als Gegensätze nicht zusammen bestehen können. Wenn die Leidenschaften des Egos ausgemerzt werden, wird ebenjener Zustand erreicht, der als wahre Reinheit und echte Aufrichtigkeit bezeichnet wird. Der Zweck des zweiten Teils des Glaubensbekenntnisses, also an den Gesandten Gottes zu glauben, ist, dass auch der Glaube an das Wort Gottes etabliert werden möge, denn es ist erforderlich für einen, der sein Verlangen zum Ausdruck bringt, zu einem gehorsamen Diener Gottes werden zu wollen, dass er an die Gebote Gottes glaubt; und der Glaube an Gottes Gebote ist nicht möglich ohne den Glauben an denjenigen, durch den die Gebote übermittelt worden sind. Dies ist die wahre Bedeutung des Glaubens- bekenntnisses.
(Nūru l-qurʾān Nr. 2, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 9, S. 418-420)
Ich habe des Öfteren betont, dass ihr euch nicht nur damit zufrie- den geben solltet, dass ihr Muslime seid und bekennt, dass:
129 هُ ّللاالَّ اِ ہَ ٰلاِ اَل
Jene, die den Heiligen Qur‘an studiert haben, wissen wohl, dass der Allmächtige Sich mit bloßen Worten nicht zufrieden gibt. Der Hei- lige Qur‘an legt die historischen Berichte über die Juden dar, dass ih- nen von Gott, dem Allmächtigen, anfangs große Huld gewährt wurde, dass Gott, der Allmächtige, ihnen jedoch, als die Zeit kam, da sie sich nur noch mit mündlichen Erklärungen zufrieden gaben und ihre Her- zen von Täuschung und Unehrlichkeit und üblen Gedanken erfüllt wurden, verschiedene Arten von Qualen in solchem Maße auferlegte, dass einige von ihnen als Affen und Schweine bezeichnet wurden.
Dies geschah trotz der Tatsache, dass sie die Thora und die Psal- men besaßen und erklärten, dass sie an sie glaubten und alle Prophe- ten anerkannten. Aber Gott hatte kein Wohlgefallen an ihnen, weil alle ihre Bekenntnisse bloße Worte waren und sie nichts in ihren Herzen hatten...
129 Niemand ist anbetungswürdig außer Allah. (Anm. d. Ü.)
Denkt über die Bedeutung des Glaubensbekenntnisses
130 هُ ّللاالَّ اِ ہَ ٰلاِ اَل
nach. Durch das Bekenntnis mit seiner Zunge und die Bestätigung mit dem Herzen verkündet man, dass man keinen Gott außer Allah hat. Ilāh ist ein arabisches Wort und bedeutet den Einen Angebeteten, Der der Geliebte und der wahre Gott ist. Dieses den Muslimen gelehr- te Glaubensbekenntnis ist die Verkörperung des Heiligen Qur‘ans. Es ist für einen jeden schwer, lange Bücher auswendig zu lernen. Gott, der Allmächtige, ist allweise und hat ein kurzes Glaubensbekenntnis verkündet. Die Bedeutung davon ist, dass der Mensch keine Erlösung erlangen kann, solange er nicht Gott allem vorgezogen hat, Er als der einzige Anbetungswürdige anerkannt und zum wahren Ziel wird. In einem Hadith wird erwähnt, dass:
ةنَّ َجلالَ خَ دَ َفهُ ّللااَّلاِ ہَ ٰلاِ اَللاَقنم
Derjenige, der erklärt, „dass niemand anbetungswürdig ist außer Al- lah“, ins Paradies eingehen wird.
Die Menschen haben dieses Hadith missverstanden. Sie bilden sich ein, dass es genügt, das Glaubensbekenntnis wörtlich zu wiederholen, damit man ins Paradies eingeht. Gott, der Allmächtige, kümmert Sich nicht um Worte. Er kümmert Sich um Herzen. Dies bedeutet, dass jene, die sich die wahre Auffassung des Glaubensbekenntnisses so in ihre Herzen einprägen, dass die Erhabenheit von Gott, dem Allmäch- tigen, sich gänzlich in ihr Bewusstsein eingeprägt hat, in den Himmel eingehen werden.
Wenn man wahrhaftig an das Glaubensbekenntnis glaubt, dann
130 Ebenso.
kann niemand außer Gott der Gegenstand seiner Zuneigung oder seiner Anbetung wert oder sein Begehrter sein. Der spirituelle Status eines ʿabdāl und quṭab und ġauṯ ist nichts anderes als der aufrichtigste Glaube an die kalima.
131 هُ ّللااَّلاِ ہَ ٰلاِ اَل
...Dieses erhabene Glaubensbekenntnis schließt alle Gottheiten ne- ben Allah aus. Es ist deshalb erforderlich, alle persönlichen und all- gemeinen Götter aus den Herzen zu verstoßen, so dass das Herz für Allah allein geläutert wird. Einige Götzen sind offenkundig, andere jedoch subtil. Es ist zum Beispiel auch ein Götze, sich neben Allah auch auf materielle Mittel zu verlassen, wenngleich ein subtiler...
Solche subtilen Götzen, die Menschen vor sich hertragen, sind schwer loszuwerden. Große Philosophen und weise Menschen kön- nen sie nicht loswerden. Sie sind wie feine Würmer, die außer durch das Mikroskop der großen Barmherzigkeit Gottes nicht wahrge- nommen werden können. Sie fügen einem großen Schaden zu. Jene Götzen sind persönliche Gefühle, welche die Menschen weit zurück- werfen in der Erfüllung der Rechte ihrer Mitmenschen und der Rechte des Allmächtigen. Viele, die gelehrt und belesen sind und Geistliche genannt werden und die Ahadith studieren, können diese Götzen in ihrem Innern nicht erkennen und huldigen ihnen. Diese Götzen zu meiden ist nur einem sehr mutigen Menschen möglich. Jene, die diesen Götzen folgen, pflegen Groll in ihren Herzen, verleugnen die Rechte anderer und bilden sich ein, dass sie eine Beute gefangen ha- ben. Sie verlassen sich gänzlich auf materielle Mittel. Solange diese Neigungen nicht ganz und gar beseitigt sind, kann die Einheit Gottes nicht etabliert werden.
(Ansprachen zur Jalsa Salana, 1906, S. 1-5)
131 Niemand ist anbetungswürdig außer Allah. (Anm. d. Ü.)
Nachdem ihr die Bedeutung von
132 هُ ّللاالَّ اِ ہَ ٰلاِ اَل
erfasst habt, schenkt dem Ritualgebet, dessen Einhaltung im Heili- gen Qur‘an wiederholt betont worden ist, die volle Aufmerksamkeit; doch damit einhergehend heißt es:
133
نَ وۡ ھُ اسَ مۡ ِہِتاَلصنع
مۡ ُہن
ۡیذِ َّلا۔ۙن
ۡیِّلصَ مُ ۡلِّل لٌ ۡیوَ َف
Das heißt, wehe denen unter den Betenden, die sich der Wirklich- keit des Gebets nicht bewusst sind.
Es sollte wohl verstanden werden, dass das Gebet, das ein Beten- der Gott zur Zeit seiner Trennung von Ihm in Qual und mit einem da- hinschmelzenden Herzen darbringt, ein Flehen darum ist, dass ihm ein Zusammentreffen mit Gott gewährt werden möge, wiewohl nie- mand mit Gott zusammentreffen kann, solange nicht Gott ein Zusam- mentreffen herbeiführt. Der Mensch ist an mannigfachen Ketten und Halsbändern gebunden. Er wünscht, sie loszuwerden, doch sie lassen nicht locker. Trotz des starken Wunsches des Menschen, geläutert zu werden, stolpert sein sich selbst anklagendes Selbst (nafs-e lawwāma) so manches Mal. Es liegt bei Gott, jemanden von der Sünde zu läu- tern. Es gibt keine Macht, die euch mit Gewalt läutern kann. Gott hat für die Erzeugung von reinen Empfindungen das Ritualgebet vor- geschrieben. Das ṣalāt ist ein Gebet, das Gott mit Mühe und einem auflodernd brennendem Herzen dargebracht wird, so dass böse Ge-
132 Ebenso.
133 Al-Māʿūn, 107:5-6. (Anm. d. Ü.)
danken und üble Pläne beseitigt und eine heilige und reine Beziehung begründet werden und es einem ermöglicht wird, Gottes Gebote ein- zuhalten. Das Wort ṣalāt zeigt an, dass das wahre Gebet nicht nur mit der Zunge dargebracht werden sollte, sondern von Brennen und Zi- schen und einem Verbrennen im Feuer begleitet sein muss. Gott, der Allmächtige, erhört das Gebet nicht, bevor der Anbetende nicht zur Zeit seines Gebets eine Form des Todes erlangt...
Das ṣalāt ist ein Gebet auf einem sehr hohen Niveau, die Men- schen jedoch würdigen es nicht gebührend. In diesem Zeitalter wid- men sich viele Muslime, wie zum Beispiel die nau-šāhīs und naqšbandīs etc., der häufigen Wiederholung frommer Formeln. Es ist schade, dass all dies Neuerungen sind. Diese Menschen sind sich der Wirklichkeit des ṣalāt nicht bewusst und verleumden Gottes Gebote. Im Vergleich zum ṣalāt ist keine dieser Neuerungen für einen Suchenden von Nut- zen. Es war die Praxis des Heiligen ProphetenSAW, dass er zu einer Zeit der Schwierigkeit seine rituellen Waschungen vornahm, sich zum ṣalāt aufstellte und sein Flehen im ṣalāt darbrachte. Meine Erfahrung ist, dass man Gott durch nichts so nahe kommt wie durch das ṣalāt. Die verschiedenen Stellungen im ṣalāt bekunden Hochachtung, De- mut und Sanftmut. Im qiyām (stehende Haltung) steht der Betende mit verschränkten Armen, so wie ein Sklave höflich vor seinem Herrn und König steht. Im rukūʿ (Beugen) verbeugt sich der Betende in De- mut. Der Höhepunkt der Demut wird in der saǧda (Niederwerfung) erreicht, welche äußerste Hilflosigkeit anzeigt.
(Ansprachen zur Jalsa Salana, 1906, S. 6-8)
Verrichtet die Gebete regelmäßig. Einige Menschen geben sich mit einem Gebet am Tag zufrieden, aber sie müssen bedenken, dass keiner von ihnen davon ausgenommen ist, selbst Propheten nicht. In einem Hadith wird berichtet, dass eine Gruppe von Menschen, die den Islam gerade angenommen hatte, den Heiligen ProphetenSAW ge-
beten hatte, vom ṣalāt befreit zu werden. Er machte die Bemerkung: Eine Religion, die keine Taten verlangt, ist überhaupt keine Religion.
(Malfūẓāt, vol. 1, S. 263)
Ich rate euch nochmals, wenn ihr eine wahre Beziehung zu Gott herzustellen wünscht, dann haltet euch in einem solchem Ausmaß am ṣalāt fest, dass euer Körper, eure Zunge, eure spirituellen Ziele und eure Gefühle allesamt zu einer wahren Verkörperung des ṣalāt wer- den mögen.
(Malfūẓāt, vol. 1, S. 170)
Was ist das ṣalāt? Es ist ein an den Herrn der Ehre gerichtetes Gebet, ohne das man weder wirklich lebendig sein, noch sich etwaige Vorkehrungen für seine Sicherheit und sein Glück verschaffen kann. Erst wenn der Allmächtige jemandem diese Gnade gewährt, wird je- ner wahre Trost erlangt. Von jenem Augenblick an wird er beginnen, im ṣalāt Freude und Wonne zu empfinden. So wie er Freude an köst- licher Nahrung hat, wird er beginnen, an seinem Weinen und Flehen im ṣalāt Freude zu empfinden. Bevor er jenen Zustand in seinem ṣalāt erlebt, ist es erforderlich, dass er sich derart hartnäckig am ṣalāt fest- hält, wie er es beim Schlucken bitterer Medizin tut, um wieder gesund zu werden. Es ist für ihn erforderlich, im ṣalāt und beim Darbringen seines Flehens auch dann zu verharren, wenn er keine Freude daran hat. In einer solchen Lage sollte er versuchen, Freude und Wonne im ṣalāt mit diesem Gebet zu gewinnen:
Allah, Du weißt wie blind und unsehend ich bin, und im Au- genblick bin ich wie die Toten. Ich weiß, dass ich nach einer kurzen Zeit gerufen und mich vor Dir einfinden werde und
niemand mich hindern können wird. Doch mein Herz ist blind und unerleuchtet. Lasse Du eine solche Flamme des Lichts auf ihm herabkommen, wodurch die Liebe und Ergebenheit zu Dir in ihm hervorgerufen werden möge. Gewähre Du mir eine solche Huld, dass ich nicht unsehend auferweckt werden noch zu den Blinden gehören möge.
Wenn einer auf diese Weise betet und in dem Gebet beharrt, wird er feststellen, dass eine Zeit kommen wird, wenn etwas sein Herz Schmelzendes auf ihn herabkommen wird, während er in einem sol- chen Gebet vertieft ist.
(Malfūẓāt, vol. IV, S. 321-322)
134 نَ وۡ ظ
فاَحیُ مۡ ِہِتوٰ لَ ص
یٰلعَ مۡ ُہن
ۡیذِ َّلاو
Das heißt, jene Gläubigen... die über ihre Gebete selbst wachen und von niemandem daran erinnert zu werden brauchen. Ihre Beziehung zu Gott hat die Eigenschaft, dass das Gedenken Gottes ihnen lieb und zur Quelle ihres Trostes und zu ihrem eigentlichem Leben wird, so dass sie beständig darüber wachen und jeder ihrer Augenblicke dem gewidmet ist und sie zu keiner Zeit davon getrennt sein möchten.
Es ist offensichtlich, dass jemand nur hinsichtlich dessen jeden Au- genblick äußerst wachsam ist, dessen Verlust er als etwas betrachtet, das seinem Ruin gleichkommt, so wie einer, der während er eine tro- ckene Wildnis durchquert, in der es hunderte von Meilen weit keine Möglichkeit gibt, Wasser oder Nahrung zu finden, höchst wachsam hinsichtlich solcher Nahrungsmittel ist, die er bei sich hat, weil er sie aufgrund seiner Überzeugung, dass ihr Verlust seinen Tod bedeuten würde, für so kostbar wie sein Leben hält. Somit wachen die wahren
134 „Jene, die streng bei der Verrichtung ihrer Gebete sind.“ (Al-Muʾminūn, 23:10; Anm. d. Ü.)
Gläubigen, wie ein solcher Reisender, aufmerksam über ihre Gebete. Sie vernachlässigen sie nicht, selbst wenn die Gefahr aufkommt, dass sie dadurch einen Verlust an Reichtum oder Ehre erleiden oder das Missfallen einer Person hervorrufen. Derartige Besorgnis, ihr Gebet zu versäumen, bereitet ihnen große Seelenqual und bringt sie dem Tode nahe. Sie können den Gedanken nicht ertragen, einen einzigen Augenblick lang nachlässig im Gedenken Gottes zu sein. Sie erachten das Gebet und das Gedenken Gottes für ihre wesentliche Nahrung, von der ihr bloßes Leben abhängig ist. Dieser Zustand wird erreicht, wenn Gott, der Allmächtige, sie liebt und eine helle Flamme Seiner Eigenen Liebe, die die reine Seele ihres Daseins ist, auf ihr Herz her- abkommt und ihnen ein neues Leben verleiht. Dadurch wird ihr spi- rituelles Wesen erleuchtet und lebendig. In einem solchen Zustand beschäftigen sie sich mit dem Gedenken Gottes nicht aus einem Sinn für Formalität oder dem Verlangen nach äußerem Erscheinen, son- dern weil Gott das ihnen so teure spirituelle Leben genauso abhängig gemacht hat von der Nahrung, die sie durch Sein Gedenken erhalten, wie Er das physische Leben des Menschen abhängig gemacht hat von der physischen Nahrung. Darum lieben sie diese spirituelle Nahrung mehr als die physische und fürchten ihren Verlust.
Dies ist das Resultat des Geistes, der auf sie wie eine Flamme he-
rabkommt und in ihren Herzen eine vollkommene Trunkenheit von der Liebe Gottes erzeugt. Sie wünschen, nicht einen einzigen Augen- blick lang von ihm getrennt zu werden. Sie leiden für ihn und ertragen Qualen um seinetwillen, wollen aber nicht einen Augenblick lang von ihm getrennt sein und wachen beständig über ihre Gebete. Dies wird für sie insofern zu ihrer Natur, als Gott das ṣalāt, das ihr liebendes Ge- denken Seiner ist, zu einer wesentlichen Nahrung für sie gemacht hat und ihnen, durch das Offenbaren Seiner persönlichen Liebe für sie, das köstliche Licht des göttlichen Gedenkens verliehen hat. Auf diese Weise wird das Gedenken Gottes ihnen so lieb wie das Leben selbst,
ja, sogar noch teurer als das. Die persönliche Liebe Gottes ist eine neue Seele, die wie eine Flamme auf ihre Herzen fällt, und das ṣalāt und Gedenken Gottes zu einer Nahrung für sie macht. Somit glauben sie, dass sie nicht durch Brot und Wasser leben, sondern durch das ṣalāt und das Gedenken Gottes.
Das Gedenken Gottes, unterstützt von der Liebe, die ṣalāt ge- nannt wird, wird zu ihrer Nahrung, ohne die sie nicht überleben können, und welche sie beständig schützen und bewachen, wie ein Reisender, der seinen kärglichen Vorrat an Brot und Wasser mitten in der kargen Wildnis beschützt. Der absolute Gewährer hat auch diesen Zustand als eine Stufe im spirituellen Fortschritt des Menschen be- stimmt, und zwar als die letzte Stufe. Das Gedenken Gottes, voller Liebe dargebracht, dessen formaler Name ṣalāt ist, wird für einen Anbetenden wahrlich zu einem Ersatz für die Nahrung. Tatsächlich sucht er in Erwiderung dieser Nahrung seine Seele immer wieder zu opfern und kann, wie Fische ohne Wasser, ohne sie nicht überleben. Er betrachtet einen einzigen Augenblick, da er von Gott getrennt ist, als den Tod. Seine Seele ist stets auf der Schwelle Gottes niedergewor- fen und er findet seinen ganzen Trost in Gott. Er ist überzeugt, dass er, falls er auch nur einen Augenblick vom Gedenken Gottes getrennt wäre, sterben würde.
So wie die Nahrung im Körper ein Gefühl der Frische erzeugt und die physischen Sinne, wie Sehen und Hören, stärkt, desgleichen stärkt das von der Liebe und Hingabe unterstützte Gedenken Gottes auf dieser Stufe die spirituellen Fähigkeiten eines Gläubigen, das heißt, sein Auge erlangt die Fähigkeit, Visionen klar und auf feine Weise zu sehen, und seine Ohren hören das Wort Gottes, des Allmächtigen,
und seine Zunge bringt jenes Wort auf eine klare, erleuchtete und ent- zückende Weise zum Ausdruck. Er hat oft wahre Träume, die erfüllt werden wie das Kommen der Morgenröte, und aufgrund seiner rei- nen und liebenden Beziehung zu Gott hat er Anteil an einer großen Anzahl von wahren Träumen, die ihm gute Botschaften übermitteln. Dies ist die Stufe, auf der ein Gläubiger fühlt, dass ihm die Liebe Got- tes als Nahrung dient. Diese neue Geburt findet statt, nachdem das spirituelle Gerüst fertiggestellt wurde. Sodann fällt der mit der per- sönlichen Liebe Gottes brennende Geist auf das Herz eines solchen Gläubigen herab und plötzlich erhebt ihn eine höhere Macht über die Stufe der Menschlichkeit hinweg.
Dies ist die Stufe, die spirituell als eine neue Schöpfung bezeich- net wird. Auf dieser Stufe lässt Gott, der Allmächtige, eine lodernde Flamme Seiner persönlichen Liebe, die als Geist bezeichnet wird, auf das Herz eines Gläubigen herabkommen und beseitigt dadurch all seine Dunkelheit, Verunreinigungen und Schwächen. Mit dem Ein- hauchen dieses Geistes erreicht die Schönheit des Gläubigen, die sich bislang auf einer niedrigeren Stufe befand, ihren Höhepunkt und er erlangt eine spirituelle Pracht, wodurch die Einengung eines laster- haften Lebens gänzlich beseitigt wird und der Gläubige fühlt, dass ein neuer, zuvor nicht dagewesener Geist in ihn eingegangen ist. Durch den Geist erlangt er ein wunderbares Gefühl von Ruhe und Zufrieden- heit. Seine persönliche Liebe wallt auf wie eine Fontäne und bewäs- sert die Pflanze seiner Knechtschaft. Das Feuer, das bislang nur einen gewissen Wärmegrad hatte, entflammt auf dieser Stufe und bringt es, alles Stroh und Zündholz des menschlichen Egos verbrennend, in die vollkommene Gewalt des Göttlichen und umfasst alle Glieder. Dann zeigt ein solcher Gläubiger, so wie ein Stück Eisen, in einem heftigen Feuer erhitzt, rot wird und selbst wie Feuer erscheint, solche Zeichen und Taten wie das rotglühende Stück Eisen die Wirkung und Eigen- schaften von Feuer darbietet
Dies bedeutet nicht, dass ein solcher Gläubiger zu Gott wird. Es ist nur eine Eigenschaft der göttlichen Liebe, dass sie ihm, was offen- kundig ist, ihre eigene Farbe verleiht, während die der Knechtschaft inhärenten Eigenschaften und ihre Schwächen fortdauern. Auf dieser Stufe wird Gott zum Brot des Gläubigen, das sein Leben erhält, und Gott wird zu dem Wasser, durch dessen Trinken der Gläubige vom Tod erlöst wird, und wird zu der kühlen Brise, die das Herz des Gläu- bigen tröstet. Auf dieser Stufe wäre es nicht unpassend, metaphorisch zu sagen, dass Gott in den Gläubigen eingeht, sein gesamtes Wesen durchtränkt und dessen Herz zu Seinem Thron macht; dann sieht je- ner nicht durch seinen eigenen Geist, sondern durch den Geist Gottes, und insofern hört er durch ihn und spricht durch ihn und schreitet durch ihn und übermannt seine Feinde durch ihn, als er auf dieser Stufe die Stufe des Nichtsein erreicht, während der Geist Gottes ihm durch das Offenbaren seiner persönlichen Liebe für ihn ein neues Le- ben verleiht. Dann wird er zur Manifestation des Verses:
135 ن
ۡیقِ ِلخٰ لا ن
سَ حۡ َا هُ ّللاک
ربٰ تَ َفؕرَ خَ اٰ اقً ۡلخه
نٰ اۡ شَ ۡ نَامَّ ُث
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 212-216)
Es ist töricht, sich mit der äußerlichen Verrichtung des ṣalāt zufrie- denzugeben. Die meisten Menschen verrichten das ṣalāt nur förmlich und gehen es schnell durch, als ob es eine belastende Steuer wäre, die rasch entrichtet werden sollte. Dann gibt es jene, die das ṣalāt schnell
135 „Dann entwickeln Wir es zu einer anderen Schöpfung; so sei denn Allah gepriesen, der beste Schöpfer.“ (Al-Muʾminūn, 23:15; Anm. d. Ü.)
durchgehen und sich danach mit lang hingezogenen Gebeten beschäf- tigen, welche zwei- oder dreimal so viel Zeit in Anspruch nehmen wie das ṣalāt, während das ṣalāt selbst nichts anderes ist als ein Gebet. Wer es nicht mit jenem Bewusstsein verrichtet und sich währenddes- sen nicht in Gebeten vertieft, versäumt es, das ṣalāt zu verrichten. Ihr solltet versuchen, euer ṣalāt köstlich zu machen wie Speise und kaltes Wasser, damit es statt Segen nicht Leid auf euch bringe. Das ṣalāt ist eine Gott gebührende Pflicht. Es sollte auf hervorragende Weise ver- richtet werden.
(Malfūẓāt, vol. VI, S. 370)
Das ṣalāt ist das aussagekräftigste Kriterium für die Frömmig- keit eines Betenden. Demjenigen, der während seines gesamten ṣalāt weint, wird Sicherheit verliehen. So wie ein Kind im Schoß seiner Mut- ter laut weint und durch die Liebe und das Mitgefühl seiner Mutter getröstet wird, begibt sich auch derjenige, der Gott in seinem ṣalāt mit Demut und einem dahinschmelzenden Herzen anfleht, in den Schoß von Gottes Vorsehung und Mitgefühl. Derjenige, der im ṣalāt keine Won- ne findet, hat die Freude des Glaubens noch nicht wirklich gekostet. Das ṣalāt besteht nicht nur aus körperlichen Haltungen und Bewegungen. Einige Menschen gehen das ṣalāt schnell durch, wie das Picken einer Henne, und beginnen danach mit langen Gebeten, das heißt, sie ver- richten das ṣalāt derart schnell, als wäre es eine formelle Zeremonie, wiewohl es genau die Zeit ist für das Anflehen Gottes, des Allmächti- gen. Nachdem sie ohne einen Gewinn aus ihm hervorgegangen sind, beginnen sie mit ihren Bittgebeten. Macht eure Bittgebete während des ṣalāt, macht das ṣalāt zu einem Mittel des Flehens und des Gebets.
(Malfūẓāt, vol. II, S. 145)
Das Bittgebet ist das Ziel und der Sinn des ṣalāt. Wie kann jenes Ziel erreicht werden, außer dass man während des ṣalāt betet. Ein sol- cher Betender ist wie einer, dem eine Gelegenheit geboten wird, sich vor dem Herrscher zu begeben und seine Bittschrift zu unterbreiten, doch der zu jener Zeit nichts sagt und seine Bittschrift unterbreitet, nachdem er sich von dessen Gegenwart entfernt hat. Das würde ihm nichts nützen. Ebenso ist der Fall jener Menschen, die während des ṣalāt nicht demütig und ernsthaft beten. Bringt all eure Gebete wäh- rend des ṣalāt dar und verrichtet jenes mit allen ihm gebührenden Er- fordernissen.
Gott, der Allmächtige, hat uns gleich zu Beginn des Heiligen Qur‘an ein Gebet gelehrt und hat uns auch über alle Erfordernisse des Gebets unterrichtet. Die Rezitation der Sura al-Fātiḥa im ṣalāt ist verbindlich, was anzeigt, dass das wahre Gebet nur während des ṣalāt dargebracht wird.
(Malfūẓāt, vol. III, S. 258)
Das ṣalāt darf in keiner anderen Sprache dargebracht werden au- ßer in der Sprache des Heiligen Qur‘an. Aber nach den vorgeschriebe- nen Gebeten und Erflehungen könnt ihr zu Gott, dem Allmächtigen, auch in eurer eigenen Sprache beten. Ihr dürft die vorgeschriebenen Gebete nicht vernachlässigen. Die Christen, die von diesem Grund- satz abgewichen sind, haben alles verloren.
(Malfūẓāt, vol. III, S. 288)
Was ist das namāz? Das ist ein Gebet, das mit wahrhaft demüti- gem Geiste unter Selbstaufgabe und inbrünstig mit dem Gedanken an der Erhabenheit, der Lobpreisung, dem Gedenken an der Heilig- keit und der Bitte um Vergebung sowie dem durūd an Gott gerichtet wird. Wenn ihr also betet, dann beschränkt euch nicht wie die Un- wissenden auf die arabischen Wörter. Denn ihr Gebet und ihr Bitten um Vergebung geschieht nur aus Gewohnheit heraus, welches nicht auf Wahrhaftigkeit beruht. Deshalb sollt ihr beim Verrichten des Ge- bets den Qur’an lesen, welches das Wort Gottes ist, und ihr sollt die überlieferten Gebete sprechen, welche das Wort des Propheten sind. Doch überdies sollt ihr auch eure Bitten an den Herrn in eurer eige- nen Sprache aussprechen, und zwar mit innigst empfundener Demut und Inständigkeit, damit sie eine Wirkung in eurem Herzen entstehen lassen.
(Kaštī-e nūḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 19, S. 68-69 [Dt. Ü.: Die Arche No- ahs, Frankfurt am Main 2015, S. 138)
Macht eure Bittgebete während eurer täglichen fünf Gebete. Euch ist nicht verboten, in euren eigenen Muttersprachen zu beten. Das ṣalāt wird ohne Konzentration nicht gebührend verrichtet und Kon- zentration kann nicht ohne Demut erlangt werden, wiewohl Demut nur erzeugt werden kann, wenn man begreift, was man sagt. Darum werden Eifer und Seelenqual leichter erzeugt durch das Flehen in der Muttersprache. Aber dies bedeutet nicht, dass ihr die vorgeschriebe- nen Gebete aufgeben und das ṣalāt in eurer eigenen Sprache darbrin- gen sollt. Das ist nicht, was ich meine. Was ich meine ist, dass ihr nach den vorgeschriebenen Gebeten auch in eurer eigenen Sprache beten solltet. In den vorgeschriebenen Gebeten liegt ein besonderer Segen.
ṣalāt bedeutet Gebet. Betet darum während des ṣalāt für die Erlösung von den Katastrophen des Hier und des Jenseits und dafür, dass euer Ende gut sein möge. Betet auch für eure Ehefrauen und Kinder. Seid gut und meidet alles Böse.
(Malfūẓāt, vol. VI, S. 146)
Was ist die Bedeutung der fünfmaligen Gebete? Sie sind wie ein Abbild eurer unterschiedlichen Zustände. Es gibt fünf Gesetzmäßig- keiten eurer Natur, also fünf Gemütszustände, die bei einer Prüfung zum Vorschein treten. Sie sind ein notwendiger Bestandteil der Natur des Menschen.
Erstens: wenn ihr die Mitteilung erhaltet, dass euch eine Prü- fung ereilen wird. Beispielsweise, wenn ihr den vom Gericht gegen euch erlassenen Haftbefehl seht. Das ist der erste Zustand, der euch aufwühlt und euren Frieden stört. Dieser Zustand gleicht dem Zeit- punkt der Neigung der Sonne, denn zu diesem Zeitpunkt beginnt der Abstieg eurer Freude und eures Friedens. Diesem Zustand entspricht das ẓuhr-Gebet. Seine Zeit beginnt unmittelbar nach dem Zenitstand der Sonne, also wenn sich die Sonne Richtung Untergang in Bewe- gung setzt.
Zweitens: Der zweite Zustand überkommt euch, wenn ihr im Angesicht des Übels steht und die Gefahr nahen seht, beispielswei- se wenn ihr gemäß dem Haftbefehl festgenommen und dem Richter vorgeführt werdet. In diesem Augenblick gefriert euch vor Angst das Blut in den Adern, jede Freude weicht von euch und jeder Hoffnungs- schimmer verlässt euch. Dieser Gemütszustand gleicht der Sonne, deren Glanz zunehmend verblasst, so dass ihr die Sonne mit bloßem Auge betrachten könnt. Ihr Untergang ist absehbar. Dieser spirituel- len Regung entspricht das ʿaṣr-Gebet.
Drittens: Die dritte Erregung manifestiert sich, wenn jede Hoff- nung enttäuscht worden ist, der Gefahr in irgendeiner Weise zu ent- rinnen. Im Beispiel trifft dies zu, wenn die Anklageschrift verlesen wurde und alle Zeugen gegen dich ausgesagt haben, jedes Beweismit- tel gegen dich spricht. Nun verlässt dich die Vernunft, du bist völlig dahingerissen. Du siehst dich nunmehr als Gefangener in Haft. Dieser Gemütszustand gleicht der Zeit nach dem Sonnenuntergang, der je- den Hoffnungsschimmer begräbt und jeden Funken, jeden Lichtstrahl erlöschen lässt. Entsprechend dieser spirituellen Regung steht das maġrib-Gebet.
Viertens: Die vierte Manifestation überkommt euch, wenn das Übel euch bereits ereilt hat und ihr euch gänzlich in seinen Fängen befindet. Tiefe Dunkelheit umgibt euch von allen Seiten. Im Gleich- nis würde dies bedeuten, dass nach der Verlesung der Anklageschrift und Anhörung der Zeugen unter Berücksichtigung der erdrückenden Beweislast du für schuldig befunden wirst. Nach dem Schuldspruch tritt das Urteil in Kraft und du wirst einem Polizist ausgehändigt. Die- se Regung ähnelt der tiefen Nacht und völligen Dunkelheit. Dieser Finsternis wurde Rechnung getragen durch das ʿišāʾ-Gebet.
Fünftens: Nachdem ihr nun eine Ewigkeit in der Finsternis der Trauer und des Leids weilt, erbarmt sich Gott eurer Seele und erlöst euch vom Leid, ebenso wie nach der Dunkelheit endlich der Morgen graut und erneut das Tageslicht in neuem Glanz erstrahlt. Diesem Seelenzustand entspricht das faǧr-Gebet.
Allah hat allen euren fünf Gemütszuständen durch fünf Gebete zu bestimmten Zeiten Rechnung getragen und die Bedürfnisse und die Natur des Menschen berücksichtigt, als er die Gebete vorgeschrieben und die Zeiten festgelegt hat. Daran seht ihr, dass diese Gebete für euch von großem Nutzen sind. Wenn ihr also wünscht, dass ihr vor jedem Übel beschützt werdet, so haltet fest am täglichen fünfmaligen Gebet und vernachlässigt es keinesfalls, denn sie sind ein Abbild der
Veränderung eurer inneren seelischen Zustände. Im Gebet liegt das Heilmittel gegen alle bevorstehenden Prüfungen und jede Trübsal. Ihr könnt ja nicht wissen, was der kommende Tag für euch bereithält. Be- tet also zu jeder Zeit, ehe der Tag vergeht, auf dass es für euch ein Tag der Segnungen und des Friedens sei.
(Kaštī-e nūḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 19, S. 69-70 [Dt. Ü.: Die Arche No- ahs, Frankfurt am Main 2015, S. 138-141])
Das ṣalāt ist ein Mittel zur Befreiung von Sünden. Es ist eine Eigen- schaft des ṣalāt, dass es einen vor Sünde und Laster sicher macht. Also strebt ein derartiges ṣalāt an und versucht, euer ṣalāt auf diese Weise zu verrichten. Das ṣalāt ist die Seele der Gunst. Die Gnade Gottes, des Allmächtigen, wird durch das ṣalāt empfangen. Darum verrichtet es gebührend, damit ihr zu Erben der Huld Gottes, des Allmächtigen, werden möget.
(Malfūẓāt, vol. V, S. 126)
Was ist das ṣalāt? Es ist die Unterbreitung seiner Demut und Schwäche vor Gott und das Ersuchen um die Erfüllung seiner Bedürf- nisse bei Ihm. Während des ṣalāt steht der Anbetende manchmal vor Gott mit übereinander gefalteten Armen, was sein Bewusstsein der Herrlichkeit Gottes und seinen Eifer, Seinen Geboten zu entsprechen, andeutet, danach wirft er sich auch in völliger Demut und Hingabe nieder und erfleht die Erfüllung seiner Bedürfnisse. Manchmal preist er Ihn, Den er wie ein Bettler anfleht, und versucht, Seine Erhabenheit und Herrlichkeit verkündend, Seine Barmherzigkeit zu bewegen und fleht Ihn an. Ein Glaube, der nichts dem ṣalāt Vergleichbares hat, ist
gänzlich hohl... ṣalāt bedeutet, die Liebe zu und die Furcht vor Gott und das Beschäftigtsein des Herzens mit Seinem Gedenken. Das ist Glaube. Derjenige, der dem Gebet zu entrinnen sucht, ist nicht besser als ein Tier. Zu essen und zu trinken und die Stunden wie ein Tier zu verschlafen, ist nicht Glaube. Dies ist die Gewohnheit der Ungläubi- gen... Für denjenigen, der Gott zu treffen begehrt und begierig ist, Ihn zu erreichen, ist das ṣalāt ein Beförderungsmittel, durch dessen Ge- brauch er schnell zu seinem Ziel kommen kann. Wie kann derjenige, der das ṣalāt aufgibt, ankommen?
Seitdem die Muslime sich vom ṣalāt abgewandt haben oder, seine tatsächliche Wirklichkeit vernachlässigend, aufgegeben haben, es mit der Aufrichtigkeit und Freude und der Liebe des Herzens zu verrich- ten, hat der Niedergang des Islams begonnen. Die Zeit, als das ṣalāt richtig verrichtet wurde, war eine große Zeit für den Islam, er erlangte die Vorherrschaft über die gesamte Welt. Als die Muslime die rechte Verrichtung des ṣalāt aufgegeben haben, haben sie sich selbst aufge- geben. Es ist das mit von Herzen empfundener Ernsthaftigkeit ver- richtete ṣalāt, das einen von allen Schwierigkeiten befreit. Es ist meine wiederholte Erfahrung, dass ich die Lösung irgendeiner Schwierig- keit erflehe, und Gott das Problem, während ich noch mit dem ṣalāt beschäftigt bin, löst.
Was geschieht im ṣalāt? Der Eine erhebt im Gebet seine Hände und der Andere hört ihm gut zu. Dann kommt eine Zeit, wenn Er, Der zuhört, spricht und dem Betenden antwortet. Das ist die Situation im ṣalāt. Der Anbetende fällt vor Gott, dem Allmächtigen, nieder und un- terbreitet Ihm seine Schwierigkeiten und Bedürfnisse. Die Folge eines wirklichen und wahren ṣalāt ist, dass alsbald die Zeit kommt, da Gott, der Allmächtige, dem Betenden antwortet und ihn mit Seinen Worten tröstet. Ist ein solches Erlebnis ohne die rechte Verrichtung des ṣalāt möglich?
(Malfūẓāt, vol. V, S. 253-255)
Das ṣalāt wird dann als korrekt bezeichnet, wenn eine aufrichtige und heilige Beziehung zu Gott begründet wird und der Betende dem Wohlgefallen Gottes, des Allmächtigen, und Seinem Gehorsam so er- geben ist und seinen Glauben so über alle weltlichen Werte aufrecht- erhält, dass er stets bereit ist, sein Leben für die Sache Gottes nieder- zulegen. Erst dann ist es, dass sein ṣalāt wert ist, bei diesem Namen genannt zu werden. Bis dieser Zustand nicht zustandegebracht ist und der Betende nicht zu einem Beispiel von Aufrichtigkeit und Treue wird, sind seine Gebete und anderen Handlungen ohne Wirkung.
(Malfūẓāt, vol. VI, S. 240)
Ṣalāt, Gebet und die Gewissheit des Glaubens
Verrichtet das ṣalāt nicht als bloße Zeremonie, sondern verrichtet es mit dem Brennen und Schmelzen des Herzens und fleht ununter- brochen im ṣalāt. Es ist der Schlüssel zur Lösung aller Schwierigkei- ten. Betet neben den vorgeschriebenen Gebeten und Lobpreisungen viel in eurer Muttersprache, damit euer Herz schmelzen möge, und fahrt mit dieser Bemühung fort, bis ihr jenen Zustand erreicht, denn das ist das Mittel, um alle wahren Ziele zu erlangen. Alle physischen Haltungen während des ṣalāt sollten auch den Zustand des Herzens darstellen. Wenn der Betende im ṣalāt steht, sollte auch sein Herz für Gottes Gehorsam aufrechtstehen; wenn er sich niederbeugt, sollte sich auch das Herz niederbeugen; und wenn er sich niederwirft, sollte sich auch das Herz niederwerfen, was bedeutet, dass das Herz Gott nie loslassen sollte. Wenn er jenen Zustand erreicht, wird er sich seiner Sünden zu entledigen beginnen.
(Malfūẓāt, vol. VI, S. 367-368)
Der Heilige Qur‘an erwähnt zwei Gärten; einer davon ist der Gar- ten, der in diesem Leben gewährt wird – das ist die Wonne des ṣalāt.
Das ṣalāt ist keine belastende Steuer, sondern eine feste Beziehung zwischen dem Zustand der Knechtschaft des Menschen und Gottes Fürsorge. Gott, der Allmächtige, hat das ṣalāt zur Etablierung jener Beziehung vorgeschrieben, hat es mit Wonne erfüllt, die dazu dient, die Beziehung aufrechtzuerhalten. Wenn ein Ehepaar zum Beispiel in seiner Beziehung keine Freude findet, wird jene Beziehung wahr- scheinlich abgebrochen werden. Betet hinter geschlossenen Türen, dass jene Beziehung fortgesetzt und zu einer Quelle der Freude wer- den möge. Die Beziehung zwischen der Knechtschaft des Menschen und Gottes Fürsorge ist sehr tiefgründig und von Licht erfüllt, dessen Realität nicht in Worte ausgedrückt werden kann. Bis jene Wonne er- lebt wird, bleibt der Mensch in einem Zustand, der dem von Tieren gleicht. Selbst wenn jene Wonne nur zwei oder drei Mal empfunden wird, erlebt der Betende eine Kostprobe davon, aber derjenige, der das nicht ein einziges Mal erlebt, bleibt blind, so wie es heißt:
136 یمٰ ع
َا ةِ رَ خ
اٰ ۡلایفِ وَ ہُ َفیمٰ ع
َا ہۤ ٖ ذِ ھٰ یۡ فِ ناَکنم
(Malfūẓāt, vol. VII, S. 124-125)
Istiġfār bedeutet, dass das von Gott, dem Allmächtigen, erhaltene Licht geschützt und gepflegt werden möge. Zu diesem Zweck wur- de das ṣalāt vorgeschrieben, so dass dieses Licht wiederholt fünfmal
136 „Derjenige, der blind in dieser Welt ist, wird fortfahren, im Jenseits blind zu sein.“
(Banī isrāʾīl, 17:73; Anm. d. Ü.)
täglich von Gott ersucht werden möge. Derjenige mit Einsicht weiß, dass das ṣalāt eine spirituelle Erhebung ist und der einzige Weg zur Befreiung von spirituellen Übeln das wiederholte Flehen im ṣalāt ist, das erfüllt ist mit Ernsthaftigkeit und dem Schmelzen des Herzens.
(Malfūẓāt, Vol. VII, S. 124).
Wenn ein Betender feststellt, dass er den Eifer und die Wonne, die er im ṣalāt zu erleben pflegte, verloren hat, sollte er dessen weder überdrüssig werden noch entmutigt sein. Er sollte mit großem Eifer das, was verloren gegangen ist, zurückzugewinnen versuchen; die passenden Mittel dafür sind Reue, istiġfār und Ernsthaftigkeit. Das ṣalāt sollte nicht vernachlässigt werden, aufgrund eines Mangels an Freude daran, sondern sollte deshalb vermehrt und verstärkt werden, so wie ein Trinker, der das Trinken nicht aufgibt, weil er nicht betrun- ken werden kann, sondern damit fortfährt, bis er die Wirkung und Wonne dessen, was er vom Alkohol begehrt, zu spüren beginnt. Somit sollte ein Betender, der das ṣalāt fade findet, sein ṣalāt vermehren und dessen nicht müde werden. Schließlich wird seine Fadheit in Wonne verwandelt werden. Jemand, der auf seiner Suche nach Wasser einen Brunnen auszuheben beginnt, muss mit dem Graben fortfahren, bis er auf Wasser stößt. Jene, die zu graben aufhören, bevor das Wasser erreicht wird, berauben sich dessen vollkommen, aber jene, die behar- ren und nicht ermüden, stoßen schließlich auf Wasser. Um Freude am ṣalāt zu finden, wird istiġfār, Eifer, Ernsthaftigkeit und die Vermeh- rung des ṣalāt und des Gebets benötigt.
(Malfūẓāt, vol. V, S. 432)
Die Waffen für die Erlangung unserer Überlegenheit sind istiġfār, Reue, Kenntnis des Glaubens, Aufrechterhalten der Majestät Gottes, des Allmächtigen, und die fünfmal am Tag zu erbringende Verrich- tung des ṣalāt. Das ṣalāt ist der Schlüssel zur Erhörung des Gebets.
Betet während des gesamten ṣalāt und seid nicht nachlässig. Meidet jedes Laster, ob sie sich nun auf die Gott gebührenden Pflichten bezie- hend oder jene, die eure Mitmenschen betreffen.
(Malfūẓāt, vol. V, S. 303)
Um das Maß der Gottesfurcht eines Menschen abzuschätzen, ge- nügt es, seine Regelmäßigkeit im ṣalāt zu betrachten. Ich bin über- zeugt, dass einer, der das ṣalāt eifrig verrichtet und davon weder durch Furcht noch durch Krankheit oder weltliche Prüfungen verhin- dert wird, zweifellos wirklich an Gott, den Allmächtigen, glaubt. Aber dieses Maß an Glauben wird hauptsächlich den Armen verliehen. We- nige der Reichen haben Anteil an dieser Gunst.
(Izāla-e auhām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 3, S. 540)
Fasten und ṣalāt sind beides Formen des Gottesdienstes. Das Fas- ten wirkt sich gewaltig auf den Körper aus, und das ṣalāt wirkt sich gewaltig auf die Seele aus. Das ṣalāt erzeugt einen Zustand des Bren- nens und Schmelzens des Herzens und ist darum eine höhere Form des Gottesdienstes als das Fasten. Das Letztere fördert die Fähigkeit zu Visionen.
(Malfūẓāt, vol. VII, S. 379)
137
نُ اٰ رۡ قُ ۡلاه
یۡ فِ لَ زِ ۡنُایۤ
ذِ َّلاناض
مَ رَ رُ ہۡ ش
Dieser Vers zeigt die Erhabenheit des Monats Ramadan. Die Sufis
137 „Der Monat Ramadan ist der, in welchem der Qur‘an herabgesandt ward.“ (Al-Baqa- ra, 2:186; Anm. d. Ü.)
haben aufgezeichnet, dass er ein guter Monat für die Erleuchtung des Herzens ist. Einer, der fastet, erlebt in diesem Monat häufig Visionen. Das ṣalāt reinigt den Geist und das Fasten erleuchtet das Herz. Die Reinigung des Geistes bedeutet, dass man von den Leidenschaften des zum Bösen anregenden Selbst befreit wird, und die Erleuchtung des Herzens bedeutet, dass die Tore der Visionen geöffnet werden, damit einem ermöglicht wird, Gott zu sehen.
(Malfūẓāt, vol. IV, S. 256-257)
Einmal begann ich, über den Zweck der für das Versäumnis zu fas- ten vorgeschriebenen Buße nachzusinnen und begriff, dass die Buße vorgeschrieben ist, damit einem die Fähigkeit und die Kraft zu fasten verliehen werden möge. Nur Gott, der Allmächtige, kann einem die Kraft zu fasten verleihen, und alles sollte von Gott, dem Allmächti- gen, erfleht werden. Er ist der Allmächtige; wenn Er es will, kann Er einem an Tuberkulose Leidenden die Kraft zu fasten verleihen. Der Zweck dieser vorgeschriebenen Buße ist, dass einem die Kraft zu fas- ten verliehen werden möge, und dies kann nur durch die Gnade Got- tes, des Allmächtigen, erreicht werden. Man sollte beten:
Herr! Dies ist Dein gesegneter Monat und ich bin dessen Seg- nungen beraubt. Ich weiß nicht, ob ich im nächsten Jahr am Leben sein werde oder die Gelegenheit haben werde, an Stelle dessen, was ich versäume, zu fasten. Verleihe Du mir durch Dei- ne Gnade die Kraft, die es mir ermöglichen möge, das Fasten einzuhalten.
Ich bin sicher, dass jemandem mit einem solchen Herzen vom All- mächtigen Gott die benötigte Kraft verliehen würde. Hätte Gott, der Allmächtige, es gewollt, so hätte Er für die Muslime nicht, wie für frü- here Völker vorgeschriebene, Einschränkungen niedergelegt; aber der Zweck der Einschränkungen ist die Förderung des Wohlergehens des
betreffenden Volkes. Meiner Meinung nach ist es der Grundsatz, dass, wenn man Gott, den Allmächtigen, mit vollkommener Aufrichtigkeit dahingehend anfleht, dass man der Segnungen des Monats Ramadan nicht verlustig gehen möge, man derer nicht beraubt wird, und sollte ein Solcher während des Monats Ramadan erkranken, so wird seine Krankheit insofern zu einer Quelle der Barmherzigkeit für ihn, als der Wert einer jeden Handlung von dem ihm zugrundeliegenden Motiv bestimmt wird. Es gebührt einem Gläubigen, dass er sich in Sachen Gottes, des Allmächtigen, als tapfer erweist.
Derjenige, der von ganzem Herzen entschlossen ist zu fasten, aber, während sein Herz sich danach sehnt, durch eine Krankheit davon zurückgehalten wird, würde der daraus ergebenden Gunst nicht be- raubt werden, da Engel an seiner Stelle fasten würden. Dies ist eine subtile Angelegenheit. Wenn jemand aufgrund der Faulheit seines Geistes es schwierig findet zu fasten, und sich einbildet, dass er nicht bei guter Gesundheit sei und an verschiedenen Krankheiten zu leiden haben würde, wenn er eine Mahlzeit versäumte, so würde ein Solcher, der sich einbildet, dass eine göttliche Segnung schwer auf ihm lasten würde, keine spirituelle Auszeichnung verdienen. Andererseits wür- de eine Person, die glücklich über das Herannahen des Monats Rama- dan ist und sich danach sehnt, zu fasten, durch eine Krankheit indes davon zurückgehalten wird, der Segnungen des Ramadans nicht be- raubt werden.
Viele Menschen suchen bloß nach Ausreden und bilden sich ein, dass sie so, wie sie ihre Mitmenschen täuschen können, auch Gott täu- schen können. Solche Menschen machen ihre eigenen Auslegungen und halten sie für richtig, aber in der Schätzung Gottes, des Allmäch- tigen, sind jene nicht recht. Die Möglichkeiten der Interpretation sind hier äußerst weit und jemand, der dazu neigt, mag sich daran gewöh- nen, das ṣalāt sein ganzes Leben lang in einer sitzenden Haltung zu verrichten, und mag sich des Fastens ganz und gar enthalten. Aber
Gott kennt sehr wohl das Motiv und die Absicht eines Menschen, dessen Verhalten von Aufrichtigkeit und Hingabe inspiriert ist. Der Allmächtige weiß, dass sein Herz voller Eifer ist, und Er gewährt ihm im Überfluss, denn der Eifer des Herzens ist in der Schätzung Gottes wertvoll.
Jene, die nach Ausreden suchen, verlassen sich auf ihre eigenen Auslegungen, aber solche Auslegungen haben in der Schätzung Got- tes, des Allmächtigen, keinen Wert. Als ich einmal sechs Monate lang mit dem Fasten fortfuhr, traf ich in einer Vision eine Gruppe von Pro- pheten, die mich dafür rügte, dass ich mir so viel Leiden auferlegte, und mich anwies, es aufzugeben. Somit tut es Ihm, wenn man sich um Seinetwillen Leiden auferlegt, so Leid wie den Eltern eines Kindes, und Er weist einen an, sich dessen zu enthalten.
(Malfūẓāt, vol. IV, S. 258-260)
Über das ṣalāt habe ich schon gesprochen. Als nächstes kommt der Gottesdienst in Form des Fastens an die Reihe. Es ist schade, dass einige, die sich Muslime nennen, diese Formen der Anbetung jetzt zu verändern wünschen. Sie sind blind und sich der vollkommenen Weisheit von Gott, dem Allmächtigen, nicht bewusst. Diese Formen des Gottesdienstes sind erforderlich für die Läuterung des Geistes. Unsinnigerweise versuchen diese Menschen sich in eine Sphäre ein- zumischen, von der sie kein Wissen haben, und sie erfinden falsche Pläne für die Verbesserung eines Gebietes, das sie nicht besucht ha- ben. Ihre Leben sind weltlichen Angelegenheiten gewidmet; von spi- rituellen Dingen haben sie keine Ahnung. Zurückhaltung beim Essen und Trinken und Hunger und Durst zu ertragen sind erforderlich für die Läuterung des Geistes und um die Fähigkeit zu Visionen zu fördern. Der Mensch lebt nicht von Brot allein. Sich eines jeden Ge-
dankens über das ewige Leben zu entledigen bedeutet, den göttlichen Zorn herauszufordern.
Man sollte aber bedenken, dass das Fasten nicht nur bedeutet, sich während einer gewissen Zeit des Essens und Trinkens zu enthalten. Während des Fastens sollte man sich sehr mit dem Gedenken Got- tes beschäftigen. Der Heilige ProphetSAW vertiefte sich während des Monats Ramadan sehr in der Anbetung. Während jenes Monats sollte man sich von der Beschäftigung mit Essen und Trinken befreien und, sich von diesen Bedürfnissen abwendend, gänzlich Gott zuwenden. Vom Glück nicht begünstigt ist jener, dem das materielle Brot gewährt wird, dem spirituellen Brot jedoch keine Aufmerksamkeit schenkt. Das materielles Brot stärkt den Körper, das spirituelle Brot ist für die Seele und schärft die spirituellen Fähigkeiten. Sucht die Gnade Got- tes, da alle Türen durch Seine Gunst geöffnet werden.
Eine weitere Form des Gottesdiensts ist die ḥaǧǧ – die Pilgerfahrt; was nicht bedeutet, dass man die Formalität der Pilgerfahrt durch Vorkehrungen für seine Reise über den Ozean mit legal oder illegal erworbenem Geld ausführen und, nachdem man die Gebete und For- malitäten gemäß den Anweisungen der Hüter der Ka‘aba verrichtet hat, zurückkommen und prahlen sollte, dass man die Pilgerfahrt aus- geführt hätte. Der von Gott, dem Allmächtigen, für die Pilgerfahrt vorgesehene Zweck wird auf diese Weise nicht erfüllt. Die Wahrheit ist, dass es die letzte Stufe der Reise des Suchenden ist, dass er, sich von den Forderungen und Begehren des Selbst völlig zurückziehend, vollkommen von der Liebe Gottes und der vollkommenen Hingabe an Ihn eingehüllt wird. Ein wahrhaft Liebender opfert seine Seele und sein Herz; und die Umgehung des Hauses Allahs ist ein sichtbares Zeichen eines solchen Opfers. So wie es hier unten auf Erden ein Haus
Allahs gibt, so gibt es eines im Himmel. Bis einer nicht die Umge- hung des obigen Hauses ausführt, wird seine Umgehung des Hauses hier unten nicht wirklich ausgeführt. Jemand, der die Umgehung des Hauses hier unten ausführt, legt alle Kleidung beiseite, nur eines da- von behaltend, um seinen Körper zu bedecken, aber derjenige, der die Umgehung des Hauses droben ausführt, legt seine Kleider ganz ab und entblößt sich um Gottes willen. Sie umgehen die Ka‘aba als ob sie keinen eigenen Willen mehr hätten und sind Ihm vollkommen ergeben.
Eine weitere Form des Gottesdiensts ist die zakāt. Einige Leute zahlen zakāt, sorgen sich aber nicht darum, ob das, was sie als zakāt zahlen, rechtmäßíg oder unrechtmäßig erworben wurde. Würde ein Hund geschlachtet und zur Zeit seines Schlachtens Allahs Name darüber ausgesprochen, oder würde ein Schwein auf gleiche Weise geschlachtet, wäre dadurch der Verzehr des Fleisches dieses Hundes oder des Schweines rechtmäßig? Das, was unrechtmäßig ist, bleibt unter allen Umständen unrechtmäßig. Die Wurzel des Wortes zakāt bedeutet Läuterung. Wenn einer von etwas rechtmäßig Erworbenem für die Sache Allahs ausgibt, so wird der Rest davon geläutert. Vie- le Menschen sind in diese Irrtümer verwickelt und sie erkennen die Wirklichkeit nicht. All dieses muss beiseite gelegt werden.
Alle Vorschriften des Islam sind Mittel zur Erlösung, aber durch ihre Fehler gehen die Menschen in die Irre. Man sollte weder auf seine guten Handlungen stolz sein noch Gefallen an ihnen finden, bis ein derart aufrichtiger Glaube erlangt wird, dass der Anbetung Gottes, des Allmächtigen, nichts beigesellt wird, und es einem möglich wird, stets die Rechtschaffenheit einzuhalten.
(Ansprachen zur Jalsa Salana, 1906, S. 20-21)
Die Philosophie des Jihad und seine wahre Bedeutung ist eine der- art tiefgründige und elementare Angelegenheit, dass die Menschen dieses Zeitalters und jene des Mittelalters aufgrund ihres Scheitern sie zu verstehen schwerwiegende Fehler begangen haben, was dazu geführt hat, dass der Kritik an den Lehren des Islam von Seiten seiner Opponenten Tür und Tor geöffnet wurde, wohingegen der Islam eine heilige Religion ist, die ein Spiegel des Naturgesetzes ist und die Herr- lichkeit Gottes offenbart.
Die Wurzel des arabischen Wortes Jihad bedeutet Streben und ist bildlich für das Kämpfen für die Religion verwandt worden...
Warum musste der Islam auf das Kämpfen zurückgreifen und was ist der Zweck des Jihad? Gleich zu Beginn des Islam wurde er mit großen Schwierigkeiten konfrontiert und alle Völker entwickelten eine Feindschaft gegen ihn. Es ist stets der Fall gewesen, dass beim Er- scheinen eines Propheten oder Gesandten dessen Gegner, erkennend, dass seine Anhänger eine Gruppe ernsthafter, rechtschaffener und mutiger Leute ist, die wahrscheinlich schnell voranschreiten wird, Groll und Eifersucht gegen sie zu hegen beginnen; noch mehr ist das der Fall bei den Geistlichen und Anführern jeder Religion... Sie begin- nen, Dinge zu erfinden, um dem neuen Glauben zu schaden. Sehr oft empfinden sie in ihren Herzen, dass sie aufgrund der Verfolgung ei- nes Rechtschaffenen Gottes, Gottes Zorn auf sich geladen haben, und
auch ihr falsches Verhalten gibt preis, dass ihre Herzen sich schuldig fühlen, dennoch treibt sie das heftige Feuer der Eifersucht in die Gru- be der Feindschaft. Dies waren die Ursachen, die die Anführer der Polytheisten und Juden und Christen nicht nur davon abhielten, die Wahrheit zu akzeptieren, sondern sie zu erbitterter Feindseligkeit an- regte, und sie begannen, Mittel zu erwägen, um den Islam dem Erd- boden gleich zu machen.
Da die Anzahl der Muslime anfangs gering war, behandelten ihre Gegner sie aus natürlicher Überheblichkeit, die die Gemüter jener Menschen erregt, welche sich selbst als im Hinblick auf Reichtum, An- zahl, Achtung und Rang den Anhängern des neuen Glaubens überle- gen erachten, mit erbitterter Feindseligkeit, da sie nicht wünschten, dass die himmlische Pflanze des Islam auf der Erde Wurzeln schlagen sollte. Sie unternahmen große Anstrengungen, die Rechtschaffenen zu vernichten, und unterließen nichts, um sie zu verletzen. Sie befürch- teten, dass die neue Religion sich etablieren und sein Fortschritt ihre eigene Religion und Kultur vernichten könnte. Aufgrund dieser, ihre Herzen in Schrecken haltenden Angst, griffen sie bei ihrem Versuch, den Islam zu vernichten, auf jede Art von Zwang und Grausamkeit zurück. Sie töteten die Muslime auf grausame Weise und während einer langen Zeit, die sich über 13 Jahre erstreckte, verharrten sie in dieser Form der Verfolgung.
Die Schwerter dieser wilden Bestien schlugen die getreuen Die- ner Gottes, die der Stolz der Menschheit waren, auf äußerst grausa- me Weise in Stücke, und Waisenkinder und schwache und demütige Frauen wurden auf den Straßen Mekkas niedergemetzelt. Während dieser ganzen Zeit war es das göttliche Gebot, dass sich dem Bösen nicht entgegengestellt werden sollte, und die Rechtschaffenen befolg- ten das Gebot unter allen Umständen. Die Straßen wurden rot von ih- rem Blut, aber sie erhoben kein Geschrei. Sie wurden dahingeschlach- tet wie Opferlämmer, aber sie seufzten nicht. Der Heilige Gesandte
Gottes, auf dem der endlose Frieden von Himmel und Erde sei, wurde wiederholt mit Steinen beworfen, die sein Blut zum Fließen brachten, dennoch ertrug jener Felsen der Wahrheit und Standhaftigkeit all diese Qualen mit freudigem und liebenden Herzen. Diese Haltung von De- mut und Standhaftigkeit ermutigte ihre Feinde dazu, ihre Verfolgung zu verstärken, und sie machten diese heilige Gemeinschaft zu ihrem Opfer. Dann neigte Gott, Der nicht erlaubt, dass Grausamkeit und Gnadenlosigkeit jedwede Grenzen überschreiten, Sich Seinen verfolg- ten Dienern mit Mitgefühl zu und Sein Zorn wurde gegen die Bösen entfacht und Er teilte Seinen Dienern durch den Heiligen Qur‘an mit, dass Er der Zeuge von allem sei, was ihnen zugefügt worden war, und dass Er ihnen jetzt die Erlaubnis erteilte, sich ihren Gegnern zu widersetzen; dass Er mächtig sei und die Übeltäter nicht ungestraft lassen würde. Dies war das Gebot, das als Jihad bezeichnet wurde. Der ursprüngliche Wortlaut dieses Gebots steht im Heiligen Qur‘an, er lautet wie folgt:
138
نماوۡ جُ رِ خۡ ُان
ۡیذِ َّلا۔ۨرُ ۡیدِ قَ َل مۡ ِہرِ صۡ َن یٰلعَ هَ ّللا نَّ اِ وَ ؕاوۡ مُ ِلظُ مۡ ُہَّنَاِبنَ وۡ لُ تَ قٰ ُین
ۡیذِ َّلِلنَ ذِ ُا
قٍّ ح رِ ۡیغَ ِب مۡ ِہرایَ د
(Government angrezī aur ǧihād, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 17, S. 3-6)
Wenn die christlichen Missionare auf mich hören würden, wür- de ich ihnen dazu raten, es zu unterlassen, Einwände zu erheben, die auch gegen ihre eigenen Schriften erhoben werden können. Zum Beispiel richtet sich eine ihrer wesentlichen Kritikpunkte am Heiligen ProphetenSAW gegen jene Schlachten, die er auf göttliches Geheiß ge-
138 „Erlaubnis zu kämpfen wird jenen erteilt, gegen die Krieg geführt wird, weil ihnen Unrecht geschehen ist, und Allah hat wahrlich die Macht, ihnen zu helfen. Sie sind jene, die zu Unrecht aus ihren Heimen vertrieben wurden.“ (Al-Ḥaǧǧ, 22:40-41; Anm. d. Ü.)
gen jene Ungläubigen zu führen hatte, die ihn und seine Gefährten 13 Jahre lang in Mekka verfolgten und sie jederart von Qual aussetz- ten und dann einen Plan schmiedeten, um den Heiligen Propheten- SAW selbst zu töten, so dass er und seine Gefährten gezwungen waren, Mekka zu verlassen. Aber seine Verfolger ließen selbst dann nicht davon ab. Sie verfolgten ihn und behandelten ihn mit jederart von Unverschämtheit und fuhren fort, ihn als falsch zu erklären. Sie setz- ten die in Mekka verbliebenen schwachen Muslime äußerster Qual aus. Somit machten sie sich aufgrund ihres tyrannischen Verhaltens in der Schätzung von Gott, dem Allmächtigen, der Züchtigung gemäß dem ewigen Gesetze Gottes verdient. Diese Züchtigung verdienten auch jene, die den Mekkanern bei ihrer Missetat geholfen hatten, und auch jene, die selbstständig die Qual der Muslime und den Spott ihres Glaubens bis zum Äußersten geführt und alle Kraft angewandt hat- ten, um die Verbreitung des Islam aufzuhalten. Jene, die ihre Schwer- ter gegen den Islam erhoben, wurden aufgrund ihrer Bosheit durch das Schwert vernichtet. Ist es also gerecht, die Schlachten von Moses und den anderen Propheten Israels, in welchen viele Tausende von Säuglinge niedergemetzelt wurden, vergessend, Einwände gegen die- se Art zu kämpfen zu erheben?
Solche Einwände erfolgen aus Mutwilligkeit, Täuschung und Un-
ordnung. Die Christen erwidern manchmal, dass die vom Heiligen ProphetenSAW gefochtenen Schlachten insofern von zu großer Nach- sicht gegenüber dem Feind gekennzeichnet waren, als jene von ihnen, die den Islam annahmen, jeder Strafe entgingen. Säuglinge, Frauen, Alte, Mönche und Reisende wurden alle verschont, auch wurden Kirchen und Synagogen nicht zerstört, während israelitische Pro- pheten all diese Praktiken für gesetzlich hielten, so sehr, dass einmal
300.000 Säuglinge niedergemetzelt wurden. Es ist eine seltsame Vor- stellung, dass die vom Islam gefochtenen Schlachten wegen der dem Feind erwiesenen Milde, und weil sie weniger Härte darboten als die
Schlachten von Moses und die der anderen israelitischen Propheten, einer Kritik ausgesetzt sein sollten. Hätten die vom Islam gefochtenen Schlachten den Feinden das gleiche Maß an Härte auferlegt, wie es die in der Bibel erwähnten Schlachten taten, so würden die christlichen Missionare anscheinend auch diese Schlachten als auf Gottes, des All- mächtigen, Geheiß ausgeführt akzeptiert haben. Jetzt kann also jeder vernünftige Mensch entscheiden, ob diese Einstellung eine ehrliche ist. Andererseits erklären die Christen, dass Gott Gnade ist und selbst Seine Strafe einen Aspekt der Gnade enthält. Wenn also die Schlach- ten von Moses trotz ihrer Heftigkeit als von Gott, dem Allmächtigen, geleitet angesehen werden, wie kommt es, dass die Schlachten, die den Duft der göttlichen Barmherzigkeit besaßen, nicht als von Gott, dem Allmächtigen, auferlegt akzeptiert werden? Warum sollten jene, die das Dahinschlachten von Säuglingen vor den Augen ihrer Mütter und das gnadenlose Töten der Mütter vor ihren Kindern als etwas ansehen, das auf Geheiß Gottes ausgeführt wurde, nicht akzeptieren, dass jene Schlachten, die einem verfolgten Volk auszufechten erlaubt wurden, um die Aggression seiner Verfolger zurückzuschlagen, unter dieselbe Kategorie fallen?
(Āriya dharam, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 81-83, Fußnote)
Wenn die Züchtigung durch das Schwert mit den göttlichen At- tributen im Konflikt stünde, dann würde sich dieser Einwand haupt- sächlich und in besonderem Maße auf Moses beziehen, der ganze Völ- ker niedermetzelte, Ströme von Blut zum Fließen brachte und keinen Raum ließ für die Reue auch nur einer Person. Die gemäß den Leh- ren des Heiligen Qur‘an gefochtenen Schlachten ließen die Tür offen für Reue, was in Übereinstimmung ist mit dem Naturgesetz und der göttlichen Barmherzigkeit. Wir beobachten, dass, wenn Gott, der All- mächtige, Seine Strafe in Form von Pest oder Cholera auf die Welt sendet, Er den Ärzten gleichzeitig das Wissen von solchen Kräutern
und Heilmitteln verleiht, die sich als wirksam erweisen, das Feuer sol- cher Epidemien zu löschen. Darum ist es die Art der Kriegsführung von Moses, die dem Einwand offensteht, dass sie dem Feind keinen dem Naturgesetz entsprechenden Ausweg erlaubte. Selbst, wenn ein solcher Weg erlaubt wurde, dann nur teilweise und nicht vollkom- men. Es ist klar, dass es von Anfang an die göttliche Art und Weise gewesen ist, dass die übeltuenden Feinde der Propheten durch das Schwert vernichtet wurden. Warum also wird ein ähnliches Geheiß im Fall des Heiligen ProphetenSAW als etwas betrachtet, das Einwänden offen steht? War der Gott der Zeit von Moses verschieden von dem Gott der Zeit des Islam? Oder ist es, dass Gott in der Zeit von Moses die Schlacht liebte, sie jetzt aber für ein Übel hält?
Man sollte auch bedenken, dass der Islam Waffengewalt nur ge- gen Menschen erlaubt, die selbst zuerst die Waffen ergreifen, und er gestattet nur das Töten jener, die zuerst mit dem Töten beginnen. Er legt nicht nieder, dass Muslime, während sie Untertanen eines sie mit Gerechtigkeit und Angemessenheit behandelnden nicht-muslimi- schen Herrschers sind, als Rebellen gegen jenen zu den Waffen grei- fen dürfen. Dem Heiligen Qur‘an zufolge ist dies die Art und Weise der Übeltäter und nicht die der Rechtschaffenen. Aber die Thora hat diesen Unterschied nirgends klargemacht. Dies zeigt, dass der Heili- ge Qur‘an bei all seinen Geboten, seien es die der Majestät oder der Schönheit, an dem geraden Weg der Angemessenheit, Gerechtigkeit, Gnade und Güte festhält und auch in dieser Beziehung unter allen heiligen Schriften einzigartig ist.
(Anǧām-e ātham, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 11, S. 37)
Unsere Gegner unterliegen einem schweren Irrtum, wenn sie mei- nen, dass ein von Gott offenbartes Gesetz uns auf keinen Fall erlau- ben soll, dem Bösen zu widerstehen, und dass göttliche Liebe und Barmherzigkeit nur durch Sanftmut und Milde ausgedrückt werden können. Ihrer Auffassung zufolge liegt die ehrerbietigste Haltung ge- genüber Gott darin, Seine vollkommenen Attribute durch Milde und Sanftmut zu begrenzen. Jene, die nachdenken, können indes klar dar- aus ersehen, dass diese Leute einem großen und bedenklichen Irrtum anheimgefallen sind.
Jeder Beobachter der Naturgesetze Gottes kann eindeutig feststel- len, dass diese Gesetze eine reine Barmherzigkeit für die Welt darstel- len. Aber diese Barmherzigkeit gelangt nicht immer durch Milde zum Ausdruck. Gleich einem erfahrenen Arzt überreicht Er uns zuweilen süße Medizin, und dann wieder teilt Er uns, je nach den Erfordernis- sen der Gesundheit, bittere Arznei aus.
(Islāmī uṣūl kī filāsafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 451[ Dt. Ü.: Die Phi- losophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 248])
Kein wahrer Muslim hat je geglaubt, dass der Islam durch das Schwert verbreitet werden sollte. Der Islam ist stets durch die ihm innewohnenden Eigenschaften verbreitet worden. Jene, die sich Mus- lime nennen und versuchen, den Islam durch das Schwert zu verbrei- ten, sind sich seiner ihm innewohnenden Eigenschaften nicht bewusst und ihr Verhalten gleicht dem Verhalten wilder Tiere.
(Tiryāqu l-qulūb, Rūḥānī ḫazāʾin , Bd. 15, S. 167)
Der Heilige Qur‘an verbietet deutlich die Anwendung von Ge- walt zur Verbreitung des Glaubens und forciert dessen Verbreitung durch die ihm innewohnenden Eigenschaften und das gute Beispiel
der Muslime. Lasst euch durch den Gedanken nicht irreführen, dass den Muslimen anfangs geheißen wurde, das Schwert zu ergreifen. Jenes Schwert wurde nicht zur Verbreitung des Glaubens ergriffen, sondern zur Selbstverteidigung gegen die Feinde des Islams und um Frieden und Sicherheit zu etablieren. Es gehörte nicht zu den Zielen der Ergreifung des Schwertes, in Glaubensdingen auf Zwang zurück- zugreifen.
(Sitāra qaiṣara, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 15, S. 120-121)
Ich weiß nicht, wo und von wem unsere Gegner gehört haben, dass der Islam sich mit der Kraft des Schwertes verbreitet hat. Gott sagt im Heiligen Qur‘an:
139 نِ ۡیدّ لایفِ ہارَ کاِ ۤاَل
Das heißt, in der Religion des Islams gibt es keinen Zwang.
Wer also soll dann Zwang befohlen haben und welche Mittel soll es für eine Zwangsanwendung gegeben haben? Zeigen jene Leute, die mit Zwang zum Islam bekehrt werden, solche Aufrichtigkeit und solchen Glauben, dass sie ohne Lohn zu erhalten und obwohl sie nur zwei- oder dreihundert an der Zahl sind, Tausenden entgegentreten und wenn sie selbst zu Tausenden werden, Hunderttausende Feinde besiegen; die sich wie Vieh opfern lassen, um ihre Religion vor An- griffen des Feindes zu schützen und die Wahrheit des Islam mit dem Siegel ihres Blutes versehen; die eine derartige Liebe für die Verbrei- tung der Einheit Gottes empfinden, dass sie wie Derwische Härten auf sich nehmen und die Wüste Afrikas erreichen, um in diesem Land den Islam zu verbreiten; und die jede Schwierigkeit auf sich nehmend
139 Al-Baqarah, 2:257. (Anm. d. Ü.)
nach China gelangen, nicht durch Krieg, sondern auf die Art der Der- wische und in diesem Land zu Gott aufrufen, was dazu führte, dass durch ihre Predigten mehrere zehn Millionen Menschen auf der Erde zu Muslimen wurden? Sodann kamen sie in den schlichten Kleidern der Derwische nach Indien, um einen großen Teil des Landes der Arya mit dem Islam zu beehren und um den Ruf
140 هُ ّللااَّلاِ ہَ ٰلاِ اَل
bis an die Grenzen Europas zu tragen. Sagt ehrlich, ob dies Taten von Menschen sind, die zwangsweise zu Muslimen gemacht werden, deren Herz ungläubig und deren Zunge gläubig ist? Nein, sondern das sind die Taten solcher Menschen, deren Herzen mit dem Licht des Glaubens erfüllt werden und die durch und durch von Gott beseelt sind.
(Paiġām-e ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 468-469 [Dt. Ü.: Botschaft der Versöhnung, Frankfurt am Main 2014, S. 51f])
Der Verheißene Messias ist auf die Welt gekommen, damit er die Auffassung, dass man im Namen des Glaubens das Schwert ergrei- fen darf, widerlegen und durch seine Erklärungen und Argumente etablieren sollte, dass der Islam ein Glaube ist, der zum Zweck sei- ner Verbreitung der Hilfe des Schwertes keineswegs bedarf, sondern dass die seinen Lehren, Wahrheiten, Einsichten, Begründungen und Beweisen, sowie der lebendigen Unterstützung und den Zeichen des allmächtigen Gottes innewohnenden Eigenschaften und Anziehungs- kräfte die Faktoren sind, die stets zu seinem Fortschritt und zu seiner Verbreitung beigetragen haben. Lasst all jene, die erklären, dass der Islam durch das Schwert verbreitet worden sei, zur Kenntnis nehmen,
140 „Niemand ist anbetungswürdig außer Allah.“ (Anm. d. Ü.)
dass ihre Behauptung falsch ist. Der Islam bedarf für seine Verbrei- tung keines Zwangs. Sollte irgendjemand dies bezweifeln, so möge er zu mir kommen und eine zeitlang bei mir verweilen und selbst sehen, dass der Islam durch Argumente und göttliche Zeichen beweist, dass er ein lebendiger Glaube ist. Gott, der Allmächtige, wünscht jetzt, und hat es so entschieden, dass alle derartigen Einwände, die von übelge- sinnten Menschen gegen den Islam erhoben worden sind, wirksam zurückgewiesen werden. Jene, die behaupten, dass der Islam durch das Schwert verbreitet wurde, werden jetzt beschämt werden.
(Malfūẓāt, vol. III, S. 176)
Die von einigen Geistlichen allgemeinhin vertretene Doktrin, dass der Verheißene Messias vom Himmel herabkommen und die Ungläu- bigen bekämpfen wird, dabei kein Kopfgeld akzeptieren, sondern sie nur vor die Wahl stellen wird, ob sie den Islam annehmen oder ster- ben wollen, ist vollkommen falsch und angefüllt mit allerart Irrtum und Unfug, ist dem Heiligen Qur‘an völlig zuwider und nur eine Er- findung von Betrügern.
(Nūru l-ḥaqq, Teil 1, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 8, S. 67)
Es gibt, kurz gesagt, keinen Zwang im Islam. Kriege im Islam fallen unter drei Kategorien:
Defensive Kriege, d. h. Krieg als Mittel der Selbstverteidigung;
Bestrafende Kriege, d. h. Blut um Blut;
Krieg, um die Freiheit wiederherzustellen, d. h., um die Macht von Verfolgern zu brechen, die jene zum Islam Konvertierten töten.
Da es also im Islam keine Anweisung gibt, jemanden durch Zwang oder Todesandrohung zum Islam zu bekehren, ist es vollkommen absurd, auf einen blutrünstigen Mahdi oder Messias zu warten. Es kann einfach nicht sein, dass jemand in dieser Welt erschiene, der das Schwert dazu benutzte, die Menschen zum Islam zu bekehren; dies ist absolut unvereinbar mit den Lehren des Qur‘an.
(Masīḥ hindūstān me, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 15, S. 12 [Dt. Ü.: Jesus in Indien, Frankfurt am Main 2017, S. 46])
Daher sollte man bedenken: Ist es vernünftig, einen Menschen zu töten, der den wahren Glauben nicht annimmt, weil er von dessen Wahrheit nichts weiß und sich seiner Lehren und Schönheiten nicht bewusst ist? Nein, solch ein Mensch verdient hingegen Barmherzig- keit. Er verdient es, dass man ihn freundlich und höflich über die Wahrheit, Schönheit und den spirituellen Nutzen jenes Glaubens auf- klärt. Man darf seiner Ablehnung nicht mit Schwert oder Pistole be- gegnen.
Ein Verstoß gegen jede Vorstellung von Moral ist es, was die besag- ten Gruppierungen der Muslime publik machen: Sowohl ihre Vorstel- lung vom Jihad als auch der Glaube, die Zeit sei nahe, in der ein blu- tiger Mahdi mit dem Namen Imam Muhammad erscheinen werde, zu dessen Hilfe der Messias aus dem Himmel herabstiege, wobei diese beiden alle Nichtmuslime, die nicht bereit wären, den Islam anzuneh- men, töten würden. Ist dies nicht eine Lehre, die alle guten Fähigkei- ten des Menschen ihrer Wirkung beraubt und Triebe im Menschen entstehen lässt, die wilden Tieren eigen sind? Das Verhalten derjeni- gen, die solche Glaubensvorstellungen haben, ist gegenüber den An- gehörigen aller Nationen heuchlerisch.
(Masīḥ hindūstān me, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 15, S. 8f [Dt. Ü.: Jesus in Indien, Frankfurt am Main 2017, S. 39f])
Die Lehre des Jihad, wie sie von den, Maulavīs genannten, musli- mischen Geistlichen dieses Zeitalters verstanden und verbreitet, ist völlig falsch. Sie kann zu nichts führen, außer dass sie durch ihr hefti- ges Predigen die allgemeine Bevölkerung in wilde Tiere verwandeln und aller guten Eigenschaften des menschlichen Wesens berauben würde; und so geschah es auch. Ich weiß mit Sicherheit, dass die Bür- de der Sünden jener Menschen, die aufgrund solcher Lehren in Un- wissenheit Morde begehen und sich der Ursache, warum der Islam in seinen frühen Stadien Schlachten auszutragen hatte, nicht bewusst sind, auf den Schultern dieser Maulavīs liegt, welche diese gefährli- chen Lehren, die einen so schmerzlichen Verlust von Leben zur Folge haben, heimlich zu verbreiten fortfahren. Wenn diese Maulavīs bei Re- gierungsbeamten vorsprechen, verbeugen sie sich so tief vor ihnen, als ob sie bereit seien, sich niederzuwerfen; doch wenn sie unter ih- resgleichen sind, beharren sie darauf, zu erklären, dass dieses Land das Haus des Krieges (dāru l-ḥarb) sei und der Gebrauch des Schwer- tes zum Zweck der Verbreitung des Glaubens eine vorgeschriebene Pflicht. Es gibt wenige von ihnen, die nicht an dieser Lehre festhalten. Die große Mehrheit von ihnen hat sich dieser falschen Lehre, die dem Heiligen Qur‘an und der Lehre des Heiligen ProphetenSAW völlig zu- wider ist, so sehr hingegeben, dass sie jedermann, der nicht mit ihnen darin übereinstimmt, als daǧǧāl verurteilen und verkünden, dass er ungestraft getötet werden kann. Ich bin einer solchen Verurteilung seit langem ausgesetzt...
Sie sollten daran denken, dass diese, wie von ihnen verstande-
ne Lehre des Jihad keineswegs korrekt ist. Ihr erstes Resultat ist das Opfer des menschlichen Mitgefühls. Ihre Auffassung, dass es keinen Grund dafür gebe, dass der Jihad nicht mehr rechtmäßig sein sollte,
da er in den frühen Stadien des Islams erlaubt war, ist völlig fehlgelei- tet. Wir haben hierauf zwei Antworten. Die erste ist, dass der Heilige ProphetSAW nur gegen jene das Schwert ergriff, die das Schwert selbst zuerst ergriffen und unschuldige fromme Männer, Frauen und Kinder höchst unbarmherzig getötet haben. Sie wurden auf derartig grausa- me Weise getötet, dass der Bericht davon uns selbst heute Tränen in die Augen treibt. Zweitens, selbst angenommen, dass ein solcher Ji- had, wie irrtümmlicherweise von diesen Maulavis verstanden, in den Anfängen des Islams Pflicht war, so gilt dies jedoch insofern nicht mehr für dieses Zeitalter, als geschrieben steht, dass dann, wenn der Verheißene Messias erscheint, der Jihad mit dem Schwert und alles Kämpfen für die Religion ein Ende nehme, da er nicht zum Schwert oder irgendeiner anderen irdischen Waffe greifen werde. Seine einzi- ge Waffe werde sein Gebet sein und sein Schwert werde aus seiner festen Entschlossenheit bestehen. Er wird das Fundament für den Frieden legen und die Ziege und den Löwen zusammenbringen. Sein Zeitalter wird das Zeitalter von Frieden, Güte und dem menschlichen Mitgefühl sein. Warum denken diese Menschen nicht über die Tatsa- che nach, dass der Heilige ProphetSAW vor 1300 Jahren über den Ver- heißenen Messias gesagt hatte: Er wird dem Krieg ein Ende bereiten. O ihr muslimischen Geistlichen und Maulavīs, höret auf mich.
Ich sage euch, wahrlich, dies ist nicht die Zeit, um für den Glauben zu kämpfen. Seid nicht ungehorsam gegen den Heiligen Propheten- SAW. Der Verheißene Messias, der kommen sollte, ist erschienen und hat angewiesen: Enthaltet euch von jetzt an der religiösen Kriege mit dem Schwert, die Blutvergießen verursachten. Mit dem Blutvergießen fortzufahren und sich solcher Predigten nicht zu enthalten, ist nicht die Art und Weise des Islam. Derjenige, der mich akzeptiert, wird sich nicht nur solcher Predigten enthalten, sondern diesen Weg als höchst bösartig und als den göttlichen Zorn herausfordernd betrachten...
Jetzt, da der Verheißene Messias erschienen ist, ist es die Pflicht
eines jeden Muslims, dass er sich dessen enthalten sollte, für die Ver- breitung des Glaubens auf den Kampf zurückzugreifen. Wäre ich nicht gekommen, könnte es für dieses Missverständnis vielleicht eine Ausrede gegeben haben. Aber jetzt, da ich erschienen bin und ihr den Tag der Verheißung erlebt habt, haben jene, die für den Glauben zum Schwert greifen, keine Ausrede mehr, die sie vor Gott, dem Allmäch- tigen, vorbringen können. Derjenige, der Augen hat und den Heili- gen Qur‘an und die Ahadith lesen kann, kann erkennen, dass diese Form des Jihads, auf der die Unwissenden in diesem Zeitalter beste- hen, vom Islam nicht gestattet wird. Es ist ein Irrtum, der sich infolge der Aufwallung unrechtmäßiger Leidenschaften oder aufgrund der vergeblichen Hoffnung unter den Muslimen, dass sie durch so irre- geleitete Handlungen das Paradies erwerben können, verbreitet hat... Unwissende Maulavīs – möge Gott sie leiten – haben die Allgemein- heit schmerzlich irregeführt und ihr gesagt, dass solche Handlungen, die falsch und grausam und allen moralischen Grundsätzen zuwider- laufen, der Schlüssel zum Himmel sind. Kann es eine gute Handlung bedeuten, einen völlig Fremden, der eine Besorgung erledigend auf der Straße wandelt und uns nichts zuleide getan hat, niederzuschie- ßen? Wenn so etwas tugendhaft ist, dann besitzen wilde Tiere mehr Tugend als solche Menschen. Gepriesen sei Gott, wie rechtschaffen und wahrhaft inspiriert vom Geiste der Propheten waren jene, die sich, als ihnen in Mekka anbefohlen wurde, sich – derweil sie in Stük- ke gerissen wurden – dem Bösem nicht zu widersetzen, wie geringe und schwache Säuglinge verhielten, so als ob ihre Hände und Arme
überhaupt keine Kraft hätten...
Wie schmerzlich und beschämend ist es, dass ein völlig Fremder, der uns kein Leid zugefügt hat und mit einer rechtmäßigen Besor- gung beschäftigt ist, ohne einen Grund niedergeschossen und seine Ehefrau zu einer Witwe und seine Kinder zu Waisen gemacht und seine Behausung in ein Haus der Trauer verwandelt wird. Welches
Hadith und welcher Vers des Heiligen Qur‘ans genehmigt eine sol- che Gewalttat? Kann irgendein Maulavī eine Antwort auf diese Frage liefern? Unwissende Menschen, die das Wort Jihad nur gehört haben, nehmen es zum Vorwand für die Erfüllung ihrer selbstsüchtigen Be- gierden.
(Government angrezī aur ǧihād, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 17, S. 7-13)
Ich habe euch das Gebot gebracht, dass der Jihad mit dem Schwert beendet ist, der Jihad zur Läuterung eurer Seelen aber fortgeführt werden muss. Ich sage dies nicht aus mir selbst, sondern um Gottes Plan zu verkünden. Denkt über das Hadith von Ṣaḥīḥ buḫārī nach, wo- rin erklärt wird, dass der Verheißene Messias:
برحلاعضی
dem Kämpfen für den Glauben ein Ende bereiten würde. Dem- gemäß befehle ich jenen, die meinen Reihen beigetreten sind, all die- se Gedanken beiseitezulegen. Sie sollten ihre Herzen läutern, ihre Barmherzigkeit fördern und Mitgefühl haben mit den Leidenden. Sie sollten Frieden auf Erden verbreiten, denn dies würde dazu führen, das sich ihr Glaube verbreitet. Sie sollten sich nicht fragen, wie das geschehen wird. Wie Gott, der Allmächtige, die Elemente und alle ir- dischen Mittel zu dem Zweck, neue Erfindungen wie mechanische Bewegungen usw. herbeizuführen, nutzbar gemacht hat, um den Be- dürfnissen des Menschen zu dienen, desgleichen wird Er Seine Engel, durch himmlische Zeichen und ohne die Einmischung menschlicher Vermittlung, für die Erfüllung der spirituellen Bedürfnisse wirken lassen – und viele Lichtblitze werden erscheinen, wodurch die Augen der Massen geöffnet werden werden.
(Government angrezī aur ǧihād, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 17, S. 15)
Man sollte bedenken, dass, obwohl alles durch den göttlichen Ent- schluss bestimmt worden ist, Wissenschaft und Wissen dennoch nicht obsolet sind, da jedermann bestätigen muss, dass die Anwendung von passenden Heilmitteln dem Patienten durch die Gnade Gottes, des Allmächtigen, nützt. Desgleichen muss ein jeder, dem die Erkenntnis des Göttlichen verliehen worden ist, aufgrund von Erfahrung bestä- tigen, dass das Gebet eine Beziehung hat zur Erhörung. Dies ist ein Geheimnis, das durch die Erfahrung von Millionen Rechtschaffener bewiesen worden ist, und unsere Erfahrung hat die verborgene Wirk- lichkeit gezeigt, dass unsere Gebete eine magnetische Eigenschaft ha- ben, die die Gunst und Barmherzigkeit Gottes anzieht, obwohl uns nicht möglich ist, durch logische Begründungen andere von dieser Wahrheit zu überzeugen.
(Ayyāmu ṣ-ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 240-241)
Es liegt nicht in der Macht des Menschen, den Grenzen der göttli- chen Entschlüsse und der Ordnung der Dinge zu entrinnen.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 3)
Der Mensch ist dem göttlichen Entschluss unterworfen. Sollte ein menschlicher Plan nicht in Übereinstimmung mit dem Plan Gottes
sein, dann kann die Bemühung, ihn zur Wirkung zu bringen, keinen Erfolg haben; wenn aber die Zeit von Gottes Plan kommt, wird das, was höchst schwierig schien, leicht möglich.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 3)
Göttliche Entschlüsse sind von zweierlei Art; eine kann als schwe- bend bezeichnet werden und die andere als absolut. Die Wirkung ei- nes schwebenden Entschlusses kann, durch die Gnade von Gott, dem Allmächtigen, durch Gebet und Almosengeben abgewendet werden. Die Wirkung eines absoluten Entschlusses kann durch Gebet und Almosengeben nicht abgewendet werden, obwohl der Allmächtige als Gegenleistung einen anderen Nutzen gewährt. In einigen Fällen verursacht der Allmächtige eine Verzögerung der Auswirkung eines Entschlusses. Das Wissen von diesen beiden Formen der göttlichen Entschlüsse kann aus dem Heiligen Qur‘an entnommen werden.
(Malfūẓāt, vol. I, S. 157-158)
Für die Begründung des Grundsatzes, dass Gott, der Allmächti- ge, Einer ist und die Quelle und das Ziel von allem, hat der Heili- ge Qur‘an gewisse Dinge niedergelegt, woraus törichte Kritiker die Lehre vom Zwang abgeleitet haben; Er ist die Ursache der Ursachen und der Versorger aller Mittel. Dies ist der Grund, warum Gott, der Allmächtige, Sich im Heiligen Qur‘an manchmal als Ursache aller Ursachen bezeichnet hat, ohne Erwähnung intervenierender Mittel. Ein Studium des Heiligen Qur‘an enthüllt, dass auch diese Mittel an gewissen Stellen deutlich angegeben sind, damit der Mensch darauf achten möge.
Außerdem bestimmt der Heilige Qur‘an die Züchtigung für Böses und legt Strafen nieder. Gäbe es ein unabänderliches System göttli-
cher Beschlüsse und Entscheidungen und unterläge der Mensch ei- nem totalen Zwang, welche Rechtfertigung gäbe es dann für diese Züchtigungen und Strafen?
Man sollte bedenken, dass im Gegensatz zum Atheismus der Hei- lige Qur‘an nicht alles innerhalb des Systems der physischen Ursa- chen beschränkt, sondern die Menschheit zum Glauben an die reine Einheit Gottes zu führen sucht. Die meisten Menschen erkennen we- der das wahre Wesen des Gebets noch begreifen sie die Beziehung zwischen dem Gebet und der göttlichen Bestimmung. Gott, der All- mächtige, öffnet den Weg für jene, die Zuflucht nehmen zum Gebet, und weist ihr Gebet nicht ab.Das Gebet und die göttliche Bestimmung gehen einher miteinander. Gott hat für beides eine Zeit bestimmt. Sei- ne Vorsehung hat angewiesen:
141 مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ عدا
Ruft Mich an, Ich werde euch antworten.
Darum habe ich immer gesagt, dass der Gott der Muslime ihr Ge- bet erhört; doch wie kann der Gott antworten, der kein einziges Teil- chen erschaffen hat oder unter der Folter der Juden starb?
142 ختیادپر زین ںسمآا ب� کہ ختیسا نکو ار نیمز رکا تو
141 Al-Muʾmin, 40:61. (Anm. d. Ü.)
142 Du bist darin gescheitert, die Aufgaben dieser Welt zu erledigen / Mit welchem Recht dann, strebst du an, die Geschicke des Himmels zu lenken. (Anm. d. Ü.)
Es ist nicht weise, zu versuchen, freien Willen und Zwang auf der Grundlage seiner selbst-konzipierten und vermuteten Logik und Ver- nunft in Einklang zu bringen. Das ist ein nutzloses Unterfangen. Man muss die Göttlichkeit und Vorsehung gebührend ehren und ein Ver- such, die Geheimnisse der Göttlichkeit zu begreifen, ist respektlos.
143 ب
دَ َااہَ ُّلُکة
قَ ْیرِ طّ لَا
Göttlicher Entschluss und göttliche Bestimmung haben eine enge Beziehung zum Gebet. Das Gebet wendet die Wirkung eines in der Schwebe befindlichen Entschlusses ab. Gewiss ist es wirksam gegen Schwierigkeiten. Jene, die die Wirksamkeit des Gebets leugnen, be- sitzen eine falsche Auffassung. Der Heilige Qur‘an legt zwei Aspekte des Gebets dar. Einerseits macht Gott, der Allmächtige, Seinen Eige- nen Willen geltend und andererseits antwortet Er auf das Gebet eines Dieners. In dem Vers
144 عِ وۡ ُجلاوَ ف
وۡ َخلان
مّ ءٍ یۡ شَ ِبمۡ ک
َّنوَ لُ بۡ نَ َلو
fordert Gott, der Allmächtige, Gehorsam gegen Seinen Willen. Die Bedeutung ist, dass die Antwort des Menschen auf einen absoluten Göttlichen Entschluss sein muss:
145
نَ وۡ عُ جِ رٰ ه
یۡ َلاِ ۤاَّناِ وَ هِ ّلٰ ِلاَّنا
143 Vollkommener Respekt zeichnet den Suchenden aus. (Anm. d. Ü.)
144 „Wir werden euch gewiss prüfen mit Furcht und Hunger.“ (Al-Baqara, 2:156; Anm. d. Ü.)
145 „Allahs sind wir und zu Ihm kehren wir zurück.“ (Al-Baqara, 2: 157; Anm. d. Ü.)
Die andere Zeit ist die Aufwallens der Wellen der Barmherzigkeit und Gnade Gottes, des Allmächtigen. Sie wird angedeutet in:
146
مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ ع
دۡ ُا
Ein Gläubiger sollte diese beiden Aspekte kennen. Die Sufis sagen, dass die absolute Abhängigkeit von Gott nicht total wird, solange man nicht die Fähigkeit hätte, den rechten Ort und die rechte Gelegenheit für das Gebet zu erkennen. Es ist gesagt worden, dass ein Sufi solange nicht betet, bis er erkennt, dass die Zeit für das Gebet gekommen ist.
Sayyed Abdul Qadir Jilani, möge Allah Gefallen an ihm haben, hat gesagt, dass ein Unglücklicher durch das Gebet glücklich wird. Er ist sogar so weit gegangen, zu bekräftigen, dass auch sehr geheime Din- ge, die einem absoluten Entschluss gleichen, durch das Gebet beein- flusst werden können.
Kurzum, man sollte im Zusammenhang mit dem Gebet stets be- denken, dass Gott, der Allmächtige, manchmal den Gehorsam gegen Seinen Willen fordert und zu anderen Zeiten dem Gebet Seines Die- ners stattgibt. In anderen Worten, Er behandelt Seinen Diener wie ei- nen Freund. Das Gebet des Heiligen ProphetenSAW wurde in einem ho- hen Maße erhört und dazu korrespondierend, war er in hohem Maße bereit, sich Gottes Willen zu beugen und ihn freudig anzunehmen. Er verlor elf Kinder, aber er stellte nie die Frage, „warum?“.
(Malfūẓāt, vol. III, S. 224-226)
Es ist die Praxis Allahs, dass, wenn eine Handlung vom Menschen ausgeht, ihre Wirkung vom Allmächtigen gebührend kundgetan wird. Schließen wir zum Beispiel alle Türen eines Zimmers, so ist das unsere Handlung, und die Folge davon, dass also unser Zimmer dun-
146 „Betet zu Mir; Ich will euer Gebet erhören.“ (Al-Muʾmin, 40:61; Anm. d. Ü.)
kel wird, ist die Wirkung unserer Handlung, die von Gott, dem All- mächtigen, kundgetan wird. Dies ist Gottes ewiges Gesetz. Desglei- chen, wenn wir eine tötliche Dosis Gift schlucken würden, würde dies zweifellos unsere Handlung sein; der unserer Handlung folgende Tod würde Gottes Handlung im Einklang mit Seinem ewigen Gesetz sein. Somit folgt jeder unserer Handlungen eine göttliche Handlung, die nach unserer Handlung kundgetan wird und ihr Ergebnis ist. Dieses System wirkt sowohl in dem, was offenbar ist, als auch in dem, was verborgen ist. Jede unserer guten oder schlechten Taten erzeugt eine Wirkung, die nach unserer Handlung offenkundig wird. Die Bedeu- tung des Verses des Heiligen Qur‘an:
147 مۡ ِہِبوۡ لُ ُقیٰلعَ هُ ّللامَ َتخَ
ist, dass, wenn jemand Böses tut, die Wirkung davon von Gott, dem Allmächtigen, auf seinem Herzen und seinem Gesicht gezeigt wird. Die gleiche Bedeutung hat auch der Vers:
148 مۡ ُہَبوۡ لُ ُقهُ ّللا غازَ َااوۤۡ غاز امَّ َلَف
Das heißt, als sie sich von der Wahrheit abwandten, wandte Gott, der Allmächtige, sie davon ab, im Einklang mit der Wahrheit zu sein, und schließlich wurde infolge ihrer Feindseligkeit eine Veränderung in ihnen herbeigeführt und sie wurden so verdorben, dass das Gift ihrer Feindseligkeit ihr natürliches Licht überwältigte.
(Kitābu l-bariyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 13, S. 47-48)
147 „Allah hat ein Siegel auf ihre Herzen gelegt.“ (Al-Baqara, 2:8; Anm. d. Ü.)
148 Aṣ-Ṣaff, 61:6. (Anm. d. Ü.)
Ihr habt den Einwand erhoben, dass der Heilige Qur‘an zeigt, dass der Mensch unter Zwang handelt und ihm keine Wahl gelassen wird. Ihr scheint die Verse übersehen zu haben, die die menschliche Wahl- freiheit und sein Erlangen von Gut oder Übel deutlich anzeigen; zum Beispiel:
149 یعٰ سَ ام
اَّلاِ ناسَ ۡ ناِ ۡلِلسَ ۡیَّل نۡ َاو
Das heißt, der Mensch wird nichts haben, außer das, wofür er sich bemüht, und das Bemühen ist notwendig für die Erlangung einer Be- lohnung.
Dann heißt es:
150 ةٍ َّبآدَ ن
ماھَ رِ ہۡ ظَ یٰلعَ ک
رَ َتام
اوۡ بُ سَ ک
امَ ِبسانّ لا هُ ّللاذُ خاؤَ ُیوۡ َلو
Das bedeutet, wenn Gott die Menschen für alles strafen würde, was sie gemäß ihres freien Willens tun, dann bliebe kein Lebewesen auf der Welt übrig. Weiter heißt es:
151 ت
بَ سَ َتکاام
اہَ یۡ َلعَ وَ ت
بَ سَ ک
اماہَ َل
Ein jeder wird den Nutzen des Guten haben, das er tut, und die Folgen des Bösen erleiden, das er bewirkt.
Es heißt auch:
149 An-Naǧm, 53:40. (Anm. d. Ü.)
150 Fāṭir, 35:46. (Anm. d. Ü.)
151 Al-Baqara, 2:287. (Anm. d. Ü.)
152 هٖ سِ فۡ نَ ِلَفاًحلاصلَ مِ عنم
Wer immer Gutes tut, es ist für das eigene Gute; und wer immer Böses tut, trägt selbst dessen Last.
Und noch einmal heißt es:
153 مۡ ِہۡیدِ ۡیَات
مَ دَّ َقامَ ِبۢة
بَ یۡ صِ مُ
مۡ ُہتۡ َباصَ َاۤاذَ اِ فَ یۡ کَف
Wie wird es sein, wenn sie ein Unglück befällt aufgrund dessen, was ihre Hände zuvor gewirkt hatten.
Alle diese Verse zeigen, dass der Mensch in seinen Handlungen die freie Wahl hat. In diesem Zusammenhang hat Herr Abdullah Atham den Vers angeführt:
154 ٍءیۡ شنم
رِ مۡ َاۡلان
مانَ َّللۡ ھ
نَ وۡ ُلوۡ قُ َی
und argumentiert hieraus, dass dies Zwang beweist. Er befindet sich im Irrtum. In diesem Vers bedeutet das Wort amr Verwaltung. Dieser Vers legt die Denkart jener dar, die gesagt hatten: Hätten wir irgendeinen Anteil an der Regierungsgewalt gehabt, wir würden es so geplant haben, dass die Schwierigkeit, der wir in der Schlacht von Uḥud begegneten, vermieden worden wäre. In Beantwortung ihrer Be- schwerde sagte Gott, der Allmächtige:
155 هِ ّلٰ ِل ہٗ َّلُک رَ مۡ َاۡلانَّ اِ لۡ ُق
152 Hā-mīm Saǧda, 41:47. (Anm. d. Ü.)
153 An-Nisāʾ, 4:63. (Anm. d. Ü.)
154 „Ist für uns irgendein Anteil an der Ordnung (der Dinge)?“ (Āl-e ʿImrān, 3:155; Anm. d. Ü.)
155 Al-e-‘Imran, 3:155.
Sage ihnen, alle Herrschaft gehört Allah.
Sie wurden ermahnt, dem Heiligen ProphetenSAW unter allen Um- ständen zu gehorchen. Dieser Vers hat nichts mit Wahl oder Zwang zu tun. Er bezieht sich auf das Denken einiger Personen, welche, wä- ren sie befragt worden, etwas anderes vorgeschlagen hätten. Gott, der Allmächtige, ermahnte sie, dass die Angelegenheit nicht zur Debatte stand, sondern ein göttlicher Befehl gewesen ist.
Es sollte klar verstanden werden, dass taqdīr156 nur die Bestim- mung eines Maßes bedeutet; so wie Allah, der Glorreiche, sagt:
157 ارً ۡیدِ قۡ َتہٗ رَ دَّ قَ َفءٍ یۡ شلَّ ُکقَ َلخو
Er hat alles erschaffen und sein Maß bestimmt.
Dies zeigt nicht, dass der Mensch seines freien Willens beraubt worden ist. Tatsächlich ist der freie Willen ein Teil jener Maßnahme. Gott, der Allmächtige, nannte das menschliche Wesen, nachdem Er jenem und dem menschlichen Fassungsvermögen ihr Maß gab, taqdīr, und als Teil dessen beschloss Er, bis zu welchem Maße der Mensch in seinen Handlungen einen freien Willen haben würde. Es ist ein großer Fehler, taqdīr so auszulegen, als bedeute es, dass der Mensch unter dem Zwang stünde, die ihm von Gott verliehenen Fähigkeiten nicht richtig zu nützen. Dies kann deutlich gemacht werden, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf den Mechanismus einer Uhr richten, die nicht über das ihr von ihrem Hersteller bestimmte Maß hinaus funktionieren kann. Desgleichen kann ein menschliches Wesen nichts erreichen, was sich jenseits der ihm verliehenen Fähigkeiten befindet, noch kann er über seine ihm zugeteilte Lebensspanne hinaus leben.
156 Vorbestimmung. (Anm. d. Ü.)
157 Al-Furqan, 25:3.
Es ist ein schwerwiegender Fehler, zu meinen, der Heilige Qur‘an schätze einige Menschen gezwungenermaßen so ein, dass sie die Höl- le verdienen und der Gewalt von Satan unterworfen sind. Im Gegen- teil, Gott, der Allmächtige, hat im Heiligen Qur‘an an Satan gerichtet gesagt:
158
نطٰ ۡلسُ مۡ ِہیۡ َلعَ ک
َلسَ ۡیَلی
دابَ ع
نَّ ا
O Satan, du wirst keine Macht haben über Meine wahren Diener. Seht, wie deutlich Gott, der Allmächtige, in diesem Vers die Frei-
heit des Menschen verkündet. Dieser eine Vers sollte genügen, um eine gerecht denkende Person zufriedenzustellen. Das Evangelium berichtet uns jedoch eine andere Geschichte. Matthäus erklärt, dass Satan versuchte, Jesus in Versuchung zu führen. Dies würde bedeu- ten, dass Satan so viel Macht hatte, dass er einen heiligen Propheten gezwungenermaßen von Ort zu Ort führte und ihn unverschämter- weise anwies, sich vor ihm zu verneigen. Er führte ihn auf einen ho- hen Berg und zeigte ihm alle Königreiche der Erde und deren Pracht. Siehe Matthäus, 4: 18.159
Eine Reflexion würde zeigen, dass diese Verse zur Darstellung bringen, dass Satan göttliche Kräfte besaß. Er nahm Jesus und übte die dem Allmächtigen allein gehörende Macht aus, um Jesus alle Kö- nigreiche der Erde zu zeigen.
Eure Überzeugung, dass der Heilige Qur‘an lehrt, einige Men- schen seien gezwungenermaßen zur Hölle verurteilt oder ihre Herzen
158 Al-Ḥiǧr, 15:43. (Anm. d. Ü.)
159 Dies scheint ein Fehler in der ersten Ausgabe zu sein. Der Verweis sollte lauten: Mat- thäus 4: 1-8. (Anm. d. Ü.)
seien versiegelt, zeigt, dass ihr den Qur‘an nie gründlich studiert habt. Überlegt, dass Gott, der Glorreiche, gesagt hat:
160 ن
ۡیعِ مَ جۡ َا مۡ ُہنۡ مِ ک
عَ بِ َتنۡ َّممِ وَ ک
نۡ مِ مَ َّنہَ ج
نَّ َٔـَلمۡ َاَل
Satan ansprechend, sagt Allah: „Ich werde wahrlich die Hölle fül- len mit dir und denen von ihnen, die dir folgen, insgesamt.“
Dies zeigt deutlich, dass Gott, der Allmächtige, die Menschen nicht grundlos verurteilen wird. Er wird nur jene verurteilen, die aufgrund ihres Fehlverhaltens eine solche Verurteilung verdient haben.
Es heißt auch:
161 ن
ۡیقِ سِ فٰ ۡلااَّلاِ هۤ ٖ ِبلُّ ضِ ُیام
وَ ؕارً ۡیثِ کَ هٖ ِبی
دِ ہۡ َیوَّ ۙارً ۡیثِ کَ هٖ ِبلُّ ضِ ُی
‚Damit erklärt Er viele zu Irrenden in dieser Welt, und vielen weist Er damit den Weg, aber Er erklärt nur jene zu Irrenden, die sich ent- schieden haben, in die Irre zu gehen und sich ihrer Untaten schuldig machen.
Das heißt, der Mensch wird von Gott nach seinem Verhalten beur- teilt; so als ob jemand das Fenster seines Zimmers in Richtung Sonne öffnet und das Licht der Sonne auf natürliche Weise auf sein Gesicht fällt, wenn er das Fenster aber schließt, so verursacht er durch seine eigene Handlung die Dunkelheit im Zimmer.
Da Gott, der Allmächtige, die Ursache aller Ursachen ist, schreibt Er diese beiden Folgen Sich Selbst zu, Er hat jedoch in Seinem Wort wiederholt erklärt, dass die Irreführung, die sich jemand ausdenkt, die Folge seines eigenen Fehlverhaltens ist. Gott, der Allmächtige, tut niemandem Unrecht, so wie Es heißt:
160 Ṣād, 38:86. (Anm. d. Ü.)
161 Al-Baqara, 2:27. (Anm. d. Ü.)
162 مۡ ُہَبوۡ لُ ُقهُ ّللا غازَ َااوۤۡ غاز امَّ َلَف
Als sie also vom rechten Weg abwichen, verdrehte Allah ihre Her- zen.
An anderer Stelle heißt es:
163 اض
رَ َم هُ ّللا مُ ُہدازَ َفۙضٌ رَ َمّ مۡ ِہِبوۡ لُ ُقیۡ ف
In ihren Herzen war Krankheit, Allah ließ ihre Krankheit schlim- mer werden. Das heißt, Gott prüfte sie und machte ihren Zustand ma- nifest.
Dann wird gesagt:
164 مۡ ِہِرۡفک
ِباہَ یۡ َلعَ هُ ّللاع
بَ طَ لۡ َب
Allah versiegelte ihre Herzen aufgrund ihres Unglaubens.
Dieser Einwand in Bezug auf den Zwang kann jedoch gegen eure Schriften erhoben werden. In 2. Mose, 4:21 sagte Gott zu Moses:
Ich aber will Pharaos Herz verhärten.
Wenn sein Herz verhärtet war, war die Folge davon, dass er zur Hölle verurteilt wurde. Siehe auch 2. Mose, 7:3; Sprüche 16:4; 2. Mose, 10:3 und 5. Mose, 29:4: „Gott hat euch keine Sinne verliehen, die ver- stehen, und Augen, die sehen, und Ohren, die hören mögen, bis zu diesem Tag.“
Ist dies nicht ein klares Beispiel für Zwang? Siehe auch Psalmen
162 Aṣ-Ṣaff, 61:6. (Anm. d. Ü.)
163 Al-Baqara, 2:11. (Anm. d. Ü.)
164 An-Nisāʾ, 4:156. (Anm. d. Ü.)
148:6: „Er bestimmte einen Entschluss, der nicht abgewendet werden kann.“ Und Römer 9:18165: „Sagt etwa das Werk zu dem, der es ge- schaffen hat: Warum hast du mich so gemacht?“ Alle diese Bezüge zeigen, dass die Einwände, die ihr gegen den Heiligen Qur‘an erho- ben habt, gegen eure eigenen Schriften erhoben werden können.
(Ǧang-e muqaddas, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 6, S. 231-234)
165 Dies scheint ein Fehler in der ersten Ausgabe zu sein. Die Verweise sollten lauten: Psalmen 148:6 und Römer 9:20.
Im Heiligen Qur‘an wurde mehr als auf jedes andere Gebot, die Betonung gelegt auf Tugend und Rechtschaffenheit. Der Grund hier- für ist, dass Rechtschaffenheit die Stärke verleiht, jedem Laster zu widerstehen, und zum Fortschritt in allem Guten drängt. Die Recht- schaffenheit ist unter allen Umständen ein Talisman, das Sicherheit garantiert, und eine Zitadelle für die Absicherung gegen alles Unheil. Eine rechtschaffene Person kann viele eitle und schädliche Streitig- keiten vermeiden, die andere Menschen oft zur Vernichtung führen. Durch ihre raschen Handlungen und Vermutungen säen sie unter den Leuten den Samen der Abtrünnigkeit und setzen sich selbst offener
Kritik aus.
(Ayyāmu ṣ-ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 342)
Die Rechtschaffenheit hat viele Merkmale. Es ist Rechtschaffen- heit, Stolz und Selbstachtung zu meiden sowie sich ungesetzlichen Gewinns und schlechter Manieren zu enthalten. Jemand, der Höflich- keit und gute Manieren zeigt, macht seine Feinde zu Freunden.
(Malfūẓāt, vol. I, S. 81)
Gesegnet ist jener, der die Rechtschaffenheit zu einer Zeit von Er- folg und Wohlstand annimmt, und höchst unglücklich ist jener, der sich nach dem Stolpern nicht der Rechtschaffenheit zuwendet.
(Malfūẓāt, vol. I, S. 157)
Die spirituelle Schönheit des Menschen besteht darin, all den fei- nen Wegen der Rechtschaffenheit zu folgen. Sie sind die anziehen- den Merkmale der spirituellen Schönheit. Es ist offensichtlich, dass der Weg zur Vervollkommnung seiner spirituellen Schönheit darin besteht, des Vertrauens von Gott, dem Allmächtigen, eingedenk zu sein, alle Verpflichtungen des Glaubens zu erfüllen, alle Fähigkeiten und Glieder, dabei sowohl die sichtbaren wie Augen und Ohren und Hände und Füße und ähnliche, als auch die verborgenen, wie die Sinne und andere Fähigkeiten und Eigenschaften, bei der passenden Gelegenheit zu gebrauchen und sie davon zurückzuhalten, bei un- passenden Gelegenheiten in Erscheinung zu treten, sowie darin be- steht, vor den subtilen Angriffen der Laster gewarnt und der Rechte seiner Mitmenschen eingedenk zu sein. Im Heiligen Qur‘an hat Gott, der Allmächtige, die Rechtschaffenheit als ein Gewand bezeichnet. Libāsu t-taqwa166 ist ein Ausdruck des Heiligen Qur‘an.167 Dies ist ein Hinweis darauf, dass spirituelle Schönheit und spiritueller Schmuck durch Rechtschaffenheit erlangt werden. Rechtschaffenheit bedeutet, dass man sowohl des kleinsten Details der göttlichen Pfände und Ver- pflichtungen als auch allen Pfänden und Verpflichtungen seiner Mit- menschen – so weit dies möglich sein möge – eingedenk sein muss. Das heißt, man muss versuchen, diese Erfordernisse, in all ihren fein- sten Einzelheiten und gemäß dem besten seiner Fähigkeiten, zu er- füllen. (Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 209-210)
166 Das Gewand der Rechtschaffenheit. (Anm. d. Ü.)
167 Al-Aʿrāf, 7:27. (Anm. d. Ü.)
Wahre Rechtschaffenheit und Ignoranz können nicht gleichzeitig existieren. Wahre Rechtschaffenheit wird von einem Licht begleitet, da Gott, der Glorreiche, gesagt hat:
168 مۡ ک
ِتاٰ یِّ سَ مۡ ک
نۡ ع
رۡ ِّفک
ُیوَّ اًناَقرۡ ُفمۡ کَّللۡ عَ جۡ یَ هَ ّللااوقُ تَّ َتنۡ اِ اوۤۡ ُنمَ اٰ ن
ۡیذِ َّلااہَ ُّیَای
169 هٖ ِبنَ وۡ شمۡ َتارً وۡ ُن مۡ ک
َّل لۡ عَ جۡ یَ و
Das heißt, O ihr, die ihr glaubt, wenn ihr standhaft seid in der Rechtschaffenheit und um Allahs willen entschlossen und ausdau- ernd an ihr festhält, wird Er euch mit einer deutlichen Unterschei- dung von euren Verleumdern hervorheben. Das heißt, ihr werdet ge- segnet sein mit einem Licht, das euch begleiten wird, wo immer ihr euch auch begebt.
Dies bedeutet, dass jenen, die standhaft sind, ein Erkennungszei- chen verliehen wird, durch das sie von anderen unterschieden werden können, und jenes Erkennungszeichen ist, dass sie mit einem Licht versehen werden, mit dessen Hilfe sie auf allen Wegen des Lebens gehen werden. Das Licht würde alle ihre Handlungen und Worte und Fähigkeiten und Sinne erleuchten. Ihr Intellekt wäre erleuchtet und es wäre Licht in allem, was sie sagen. Es wäre Licht in ihren Augen und in ihren Ohren und in ihren Zungen und in ihrer Rede und in all ihren Bewegungen. Die Wege, die sie entlangschreiten, wären erleuchtet. Alle ihre Wege, die Wege ihrer Fähigkeiten und ihrer Sinne, wären mit Licht erfüllt, und sie werden vollkommen eingehen im Licht.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 177-178)
168 Al-Anfāl, 8:30. (Anm. d. Ü.)
169 Al-Ḥadīd, 57:29. (Anm. d. Ü.)
Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Erwerb weltli- chen Wissens und dem Wissen des Heiligen Qur‘an. Für das Studium von Grammatik, Physik, Philosophie, Astronomie, Medizin usw. ist Rechtschaffenheit nicht erforderlich. Es ist nicht notwendig, dass je- mand, der diese Fächer studiert, das ṣalāt verrichten und fasten und der göttlichen Gebote und Verbote eingedenk sein soll sowie jede seiner Handlungen und jedes seiner Worte den göttlichen Anwei- sungen unterworfen sein soll. In der Tat geschieht es oft, dass jene, die nach solchem Wissen streben, zu Atheisten und in jede Art von Laster verwickelt werden. Heutzutage bietet die Welt ein merkwürdi- ges Schauspiel. Obwohl die Menschen Europas und Amerikas große Leistung in den weltlichen Künsten und Wissenschaften erzielen und täglich neue Erfindungen machen, ist ihr moralischer und spiritueller Zustand bedauerlich. Einige der Szenen, die sich in den Parks von London und den Hotels von Paris abspielen und in der Tagespresse Erwähnung finden, können wir nicht einmal erwähnen.
Andererseits ist die Rechtschaffenheit eine wesentliche Bedingung für das himmlische Wissen und die Erlangung des Wissens über die Geheimnisse des Heiligen Qur‘an. Zu diesem Zweck ist aufrichtige Reue vonnöten. Denn die Tür zum qur‘anischen Wissen wird solange nicht geöffnet, bis jener, der danach strebt, die Bürde der göttlichen Gebote nicht mit vollkommener Demut und Ergebenheit trägt und sich Ihm, vor Seiner Herrlichkeit und Macht erzitternd, demütig zu- wendet. Ohne dies kann er aus dem Heiligen Qur‘an nicht die Mit- tel erlangen, um jene Eigenschaften und Fähigkeiten zu fördern, die Wonne und Trost für die Seele erzeugen. Der Heilige Qur‘an ist das Buch Gottes und sein Wissen liegt in der Hand Gottes; somit ist Recht- schaffenheit die Leiter zum Erwerb solchen Wissens. Wie also kann
es möglich sein, dass die ungläubigen Frevler, die übelgesinnt sind und von ihren irdischen Leidenschaften gefangen gehalten werden, solches Wissen erlangen? Einem Muslim, der seine Seele nicht läutert, wird kein Wissen des Heiligen Qur‘an gewährt, wie groß sein Können in Grammatik und den literarischen Fächern auch immer sei, und wie sehr auch immer er sich der Achtung der Weltlichen erfreuen möge.
In dieser Zeit konzentriert sich die Aufmerksamkeit der Welt auf das weltliche Wissen, und das Licht des westlichen Wissens fährt fort, die Menschheit durch neue Erfindungen und Erzeugnisse in Erstau- nen zu versetzen. Unglücklicherweise haben auch die Muslime zur Förderung ihres eigenen Wohlergehens die Entscheidung getroffen, dem Westen zu folgen, und sie sind stolz darauf, Europa und Amerika nachzuahmen. Das ist die Einstellung der Muslime, die dem neuen Licht folgen. Jene, die als altmodische Muslime bekannt sind und sich für die Hüter des Glaubens halten, werden von der Wichtigkeit der Einzelheiten der Grammatik und dem Bestimmen der richtigen Be- tonung von ḍāllīn in Anspruch genommen. Sie schenken der wahren Bedeutung des Heiligen Qur‘an keine Aufmerksamkeit, noch sind sie dazu in der Lage, da sie sich nicht mit der Läuterung ihrer Seelen befassen.
(Malfūẓāt, vol. I, S. 425-427)
Um wahrhaft rechtschaffen zu werden, ist es erforderlich, dass man so hervorstechende Laster wie Ehebruch, Diebstahl, Überschreitung, Heuchelei, Selbstachtung, Verachtung seiner Mitmenschen und Geiz vollkommen aufgibt, aller niederen Moral entsagt und in hohen mo- ralischen Werten Fortschritte erzielt. Man sollte sich gegenüber seinen Mitmenschen höflich und mit Mitgefühl verhalten und wahre Treue und Aufrichtigkeit gegenüber Gott, dem Allmächtigen, entwickeln.
Man sollte ständig nach Gelegenheiten suchen für einen wohltätigen Dienst. Nur derjenige, der alle diese Eigenschaften in sich vereint, ist rechtschaffen. Der Besitz einer einzigen dieser Eigenschaften würde niemanden dazu berechtigen, zu den Rechtschaffenen gezählt zu wer- den, wenn er nicht auch alle anderen Eigenschaften besitzt. Nur jene sind es, über die gesagt wurde:
170
نَ وۡ ُنزَ حۡ یَ مۡ ُہاَلوَ مۡ ِہیۡ َلعَ ف
وۡ خ
اَل
Was bräuchten sie noch? Gott, der Allmächtige, wird zu ihrem Be-
schützer, so wie es heißt:
171 ن
ۡیحِ لِ صٰ لا یَّلوَ تَ َی وَ ھو
In einem anderen Hadith heißt es, dass Gott, der Allmächtige, zu ihrer Hand wird, mit der sie greifen, und zu ihren Augen, mit denen sie sehen, und zu ihren Ohren, mit denen sie hören, und zu ihren Fü- ßen, mit denen sie gehen.
In einem anderen Hadith wird angegeben, dass Gott verkündet hat, dass jener, der gegenüber einem Meiner Freunde Feindschaft hegt, sich darauf vorbereiten sollte, mit Mir zu kämpfen.
Ein weiteres Hadith erklärt, wenn jemand einen Freund Gottes an- greift, stürzt Er sich auf jenen mit der Heftigkeit, mit der eine Tigerin sich auf einen stürzt, der ihr Junges zu rauben versucht.
(Malfūẓāt, vol. IV, S. 400-401)
170 „Keine Furcht soll über sie kommen, noch sollten sie trauern.“ (Al-Aʿrāf, 7:36; Anm. d. Ü.)
171 „Er beschützt die Rechtschaffenen.“ (Al-Aʿrāf, 7:197; Anm. d. Ü.)
Von diesem Freund wurde uns Rechtschaffenheit gewährt; Sie kam nicht von uns; sie ist ein Geschenk Gottes
Bemühe dich sehr, wenn du ein Aufrichtiger, ein Ehrlicher bist;
So dass du Rechtschaffenheit erlangest, welche die Voraussetzung ist für die Vereinigung mit dem Geliebten (liqāʾ).
Dies ist der Spiegel, der den Schöpfer widerspiegelt; Dies allein schärft das Schwert des Gebets.
Die Wurzel aller Tugend ist die Gottesfurcht (ittiqāʾ);
Wenn diese Wurzel heil ist, so bleibt alles heil.172
Dies allein ist das Kennzeichen für den hohen Rang der Heiligen; Was haben sie denn, außer die Rechtschaffenheit?
Fürchtet euch vor Ihm, O Freunde! Er ist der allsehende Gott;
Denkt darüber nach, schon diese Welt ist der Ort von Belohnung und Strafe
Er gewährte mir diesen Rang aufgrund von Rechtschaffenheit Ruhm auf Ihm, Der meine Feinde in Schande stürzte
Welch wundervolles Juwel taqwā ist!173 Gesegnet ist, der taqwā praktiziert.
172 Dies Strophe wurde dem Verheißenen MessiasAS offenbart, als er diese Zweizeiler niederschrieb. (Anm. d. Ü.)
173 Gottesfurcht oder Rechtschaffenheit. (Anm. d. Ü.)
Höret! Die Essenz des Islam ist taqwā!
Gottesliebe ist der Wein und taqwā der Kelch.
Muslime! Geht gänzlich auf in taqwā;
Wo ist der Glaube, wenn es einen an taqwā mangelt?
O Gott, dieser Reichtum, den Du mir gewährtest; Ruhm auf Ihm, der meine Feinde in Schande stürzte.
(Durr-e ṯamīn Urdu, S.56,f. Auflagejahr 2004, Qadian) Jene allein sind lebendig, die Gott nahe sind;
Als Angenommene sind sie die Lieblinge und Geliebten Gottes
Jene, die der taqwā fern sind, sind fern von Gott;
Sie sind die ewigen Gefangenen ihres Stolzes, Hochmuts, Übermuts
Freunde! Taqwā bedeutet, dass ihr euren Dünkel aufgebt;
Gebt auf eure Gewohnheiten des Stolzes, Übermuts und Geizes
Verzichtet auf die Liebe dieser vorübergehenden Behausung; Für diesen Geliebten, gebt auf den Luxus.
Dieser Weg ist der verfluchte Weg, gebt ihn auf;
Oder vergesst es, zu Gott, dem Erhabenen, zu gelangen.
Akzeptiert das Leben der Härte mit äußerster Aufrichtigkeit; So dass die Engel des Himmels auf euch herabkommen mögen.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 17-18)
Ich sage euch wahrlich, dass außer Gott etwas beigesellen, kein Laster am Tag des Jüngsten Gerichts eine so enorme Stellung einneh- men wird wie der Hochmut. Er ist ein Laster, das einen in beiden Wel- ten demütigt. Die göttliche Gnade errettet jeden, der an die göttliche Einheit glaubt, außer einen Hochmütigen. Auch Satan behauptete, an die Einheit Gottes zu glauben, doch da er an Hochmut litt und Adam, den Gott liebte, verächtlich anblickte und Fehler an ihm fand, ging er zugrunde und wurde verflucht. Somit war Hochmut die erste Sünde, durch die man für immer zugrunde gerichtet wurde.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 598)
Ich ermahne meine Gemeinschaft, den Hochmut zu meiden, da in den Augen Gottes, des Herrn der Herrlichkeit, der Hochmut has- senswert ist. Ihr möget vielleicht nicht gänzlich erkennen, was Hoch- mut ist. Also hört auf mich, da ich auf Anweisung Gottes spreche.
Jeder, der auf einen Bruder herabblickt, weil er sich selbst für ge- bildeter oder weiser oder tüchtiger erachtet, ist insofern hochmütig, als er nicht Gott für den Urquell aller Intelligenz und allen Wissens hält und sich selbst als etwas erachtet. Hat Gott nicht die Macht, ihn an einer Geisteskrankheit leiden zu lassen, und seinem Bruder, den
er für gering hält, mehr Intelligenz, Wissen und größere Tüchtigkeit zu verleihen? Desgleichen ist auch jener hochmütig, der aufgrund einer falschen Auffassung seines Reichtums oder Ranges oder seiner Würde auf seinen Bruder herabblickt, weil er vergisst, dass ihm sein Reichtum, sein Stand und seine Würde von Gott verliehen wurden. Er ist blind und erkennt nicht, dass Gott die Macht hat, ihn derart heim- zusuchen, dass er innerhalb eines Augenblicks auf den Zustand des Geringsten der Geringen reduziert wird, und dass Er seinem Bruder, den er für gering hält, größeren Reichtum verleihen könnte als ihm. Ebenso ist jener hochmütig, der stolz ist auf seine körperliche Ge- sundheit oder eingebildet ist wegen seiner Schönheit oder seines gu- ten Aussehens oder seiner Kraft oder seiner Macht, und der sich über seinen Bruder lustig macht, ihm einen verächtlichen Namen gibt und seine körperlichen Mängel kundtut, denn er ist sich Gottes nicht be- wusst, Der die Macht hat, ihn mit ähnlichen körperlichen Mängeln, die ihn schlimmer als seinen Bruder machen, zu belasten und den Letzteren so zu segnen, dass seine Fähigkeiten keine Minderung er- leiden oder über einen langen Zeitraum hinweg gleich bleiben, denn Er hat die Macht, alles zu tun, was Er will. Gleicherweise ist jener, der sein Gebet vernachlässigt, weil er sich auf seine Fähigkeiten verlässt, hochmütig, denn er hat den Urquell aller Macht und Stärke nicht er- kannt und verlässt sich auf sich selbst. Darum, ihr Lieben, denkt an all diese Ermahnungen, damit ihr nicht unwissentlich in der Schätzung Gottes als hochmütig angesehen werdet.
Derjenige, der die Aussprache eines Wortes seines Bruders aus
Stolz verbessert, beteiligt sich am Hochmut. Derjenige, der seinem Bruder nicht höflich zuhört und sich von ihm abwendet, beteiligt sich am Hochmut. Derjenige, der über einen, der im Gebet vertieft ist, spottet und lacht, beteiligt sich am Hochmut. Derjenige, der ei- nem Beauftragten und Gesandten Gottes nicht völlig gehorsam zu
sein versucht, beteiligt sich am Hochmut. Derjenige, der den Anwei- sungen eines solchen nicht die volle Aufmerksamkeit schenkt und seine Schriften nicht aufmerksam studiert, beteiligt sich am Hochmut. Versucht darum, dass ihr euch in keiner Hinsicht am Hochmut betei- ligt, so dass ihr dem Verderben entrinnt und sowohl ihr als auch die Eurigen Erlösung erlangen möget. Wendet euch Gott zu und liebt Ihn so gut es geht und fürchtet Ihn so sehr, wie irgendjemand in diesem Leben gefürchtet werden kann. Seid reinen Herzens und reiner Gesin- nung und bescheiden und demütig und frei von allem Bösen, so dass ihr Barmherzigkeit empfangen möget.
(Nuzūlu l-masīḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 18, S. 402-403)
Es ist nicht meine Art, mürrisch und furchterregend dazusitzen, sodass die Menschen mich fürchten mögen wie ein wildes Tier. Ich hasse es, zum Götzen gemacht zu werden. Ich bin gekommen, um die Götzenverehrung abzuschaffen und nicht, um selbst zu einem Göt- zen zu werden, damit die Menschen mich anbeten mögen. Gott, der Allmächtige, weiß wohl, dass ich mich anderen nicht im Geringsten vorziehe. Meiner Meinung nach gibt es weder einen größeren Göt- zendiener noch einen Schlimmeren als jemand, der hochmütig ist. Ein solcher huldigt keinem Gott, er huldigt nur sich selbst.
(Malfūẓāt, vol. II, S. 6-7)
Bedenkt, dass Hochmut einhergeht mit Falschheit. Die schlimmste Falschheit ist jene, die vom Hochmut begleitet wird. Darum zertrüm- mert Gott, der Glorreiche, vor allen anderen den Kopf eines Hochmü- tigen.
(Āʾīna-e kamālāt-e islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 5, S. 599)
Für einen Menschen ist es leicht, die großen Laster abzulegen, aber einige Laster sind so subtil und verborgen, dass man sich ihrer nor- malerweise nicht bewusst ist, und selbst wenn man sich ihrer bewusst wird, ist es schwer, sie abzulegen. Zum Beispiel kann Typhus, was eine ernsthafte Krankheit und ein hohes Fieber ist, mit passenden Heilmitteln sofort behandelt werden, aber Tuberkulose, die ihr Un- heil ohne zu bemerken bewirkt, ist sehr schwer zu behandeln. Diese feinen und verborgenen Laster, die jemand davon abhalten, erhabene Ränge zu erreichen, sind von letzterer Art. Sie sind moralische Laster, die eine Störung im sozialen Leben verursachen. Geringe Differenzen rufen Groll, Hass, Eifersucht, Heuchelei und Hochmut hervor, und ein Bruder beginnt, auf einen Bruder herabzusehen. Wenn jemand das Gebet einige Tage lang korrekt darbringt und die Leute ihn loben, wird er ein Opfer von Prahlerei, Stolz und Dünkel und verliert jene Aufrichtigkeit, die der wahre Zweck der Anbetung ist. Wenn Allah, der Glorreiche, jemandem Wohlstand, Wissen, hohen Familienstand oder Ehre verleiht, beginnt jener, auf einen Bruder herabzusehen, der sich jener Vorteile nicht erfreut. Wenn das Verhältnis zu einem Bruder durch Hartäckigkeit oder Feindseligkeit verbittert ist, widmet er sich Tag und Nacht dem Finden der Fehler seines Bruders oder trägt je- mandem mit Amtsgewalt Geschichten über ihn zu, damit er dadurch, dass er des letzteren Gunst gewinnt, ein von seinem Bruder innege- haltenes Amt an dessen Stelle antreten möge, wohingegen er selbst an denselben Fehlern leidet. Solcherart sind die subtilen Laster, die schwer abzulegen sind. Hochmut ist, auf intellektueller Ebene etwas auszusetzen zu haben, um einander zu demütigen und verächtlich zu machen. Es ist sehr schwer, sich solcher subtilen Laster zu entledigen, aber sie werden gemäß dem göttlichen Gesetz nicht geduldet. Es sind nicht nur die gewöhnlichen Leute, die an ihnen leiden, sondern auch
jene, welche die sehr bekannten Laster meiden und als Geistliche und Gelehrte und Menschen hohen Ranges geschätzt werden. Erlösung von diesen subtilen Lastern ist so, als würde man eine Art von Tod ertragen. Solange man nicht von der Dunkelheit solcher Laster befreit wird, kann man keine vollendete Reinheit der Seele erlangen und sich jener Begünstigungen und Vortrefflichkeiten verdient machen, die nach der Läuterung der Seele von Gott, dem Allmächtigen, gewährt werden. Einige Menschen meinen, von solchen moralischen Lastern befreit worden zu sein, doch wenn ihnen ein anderer entgegentritt, werden sie heftig wachgerüttelt und es ist ihnen nicht möglich, ihre hohe Meinung von sich selbst und ihren Hochmut zu unterdrücken, und sie zeigen eine so geringes Maß an moralischen Eigenschaften, dessen sie sich selbst nicht bewusst waren. Zu solchen Zeiten ist es, dass bekannt wird, dass sie weder Erlösung von solchen Lastern er- langt noch etwas Gutes erreicht haben, und von jener Läuterung der Seele, die eine Eigenschaft der Rechtschaffenen und ein Zeichen wah- rer Vortrefflichkeit ist, noch weit entfernt sind. Dies zeigt, dass die moralische Läuterung sehr schwer ist und ohne die Gnade Allahs, des Glorreichen, nicht erlangt werden kann. Auch eine solche Gnade wird durch die drei gerade erwähnten Mittel erlangt, nämlich erstens durch Streben und Planung; zweitens durch Gebet und Flehen; und drittens dadurch, dass man sich in der Gesellschaft der Rechtschaf- fenen aufhält.
(Ansprachen, S. 17-18)
Hochmut ist ein Leiden, das sich fortwährend auf den Men- schen auswirkt. Bedenkt, dass Hochmut von Satan kommt und ei- nen Hochmütigen in Satan verwandelt. Bis eine Person sich vom Weg des Hochmuts nicht vollkommen abwendet, ist ihr nicht möglich, die Wahrheit zu akzeptieren, und sie macht sich insofern des Emp- fangs der göttlicher Gnade nicht verdient, als ihr Hochmut ihr den
Weg versperrt. Also meidet jegliche Form des Hochmuts, ob er nun durch Gelehrsamkeit, Wohlstand, Status, Kaste, Familie oder der ed- len Abstammung hervorgerufen wird. Dies sind die Faktoren, die den Hochmut gebären. Solange man sich von diesen Formen des Stolzes nicht läutert, kann man die Anerkennung durch Gott nicht gewin- nen und kein Erwählter Gottes werden. Es wird ihm keine derartige Erkenntnis des Göttlichen gewährt, welche die Leidenschaften des Selbst völlig verzehrt. Ein derartiger Stolz ist die Eigenschaft Satans und missfällt Gott. Satan tat einen solchen Stolz kund, dachte sich, dass er besser wäre als Adam und verkündete:
174
نٍ ۡیط
نم هٗ تَ قۡ َلخ
وَّ راَّننم
یۡ نِ تَ قۡ َلخؕه
نۡ مِّ رٌ ۡیخ
اَنَا
Das Resultat war, dass er abgelehnt und aus der Gegenwart Gottes verstoßen wurde.
(Ansprachen, S. 19)
Hochmut und Übermut sind übel. Ein kleiner Fehler kann all das über viele Jahre hindurch erlangte Gute vernichten. Über den heiligen Mann, der auf einem Berg lebte, wo seit langer Zeit kein Regen gefal- len war, steht geschrieben, dass er, als eines Tages Regen auch über Steine und Felsen fiel, meinte, dass der Regen von den Feldern und Gärten benötigt würde und viel davon auf Steine und Felsen gefallen und deshalb vergeudet worden war. Es würde von sehr viel größerem Nutzen gewesen sein, wenn er über bestellte Felder gefallen wäre. Da- raufhin entzog Gott, der Allmächtige, ihm alle Heiligkeit. Er wurde sehr betrübt und suchte Hilfe bei einer anderen heiligen Person und
174 „Ich bin besser als er. Du erschufst mich aus Feuer und ihn hast Du aus Ton erschaf- fen.“ (Ṣād, 38: 77; Anm. d. Ü.)
ihm wurde schließlich gesagt, dass er Gott mit seiner Kritik beleidigt hätte.
(Malfūẓāt, vol. VI, S. 57)
Es gibt viele Formen des Hochmuts. Manchmal kommt er durch das Auge zum Vorschein, wenn jemand einen anderen verächtlich an- sieht, weil er sich selbst für besser hält. Manchmal kommt sie durch die Zunge zum Vorschein oder durch den Kopf oder durch Hände und Füße. Kurzum, es gibt viele Quellen des Hochmuts und ein Gläu- biger sollte sie alle meiden. Er sollte darauf achten, dass keines seiner Glieder weder einen Anstrich von Hochmut haben noch sie auf ir- gendeine Weise kundtun sollte.
Die Sufis haben gesagt, dass es im Innern einer Person viele Arten niederer Eigenschaften gibt, die wie böse Geister sind, und dass jene fortwährend vertrieben werden, bis nur noch die letzte, der Hochmut, vorhanden ist. Sie kann nur durch die göttliche Gnade vertrieben wer- den, die durch aufrichtiges Streben und Gebete gewonnen wird.
Viele Menschen betrachten sich als demütig, leiden aber an einer Form von Hochmut. Darum muss man selbst die kleinsten Formen des Hochmuts meiden, die manchmal durch Wohlstand erzeugt wer- den, wenn ein Reicher alle anderen, die ihm nicht gleichgestellt sein können, als Geizhälse betrachtet. Manchmal wird der Hochmut durch Familie und Kaste erzeugt, wenn jemand sich als von hoher Kaste be- trachtet und auf andere als von niedriger Kaste herabsieht...
Manchmal wird der Hochmut durch Gelehrsamkeit erzeugt. Je- mand macht einen Fehler beim Sprechen und ein Hochmütiger fällt sofort über seinen Fehler her und sagt, dass jener kein einziges Wort richtig hervorbringen kann. Kurzum, es gibt verschiedene Formen des Hochmuts und sie alle berauben einen der Tugend und stehen der Güte gegen seine Mitmenschen im Wege. Sie alle müssen gemieden
werden. Aber dies erfordert eine Art von Tod. Solange man einen sol- chen Tod nicht akzeptiert, kommt weder der göttliche Segen auf einen herab noch wird Gott für einen verantwortlich.
(Malfūẓāt, vol. VI, S. 401-403)
Was ist Islam? Für Gott zu sterben;
Und für Seine Freude alle Wünsche des Selbst aufzugeben.
Die den Tod akzeptiert haben, sind jene, denen es bestimmt ist, ewig zu leben;
Auf diesem Pfade kann das Leben nicht erlangt werden, außer durch die demütige Akzeptanz des Todes.
Schamlosigkeit und Hochmut sind die Eigenschaften Satans, des Verfluchten;
Die wahre Nachkommenschaft Adams sind die Demütigen.
O Wurm dieser Erde! Gib auf Hochmut und Stolz; Da Stolz allein dem glorreichen Herrn zusteht.
Erachtet euch als schlechter als alle anderen;
Vielleicht wird euch das helfen, den Hof Gottes zu betreten.
Gib Stolz und Hochmut auf, weil allein darin Rechtschaffenheit liegt; Sei so demütig wie der Staub: darin liegt die Freude des Herrn.
Die Wurzel der Rechtschaffenheit ist Demut um Gottes Willen;
Tugend, die Voraussetzung für den Glauben, liegt in taqwā
(Rechtschaffenheit) allein.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Part V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 18)
Die Gewohnheit des Argwohns ist eine Krankheit, die eine Per- son blind macht und sie in die dunkle Grube des Ruins stößt. Diese Eigenschaft ist es, die die Vergötterung eines toten Menschen zustan- debrachte. Es ist dieselbe Eigenschaft, welche die Menschen von den göttlichen Attributen der Erschaffung, Barmherzigkeit, Vorsorge etc. entfremdete, und dadurch – Gott bewahre – Gott zu einem unnützen Wesen reduzierte. Es wäre nicht übertrieben zu sagen, dass der größe- re Teil der Hölle, ja, wohl die gesamte Hölle, infolge dieser Gewohn- heit angefüllt sein wird. Jene, die von den Beauftragten Gottes, des Allmächtigen, schlecht denken, verschmähen Seine Begünstigungen und Gnade.
(Malfūẓāt, vol. 1, S. 100)
Die Gewohnheit des Argwohns ist ein schlimmes Laster, das den Glauben so schnell verzehrt, wie loderndes Feuer Holz verzehrt. Gott wird zum Feind dessen, der schlecht von Gottes Gesandten denkt, und erhebt Sich, um einen solchen zu bekämpfen. Er empfindet im Namen Seiner Erwählten eine so große Eifersucht, die ihresgleichen sucht. Als ich auf verschiedene Art und Weise angegriffen wurde, wurde für mich dieselbe Eifersucht Gottes erweckt.
(Al-Waṣiyyat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 317, Fußnote)
Ich sage euch wahrlich, dass die Gewohnheit, schlecht von ande- ren zu denken, ein großes Leiden ist, das den Glauben einer Person vernichtet, sie weit entfernt von der Wahrheit und die Freunde der- selben zu Feinden macht. Um die Qualitäten der Rechtschaffenheit zu erwerben, ist es erforderlich, dass man die Gewohnheit, schlecht von anderen zu denken, ganz und gar meiden sollte; und sollte man gegenüber einer Person zufällig in jene Einstellung hineingleiten, so sollte man Gott, den Allmächtigen, wiederholt um Vergebung ersu- chen und zu Ihm flehen, dass man vor solcher Sünde und den daraus entstehenden Folgen geschützt werden möge. Jene Gewohnheit sollte nicht unterschätzt werden. Sie ist eine gefährliche Krankheit, die ei- nen sehr schnell vernichtet.
Kurzum, Argwohn richtet einen Menschen zugrunde. Es steht geschrieben, dass Gott, der Allmächtige, dann, wenn jene zur Höl- le Verurteilten sich damit konfrontiert sehen werden, zu ihnen sagen würde: Ihr hattet euch dessen schuldig gemacht, schlecht von Gott zu denken.
(Malfūẓāt, vol. I, S. 372)
Das Unheil beginnt, wenn man sich falschen Mutmaßungen und Zweifeln hingibt. Wenn man in jeder Lage gut denkt, wird einem die Fähigkeit verliehen, Gutes zu erreichen. Ein Fehler gleich am Anfang macht es schwer, das Ziel zu erreichen. Schlecht von einem anderen zu denken ist ein großes Laster, welches einen vieler Gelegenheiten, Gutes zu tun, beraubt und sich vermehrt, bis man beginnt, schlecht von Gott, dem Allmächtigen, zu denken.
(Malfūẓāt, vol. II, S. 107)
Argwohn
Jene, welche die Gewohnheit des Misstrauens pflegen; Weichen sehr weit ab vom Pfade der Rechtschaffeneit.
Ihre Zungen attackieren rücksichtslos;
Augenblicklich erwerben sie sich das Missfallen des allwissenden Herrn.
Sie stoßen ein Wort aus und machen dadurch all ihre guten Taten zunichte;
Und danach fahren sie fort darin, den Samen des Prahlerei zu säen.
Diese Landsleute von uns sind in einen solch tiefen Schlaf gefallen;
Dass sie nicht aufwachen, wiewohl wir schon hunderte Male versucht haben, sie zu wecken.
All ihre Glieder sind verkümmert, so nachlässig wurden sie aufgegeben; All ihre Kraft bündelt sich in ihren scharfen Zungen.
Entweder ergehen sie sich in übler Rede oder sie denken schlecht voneinander;
Und der Rest, er ist vollkommen in Unkenntnis über die Not des Islam.
Versucht nicht, schlecht von jemandem zu denken, selbst wenn ihr ihn als boshaft vorfindet;
Fürchtet euch vor dem Zorn des Herrn der Welten.
Vielleicht machen eure eigenen Augen einen Fehler;
Vielleicht ist jener nicht schlecht, der für euch schlecht erscheint.
413
Vielleicht ist es der Fehler eures Verständnisses; Vielleicht ist es eine Prüfung des vergebenden Herrn.
Und als Ergebnis erwirbt ihr euch den spirituellen Tod für euer Misstrauen;
Und verschuldet den Zorn des Gottes, des Heiligen.
Wenn ihr in eurer Dreistigkeit so schamlos werdet;
Glaubt ihr nicht, dass das Wort Ittiqa bedeutungslos wird?
Auch Moses geriet in Verlegenheit, weil er zweifelte; Lest im Heiligen Qur‘an175, was Khidr ist.
Zwischen Gott und Seinen Dienern gibt es hunderttausende Geheimnisse;
Von denen ihr nichts wisst, noch ist ihre Wirklichkeit für euch ersichtlich. (Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 18-19)
175 Bezogen wird sich auf Al-Kahf, 18:66-83. (Anm. d. Ü.)
Es ist die ewige Praxis Gottes, dass Er einen Ungläubigen und Ver- leugner der Wahrheit nicht durch Bestrafung vernichtet, solange jener nicht so dreist und kühn wird, dass er die Ursachen für seinen Ruin nicht mit seinen eigenen Händen erschafft. Wenn sich die Zeit seiner Strafe nähert, erzeugt er Ursachen, aufgrund derer das Maß seiner Vernichtung festgelegt wird. Das Buch Gottes hat dieses Gesetz, das stets Gottes Praxis gewesen und unveränderlich ist, von Beginn an niedergelegt.
(Anwāru l-islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 9, S. 3)
Der Heilige Qur‘an und andere göttliche Schriften enthüllen, dass der Ruin und die Vernichtung, die Menschen in diesem Leben als Strafen auferlegt werden, ihnen insofern nicht darum zugefügt wer- den, weil sie einer falschen Lehre folgen, weil sie also zum Beispiel Götzen oder Planeten oder Feuer oder einige andere erschaffene Din- ge oder Personen anbeten, als die Verantwortung für religiöse Irrtü- mer bis zum Gerichtstag aufgeschoben wird und niemand in diesem Leben nur aufgrund einer Irrlehre oder des Unglauben bestraft wird. Die Bestrafung für solche Fehler wird bis zum Jenseits aufgeschoben. In der Tat ist diese Welt für die Ungläubigen ein Paradies und es sind meistens die Gläubigen, die in dieser Welt Schmerz und Qual erlei- den, so wie es heißt:
176 نِ مِ ؤْ مُ ْلان
جْ سِ وَ رِ فاکَ ْلاة
نَّ ج
ایَ ْندّ لَا
Darum wird natürlich gefragt, warum einige Ungläubige in dieser Welt an Qualen leiden und Gott, der Allmächtige, sie mit Steinen und Stürmen und Pestilenzen vernichtete, wenn diese Welt das Paradies der Ungläubigen ist – und in der Tat bezeugt die Beobachtung, dass die Ungläubigen reichlich mit Wohlstand und den Begünstigungen dieser Welt versehen werden –, und der Heilige Qur’an wiederholt verkündet, dass die Ungläubigen mit jederart weltlicher Begünsti- gung versehen werden?
Die Antwort ist, dass jenen Menschen diese Qualen nicht nur auf- grund ihres Unglaubens zugefügt wurden, sondern weil jene, denen sie zugefügt und die so vernichtet wurden, in ihrer Verleumdung der Gesandten Gottes und mit ihrem Spott und ihren Scherzen und ihrer Verfolgung äußerst ausfallend gewesen waren, und weil ihr Unfug und ihre Bosheit und Grausamkeit und Verfolgung in der Schätzung von Gott, dem Allmächtigen, die äußerste Grenze erreicht hatten, wo- mit sie selbst zur Ursache ihres eigenen Ruins wurden. Sodann wurde Gottes Zorn erweckt und sie wurden durch verschiedene Arten von Strafen vernichtet. Dies zeigt, dass nicht der Unglaube die Ursache der Strafe in dieser Welt ist, sondern äußerste Bosheit und Hochmut. Wenn ein Solcher, selbst wenn er ein Gläubiger ist, in falschem Han- deln, Verfolgung und Hochmut die Grenzen überschreitet und die Majestät Gottes ganz und gar außer Acht lässt, dann würde das die
176 Diese Welt ist das Paradies des Ungläubigen und das Gefängnis des Gläubigen. (Anm. d. Ü.)
Strafe Gottes auf sich ziehen. Andererseits, wenn ein Ungläubiger de- mütig ist und sich fürchtet, dann würde er, obwohl er aufgrund seiner Irreführung zur Hölle verurteilt würde, nicht in dieser Welt bestraft werden. Dies ist die alte und anerkannte Philosophie, die der Bestra- fung in dieser Welt zugrundeliegt, und dies ist die Praxis Allahs, wie alle göttlichen Bücher es bezeugen. So wie Gott, der Glorreiche, im Heilige Qur‘an sagt:
177 اہَ یۡ فِ رَ ۡتمانَ رۡ َماَ ةَیرۡ َقکِلہۡ ُّننَۡ َاۤاَندۡ رَ َاۤاذَ اِ و
ارً ۡیمِ دۡ َت اہَ نٰ رۡ َمّ دَ َف لُ وۡ قَ ۡلااہَ یۡ َلعَ قَّ َحفاہَ یۡ فِ اوۡ قُ سَ فَ َف
Wenn Wir eine Stadt zu zerstören beabsichtigen, warnen Wir jene ihrer Bewohner, die im Luxus schwelgen, weil sie die Grenzen der Boshaftigkeit überschritten. Sodann wird der Richtspruch fällig gegen sie, wenn sie den Gipfel ihrer Übeltaten erreichen. Dann zerstören Wir sie mit einer harten Vernichtung. In einem anderen Vers heißt es:
178
نَ وۡ مُ ِلظٰ اہَ ُلھۡ َاوَ اَّلاِ یرٰۤ قُ ۡلایک
ِلہۡ م
انَّ ک
امو
Wir haben niemals eine Städte zerstört, ohne dass ihre Bewohner sich gänzlich der üblen Taten verschrieben haben.
Man sollte bedenken, obwohl Gott etwas beigesellen nicht nur et- was Falsches ist, sondern eine sehr große Sünde, ist in diesem Zu- sammenhang jedoch mit der Übeltat ein solcher Ungehorsam und ein solches Fehlverhalten gemeint, das alle Grenzen überschreitet. Allein dafür, dass man Gott etwas beigesellt, ohne dass damit Verfolgung, Hochmut, Aufruhr und Angriffe auf die Prediger anderer Religionen und die Planung ihrer Ermordung und eine solch extreme Sündhaf-
177 Banī isrāʾīl, 17:17. (Anm. d.Ü.)
178 Al-Qaṣaṣ, 28:60. (Anm. d. Ü.)
tigkeit einhergeht, wodurch die Gottesfurcht völlig aus ihren Herzen verschwindet, wird die Strafe im Jenseits verheißen. In diesem Leben wird die Strafe nur zu einer Zeit der äußerster Übertretung erteilt, so wie es in einem anderen Vers heißt:
179 ت
یۡ َلمۡ َ َاَفک
ِلَ بَۡ َقنۡ ُمّ
لٍۡ سُ رُ ِبیَ
زِ ہۡ تَُ سۡ ادِ قَ َلَّ و
باقَ ع
ناکفَ یۡ کف۟مۡ ہُتذخَ َا مَّ ُثاوۡ رُ فک ن
ۡیذِ لِل
Gesandte vor dir wurden auch verspottet, doch Ich gewährte Frist denen, die spotteten, doch als sie ihren Spott auf die Spitze trieben, dann erfasste Ich sie und die Menschen wurden Zeugen, wie Meine Strafe sie überwältigte.
Und noch einmal heißt es:
180
نَ وۡ رُ ُعشۡ َ ی اَلمۡ ُہوَّ ارً ک
ماَنرۡ کم
وَّ ارً ک
ماوۡ رُ کمو
Die Ungläubigen schmiedeten einen Plan, um den Islam auszulö- schen, auch Wir schmiedeten einen Plan. Das heißt, Wir ließen zu, ihre Pläne auszuführen, bis sie eine Stufe der Missetaten erreichten, die, gemäß der Praxis Allahs, Seine Züchtigung hervorrief...
Alle diese Verse zeigen, dass die göttliche Strafe in dieser Welt nur erteilt wird, wenn man im Unheilstiften, falschem Handeln, Hochmut, Stolz und in der Übertreibung die äußersten Grenzen überschreitet. Es geschieht nicht, dass einem Ungläubigen, der äußerst furchtsam ist, der Blitzschlag der göttlichen Strafe trifft, oder dass ein Polytheist, der aufgrund seiner Furcht zu Tode erschreckt ist, gesteinigt würde. Gott, der Allmächtige, ist im höchsten Maße gnädig und mitleidig. Er ergreift in dieser Welt nur jene mit Strafe, die die Ursache für eine
179 Ar-Raʿd, 13:33. (Anm. d. Ü.)
180 An-Naml, 27:51. (Anm. d. Ü.)
solche Strafe mit ihren eigenen Händen liefern.
(Anwāru l-islām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 9, S. 14-16, Fußnote 1)
Gott, der Allmächtige, befasst Sich mit den Missetätern auf zwei- fache Weise.
Erstens gibt es jene Missetäter, die die Grenzen nicht überschreiten und die, obwohl sie aufgrund ihrer äußersten Engstirnigkeit an ihrer Bemühung festhalten, ihre Verfolgung jedoch nicht bis zur äußersten Grenze führen. Diese werden im Jenseits bestraft. Gott, der Allwissen- de, ergreift sie deswegen nicht in dieser Welt, weil ihre Einstellung nicht von ernsthafter Feindseligkeit ist. Der für die Bestrafung der Sünden festgelegte Tag ist der Tag des Jüngsten Gerichts.
Zweitens gibt es jene Sünder, die in ihrem falschen Handeln und in ihrer Verfolgung und ihrem Verlangen, den Gesandten Gottes und die Rechtschaffenen wie wilde Tiere zu zerreißen und vollkommen zu beseitigen und wie ein flammendes Feuer zu verzehren, die Gren- zen überschreiten. Bezüglich solcher Sünder, die ihren Zorn bis zur äußersten Grenze führen, ist es die Gepflogenheit Allahs, dass Sein Zorn gegen sie geweckt wird und sie zuzüglich zu ihrer Züchtigung im Jenseits auch in dieser Welt bestraft werden. Im Sprachgebrauch des Heiligen Qur‘ans werden sie als maġḍūbi ʿalaihim181 bezeichnet.
(Tuḥfa Golarvia, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 17, S. 213-214)
Man sollte bedenken, dass es insofern für die Erlösung vom Leid nicht erforderlich ist, dass die Menschen Muslime werden, als der Tag des Jüngsten Gerichts dafür bestimmt ist, die Menschen für ihre reli- giösen Irrtümer zur Rechenschaft zu ziehen. Es ist jedoch erforderlich,
181 Die Missfallen erregt haben. (Anm. d. Ü.)
dass Menschen sich von jederart von Fehlverhalten fernhalten und weder die heiligen Propheten Gottes schmähen noch die Armen un- terdrücken; sie sollten großzügig für wohltätige Zwecke spenden und Gott nichts, weder Stein noch Feuer noch Mensch noch Wasser noch Sonne noch Mond, beigesellen; und sie sollten die Wege des Hoch- muts und Unrechts verwerfen.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 404)
Muslime sollten bedenken, dass, obwohl das Ende eines Menschen gemäß dem Wissen Gottes im Unglauben sein wird, es dennoch stets Seine Praxis gewesen ist, die Strafe eines Solchen infolge seines de- mütigen und furchtvollen Flehens aufzuschieben. Darum glauben die Ahl-i sunna, dass eine göttliche Strafandrohung einer etwaigen Verän- derung unterworfen ist, das göttliches Versprechen von Segnungen jedoch nicht; so wie zum Beispiel die Bestrafung von Jona Volk in- folge ihrer demütigen Unterwerfung erlassen wurde, obwohl sie für eine bestimmte Zeit festgesetzt war. Die Bibel und der Heilige Qur‘an stimmen darin überein, dass die Züchtigung Pharaos, obgleich der Allmächtige wusste, dass er als Ungläubiger sterben würde, aufgrund seines Versprechens, dass er glauben würde, wiederholt aufgescho- ben wurde. Darum wird gefragt, was das Geheimnis ist hinter der Tat- sache, dass Gottes Plan zu strafen in gewissen Fällen variiert, obgleich eine solche Abweichung unvereinbar scheint mit Gottes Warnung?
Die Antwort ist, dass die Bestrafung kein integraler Bestandteil des göttlichen Willens ist. Seine vier wesentlichen Attribute sind allesamt Ausdruck Seiner Gunst und Wohltätigkeit. Es sind die vier Namen, die in den ersten drei Versen der Sura al-Fātiḥa erwähnt werden, und zwar rabbu l-ʿālamīn, raḥmān, raḥīm und mālik-i-yaumi d-dīn, das heißt, Meister des Gerichtstages.
Alle diese vier Attribute bringen Allahs Wille zum Ausdruck, der
Menschheit nichts als Wohltaten zu gewähren. Das heißt, Er erschafft und ernährt, was rabūbiyyat bedeutet; ohne irgendeine Handlung sei- tens des Menschen aus Seiner reinen Gnade heraus zu versorgen ist die raḥmāniyyat; als Gegenleistung für Rechtschaffenheit, Gottesfurcht und den Glauben an Ihn für die Sicherheit des Menschen vor Leid und Not zu sorgen ist die raḥīmiyyat; und infolge von rechtschaffe- nen Handlungen, wie Anbetung, Fasten, ṣalāt, Mitgefühl mit Mitmen- schen, Almosengeben und Opfer usw. gewährt Er Seinen Dienern den Aufenthaltsort ewiger Freude, Behagen und Wohlergehens, was die Belohnung des Meisters des Gerichtstages ist. Keines dieser vier At- tribute enthält einen Plan, der dem Menschen schaden würde; sie sind alle für sein Gutes bestimmt. Falls einer sich aber durch sein falsches und verschwenderisches Verhalten außerhalb des Wirkens dieser At- tribute begibt, beginnen sie, zu seinem Schaden zu wirken. Zum Bei- spiel nimmt die rabūbiyyat die Form von Zerstörung und Vernichtung an, und die raḥmāniyyat wird inform von Zorn und Ärger kundgetan, und die raḥīmiyyat wird in der Form von Rache und Härte kundgetan, und der Plan von guter Vergeltung nimmt die erschreckende Form von Strafe und Pein an.
Diese Veränderung in den göttlichen Attributen wird durch eine
Veränderung im Zustand des Menschen selbst hervorgerufen. Somit sind Strafe und Warnung vor Bestrafung insofern nicht in den we- sentlichen Attributen Gottes enthalten, als Gottes Strafandrohung solange nicht absolut ist, bis die gewarnte Person am Leben ist und die Fähigkeit hat, eine Veränderung in sich selbst herbeizuführen. Da- rum gibt es bei einer Änderung hinsichtlich der verheißenen Bestra- fung keinen Bruch in der Verheißung. Jede Warnung vor Züchtigung ist – obwohl eine Bedingung nicht ausdrücklich erwähnt sein mag –, bedingt, außer wenn die Warnung in absoluter Form zum Ausdruck kommt, wodurch sie zu einem absoluten Entschluss wird und keiner
Veränderung ausgesetzt ist. Dies ist ein großartiges und geschätztes, sich auf das Verstehen göttlicher Attribute beziehendes Prinzip, das der Sura Fatiha innewohnt.
(Anǧām-e ātham, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 11, S. 7-10 Fußnote)
Es ist bemerkenswert, dass die Mekkaner den Heiligen Propheten- SAW nicht nur abgelehnt hatten. Bloße Ablehnung zieht keine Strafe in diesem Leben nach sich. Wenn ein Ungläubiger jedoch die Grenzen der Menschlichkeit und des guten Verhaltens überschreitet und auf Schamlosigkeit und Beschimpfung zurückgreift und allerart Verfol- gung plant und sie bis zum Äußersten führt, wird die Eifersucht von Gott, dem Allmächtigen, geweckt, und so, wie Er das Volk Noahs und das Volk von Lot vernichtete, vernichtet Er den Missetäter aus Ach- tung vor Seinem Gesandten. Solche Züchtigung wird nur aufgrund der Verfolgung und der Grausamkeiten erteilt, denen Gottes Gesand- te und deren Anhänger ausgesetzt werden. Bloße Ablehnung wird in diesem Leben nicht bestraft. Für eine solche Strafe hat Gott eine andere Welt vorgesehen. Züchtigung in diesem Leben folgt auf eine Ablehnung, die von Spott, Scherzen und Verfolgung begleitet wird.
Wenn jemand sich darauf beschränkt, dass er nicht dazu in der Lage ist, zu akzeptieren, weil er die Sache noch nicht völlig verstan- den hat, dann zieht eine derartige Leugnung keine Strafe nach sich, weil es die Folge von Naivität und einem Mangel an Verständnis ist. Ich bestätige wahrhaft, dass, wenn der Einwand des Volkes von Noah auf anständige Weise vorgebracht worden wäre, Gott, der Allmäch- tige, jenes nicht ergriffen hätte. Menschen werden aufgrund ihres schlechten Verhaltens bestraft. Gott, der Allmächtige, hat angeordnet, dass jene Feinde, die kommen würden, um den Heiligen Qur‘an zu hören, nach dem Hören an ihren Ort der Sicherheit zurückgebracht
werden sollten. Es gibt im Islam keinen Zwang, so wie es heißt:
182
نِ ۡیدّ لاف
ہارَ ک
اِ ۤاَل
Wenn jemand aber auf Mord oder Verschwörung zum Mord zu- rückgreift oder mit Verfolgung und Unrecht beginnt, so ist er be- stimmt, bestraft zu werden.
(Malfūẓāt, vol. III, S. 162-163)
Der Heilige Qur‘an hat wiederholt verkündet, dass Gott, der All- mächtige, jemanden, der eine Lüge wider Allah fabriziert, nicht verschont. Einen Solchen bestraft und vernichtet Er schon in diesem Leben; so wie es heißt:
183 یرٰ َتۡفانِ م
باخ
دۡ َق
Wer eine Lüge ersinnt, der wird zuschanden werden. An einer anderen Stelle heißt es:
184
هٖ تِ یٰ اٰ ِبب
ذَّ کَ وۡ َااًبذِ کَ هِ ّللایَلعَ یرٰ َتۡفانِ َّممِ مُ َلظۡ َانمو
Und wer ist ungerechter als der, der eine Lüge ersinnt wider Allah oder Seine Zeichen der Lüge zeiht?
Somit ist klar, dass jene, die anlässlich des Erscheinens von Gottes Propheten dem Worte Gottes eine Lüge andichten, von Gott nicht ver-
182 „Es soll kein Zwang sein im Glauben.“ (Al-Baqara, 2:257; Anm. d. Ü.)
183 Ṭā-hā, 20: 62. (Anm. d. Ü.)
184 Al-Anʿām, 6:22. (Anm. d. Ü.)
schont und durch verschiedene Arten von Qualen vernichtet wurden. Bedenkt, wie das Ende von Noahs Volk war und das von Âd und das von Thamûd und das von Lot und das von Pharao und das der mek- kanischen Feinde des Heiligen ProphetenSAW.
Wenn also jene, die die Wahrheit ablehnten, in dieser Welt bestraft wurden, wie kann dann derjenige entkommen, der eine Lüge wider Allah erfindet und in dem zuvor zitierten Vers an erster Stelle er- wähnt wird. Würde Gott die Rechtschaffenen und die Falschen gleich behandeln und gibt es für Hochstapler in diesem Leben keine Strafe des Allmächtigen?
185
نَ وۡ مُ ک
حۡ تَ فَ یۡ کَ ٝمۡ ک
َل ام
An anderer Stelle hat Gott, der Allmächtige, gesagt:
186 اَل هَ ّللانَّ اِ ؕمۡ ُکدُ عِ َی ی
ذِ َّلاضُ َ عۡ َب مۡ کبۡ صِ ُّیاقً داصک
َّینۡ اِ وَ ۚهٗ ُبذِ کَ ه
یۡ َلعَ َفاًبذاَک ک
َّینۡ ا
باذّ کَ فرِ سۡ م
وَ ھنم
یدِ ہۡ َی
Wenn dieser Prophet ein Hochstapler ist, so wird er ob seines Be- trugs untergehen, doch wenn er wahrhaftig ist, dann ist es notwendig, dass auch ihr die Strafe kostet. Dies, weil die Übertreter keine Hilfe von Allah erhalten werden, ob sie sich nun des Betrugs schuldig ma- chen oder der Ablehnung.
Was könnte deutlicher sein, als die Tatsache, dass im Heiligen Qur‘an Gott, der Allmächtige, immer wieder davor warnt, dass ein Hochstapler schon in dieser Welt dem Untergang geweiht ist.
(Arbaʿīn, Nr. 4, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 17, S. 433-434)
185 „Was ist mit euch? Wie urteilt ihr!“ (Al-Qalam, 68:37; Anm. d. Ü.)
186 Al-Muʾmin, 40:29. (Anm. d. Ü.)
Die Maulavis, die uns feind sind, wissen sehr wohl, dass Gott, der Allmächtige, im Heiligen Qur‘an so sehr Seinen Abscheu gegen ei- nen, der Lügen wider Gott erfindet, zum Ausdruck gebracht hat, dass Er in Bezug auf den Heiligen ProphetenSAW gesagt hat, dass Er seine Halsschlagader getrennt hätte, wenn er eine Lüge wider Ihn erfunden hätte.187
Kurzum, als Hochstapler zu behaupten, dass man der Empfänger von Offenbarung sei, ist eine so abscheuliche Sünde, dass sie nicht nur die Strafe der Hölle nach sich zieht, sondern gemäß dem endgül- tigen Urteil des Heiligen Qur‘an auch in diesem Leben schnell bestraft wird. Der mächtige und eifersüchtige Gott lässt einen Betrüger nie in Ruhe. Seine Eifersucht zerstampft und vernichtet ihn alsbald.
Hätten die Herzen dieser Maulavis auch nur die geringste Färbung von Rechtschaffenheit besessen und auch nur die geringste Bekannt- schaft mit der Praxis und Gepflogenheit Gottes gemacht, so hätten sie gewusst, dass es seit Anbeginn der Welt kein einziges Beispiel gege- ben hat, dass ein Hochstapler mit seinem Betrug über einen so gro- ßen Zeitraum hinweg fortfuhr, ihn tagtäglich weiterführte, er jedoch, statt bestraft zu werden, von Gott, dem Allmächtigen, mit zunehmen- der Ehre unter den Menschen gesegnet wurde; mit stets zunehmen- der Annahme durch die Menschen, und dies mit seiner Zunge, die als Quelle der Wahrheit und Einsicht dient. Es ist schade, dass diese heuchlerischen Maulavīs die Gebote und Warnungen Gottes, des All- mächtigen, nicht ehren. Können sie ein einziges Beispiel von einem bösartigen Lügner aus dem Heiligen Qur‘an oder aus den Ahadith anführen, der fortfährt, Lügen wider Gott zu erfinden und der sich als ein von Gott sehr Geliebter ausgibt, ja, der seine satanischen Abfas- sungen absichtlich als göttliche Offenbarung darstellt und verkündet, dass es das Göttliche Geheiß sei, dass Menschen ihm folgen sollten;
187 Referiert wird auf Al-Ḥāqqa, 69:45-47. (Anm. d. Ü.)
und der fälschlich behauptet, dass Gott ihm offenbart hätte, dass er der Führer für die Gläubigen dieses Zeitalters sei, und der fälschlich behauptet, dass Gott ihm gesagt habe, dass Er ihn zum Verheißenen Messias ernannt hätte, der gesandt wurde, um das Kreuz zu brechen; und der behauptet, dass Gott ihm gesagt hätte, dass sein Rang bei Gott der Einheit Gottes gliche, und dass die Menschen sich seiner en- gen Beziehung zu Ihm nicht bewusst seien; während Gott die ganze Zeit weiß, dass er ein Betrüger ist und ihn verflucht und ihn zu den Abgelehnten und den Gedemütigten zählt? Ist es also die Praxis Got- tes, des Allmächtigen, einem derart lügenden und kühnen Betrüger einen sich über mehr als 20 Jahre erstreckenden Aufschub zu gewäh- ren?
Wer kann sich mit der Tatsache versöhnen, dass der Heilige, des- sen Flamme des Zorns die Betrüger stets wie ein Blitzschlag vernichtet hat, einem Falschen über eine so lange Zeitspanne hinweg Aufschub gewähren sollte, desgleichen es in der ganzen Welt kein Beispiel gege- ben hat? Gott, der Glorreiche, hat gesagt:
188 اًبذِ کَ هِ ّللایَلعَ یرٰ َتۡفانِ َّممِ مُ َلظۡ َانمو
Und wer ist ungerechter als der, der eine Lüge ersinnt wider Al- lah? Zweifellos steht ein Betrüger unter dem Fluch Gottes und wird rasch vernichtet.
Für einen Rechtschaffenen ist es Zeugnis genug, dass Gott mich nicht wie einen Betrüger vernichtet und meinem Körper und meiner Seele zahllose Begünstigungen gewährt hat. Ich war jung als ich den Anspruch erhob, ein Empfänger göttlicher Offenbarungen zu sein, und jetzt bin ich alt, und mehr als 20 Jahre sind vergangen, seit ich meinen Anspruch erhob. Viele meiner Freunde und Lieben, die jün-
188 Al-Anʿām, 6:22. (Anm. d. Ü.)
ger waren als ich, sind gestorben, aber Er hat mir ein langes Leben gewährt und ist in jeder schwierigen Situation mein Helfer gewesen. Sind dies die Insignien jener, die Lügen wider Gott erfinden?
(Anǧām-e ātham, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 11, S. 49-51)
Seit jeher ist es das Gesetz Gottes, dass Er falschen Propheten kei- nen Aufschub gewährt. Solch eine Person wird schnell zur Rechen- schaft gezogen und erhält ihre Strafe. Gemäß diesem Prinzip sollten wir all jenen Respekt entgegenbringen und als Wahrhaftige anerken- nen, die in der Vergangenheit den Anspruch erhoben haben, Prophe- ten zu sein, deren Anspruch sich dann fest verwurzelte, deren Re- ligion sich in der Welt verbreitete, an Kraft zunahm und die Zeiten überdauerte. Wenn wir in ihren religiösen Büchern Fehler finden oder beobachten, dass ihre Anhänger in Untaten verwickelt sind, so sollten wir nicht die Gründer der Religionen dafür verantwortlich machen. Denn es ist möglich, dass die Bücher verändert wurden. Und es ist möglich, dass Denkfehler sich in die Exegesen eingeschlichen haben. Aber es ist nicht möglich, dass jemand Gott offenkundig Erdichtung zuschreibt und behauptet, ein Prophet zu sein und seine eigenen Wor- te als Gottes Worte präsentiert, – obwohl er kein Prophet ist noch sein Wort das Wort Gottes – und dennoch Gott ihn wie einen Wahrhaftigen gewähren lässt und ihm wie den Wahrhaftigen Akzeptanz verleiht.
(Tuḥfa-e qaiṣariyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 12, S. 258)
Ist einem Betrüger für die Verbreitung seiner Lügen je Aufschub gewährt worden, wie Gott, der Allmächtige, ihn den wahren Empfän- gern Seiner Offenbarung gewährt? Hat Gott nicht bestätigt, dass jene, die Lügner sind und fälschlicherweise beanspruchen, Offenbarungen zu empfangen, ergriffen würden? Die Thora bestätigt, dass ein fal-
scher Prophet getötet werden soll, und das Evangelium legt nieder, dass ein Lügner bald vergehen würde und seine Anhänger versanden würden. Gibt es ein einziges Beispiel von einem, der fälschlicherwei- se beanspruchte, Offenbarungen zu empfangen, Aufschub über einen großen Zeitraum hinweg gewährt worden ist, wie mir seit der Veröf- fentlichung meines Anspruchs, ein Empfänger von Offenbarung zu sein? Wenn es ein solches Beispiel gibt, so möge es dargebracht wer- den. Ich behaupte nachdrücklich, dass es seit Anbeginn der Welt kein einziges derartiges Beispiel gegeben hat. Gibt es irgendeinen, der Gott, den Allmächtigen, fürchtet und einen Vorteil aus dieser festen und endgültigen Beweisführung gewinnen mag? Ich behaupte nicht, dass einem Götzendiener oder Atheisten oder einem, der Göttlichkeit beansprucht, kein langes Leben gewährt wird, weil diese Irrtümer und eine derartige Irreführung im Jenseits bestraft werden. Aber ich bestätige, dass derjenige, der sich fälschlich als ein Empfänger von göttlicher Offenbarung ausgibt, rasch ergriffen wird, und dass sein Leben vorzeitig beendet wird. Die Thora, das Evangelium und der Heilige Qur‘an, und genauso die Vernunft, bezeugen dies. Kein Geg- ner kann ein einziges gegenteiliges Beispiel aus der Geschichte anfüh- ren.
(Ayyāmu ṣ-ṣulḥ, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 14, S. 267-268)
Die Arya glauben, dass Parameshvara Seelen nicht erschaffen hat und dass alle Seelen ewig und unerschaffen sind. Sie meinen auch, dass der Mensch keine ewige Erlösung erlangen kann, dass er, nach- dem er eine gewisse Zeit im Haus der Erlösung untergebracht wur- de, daraus verstoßen und wieder auf die Erde zurückgebracht wird. Diese beiden Lehren stehen im Widerspruch zueinander. Die erste verneint die Einheit Gottes, des Allmächtigen, ja, in der Tat sogar Sei- ne gesamte Göttlichkeit. Die zweite Lehre lastet mit unangemessener Härte auf einem aufrichtigen Diener Gottes.
Wenn alle Seelen und alle Teilchen der Materie als ewig und uner- schaffen angesehen würden, so würde ein solcher Gedanke viele Übel erzeugen. In einem solchen Fall wäre zum Beispiel sogar die Existenz Gottes zweifelhaft. Wenn alle Seelen und Teilchen selbstexistierend sind, so bestünde nur zu dem Zweck, sie zu vereinigen, nicht die Notwendigkeit eines Schöpfers. Ein Atheist kann einwenden, war- um, wenn alles selbstexistierend und unerschaffen sei, für den bloßen Zweck, sie zu vereinigen, die Notwendigkeit eines Parameshvara be- steht.
Ein weiteres Übel, das von einer solchen Lehre hervorgerufen würde, würde sein, dass sie Gott Seiner wahren Göttlichkeit berauben würde. Jene, die Kenntnis besitzen von Psychologie und den Eigen- schaften der Seele, verstehen wohl, dass die wunderbaren Eigenschaf-
ten, mit denen die Seelen ausgestattet sind, nicht nur durch ihre Verei- nigung mit den Teilchen der Materie erschaffen wurden. Zum Beispiel besitzen Seelen eine Fähigkeit, wodurch sie, durch das rechte Streben, Wissen von verborgenen Dingen erlangen können; und genauso be- sitzen sie auch die Fähigkeit zur Vernunft, durch deren Ausübung sie Wissen von intellektuellen Dingen erwerben können; und sie besitzen auch die Fähigkeit der Liebe, aufgrund der sie sich Gott zuneigen. Wenn alle diese Fähigkeiten als ohne einen Schöpfer existierend er- achtet würden, würde dies eine ernste Beleidigung Parameshvaras bedeuten, da es bedeuten würde, dass Große und Hochgestellte selbst existierend sind und die Niedrigen und Unterlegenen der Erschaf- fung durch Parameshvara überlassen wurden. Man würde bestätigen müssen, dass die selbstexistierenden wunderbaren Fähigkeiten und Eigenschaften der Seele den Werken Parameshvaras weit überlegen sind, so sehr, dass Parameshvara selbst erstaunt darüber ist. Somit würde diese Lehre die Göttlichkeit des Gottes der Arya ernsthaft be- schädigen, so dass seine Existenz keinen Unterschied machen und kein Argument für die Aufrechterhaltung seiner Existenz vorhanden sein würde. Außerdem würde er aufhören, die Quelle aller Barmher- zigkeit zu sein. Seine Funktion wäre eine äußerst beschränkte und im Hinblick auf alle erhabenen, wunderbaren Werke der Seelen würde man bestätigen müssen, dass sie selbstexistierend sind.
Jede vernünftige Person würde erkennen, dass, wenn es wirklich
so wäre, Parameshvara, selbst wenn seine Existenz bestätigt wird, ein schwaches und nutzloses Wesen wäre, dessen Existenz oder Nichte- xistenz keinen Unterschied machte, und zwar soweit, dass selbst, wenn wir davon ausgingen, dass er stürbe, die Seelen keinerlei Be- einträchtigung erführen. Noch würde irgendeine Seele ihm huldigen müssen, da jede Seele erwidern könnte: Aufgrund welchen Rechtes kannst du, da du mich weder erschaffen hast noch du es bist, der mich mit meinen Fähigkeiten und Kräften und Vermögen ausgestattet hat,
verlangen, dass ich dich anbeten soll? Außerdem, da Parameshvara nicht der Erschaffer der Seelen ist, kann er sie nicht verstehen, und somit würde es einen Schleier zwischen Parameshvara und den See- len geben, und Parameshvara hätte kein absolutes Wissen und keine absolute Macht über das Unsichtbare, und da er keine absolute Macht hätte, würde seine Göttlichkeit umstürzen und er aufhören, zu exis- tieren.
Es ist offensichtlich, dass die absolute und vollkommene Kenntnis über ein Ding die Macht verleiht, jenes Ding zu erschaffen. Darum haben die Philosophen auch gesagt, dass das vollkommene Wissen zu einer vollkommenen Handlung führt. Also entsteht natürlich die Frage, hat Parameshvara volles Wissen von der Beschaffenheit und den Fähigkeiten der Seelen? Wenn er vollständiges und vollkomme- nes Wissen von all dem hat, wieso kommt es, dass es ihm trotz solchen Wissens nicht möglich ist, ähnliche Seelen zu erschaffen. Dies würde bedeuten, dass Parameshvara nicht nur keine Macht hat, Seelen zu erschaffen, sondern auch, dass er kein vollkommenes Wissen von ih- nen hat.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 139-141)
Die Vedas der Aryas legen ein Konzept von Gott dar, das einen Wahrheitssucher abschrecken muss. Die Aryas erachten ihren Pa- rameshvara nicht als die Quelle seines eigenen Königreiches, son- dern denken sich, dass ihm sein Königreich durch Zufall, oder weil er Glück hatte, gegeben worden ist; das heißt, er hatte Glück, eine
Anzahl von Seelen und Teilchen zu finden und erstellte aus ihnen eine Welt. Es ist möglich, dass ein weiterer Vorrat an Seelen und Teilchen irgendwo verborgen ist, von dem Parameshvara noch nichts weiß. Ist dies eine Lehre, die mit der Majestät, Macht und Erhabenheit Allahs vereinbar ist?
Gott, der Allmächtige, ist das vollkommene Wesen, Das die Quelle aller Barmherzigkeit und der Urquell allen Lichtes und der Erhalter aller Dinge ist und Der alle Vortrefflichkeiten und alle guten Eigen- schaften umfasst und Der vollkommen frei von allen Schwächen und Mängel und der Abhängigkeit von etwas anderem ist. Ein Nachden- ken darüber würde zeigen, dass durch das Vertreten der Ansicht, dass Seelen und Körper unerschaffen und selbstexistierend sind, alle vollkommenen göttlichen Attribute obsolet wären und nichts von der Göttlichkeit überleben würde.
Eine Person von durchschnittlicher Intelligenz kann verstehen, dass die Einheit Gottes, des Allmächtigen, bedeutet, dass Seine Exis- tenz allein die Wirklichkeit ist, und dass alles andere von Ihm her- stammt und nur durch Ihn besteht und seine Vollkommenheit nur durch Seine Gnade erreicht. Aber leider lehrt die Theologie der Arya das Gegenteil. Ihre Bücher sind angefüllt mit ihren falschen Ansprü- chen, dass auch sie, wie Parameshvara, ewig und unerschaffen sind, eine Ähnlichkeit mit ihm haben und ihre eigenen Götter sind. Sie den- ken nicht darüber nach, wie sie, wenn sie ewig und selbstexistierend und selbsterschaffen sind, also Gott in dieser Hinsicht ähneln, sich dann darauf verständigten, sich ihm zu unterwerfen, ja, wer inter- venierte, um diese Beziehung zwischen ihnen zustandezubringen?...
Selbst ein Knabe kann verstehen, dass, wenn Seelen und Körper ewig und selbstexistierend und ihre eigenen Götter sind, Parames- hvara nicht beanspruchen kann, dass er ihr Herr und Schöpfer sei. Wenn sie nicht durch die Hand von Parameshvara ins Dasein gekom- men sind, wie kann er ihr Herr und Meister sein? Wenn zum Beispiel
ein fertiges Kind vom Himmel herabfallen oder automatisch aus der Erde geboren würde, dann hätte keine Frau das Recht, es als ihr Kind zu beanspruchen. Ihr Kind kann nur dasjenige sein, das aus ihrem Schoß geboren wird. Somit gehört nur derjenige Gott, der durch Ihn ins Dasein gebracht wird, und derjenige, der nicht auf jene Art und Weise ins Dasein kommt, kann Ihm auf keinen Fall gehören. Keine rechtschaffene und anständige Person ergreift Besitz von dem, was ihr nicht gehört, wie also ergriff der Parameshvara der Arya Besitz von dem, worauf er kein Recht hatte? Wie abscheulich und unverein- bar mit der Wahrheit ist die Lehre, die dem Herrn und Meister Seine Schöpfung entzieht und Ihn der wahren Realität der Göttlichkeit be- raubt.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 144-146)
Einige Arya Samaj versuchen die Idee der nicht erschaffenen Seelen und ihrer eigenen Götter mit dem Argument zu stützen, dass, wenn Seelen einst nicht existiert hätten und durch die Erschaffung von Gott, dem Allmächtigen, ins Dasein kamen, dies die Erschaffung aus dem Nichts bedeuten würde, und dass die Erschaffung aus dem Nichts ein derart unfassbares Phänomen sei, dass keine vernünftige Person es akzeptieren kann. Ich würde darauf hinweisen, dass Menschen, die an einer defizitären und entstellten Vernunft leiden, nicht einmal an Gott, den Allmächtigen, Selbst glauben, eine Person indes, die eine gesunde Vernunft besitzt und an Gott glaubt, an alle Seine Attribute glauben muss, welche die Grundlage Seiner Göttlichkeit darstellen. Derjenige, der an die wesentlichen Attribute Gottes, des Allmächti- gen, glaubt, dass Er also allmächtig ist, und dass Seine Macht keine Grenzen kennt, wird nicht wagen, Seine Macht an seiner eigenen de- fizitären Vernunft zu messen und wird der Macht des unendlichen
Gottes keine Grenzen setzen. Außerdem, wenn eine weise Person er- kennt, dass Gott, der Allmächtige, in Seinem Wesen die größten Wun- der umfasst und über jede Vorstellungskraft hinaus erhaben ist, ohne Augen sieht, ohne Ohren hört, ohne Zunge spricht, und Himmel und Erde ohne die Beihilfe von Erbauern, Arbeitern, Tischlern, Mitteln der Architektur und Vorräten an Ziegelsteinen und Steinen usw. in einem Augenblick durch Seine bloße Absicht und Sein Geheiß erschaffen kann, so würde er nicht zögern, zu glauben, dass ein derart allmäch- tiger Gott aus dem Nichts erschaffen kann. Das bedeutet Göttlichkeit und darum wird Er als allmächtig, allgewaltig und als der Meister unbegrenzter Fähigkeiten bezeichnet.
Wären Seine Werke, wie die Werke des Menschen, von Mitteln und Hilfsquellen und Zeit abhängig, was wäre dann Seine Göttlich- keit und wie funktionierte sie? Befinden sich nicht alle Seine Werke außerhalb des Fassungsvermögen der Vernunft? Sind Seine Wunder nicht derartig, dass die menschliche Vernunft ihnen nicht gerecht wer- den kann? Welcher Art Dummheit ist es also, Einwände gegen das zu erheben, was die Grundlage und Realität Seiner Göttlichkeit ist...
Welcher Art Parameshvara wäre er, wenn er dem, was er entwor- fen hat, befiehlt: „Sei“, und nichts würde geschehen. Gott ist der Name jenes Besitzers von wunderbaren Kräften, Dessen Plan alles zustande- bringt. Wenn Er dem, was Er entwirft, befiehlt: „Sei“, dann kommt es durch Seine vollkommene Macht sofort ins Dasein. Es ist ein äußerst feines Geheimnis, dass die ganze Schöpfung das Wort Gottes ist. Als die Christen aufgrund ihrer Dummheit zu behaupten begannen, dass Jesus ein Wort Gottes war, dass also seine Seele ein göttliches Wort war, das die Form seiner Seele angenommen hatte, bestätigte Gott, der Allmächtige, die Wahrheit, dass es keine Seele gibt, die nicht das Wort Gottes ist und die nicht durch den bloßen Befehl Gottes ins Dasein gekommen ist. Dies wird angezeigt durch:
189
بیِّ رَ رِ مۡ َا ن
محوۡ رّ لالِ ُق
Dass das Wort Gottes in Form von Seelen und anderer Schöpfung manifest wurde, ist ein feines göttliches Geheimnis, das die mensch- liche Vernunft nicht durchdringen kann. Es ist durch das göttliche Licht von Gottes Heiligem Wort offenbart worden. Wenn nicht ge- glaubt wird, dass Gott, der Allmächtige, Seelen und Körper durch Sein Wort und Geheiß manifestiert, so müsste bestätigt werden, dass Parameshvara nichts tun kann, solange in Seelen und Körper nicht von außen eingegriffen werden kann. Aber kann Parameshvara ein derart zugrundegerichtetes Wesen ohne Handhabe sein, dessen ge- samte Göttlichkeit von einem zufälligen Geschehen abhängt? Wenn Parameshvara so ist, dann ist alle Hoffnung vergebens und es wäre eine Risiko, sich auf ihn zu verlassen.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 163-165)
Der Heilige Qur‘an bestätigt, dass Seelen nicht selbstexistierend und unerschaffen sind. Sie werden durch eine besondere Beziehung zwischen zwei Spermatropfen, und im Fall der kleineren Insekten durch nur eine Art Materie, erschaffen. Dies ist die Wahrheit, die durch Beobachtung bestätigt wird und keinen Widerspruch duldet. Es ist Torheit, erkennbare Realitäten zu leugnen. Wenn wir sagen, dass die Seele aus dem Nichts ins Dasein kommt, bedeutet das nicht, dass sie, bevor sie ins Dasein kam, nichts war. Es bedeutet, dass es keine vorher existierende Materie gab, aus der der Mensch die Seele durch seine eigene Kraft herausziehen konnte, und dass allein die göttliche Macht und Weisheit die Seele aus einer Materie herstellt. Aus diesem Grund wurde dem Heiligen ProphetenSAW, als er gefragt wurde, was
189 „Sprich: Die Seele entsteht auf den Befehl meines Herrn.“ (Banī isrāʾīl,17:86; Anm. d. Ü.)
die Seele sei, von Gott anbefohlen, zu erwidern, dass die Seele auf Geheiß Gottes erschaffen wurde. Der Vers des Heiligen Qur‘an, der darauf verweist, ist:
190 اًلیۡ ِلَق اَّلاِ مِ ۡلعِ ۡلان
مّ مۡ ُتیۡ ِتوۡ ُاۤام
وَ یۡ ِّبرَ رِ مۡ َا ن
محوۡ رّ لالِ ُقؕحِ وۡ رّ لانِ ع
کَنوۡ لُ َٔـسۡ َ ی
Das heißt, sie erkundigen sich bei dir, was die Seele ist und wie sie erschaffen wurde. Sag ihnen: Die Seele wurde auf Geheiß meines Gottes erschaffen. Das heißt, die Erschaffung der Seele ist ein Geheim- nis der Schöpfung, von dem euch geringes Wissen gewährt wurde, bedeutend, dass sich euer Wissen nur auf die Geburt der Seele be- schränkt; wie wir sehen, dass Insekten usw. vor unseren Augen aus bestimmter Materie ins Dasein kommen.
Die Geburt der menschlichen Seele findet gemäß einem göttlichen Gesetz statt, wobei aus der Vereinigung von zwei Samenflüssigkeiten nach und nach ein Gebilde vorbereitet wird. Dann wird, so wie bei der Vermischung gewisser Medikamente eine bestimmte Beschaffenheit der Zusammensetzung erzeugt wird, welche die einzelnen Elemente nicht besaßen, in dem aus Blut und Spermatropfen entstandenen Ge- bilde eine besondere Eigenschaft erzeugt, die die Farbe einer Art von Phosphor annimmt. Und wenn die Brise der göttlichen Manifestation unter dem Befehl: „Sei“ darüber hinwegweht, flammt es plötzlich auf und verbreitet seine Wirkung über alle Teile des Gebildes. Dadurch wird der Embryo belebt. Genau das, was durch die göttliche Manifes- tation im Embryo aufflammt, ist die Seele, und dasselbe ist das Wort Gottes. Dieser Prozess wird als Geheiß Gottes beschrieben, weil die Fähigkeit der schwangeren Mutter, die alle Glieder des Embryos auf Geheiß Gottes erschafft und dessen Gebilde wie das Netz einer Spin-
190 Banī Isrāʾīl, 17:86. (Anm. d. Ü.)
ne webt, keine Beziehung zu der Seele hat, die durch eine besondere göttliche Manifestation erschaffen wird. Obwohl der Phosphor, aus dem die Seele entsteht, von dem Gebilde erzeugt wird, kann der spi- rituelle Funke, der als Seele bezeichnet wird, nicht ohne die Berüh- rung durch die himmlische Brise geboren werden. Dies ist das wahre Wissen, mit dem uns der Heilige Qur‘an versorgt hat. Es befindet sich jenseits der Reichweite der Vernunft der Philosophen.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 158-160)
Die gesamte Idee der Erlösung gründet auf der persönlichen Lie- be von Gott, dem Allmächtigen, was der Name ist für die im We- sen der menschlichen Seele erzeugte Liebe durch den Allmächtigen. Wenn die Seele nicht die Schöpfung von Parameshvara ist, wie kann sie dann eine natürliche Liebe für ihn empfinden? Wann und wodurch legte Parameshvara seine Liebe mit seiner eigenen Hand in das Wesen der Seele? Aber das ist nicht möglich, denn die natürliche Liebe ist jene Liebe, die dem Wesen der Seele innewohnt und nicht später hin- zugefügt wird. Dies wird im Heiligen Qur‘an angezeigt, wo es heißt:
191 یٰلَباوۡ ُلاَقؕمۡ ک
ِّبرَ ِبت
سۡ َلَا
Ich fragte die menschlichen Seelen: „Bin Ich nicht euer Herr?“ Und sie erwiderten: „Ja, fürwahr.“
Dies bedeutet, dass die menschliche Seele eine ihr innewohnende Bezeugung besitzt, da sie von Ihm erschaffen wurde. Und insofern liebt die Seele auf natürliche Weise ihren Schöpfer, als sie von ihm erschaffen wurde.
191 Al-Aʿrāf, 7:173. (Anm. d. Ü.)
Dies wird auch in einem weiteren Vers angezeigt, wo Allah, der Erhabene, sagt:
192 اہَ یۡ َلعَ سانّ لا رَ طَ َفیۡ تِ َّلا هِ ّللات
رَ طۡ ف
Das heißt, es ist Teil der menschlichen Natur, dass sich die Seele nach Gott sehnt, dem Einen und Einzigen, der keinen Partner hat, und keine Zufriedenheit erlangt, solange sie sich nicht mit Ihm vereinigt. In anderen Worten, Gott hat die menschliche Seele mit der Sehnsucht ausgestattet, dass sie außer in ihrem Zusammentreffen mit Gott kei- nen Trost oder Ruhe finden kann. Wenn die menschliche Seele also mit diesem Verlangen versehen ist, dann muss bestätigt werden, dass die Seele Gottes Schöpfung ist, Der sie mit diesem Verlangen versehen hat. Es ist eine Wahrheit, dass die menschliche Seele auf diese Weise ausgestattet ist, was beweist, dass sie tatsächlich Gottes Schöpfung ist.
(Chašma masīḥī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 363-364)
Der Heilige Qur‘an hat zur Unterstützung der Wahrheit, dass See- len die Schöpfung Gottes sind, viele überzeugende Gründe niederge- legt. Wir legen einige von ihnen zur Veranschaulichung kurz nieder:
Es ist offensichtlich, dass alle Seelen jederzeit dem Befehl Got- tes, des Allmächtigen, unterstellt und unterworfen sind und es keinen anderen Grund für eine solche Unterordnung gibt, außer dass sie die Schöpfung Gottes sind.
Es ist auch offensichtlich, dass alle Seelen in ihren Fähigkeiten und Kräften begrenzt sind, so wie es durch die Verschiedenar- tigkeit der spirituellen Zustände und Fähigkeiten der mensch- lichen Gruppen bewiesen wird. Diese Einschränkung muss
192 Ar-Rūm, 30:31. (Anm. d. Ü.)
von einem Begrenzer auferlegt werden, was beweist, dass See- len erschaffen werden.
Es bedarf keines Arguments, um festzustellen, dass alle See- len für ihre Vervollkommnung und ihr Überleben von einem Wesen abhängig sind, und dass sie jenes, das vollkommen, allmächtig, allwissend und ein absoluter Wohltäter ist, benö- tigen. Dies beweist, dass sie erschaffen sind.
Ein Augenblick der Überlegung würde zeigen, dass unsere Seelen alle Weisheit und die schöpferische Gabe, welche in den himmlischen und irdischen Körpern dargebracht werden, in Kurzform enthalten; darum ist das Universum aufgrund sei- ner verschiedenen Elemente als Makrokosmos bekannt und der Mensch wird Mikrokosmos genannt. Wenn das Univer- sum somit aufgrund seiner wunderbaren Eigenschaften als das Werk eines weisen Schöpfers betrachtet wird, wieso sollte dann das nicht die Schöpfung Gottes sein, was aufgrund sei- ner persönlichen Wunder eine Reflexion des gesamten Univer- sums ist und die wunderbaren Eigenschaften aller Einheiten des Universums in sich umfasst und die vollendete Weisheit von Gott, dem Allmächtigen, zur Darstellung bringt?
Das, was eine Manifestation aller Wunder der göttlichen Attribute ist, kann sich nicht außerhalb von Gottes Schöpfung befinden. In der Tat trägt es mehr als irgendetwas anderes das Siegel der Schöpfung und ist ein großer Beweis der Exis- tenz des Schöpfers. Dies ist nicht nur ein theoretischer Beweis dafür, dass die Seele erschaffen ist, sondern eine glänzende Wahrheit. Außerdem, andere Dinge haben kein Bewusstsein ihres Erschaffenseins, Seelen indes sind sich durch ihr bloßes Wesen ihres Erschaffenseins bewusst. Selbst die Seele eines Wilden kann sich nicht damit abfinden, selbstexistierend zu sein. Dies zeigt der Vers an, welcher besagt, dass:
193 یٰلَباوۡ ُلاَقؕمۡ ک
ِّبرَ ِبت
سۡ َلَا
Das heißt, Ich fragte die Seelen: „Bin Ich nicht euer Herr?“ Sie erwiderten: „Fürwahr, ja.“
Dieses Zwiegespräch zeigt die natürliche Beziehung zwi- schen dem Schöpfer und Seiner Schöpfung an, dessen Beweis dem Wesen der Seele innewohnt.
Wie ein Kind einen gewissen Anteil an den Gesichtszügen und dem Charakter seiner Eltern hat, desgleichen haben See- len, die von der Hand Gottes, des Allmächtigen, herstammen, einen gewissen Anteil am Charakter und den Eigenschaften ihres Schöpfers. Obwohl die göttliche Farbe ziemlich verblasst erscheint in Fällen, wo die Dunkelheit und die Unbeküm- mertheit des Erschaffenseins bei einigen Seelen vorherrschen, kann dennoch nicht geleugnet werden, dass jede Seele jene Farbe in gewissem Maße besitzt. In einigen Fällen erscheint jene Farbe, aufgrund von Missbrauch, wenig anziehend, aber das ist nicht die Schuld der Farbe, es liegt am Gebrauch, der von ihr gemacht wird. Keine der Fähigkeiten oder Kräfte des Menschen sind schlecht. Es ist der Missbrauch, der sie schlecht macht. Jede Fähigkeit, von der bei angemessener Gelegenheit Gebrauch gemacht wird, ist gänzlich gut und wohltätig, und alle Fähigkeiten, die dem Menschen verliehen werden, sind in Wirklichkeit eine Widerspiegelung der göttlichen Kräfte. Wie ein Sohn einige Gesichtszüge seines Vaters zur Schau stellt, desgleichen reflektieren unsere Seelen die Merkmale und Ei- genschaften der Göttlichkeit, die von Menschen mit Verständ- nis leicht erkannt werden. Wie ein Sohn eine natürliche Liebe für seinen Vater empfindet, empfinden wir, die wir von Gott
193 Al-Aʿrāf, 7:173. (Anm. d. Ü.)
stammen, eine natürliche Liebe für Ihn. Hätten unsere Seelen nicht eine natürliche Beziehung zu Gott, so hätten jene, die Ihn suchen, keine Mittel, Ihn zu erreichen.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 167-169)
Im Heiligen Qur‘an sagt Gott:
194 یٰلَباوۡ ُلاَقؕمۡ ک
ِّبرَ ِبت
سۡ َلَا
Ich fragte die Seelen: „Bin Ich nicht euer Herr?“ Sie erwiderten:
„Fürwahr, ja.“
Dies bedeutet, dass Seelen von Natur aus die Existenz eines Schöp- fers bestätigen, obgleich einige Menschen, in die Dunkelheit der Un- achtsamkeit und irriger Lehren fallend und dadurch beeinflusst, zu Atheisten oder Arya werden und, ihrem Wesen zuwider handelnd, ihren Schöpfer verleugnen. Es ist offensichtlich, dass jeder seine El- tern liebt – so sehr, dass einige Kinder in Folge des Todes ihrer Mutter den Tod erleiden. Wenn also Seelen nicht Gottes Schöpfung sind, wer hat sie mit der natürlichen Liebe zu Gott versehen und wie kommt es, dass, wenn man volles Bewusstsein erlangt, das Herz zu Gott hinge- zogen und die Brust von der Liebe zu Gott überflutet wird? Es muss eine Beziehung zwischen Gott und den Seelen geben, die dazu führt, dass sie sich wie besessen in Gott verlieben. Sie werden Gott so erge- ben, dass sie bereit sind, um Seinetwillen alles zu opfern. Es ist wahr- lich eine wunderbare Beziehung, die weit über die Beziehung eines Menschen zum Vater und zur Mutter hinausgeht.
Wenn Seelen, wie die Arya mutmaßen, selbstexistierend sind, wie wurde dann diese Beziehung begründet, und wer hat die Seelen mit der Fähigkeit zur Gottesliebe und der Hingabe an Ihn versehen? Dies
194 Al-Aʿrāf, 7:173. (Anm. d. Ü.)
ist überlegenswert und der Schlüssel zu einem wahren Verständnis.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 167)
Da Gott den Menschen zu Sich gerufen hat, hat Er ihn im Voraus mit den passenden Fähigkeiten für die Anbetung und Liebe ausge- stattet. Diese von Gott verliehenen Fähigkeiten hören Seine Stimme. Da Gott wünschte, dass der Mensch Gott begreifen möge, stattete Er die menschliche Seele im Voraus mit der Fähigkeit zur Einsicht aus, denn wäre es nicht so gewesen, dann würde der Mensch der Erkennt- nis Gottes ermangeln. Was immer die menschliche Seele besitzt, ist von Gott und eine Reflexion göttlicher Eigenschaften. Keine jener Eigenschaften ist schlecht, ihr Missbrauch macht sie schlecht. Man möge einwenden, dass der Mensch an schlechten Eigenschaften wie Neid oder Groll usw. leidet, die nicht von Gott verliehen sein können. Wie wir schon erklärt haben, ist die Wahrheit, dass alle menschlichen Eigenschaften eine Reflexion göttlicher Eigenschaften darstellen, weil die menschliche Seele von Gott abstammt, und dass die Ausschwei- fung oder der Missbrauch des Menschen ihnen eine abstoßende Er- scheinung verleihen. Zum Beispiel ist Neid, aufgrund dessen einer wünscht, dass einem anderen eine Begünstigung entzogen und jene ihm selbst gewährt wird, eine abstoßende Eigenschaft, aber grund- sätzlich bedeutet Neid nur, dass ein Mensch nicht wünscht, dass je- mand anderes sein Teilhaber in irgendeiner von ihm erworbenen Vortrefflichkeit ist. In ihrer Essenz ist dies eine göttliche Eigenschaft, aufgrund der Gott Einer ohne Teilhaber ist. Der Missbrauch dieser Eigenschaft macht sie abstoßend; denn es ist nicht schlecht, wenn je- mand alle anderen in Tugendhaftigkeit zu übertreffen und spirituelle Einzigartigkeit zu erreichen wünscht.
(Nasīm-e daʿwat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 19, S. 389-390)
Man könnte sagen, dass, wenn die Seele erschaffen ist, daraus zu folgern wäre, dass sie in dem Sinne sterblich ist, dass ein Zustand, in dem eine ihrer Eigenschaften wegfällt, als Tod bezeichnet werden kann. Wenn ein Medikament jede Wirkung verliert, kann es als tot bezeichnet werden. Unter gewissen Umständen werden der Seele ihre Eigenschaften entzogen und sie unterzieht sich größeren Veränderun- gen als der Körper. Zu solchen Zeiten kann gesagt werden, dass sie insofern gestorben ist, als etwas, das alle seine wesentlichen Eigen- schaften verliert, als tot bezeichnet wird. Darum werden im Heiligen Qur‘an nur jene menschlichen Seelen als nach ihrem Fortgang aus diesem Leben lebend bezeichnet, die jene wesentlichen Eigenschaften beibehalten, die der Zweck ihrer Erschaffung sind, und diese sind die vollkommene Liebe zu Gott und der vollkommener Gehorsam gegen- über Gott, dem Allmächtigen, was das Leben der Seele ist. Wenn eine Seele erfüllt von der Liebe zu Gott und nach der Hingabe an Ihn aus dieser Welt scheidet, lebt dieselbe – alle anderen Seelen sind tot. Eine ihrer Eigenschaften beraubte Seele ist tot. Im Schlaf sterben sowohl der Körper als auch die Seele, das heißt, sie werden ihrer während des Wachseins besessenen Eigenschaften beraubt und erleiden insofern eine Art Tod, als etwas, das seiner Eigenschaften beraubt ist, nicht als lebend bezeichnet werden kann. Tod bedeutet nicht nur Nichtsein; auch wesentlicher Eigenschaften beraubt zu sein ist eine Art Tod. Zum Beispiel, wenn ein Körper stirbt, überlebt dennoch seine Mate- rie. Desgleichen bedeutet der Tod der Seele, dass sie ihrer Eigenschaf- ten beraubt worden ist, so wie es im Schlaf geschieht, wenn sowohl der Körper als auch die Seele ihrer Eigenschaften, die sie während ihres Wachseins besitzen, beraubt werden. Zum Beispiel trifft die Seele eines Lebenden einen Toten in einem Traum und weiß nicht, dass jene Person gestorben ist. Wenn sie einschläft, vergisst sie die-
ses Leben ganz und gar und zieht, das Gewand des Lebens ablegend und alles Wissen und alle Erinnerungen an die Welt vergessend, au- ßer so viel, wie Gott aufrecht erhalten möchte, ein neues Gewand an. Sie hält alle ihre Aktivitäten in der Schwebe und kommt in Treue vor Gott an. Alle ihre Bewegungen und Worte und Gefühle passieren die Kontrolle Gottes, des Allmächtigen. Sie hat keine Wahl und man kann nicht sagen, dass das, was sie in einem Traum tut oder sagt oder hört, aus freien Stücken geschieht. Sie bietet alle Anzeichen des Todes dar. Während des Schlafs erleidet die Seele einen noch größeren Tod als der Körper. Wenn Menschen über ihren Zustand während des Schlafs nachdächten, erkennten sie, dass, wenn die Seele vom Tod befreit wäre, sie fortfahren würden, sich jener Ausnahme auch im Schlaf zu erfreuen. Unser Zustand während des Schlafs ist ein Spiegel zu dem Zweck, unseren Zustand im Tod zu begreifen. Derjenige, der die Seele wirklich verstehen will, sollte gründlich über seinen Zustand wäh- rend des Schlafs nachdenken. Jedes Geheimnis des Todes kann durch die Erfahrungen während des Schlafs gelöst werden. Wenn ihr gründ- lich über die Geheimnisse des Schlafs und der Träume nachdenkt und überlegt, wie die Seele während des Schlafs, wenn sie ihres Wissens und ihrer Eigenschaften beraubt ist, eine Art Tod erleidet, werdet ihr erkennen, dass der Tod eine große Ähnlichkeit besitzt mit dem Schlaf. Somit ist es nicht wahr, dass die Seele nach ihrer Trennung vom Kör- per im gleichen Zustand fortfährt, dessen sie sich in diesem Leben erfreute. Auf Geheiß Gottes erleidet sie dieselbe Art von Tod, welche sie im Schlaf erlebte, nur ist jener Zustand stärker als ihr Zustand im Schlaf, und jede ihrer Eigenschaften wird zunichtegemacht. Das ist der Tod der Seele. Danach werden nur jene wiederbelebt, die für das Leben wirkten.
Keine Seele besitzt selbst die Fähigkeit, am Leben zu bleiben. Habt
ihr die Fähigkeit, eure Eigenschaften und Umstände und euer Wissen während des Schlafs so zu beherrschen wie ihr es in euren wachen
Stunden tut? Sobald ihr im Schlaf versinkt, verändert sich eure Seele und erleidet eine Form des Nichtseins, wobei Gott, der Allmächtige, im Heiligen Qur‘an über die Seele gesagt hat:
195 یۡ فِ ت
مُ َتمۡ َلیۡ تِ َّلاوَ اہَ ِتوۡ من
ۡیَ ح
سفُ ۡنَاۡلایَّفوَ تَ َی هُ ّللَا
لُ َّ سِ رۡ ُیوَ توۡ مَّ ۡلااہَ ٰ یَۡ َلعَ یضٰ َقیَۡ تِ ّلاک
سِ مۡ یُ َفۚاہَ مانَ م ُ
نَ وۡ رُ کفَ تَ َّی مٍ وۡ قَ ِل ت
یٰ الک
ِلذٰ یۡ فِ نّ اِ ؕیمًّ سَ مُ لٍ جَ َایلٰۤ اِ یرٰۤ خۡ الا
Dies bedeutet, dass die Seelen während des Todes völlig in die Gewalt Gottes gelangen und jede Wahl und alles Selbstbewusstsein verlieren. Das heißt, sie werden der Eigenschaften des Lebendigseins beraubt und werden so, als ob sie nicht existierten. Auch solche von ihnen, die nicht wirklich sterben, sondern in einen todesähnlichen Zu- stand übergehen, geraten in die Gewalt Gottes, des Allmächtigen, und machen eine Veränderung durch, in der sie alles weltliche Bewusst- sein und Gefühl verlieren. Somit ergreift Gott, sowohl im Tod als auch während des Schlafs, auf solche Weise von der Seele Besitz, dass sie jede Wahl und alles Bewusstsein, welche die Zeichen des Lebens sind, verliert. Dann werden solche Seelen, denen der Tod in der Tat auf- erlegt worden ist, von Gott zurückgehalten, so dass sie nicht auf die Welt zurückkehren können, und Er gibt der Welt jene Seelen zurück, denen der Tod nicht auferlegt wurde. In diesem Phänomen sind Zei- chen für jene, die nachdenken.
Dieser Vers zeigt, dass sowohl die Seele als auch der Körper einen Tod durchlaufen. Aber der Heilige Qur‘an zeigt an, dass die Seelen der Rechtschaffenen innerhalb einer kurzen Zeitspanne nach dem Tod wiederbelebt werden, und dass ihnen ein zweites Leben von Behagen, Ruhe und Wonne gewährt wird. Das ist das Leben, um dessen Erlan- gen die rechtschaffenen Diener Gottes Ihn mit der äußersten Aufrich-
195 Az-Zumar, 39:43. (Anm. d. Ü.)
tigkeit bitten und all ihr Bemühen darbringen, um aus der Dunkelheit ihres Egos herauszukommen, und auf der Suche nach Gottes Wohlge- fallen in einem solchem Maße eine harte Lebenweise annehmen, dass dieser Zustand dem Tod ähnelt. Wie der oben zitierte Vers zeigt, gibt es sowohl für die Seele als auch für den Körper einen Tod, obwohl die verborgenen Umstände jenes Zustands in dieser dunklen Welt nicht offenbar werden. Dennoch ist der Zustand von Träumen eine Illust- ration jenes Zustands, der dem Zustand vom Tod der Seele in dieser Welt ähnelt. Es ist unsere Erfahrung, dass, sobald wir im Schlaf versin- ken, alle Eigenschaften unserer Seele durcheinandergeraten und wir unsere wachen Stunden und unsere geistigen Eigenschaften verges- sen und alles von unserer Seele besessene Wissen nicht-existent wird. In unseren Träumen erleben wir solche Szenen, die anzeigen, dass unsere Seele alle im Wachsein besessenen Eigenschaften verloren hat und zu etwas ganz anderem geworden ist. Dies ähnelt dem Tod und ist in der Tat eine Form des Todes. Dies zeigt endgültig, dass jener der Seele mit dem Tod des Körpers auferlegte Tod jenem Tod ähnelt, den die Seele im Schlaf erlebt, wobei er sehr viel schwerer wiegt.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 160-164)
Die vom Qur’an gelehrte Doktrin ist, dass Gott, da Er die Seele erschaffen hat, auch die Macht hat, sie nicht-existierend zu machen, und dass der menschlichen Seele die Unsterblichkeit durch die Gunst und Gnade Gottes und nicht aufgrund irgendeiner der ihr innewoh- nenden Eigenschaften gewährt wurde. Darum wird besonders jenen, die die größte Liebe zu Gott entwickeln und Ihm vollkommen ge- horchen und sich auf Seiner Schwelle in völliger Aufrichtigkeit und Hingabe niederwerfen, ein vollkommenes Leben gewährt; ihre na- türlichen Sinne werden geschärft und ihre Wesen werden mit einem Licht ausgestattet, durch das sie ein außergewöhnliches Aufwallen von Spiritualität erfahren, und alle spirituellen Kräfte, die sie in dieser
Welt besaßen, erfahren nach dem Tod eine umfassende Erweiterung. Außerdem werden sie aufgrund ihrer gottgegebenen Beziehung zu Ihm, in den Himmel erhoben, eine Erhebung, die im Sprachgebrauch des islamischen Gesetzes rafa‘a genannt wird. Aber jenen, die nicht glauben und keine Beziehung zu Gott haben, wird weder ein solches Leben gewährt noch werden sie mit diesen Eigenschaften ausgestat- tet. Sie sind wie die Toten. Wäre Gott, der Allmächtige, also nicht der Erschaffer der Seelen, so hätte Er diesen Unterschied zwischen den Gläubigen und den Ungläubigen nicht durch Seine mächtige Herr- schaft zeigen können.
(Chašma masīḥī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 372, Fußnote)
Frage: Mirza Sahib und alle Muslime glauben – und der Qur‘an bestätigt: Als MuhammadSAW über die Seelen befragt wurde, konnte er ihnen nichts sagen und er empfing die Offenbarung: „Sage ihnen, die Seele ist ein Befehl Gottes.“ Somit konnten die Muslime aus dieser Antwort nichts gewonnen haben, noch war ihr Führer selbst hinsicht- lich der Seele erleuchtet. Welche Antwort gab Gott als Bestätigung, dass die Seele ein Befehl des Herrn ist? Sind nicht auch alle anderen Dinge der Befehl des Herrn?
Antwort: ...Wie lange soll ich fortfahren, eure Fehler zu berichti- gen? Von wem habt ihr gehört, dass die Muslime glauben, dass dem Heiligen ProphetenSAW von Gott, dem Allmächtigen, kein Wissen über die Seele gewährt wurde, und wo habt ihr im Heiligen Qur‘an gele- sen, dass er über die Seele nichts wusste? Ich erkenne, dass ihr auf- grund eurer mangelhaften Intelligenz in eurer Deutung des folgenden Verses des Heiligen Qur‘ans irregeführt wurdet:
196 اًلیۡ ِلَق اَّلاِ مِ ۡلعِ ۡلان
مّ مۡ ُتیۡ ِتوۡ ُاۤام
وَ یۡ ِّبرَ رِ مۡ َا ن
محوۡ رّ لالِ ُقؕحِ وۡ رّ لانِ ع
کَنوۡ لُ َٔـسۡ َ یو
(O MuhammadSAW), die Ungläubigen befragen dich nach der Seele, danach, wie und von was sie erschaffen wurde. Sag ihnen: Die See- le entsteht durch den Befehl meines Herrn und euch, O Ungläubige, wurde nur wenig Wissen gewährt über die Seele und den göttlichen Geheimnissen.
Aufgrund eures Mangels an Intelligenz seid ihr dem Irrtum verfal- len zu meinen, dass es der Heilige ProphetSAW war, dem gesagt wurde, dass er nur wenig Wissen hätte über die Seele. Der Inhalt und der Ge- brauch des Pronomens im Plural machen klar, dass diese Ermahnung an die Ungläubigen gerichtet war...
Tatsache ist, dass eine Gruppe von Ungläubigen den Heiligen Pro- phetenSAW über die Seele befragte. Dieser Gruppe Ungläubiger wurde gesagt, dass die Seele auf Befehl Allahs entsteht, das heißt, sie ist ein Wort Allahs oder eine Reflexion davon, was sich durch die Weisheit und Macht Gottes als Seele offenbart. Sie hat keinen Anteil an der Göttlichkeit, sondern wurde erschaffen und ist ein Diener Gottes. Dies ist ein feines Geheimnis der göttlichen Macht, von dem ihr Ungläubi- gen nur geringe Kenntnis habt, und weswegen Ihr gebeten werdet, zu glauben und euer Wissen zu schulen...
Die Erklärung, dass die Seele auf Befehl des Herrn entsteht, um- fasst eine großartige Wahrheit, wogegen ihr in eurer Eile einen Ein- wand erhoben habt. Die Erklärung ist, dass die Vorsehung Gottes das, was nicht existent ist, auf zweierlei Weise ins Dasein bringt, und das, was ins Dasein gebracht wurde, wird gemäß der Weise, auf die es er- schaffen wurde, unterschiedlich bezeichnet. Wenn Gott, der Allmäch- tige, etwas aus dem Nichts erschafft, dann wird eine solche Schöp- fung im Sprachgebrauch des Qur‘an amr (Befehl) genannt, und das, was aus einer vorherigen Form der Existenz erzeugt wird, wird khalq (Schöpfung) genannt. In anderen Worten, die Erschaffung eines Ele- ments aus dem Nichts ist amr und die Erzeugung einer Zusammen-
ُ ۡ َ ۡ َ ُ ۡ َ ُ َ َ َ
setzung aus einer vorherigen Form oder Gestalt ist khalq, so wie es im Heiligen Qur‘an heißt:
197 رمالاوقلخلا ہلالا
Das heißt, die Schöpfung von Elementen aus dem Nichts und die Manifestation von Zusammensetzungen gebühren beide Gott und sind von Ihm erschaffen. Beachtet darum, wie fein der Heilige Qur‘an eine erhabene und vortreffliche Wahrheit in einem kurzen Vers erklärt hat. Je mehr ihr im Gegensatz dazu über die Lehre der Vedas nach- denkt, desto mehr werdet ihr in Verlegenheit geraten.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 171-177)
Ich sage euch wahrlich, ohne die geringste Übertreibung, dass der Heilige Qur‘an die Eigenschaften, Fähigkeiten, Kräfte und das Fas- sungsvermögen und andere wunderbare Einzelheiten der Seele auf so wahre, klare, feine und vortreffliche Weise erklärt und Beweise dafür erbracht hat, dass es eine erhabene und feine Erklärung darstellt, so angefüllt mit vollkommenen Wahrheiten umfassender Weisheit, dass, wenn alle vier Rischis, die die Vedas zusammenstellten, wiederge- boren würden und ihr Denken und Reflektieren bis zum Äußersten anstrengten, sie jenes Ausmaß an Wissen und erhabenen Einsichten selbst dann nicht erreichen würden, wenn sie in dem Bemühen ihren Geist aushauchten.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 234)
Der Heilige Qur‘an hat die vielen Eigenschaften, wunderbaren Kräfte und Fähigkeiten der Seele, von denen wir einige zur Veran-
197 Al-Aʿrāf, 7:55. (Anm. d. Ü.)
schaulichung anführen, ausführlich erwähnt:
Die Fähigkeit des Eifers, Wissen und Einsicht zu erwerben.
Die Fähigkeit, Wissen zu erwerben.
Die Fähigkeit, das bereits erworbene Wissen zu bewahren.
Die Fähigkeit der Liebe zu Gott.
Die Fähigkeit, Wonne aus einem Zusammentreffen mit dem Göttlichen zu gewinnen.
Die Fähigkeit, Visionen zu haben.
Die Fähigkeit, zu beeinflussen und beeinflusst zu werden.
Die Fähigkeit, eine Beziehung zu Körpern herzustellen.
Die Fähigkeit, göttliche Eigenschaften zu erwerben.
Die Fähigkeit, Offenbarungen zu empfangen.
Die Fähigkeit, eines ausgeweiteten oder eingeschränkten Zu- stands.
Die Fähigkeit, unbegrenzte Einsicht zu erwerben.
Die Fähigkeit, die Färbung der Manifestation des Göttlichen anzunehmen.
Die Fähigkeit der Vernunft, zwischen Schönheit und Unvoll- kommenheit zu unterscheiden.
Die Fähigkeit, Eindrücke zu erhalten und von ihnen, im Ge- gensatz zu den Körpern, auf die sie sich beziehen, beeinflusst zu werden.
Die Fähigkeit, die Existenz des wahren Schöpfers anzuerken- nen.
Die Fähigkeit, neue Eigenschaften in Verbindung mit Körpern und deren besonderen Formen kundzutun.
Die Fähigkeit gegenseitiger Anziehung, welche als magneti- sche Kraft bezeichnet werden könnte.
Die Eigenschaft der Unsterblichkeit.
Die Fähigkeit, eine besondere Beziehung zu den Teilchen des
dahingeschiedenen Körpers aufrechtzuerhalten, was jenen, die Erfahrungen mit Visionen haben, offenbart wird.
Es gibt viele andere Eigenschaften der Seele, die im Heiligen Qur‘an auf entzückende und vortreffliche Weise ausführlich nieder- gelegt sind.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 245-247)
Es gibt insofern keine Lehre, die so falsch ist wie die Lehre der Seelenwanderung, als ihre Grundlage falsch ist. Ihre Falschheit ma- nifestiert sich durch unsere Beobachtung; ein Gefühl für die mensch- liche Reinheit verurteilt sie; und es ist die Pflicht einer jeden guten Person, sie dafür zu verurteilen, dass sie die göttliche Macht ablehnt. Ihre Grundlage ist falsch, da in den Satyārath prakāš erklärt wurde, dass die Seele wie Tau auf einige Gemüse fällt, die von einer Frau gegessen werden, und sie somit ihren Weg in den Mutterleib findet. Aber dies schließt ein, dass eine Seele in zwei Teilen auf die Erde fällt, wovon der Ehemann durch Zufall einen isst und die Ehefrau den an- deren; dies, weil es klar ist, dass ein Kind die geistigen Fähigkeiten und Eigenschaften beider Elternteile erwirbt und nicht nur von ei- nem. Darum ist es notwendig, dass beide von dem Gemüse, auf wel- ches die Seele gefallen war, gegessen haben, und es genügt nicht, dass nur einer von ihm gegessen hat. Dies erfordert die Teilung der Seele, – was falsch ist. Darum ist die Grundlage der Lehre der Seelenwan-
derung falsch.
Unsere Beobachtung zeigt ihre Falschheit, als es eine große Man- nigfaltigkeit in den Seelen gibt und es nicht möglich ist, dass sie alle wie das Fallen des Taus ins Dasein gebracht wurden. Zum Beispiel beobachten wir oft, dass es im Haar einiger Leute viele Läuse gibt. Mit welchem Gemüse werden diese Seelen verschluckt? Auch sind
Weizenlager von Millionen von Insekten befallen. Wie kommen ihre Seelen wie Tau herab und wer verschluckte sie? Wir wissen auch, dass einige Menschen in ihren Därmen oder Gehirnen an Würmern leiden, und es gibt tausende von Bakterien in einem Wassertropfen. Durch welche Art von Tau werden sie erschaffen? Die Empirie zeigt, dass alles von Bakterien befallen ist. Seide und Holz und Korn und ver- schiedene Arten von Früchten können alle von Würmern und Insek- ten befallen sein. Wie werden sie erzeugt?...
Stellt euch vor, wie beleidigend die Lehre der Seelenwanderung aus der Sicht des Anstandsgefühls ist. Wenn ein weibliches Kind ge- boren wird, bringt es dann eine Liste seiner Verwandtschaftsgrade mit, dass es die Mutter oder Großmutter oder Schwester von so und so sei und sie eine Heirat mit jenen vermeiden sollte?
Diese Lehre macht auch Parameshvara machtlos. Gott ist allmäch- tig und kann, wenn Er es will, ein Stück Holz mit Leben versehen, wie es zum Beispiel beim Stab von Moses der Fall war, der in einem Augenblick ein Stück Holz war und im nächsten zu einer Schlange wurde. Wenn Seelen jedoch selbstexistierend sind, kann der Parames- hvara der Hindus seinen Status als Gott insofern nicht aufrechterhal- ten, als derjenige, der seine Göttlichkeit mit der Hilfe anderer ausübt, früher oder später aufhören würde, Gott zu sein. Die Vorstellung, dass sich das System der Seelenwanderung, das den Arya zufolge seit Millionen von Jahren wirkt, aus den in einem früheren Dasein began- genen Sünden ergibt, ist grob, falsch, sinnlos und erfahrungsgemäß unnütz. Es ist offensichtlich, dass es ein göttliches System der Geburt von Seelen gibt, das stets gleich bleibt. Zum Beispiel erscheinen in der Regenzeit Millionen von Insekten und im Sommer gibt es Fliegen im Überfluss. Sollen wir also vermuten, dass es zu diesen Jahreszeiten Sünden im Überfluss gibt, so dass eine große Anzahl von Menschen aufgrund der Vielfalt ihrer Sünden in Fliegen und Insekten verwan-
delt werden? Es gibt tausende anderer Gründe, weswegen diese Leh- re als falsch angesehen werden muss.
(Nasīm-e daʿwat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 19, S. 441-444, Fußnote)
Es ist absolut wahr, dass die Seele ein feines Licht ist, das sich mit dem Körper im Mutterleib entwickelt. Am Anfang ist dieses Licht ver- borgen und unsichtbar, obwohl seine Substanz schon im Samen ent- halten ist –, dann aber wächst es mit dem Körper und wird offenbar. Es besteht kein Zweifel darüber, dass diese geheimnisvolle Beziehung zwischen Seele und Samen auf Gottes Geheiß und nach Seinem Willen und mit Seiner Erlaubnis besteht. Sie ist zweifelsohne die leuchtende Substanz des Samens, jedoch ist sie nicht ein Teil von ihm, wie eine Materie ein Teil der anderen ist. Ebenso wäre es falsch anzunehmen, dass sie von außen kommt oder dass sie auf die Erde fällt und sich hernach mit der Substanz des Samens mischt. Nein, sie ist im Samen verborgen, wie das Feuer im Feuerstein. Das Heilige Buch Gottes ver- tritt nicht die Meinung, dass die Seele vom Himmel niederkommt, vom Körper getrennt, oder dass sie plötzlich auf die Erde fällt und in den Mutterschoß eindringt, indem sie sich zufälligerweise mit dem Samen verbindet. Nein, dieser Gedanke ist grundfalsch und läuft dem Naturgesetz zuwider.
(Islāmī uṣūl kī filāsfī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 322-323 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 58])
Es gibt überzeugende Beweise, dass der männliche und der weib- liche Samen die Fähigkeit haben, die Seele zu erzeugen, ohne dass sie wie Tau vom Himmel fällt. Wenn die beiden Samen sich verei- nen, wird die Fähigkeit verstärkt und wächst an, bis das Gebilde des Embryos vervollkommnet ist und die Seele durch die Kraft Gottes,
des Allmächtigen, aus dem Gebilde aktiviert wird. Dies ist die Schöp- fung von etwas aus dem Nichts, weil die Seele nichts Materielles ist und dennoch aus derselben Materie erzeugt wird, welche nach der Vereinigung der beiden Samen im Mutterleib zu dem Gebilde heran- wächst. Es ist nicht erforderlich, dass die Seele wie Tau auf irgendein Gemüse fällt und auf diese Weise erzeugt wird. Die Materie, aus der die Seele erzeugt wird, kann aus einem Stück Fleisch oder Fisch ge- formt sein oder aus Ton aus der Tiefe der Erde, woraus Frösche und Insekten erzeugt werden. Zweifellos ist es ein göttliches Geheimnis, dass Er etwas aus dem Körper erschafft, das nichts vom Körper in sich trägt. Es ist klar, dass die Seele nicht vom Himmel fällt, sondern eine neue Schöpfung darstellt, die aus der Zusammensetzung der Samen durch die Kraft Gottes erzeugt wird, so wie Allah, der Allmächtige, im Heiligen Qur‘an sagt:
198
نۡیقِ ِلخٰ لا ن
سَ حۡ َا هُ ّللاک
ربٰ تَ َفؕرَ خَ اٰ اقً ۡلخه
نٰ اۡ شَ ۡ نَامَّ ُث
Das heißt, wenn das menschliche Gebilde im Mutterleib fertig ist, vollendet Gott es mit einer neuen Schöpfung, was bedeutet, dass die Seele aus der Materie erschaffen wird, aus der das Gebilde entwickelt wurde.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 123-124)
Es wurde bewiesen, dass der menschliche Körper sich nach drei Jahren auflöst und ein neuer Körper an dessen Stelle tritt. Es ist ein bekannter Anblick, dass, wenn einer aufgrund von Krankheit sehr schwach und zu einem bloßen Skelett wird, der Körper während sei-
198 Al-Muʾminūn 23:15. (Anm. d. Ü.)
ner Genesung allmählich wieder aufgebaut wird. Somit werden die Teilchen des Körpers fortwährend aufgelöst und durch neue Teilchen ersetzt. Somit erleidet der Körper jeden Augenblick einen Tod und erhält ein neues Leben. Der einzige Unterschied ist, dass die Verän- derungen im Körper offenkundig sind und wahrgenommen werden können, da die Seele aber verborgen ist, sind auch ihre Veränderun- gen verborgen und endlos. Der Heilige Qur‘an zeigt an, dass die Ver- änderungen der Seele unbegrenzt sind und selbst im Himmel weiter- gehen werden. Sie werden Entwicklungen zeigen und fortwährendes Wachstum erfahren, jeder nachfolgende Zustand wird so weit über dem vorangegangenen Zustand stehen, dass es scheinen würde, als ob der vorangegangene Zustand vergangen wäre.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 167-168)
Körperliche Verletzungen zeigen, dass eine geheimnisvolle Bezie- hung zwischen Körper und Seele besteht, deren Umfassung weit über das hinausgeht, was der Mensch begreifen kann. Ein weiterer Beweis für dieses These: Eine nähere Betrachtung zeigt, dass der Körper auch die Mutter der Seele darstellt. Die Seele fällt nicht vom Himmel her- nieder in den Mutterschoß, sondern sie ist ein Licht, das selbst im Samen verborgen ist und das sich mit der Entwicklung des Körpers entfaltet. Dem Heiligen Wort Gottes entnehmen wir, dass die Seele aus dem Körper hervorgeht, während dieser sich im Mutterschoß weiterentwickelt. Der Heilige Qur‘an sagt:
199
نۡیقِ ِلخٰ لا ن
سَ حۡ َا هُ ّللاک
ربٰ تَ َفؕرَ خَ اٰ اقً ۡلخه
نٰ اۡ شَ ۡ نَامَّ ُث
199 Al-Muʿminūn, 23:15. (Anm. d. Ü.)
Das besagt, Gott verleiht dem Körper, der im Mutterschoß gedeiht, eine andere Gestalt und manifestiert daraus eine neue Schöpfung, die dann Seele heißt und voll der Segnungen ist, denn Gott ist der vor- trefflichste Schöpfer, Der nicht Seinesgleichen hat.
Die Aussage, dass Gott eine neue Schöpfung daraus manifestiert, birgt ein großes Geheimnis und wirft Licht auf die Natur der Seele und deutet die starke Beziehung zwischen ihr und dem Körper an.
(Islāmī uṣūl kī filasafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 321 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 52])
Frage: Wie ist das Wesen der Beziehung zwischen Seele und Grab?
Antwort: Was immer in den Ahadith des Heiligen ProphetenSAW zu diesem Thema gesagt worden ist, ist völlig richtig. Es steht uns nicht zu, dessen Wesen zu erforschen. Alles, was wir festzustellen haben, ist, dass eine solche Beziehung besteht und dass sie keine Unmöglich- keit ist.
Dies wird durch ein Beispiel im Naturgesetz gezeigt. In der Tat ist diese Beziehung vergleichbar damit, dass wir sehen, dass die Wirk- lichkeit einiger Dinge nur mit der Zunge festgestellt werden kann. Das kann man verallgemeinern und sagen: Gott, der Allmächtige, hat verschiedene Methoden für die Erforschung der Wirklichkeit der Dinge bestimmt. Einige werden durch das Auge erkannt, andere durch das Ohr und einige durch eine Vereinigung der Sinne. Es gibt viele Wahrheiten, die nur vom Herzen erkannt werden können. Allah hat also verschiedene Methoden für die Erforschung der Wirklichkeit der Dinge bestimmt… Der Mensch ist mit vielen Fähigkeiten ausge- stattet und jede von ihnen übt verschiedene Funktionen zum Dienste des Menschen aus.Ein ignoranter Philosoph versucht, alles durch den
Gebrauch der Vernunft zu erforschen, doch dies ist ein Fehler. Histo- rische Ereignisse können nur aus der Geschichte entnommen werden. Die natürlichen Eigenschaften der Dinge können nur durch die richti- ge Erfahrung bestimmt werden. Die Vernunft kann uns nur in Fragen der Induktion führen. Insofern gibt es verschiedene Methoden, um zur Wirklichkeit zu gelangen. Wenn der Mensch bei der Bestimmung unterschiedlicher Dinge nur von einer Methode abhängig ist, wird er in die Irre geführt. Diese Erfahrung machen wir tagtäglich. Der Fort- gang der Seele aus dem Körper oder die Beziehung der Seele zum Körper sind Dinge, die durch die Vernunft nicht erklärt werden kön- nen. Wäre das möglich gewesen, dann wären die Philosophen und Denker keinem Irrtum verfallen. Somit ist die Beziehung der Seele zum Grab eine Realität, aber sie kann vom physischen Auge nicht erkannt werden. Sie kann nur durch das Auge der Vision erkannt werden. Sie kann durch die bloße Vernunft nicht erkannt werden, denn die Vernunft kann nicht einmal die Existenz der Seele von selbst bestimmen. Dieses Thema ist Gegenstand tausender Auseinanderset- zungen und es gibt tausende von atheistischen Philosophen, die die Existenz der Seele leugnen. Wenn es eine Sache der bloßen Vernunft wäre, so hätte es keinen Streit gegeben.
Die Funktion des Auges zum Beispiel ist die des Sehens, und wir
können nicht erwarten, dass das Auge von X ein weißes Objekt sehen und das Auge von Y den Geschmack jenes weißen Objektes bestim- men soll. Die reine Vernunft kann nicht einmal die Existenz der Seele von selbst mit Sicherheit bestimmen, geschweige denn ihr Wesen und ihre Beziehungen. Die Philosophen erachten die Seele als ein grünes Stück Holz und gestehen nicht ein, dass die Seele eine äußerliche Exis- tenz hat. Alles, was wir über die Seele und ihre Beziehungen wissen, entspringt aus der Quelle des Prophetentums. Einige Philosophen haben etwas über sie geschrieben, aber ihr Wissen ist entliehen aus jener Quelle. Die Tatsache, dass die Seelen eine Beziehung zu den
Gräbern haben, sollte durch das Auge der Vision gesehen werden, was anzeigt, dass die Seele eine Beziehung zu jenem Haufen aus Lehm hat, und dass der Gruß:
200 روبقلالھاایمکیلعمالسلا
erwidert wird. Derjenige, der die Fähigkeiten gebraucht, durch die der Zustand der Gräber gesehen werden kann, kann Wissen von solch einer Beziehung erwerben...
Für das Verstehen der Beziehung der Seelen zu den Gräbern wird die Fähigkeit, Visionen zu haben, benötigt. Derjenige, der dies leug- net, befindet sich im Irrtum. Eine große Anzahl von Propheten und Millionen von Rechtschaffenen bezeugen diese Beziehung, die nicht geleugnet werden kann, obgleich das Wesen jener Beziehung durch die Vernunft nicht bestimmt werden kann. Für alles wird eine pas- sende Fähigkeit benötigt. Wenn das Ohr nicht sehen kann, hat das Ohr keine Schuld, weil das Sehen nicht seine Funktion ist. Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass die Seele eine Beziehung zum Grab hat und dass es möglich ist, sich mit den Toten zu unterhalten.
Die Seele hat auch eine Beziehung zum Himmel, wo ihr ein Platz zugewiesen ist. Dies ist eine etablierte Wahrheit, die auch von den hinduistischen Schriften bezeugt wird. Dies ist eine allgemein bestä- tigte Wirklichkeit, außer im Fall jener, die das Überleben der Seele leugnen. Es ist die Fähigkeit, Visionen zu haben, die das Wesen jener Beziehung anzeigt.
(Malfūẓāt, vol. I, S. 287-290)
Die Seele ist nicht etwas, das im Weltraum ist. Das Wesen ihrer Be- ziehungen kann nicht bestimmt werden. Nach dem Tod hat die Seele
200 „Frieden sei auf euch, O ihr Bewohner der Gräber.“ (Anm .d. Ü.)
eine Beziehung zum Grab, die jenen, die die Fähigkeit besitzen, Visio- nen zu haben, kundgetan wird. Sie können die Bewohner der Gräber in ihren Gräbern sitzen sehen und sich mit ihnen unterhalten. Dies wird durch wahre Ahadith festgelegt. Ein wohlbekanntes Hadith er- wähnt das ṣalāt in einem Grab, es wird in den Ahadith auch erwähnt, dass die Toten das Geräusch von Schritten hören können und den Friedensgruß erwidern. Sie haben auch eine Beziehung zum Himmel. Es gibt verschiedene Grade ihrer himmlischen Erhebung. Einige kom- men im ersten Himmel an, andere erreichen den zweiten oder dritten Himmel, aber alle rechtschaffenen Seelen werden erhoben, wie in den wahren Ahadith erwähnt und auch in diesem Vers angezeigt wird:
201 ءآمَ سّ لاباوَ ۡبَا مۡ ُہَلحُ تَّ فَ ُتاَل
Das Wesen ihrer Beziehung zum Himmel indes oder zu den Grä- bern kann nicht bestimmt werden.
(Al-Ḥaqq mubāḥaṯa Delhi, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 4, S. 215)
201 „Die Unsere Zeichen verwerfen und sich mit Verachtung von ihnen abwenden, de- nen werden die Pforten des Himmels nicht geöffnet.“ (Al-Aʿrāf, 7:41; Anm. d. Ü.)
Satan erzeugt viele Zweifel und der gefährlichste, der im Geist des Menschen entsteht und ihn zum Verlierer in dieser Welt und im Jen- seits macht, bezieht sich auf das Leben nach dem Tod. Zusätzlich zu anderen Mitteln und Quellen ist der Glaube an das Jenseits eine große Quelle der Tugend und Rechtschaffenheit.
Wenn ein Mensch das Jenseits und alles, was es betrifft, als blo- ße Erzählung oder Geschichte betrachtet, kann angenommen wer- den, dass er abgelehnt worden ist und beide Welten verloren hat. Die Furcht vor dem Jenseits macht eine Person besorgt und ängstlich und treibt sie zu der wahren Quelle der Erkenntnis. Wahre Erkenntnis kann ohne Gottesfurcht nicht erlangt werden. Bedenkt darum, dass das Aufkommen von Zweifeln hinsichtlich des Jenseits den Glauben in Gefahr bringt und das Ende einer Person ungewiss macht.
(Malfūẓāt, vol. I, S. 53-54)
Es muss uns klar sein, dass der Heilige Qur‘an drei Welten oder drei verschiedene Stadien (des menschlichen Lebens) beschrieben hat. Die erste Welt ist das Diesseits, das auch die Welt des Verdienstes und der ersten Geburt genannt wird. Hier vollbringt der Mensch sei- ne guten oder schlechten Taten. Die Förderung des Menschen nach
seiner Auferstehung ist ausschließlich eine Gnade Gottes und daher vom menschlichen Streben unabhängig.
Die zweite Welt wird als Barsakh (Purgatorium) bezeichnet. Das Wort im Arabischen bedeutet Zwischenraum. Da dieser Zustand zwi- schen Diesseits und Auferstehung liegt, heißt er barzaḫ. Dieses Wort ist seit jeher im Gebrauch gewesen und birgt in sich einen großartigen Beweis dafür, dass es eine Welt gibt, die zwischen Diesseits und Jen- seits liegt...
Barzaḫ ist demzufolge der Zustand, in dem die Seele den sterb- lichen Körper verlässt und die vergängliche irdische Hülle sich zer- setzt...
Viele Beweise führen dazu, dass, wie auch der Islam lehrt, die voll- kommene Entfaltung der Seele davon abhängt, dass sie eine immer- währende Verbindung mit einem Körper erhält. Ohne Zweifel besteht nach dem Tode keine Verbindung der Seele mehr mit dem irdischen Körper, aber in barzaḫ bekommt jede Seele vorübergehend einen neu- en Körper, um sie einigermaßen die Belohnung oder die Strafe für ihre in diesem Leben begangenen Taten entgelten zu lassen. Jene Hülle aber ist nicht wie die irdische, sondern eine helle, bzw. dunkle Hül- le, je nach den Taten des Betreffenden in diesem Leben. Mit anderen Worten, die Taten des Menschen hienieden dienen als Körper für die Seele im Jenseits.
So hat das Wort Gottes mehrere Male erklärt, dass manche Körper hell und manche dunkel sein werden, denn das Licht der guten Taten, beziehungsweise die Finsternis der schlechten, bereitet sie vor. Dies mag als etwas Geheimnisvolles erscheinen, aber es widerspricht der Vernunft nicht. Ein vollkommener Mensch kann selbst hienieden eine lichterfüllte Hülle neben seinem irdischen Körper erwerben. Die Welt der Visionen liefert viele Beispiele von solchen Erlebnissen.
Der gewöhnliche menschliche Verstand vermag dies nicht ohne weiteres zu begreifen, weil es jenseits seines Fassungsvermögens
liegt. Aber diejenigen, die über ein scharfes geistiges Sehvermögen und über Erlebnisse aus der Welt der Visionen verfügen, verstehen mühelos, wie eine helle oder dunkle Hülle für die Seele aus den Taten des Menschen entsteht.
Solche Menschen betrachten dieses Phänomen nicht mit Verwun- derung und Skepsis, sondern begreifen es und schätzen es.
Kurz, der neue Körper, der einem Menschen seinen Taten ent- sprechend gegeben wird, ist in der Zwischenzeit (barzaḫ) ein Mittel zur Belohnung für seine Taten. Ich habe persönliche Erfahrung mit dieser Tatsache und erlebte oft während des Wachseins Visionen, in denen ich den Toten begegnete. Ich sah manchen Bösewicht und Ir- regegangenen mit einem gar dunklen Körper, als wäre dieser Körper aus Rauch geschaffen. Ich habe persönliche Bekanntschaft mit diesen Dingen und stelle mit Nachdruck fest, dass, wie der Allmächtige Gott erklärt, jeder nach dem Tode einen erleuchteten oder verdunkelten Körper erhält.
Es wäre ein Irrtum, wenn der Mensch versuchen sollte, dieses fei- ne Wissen nur mit dem Verstand zu begründen. Man muss sich ver- gegenwärtigen, dass ein Auge nicht als Organ des Geschmacks die- nen und dass die Zunge zwar schmecken, nicht aber sehen kann. In ähnlicher Weise können die tiefen Geheimnisse des Jenseits, die nur durch reine Visionen enthüllt werden können, nicht durch den Ver- stand entdeckt werden. Der Allmächtige Gott hat in dieser Welt un- terschiedliche Mittel gegeben, um Kenntnis von unbekannten Dingen zu erlangen. Sucht daher jedes Ding mit den geeigneten Mitteln, und dann werdet ihr es auch finden.
In diesem Zusammenhang muss festgehalten werden, dass das Wort Gottes die Sünder und die Irregegangenen als Tote und die Rechtschaffenen als Lebende bezeichnet. Der Grund ist, dass diejeni- gen, die in dieser Welt Gott nicht erkannten, mit ihrem Tod von den Mitteln zu ihrer Erhaltung wie Essen, Trinken und der Befriedigung
anderer Leidenschaften, abgeschnitten werden. Sie haben also keinen Anteil an der geistigen Nahrung und sind infolgedessen tot; und ihre Auferstehung wird nur zum Zwecke ihrer Bestrafung stattfinden. Da- rauf weist der allmächtige Gott hin, wenn Er erklärt:
202 ییٰ حۡ ی
اَل وَ اہَ یۡ فِ ت
وۡ مُ َی اَلؕمَ َّنہَ ج
ہٗ َل نَّ اِ َفامً رِ جۡ مُ هٗ َّبرَ ت
اۡ َّینم
Wahrlich, wer im Zustande der Sündigkeit zu seinem Herrn kommt, für den ist die Hölle; darin soll er weder sterben noch leben. Jene, die Gott lieben, sterben hingegen nicht mit dem Ableben ihres Körpers, denn sie tragen die Mittel ihrer Erhaltung bei sich.
Nach dem Zustand des Barsakh folgt der Zustand der Auferste- hung, worin jede Seele, gute oder böse, rechtschaffene oder ungehor- same, einen sichtbaren Körper erhalten wird. Der Tag der Auferste- hung ist der Tag der vollkommenen Manifestation der Herrlichkeit Gottes, an dem jeder das Dasein Gottes absolut erkennen wird. An jenem Tag wird jeder den Höhepunkt seiner Belohnung erlangen. Wie all dies geschehen wird, ist kein Grund zur Verwunderung, denn Gott ist allmächtig, und Er tut, was Er will. Er sagt:
203 ۔ن
ۡیبِ مُ
مٌ یۡ صِ خ وَ ھاذَ ُ اِ َف ةٍ فَ طۡ ُّنَ ن
مهُ ۡ نٰ قۡ َلخاناََّ ناسَ ۡ ناِ ۡلارَ َیمۡ َلوَ َا
۔مٌ یۡ مِۨ ر یَ ھ وَ ۡ ماظَّ ُ عِ ۡلا یِ حۡ یّ نم
لَ اَقَ ؕۤ هٗ قََ لخَۡ َ یَ ۤ سِ َ نوََّّ اًلثَ مانَ َلبَۡ ُ رَ ضو
مُ یۡ ِلعَ قٍ لخ
لِ کِب وَ ھ
وَ ؕةٍ رَّ َم لوّ ا اھَ اشنا یذِ لااہَ یۡ یِ حۡ یُ لق
202 ṭā-hā, 20:75. (Anm. d. Ü.)
203 „Weiß der Mensch nicht, dass Wir ihn aus einem Samentropfen erschufen? Und siehe da, er ist ein offenkundiger Widersacher! Er erzählt Dinge über Uns und vergisst seine eigene Erschaffung. Er spricht: ‚Wer kann die Gebeine beleben, wenn sie vermodert sind?‘ Sprich: ‚Er, Der sie das erstemal erschuf, Er wird sie beleben; denn Er kennt jegli- che Schöpfung.‘“ (Yā-sīn, 36:78-80; Anm. d. Ü.)
204 رٍ دِ قٰ ِبضَ ۡ رۡ َاۡلاوَ ت
وٰ مٰ سّ لاقَ َلخیذِ َّلاسَ ۡیَلوَ َا
۔مُ یۡ ِلُعَ ۡلا قُ ّلَخلا وَ ھوَ ٭یلَٰ بؕمۡ ُہَلثۡ مقَ ُلخۡ یَّۤ نۡ َاۤ یٰۤلع
۔نُ وۡ کیَ َف نکُ ہٗ َل لَ وۡ قُ ُ َّینۡ َاائً یۡ شَ
دارَ َا ۤاذَ اِ ہٗ رُ َ مۡ َا امَ َّنا
نَ وۡ عُ جَ رۡ ُت هیۡ َلاِ وَّ ءٍ یۡ شلِّ کتوۡ ک
لمہٖ دِ یَ ِبیذِ ّلانحٰ بۡ سفَ
(Islāmī uṣūl kī filāsafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 402-407 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 177-182])
Der Islam legt die erhabene Philosophie dar, dass einem jeden im Grab ein für die Erfahrung von Wonne und Qual benötigter Körper verliehen wird. Wir können nicht sagen, aus welchem Material jener Körper gebildet ist, weil dieser sterbliche Körper stirbt und niemand beobachtet hat, das er im Grab lebendig wird. Der irdische Körper wird oft eingeäschert oder in Museen konserviert und wird während einer langen Zeitspanne außerhalb eines Grabes behalten. Wenn die- ser Körper lebendig würde, würden die Menschen es beobachten, und dennoch bestätigt der Heilige Qur‘an, dass ein Toter lebendig wird. Darum muss man akzeptieren, dass ein Toter mit einem Körper, den wir nicht sehen können, wiederbelebt wird. Es mag sein, dass jener Körper aus den unerkennbaren Eigenschaften dieses Körpers erschaffen wird. Nachdem jener Körper verliehen wird, werden die menschlichen Fähigkeiten als dieser zweite Körper wiederbelebt, da
204 „Ist nicht Er, Der die Himmel und die Erde erschuf, imstande, ihresgleichen zu schaf- fen?“ Doch, und Er ist der größte Schöpfer, der Allwissende.
Sein Befehl, wenn Er ein Ding will, ist nur, dass Er spricht: „Sei!“ – und es ist.
Preis denn Ihm, in Dessen Hand die Herrschaft über alle Dinge ist und zu Dem ihr zurückgebracht werdet!“ (Yā-sīn, 36:82-84; Anm. d. Ü.)
jener Körper viel feiner als der erste Körper ist. Er erlebt viele Visio- nen und alle Realitäten des Jenseits werden so wie sie sind sichtbar für ihn. Missetäter erleiden dann nicht nur eine körperliche Qual, son- dern auch ein Leiden der Verzweiflung. Somit ist es ein feststehendes Prinzip des Islam, dass auch die Qual oder der Trost des Grabes durch einen Körper erfahren wird, und dies ist auch insofern das, was die Vernunft verlangt, als die spirituellen Fähigkeiten des Menschen sich ohne einen Körper nicht manifestieren.
(Kitābu l-bariyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 13, S. 70-71)
Das Jenseits ist eine Reflexion dieser Welt und die Folgen von Glauben und Unglauben, die in dieser Welt spirituell in Erscheinung treten, werden im Jenseits physisch in Erscheinung treten. Gott, der Glorreiche, hat gesagt:
205 یمٰ ع
َا ةِ رَ خ
اٰ ۡلایفِ وَ ہُ َفیمٰ ع
َا ۤہٖ ذِ ھٰ یۡ فِ ناَکنم
Wer aber blind ist in dieser Welt, der wird auch im Jenseits blind sein.
Wir sollten hierüber nicht überrascht sein und darüber nach- denken, wie geistige Dinge in einem Traum personifiziert werden, während diese Sache noch überraschender in einer Vision ist, wenn spirituelle Dinge vor unseren Augen eine physische Gestalt anneh- men. Sehr oft trifft man bei vollem Wachsein jene Seelen, die aus dieser Welt geschieden sind, und sie erscheinen in ihren ursprüngli- chen Körpern, Kleidung dieser Welt tragend, und sie sprechen, und auf Gottes Geheiß übermitteln die Heiligen unter ihnen Kunde über
205 Banī Isrāʾīl 17:73. (Anm. d. Ü.)
die Zukunft, und jene Kunde wird in der Tat erfüllt. Oft erscheint bei vollem Wachsein in einer Vision ein süßes Getränk oder etwas Obst vor einem, welches sehr köstlich ist. Dieser Demütige hat Erfahrung von all diesem. Ich habe persönliche Erfahrung, dass eine köstliche Speise oder Obst oder süßes Getränk sichtbar ist und einem von einer verborgenen Hand in den Mund gelegt wird und man dessen köstli- chen Geschmack genießt, während man sich mit anderen Menschen zu unterhalten fortfährt und seine Sinne fortfahren zu wirken. Dies ist keineswegs eine Einbildung oder substanzlose Fantasie. Stattdessen Allah, Dessen Stellung ist:
206 ۨمُ یۡ ِلعَ قٍ ۡلخ لِّ کُ ِب
Er zeigt beispielhaft eine Art von Schöpfung und Geburt in dieser Welt.
In jedem Zeitalter wird dies von jenen bezeugt, die Einsicht be- sitzen. Warum sollte man sich über die personifizierte Schöpfung wundern, die im Jenseits gesehen wird, wenn die Waage der Taten geschaut und die schmale Brücke gesehen wird und viele spirituelle Dinge physische Formen annehmen? Liegt es jenseits der Macht Des- sen, Der dieses System der personifizierten Schöpfung jenen mit Ein- sicht in dieser Welt zeigte, es auch im Jenseits in Erscheinung treten zu lassen? Diese Personifizierungen haben eine Beziehung zum Jenseits. Wenn diese personifizierte Schöpfung gezeigt wird, um Menschen in dieser Welt, die kein Ort der Manifestation vollkommener Loslösung ist, zu läutern, warum sollte sie im Jenseits, welcher ein Zustand voll- endeter und vollkommener Loslösung von der Welt ist, nicht sichtbar werden.
Man sollte bedenken, dass all jene Wunder, von denen ein Ver-
206 „...denn Er kennt jegliche Schöpfung.“ (Yā-sīn, 36:80; Anm. d. Ü.)
schleierter in den sich auf das Jenseits beziehenden Versen des Hei- ligen Qur‘an liest, einer Einsicht besitzenden Person schon in dieser Welt enthüllt werden. Jene, deren Einsicht nicht bis zur Wirklichkeit durchdringt, wundern sich über diese Aussagen und oft entstehen in ihren Sinnen diesbezügliche Einwände, dass ihnen all diese Dinge als der Wahrheit und Vernunft zuwider scheinen, so wie das Sitzen Got- tes, des Allmächtigen, auf seinem Thron am Tage des Jüngsten Ge- richts, wie das Stehen von Engeln in Reihen, das Wiegen der Taten in Waagschalen, das Überqueren der schmalen Brücke von Menschen, das wie ein Schaf Schlachten des Todes nach dem Urteil, das Erschei- nen von Taten wie schöne oder hässliche Menschen und das Fließen von Strömen von Milch und Honig im Paradies usw.
(Malfūẓāt, vol. III, S. 61-62)
Der Zustand des Menschen nach dem Tode ist nicht ein völlig neu- er; er ist vielmehr eine vollkommene Wahrnehmung und ein volles und klares Abbild der Zustände im irdischen Leben. Wie es um den Menschen im Leben hienieden mit seinem Glauben oder seinen Ta- ten – den guten oder den schlechten – wirklich bestellt ist, bleibt in diesem Leben einfach in ihm, und ihr Gift oder Gegenmittel üben nur eine geheime Wirkung auf den Betreffenden aus.
Im Jenseits aber wird dem nicht so sein, sondern alles wird offen- kundig und klar ans Tageslicht kommen. Zum Beispiel können wir die Art und Weise betrachten, in der der Mensch einen Traum sieht, wor- in er eine Verkörperung dessen wahrnimmt, was in seinem Tempera- ment überwiegt. Wenn er zum Beispiel vor einem schweren Fieberan- fall steht, mag er in einem Traum flammendes Feuer sehen, während er bei grippeähnlichen Erkältungen oder Katarrh ein Traumgesicht erlebt, worin er sich im Wasser befindet. Wenn sich im Körper eine gewisse Krankheit vorbereitet, kommt dieser innere Zustand durch einen Traum zum Ausdruck. Durch die Art und Weise der Wandlung
der inneren Zustände in physische durch Träume können wir uns vor- stellen, wie sich die geistigen Zustände dieses Lebens im nächsten Le- ben verkörpern werden. Im Jenseits werden unsere Taten und deren Folgen eine bestimmte Gestalt annehmen und manifest werden und das Verborgene, das wir von dieser Welt mitnehmen werden, wird auf unseren Gesichtern sichtbar sein.
Diese Verkörperung unserer inneren Zustände wird der Wirklich- keit entsprechen, wie wir auch das Traumgesicht als Realität betrach- ten und an dessen Wirklichkeit nicht zweifeln. Da diese Wahrneh- mung durch Bilder eine neue und vollkommene Manifestation Gottes ist, vollkommen und absolut, da Er der Allmächtige ist, können wir dies genauso gut eine neue Schöpfung – und keine Darstellung gewis- ser Tatsachen – nennen, die durch die mächtige Hand Gottes zustande kommt. Gott sagt:
207
نٍ ُیع
َاةِ رَّ ُقن
مّ مۡ ُہَلیَ فِ خۡ ُاۤامَ
سفۡ َنمُ َلعۡ َتاَلَف
Das heißt, keine Seele (die Gutes wirkt) weiß, was für Augenweide für sie verborgen ist als Lohn für ihre Taten.
So stellt Gott all diese Segnungen als etwas Verborgenes dar, das keine Ähnlichkeit mit dem Irdischen aufweist. Es ist augenfällig, dass die materiellen Dinge dieser Welt für uns kein Geheimnis sind. Nicht nur kennen wir Milch, Granatäpfel, Trauben etc., sondern wir kosten sie auch. Die Früchte des Paradieses haben somit nichts mit diesen ge- meinsam außer dem Namen. Wer das Paradies als einen Ort ansieht, wo die irdischen Dinge in großer Menge zu bekommen wären, der hat kein einziges Wort des Heiligen Qur‘an verstanden.
(Islāmī uṣūl kī filāsafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 396-398 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 169f)
207 „Doch niemand weiß, was für Augenweide für sie verborgen ist.“ (As-Saǧda, 32:18; Anm. d. Ü.)
Der Qur‘an hat in der Regel die Zustände des Menschen nach dem Tode in drei Arten eingeteilt. Es sind dies die drei Erkenntnisse über das Jenseits, die wir hier nun einzeln behandeln werden.
Der Qur‘an hat wiederholt festgestellt, dass das Leben nach dem Tode kein neues Leben darstellt, sondern nur ein Abbild und eine Wahrnehmung des gegenwärtigen Lebens ist. So erklärt er:
208 ارً وۡ شُ ۡنم
هىقٰ ۡلَّی ابً تٰ ِکةِ مَ یٰ قِ ۡلامَ وۡ َیہٗ َلجُ رِ خۡ نُ وَ ؕهٖ قِ نُ ع
یۡ فِ ہٗ رَ ئِ طٰٓ ه
نٰ مۡ زَ ۡ لَاناسَ ۡ ناِ لَّ ُکو
Das heißt, einem jeden Menschen haben Wir die Folgen seiner Werke an den Nacken geheftet; und am Tage der Auferstehung wer- den Wir diese verborgenen Folgen sichtbar machen und ihm ein Buch vorlegen, das er entsiegelt finden wird.
Das in diesem Vers vorkommende Wort ṭāʾir (Werke) muss näher betrachtet werden. Ṭāʾir bedeutet wörtlich Vogel und ist in diesem Satz bildlich verwendet worden für die Werke des Menschen; denn jede Tat – eine gute oder schlechte – entfliegt wie ein Vogel, nachdem der Mensch sie vollbracht hat. Das Leid oder die Freude, die der Mensch nach einer Tat spürt, schwindet, doch hinterlässt die Tat ein Gepräge im Herzen – ein gutes oder ein schlechtes – von Fall zu Fall.
Der Qur‘an hat den Grundsatz offenbart, dass jede Handlung einen geheimen Abdruck im Herzen des Menschen hinterlässt und eine entsprechende Tat Gottes zur Folge hat, die das Gute bzw. das Schlechte der menschlichen Handlung aufbewahrt und ihr Gepräge nicht nur im Herzen hinterlässt, sondern auch auf dem Gesicht, in den Augen, Ohren, Händen und Füßen. Das erwähnte Buch, in welchem
208 Banī Isrāʾīl, 17:14. (Anm. d. Ü.)
jede Tat aufgezeichnet wird, auch wenn dem menschlichen Auge ver- borgen, wird sich im Jenseits öffnen.
Über die in den Himmel Eingehenden heißt es an einer anderen Stelle:
209
مۡ ِہِنامَ ۡیَاِبوَ مۡ ِہۡیدِ ۡیَا ن
ۡیَبمۡ ُہرُ وۡ ُنیعٰ سۡ َ یت
نٰ مِ ؤۡ مُ ۡلاوَ ن
ۡینِ مِ ؤۡ مُ ۡلایرَ َتمَ وْ َی
Das heißt, an jenem Tage wirst du die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen sehen, inmitten der Lichtstrahlen ihres Glaubens, die in diesem Leben verborgen waren, vor ihnen und zu ihrer Rechten hervorbrechen.
Über die Ungerechten heißt es an einer anderen Stelle:
210 ۔نَ وۡ مُ َلعۡ َتفوۡ س الََّ ک۔رَ ِباقَ مَ ۡلا مُ ُترۡ زُ یتّٰ ح ۔رُ ُثاکَ تّ لا مکہٰ ۡلاَ
ۡ َ َ
۔مَ یۡ حِ َجلا نَّ وُ رَ َتَل۔نِ ۡیقِ یَ ۡلا ُمَ ۡلعِ نَ وۡ مُ َلعۡ َتوۡ َلاّلَک۔نَ وۡ مُ َلعۡ َ َتفَ َ وۡ سَ اّلَک مَّ ُث
ِمیۡ عِ نّ لانِ ع
ذٍ ئِ مَ وۡ َینَ
لَٔـسۡ ُتَلمَّ ُث۔نِ ۡیقِ یَ ۡلان
ۡیع
اہَ ّنوُ ر
تَلمَّ ُث
Das heißt, das Streben um die Wette nach weltlicher Mehrung lenkt euch ab von der Suche nach dem nächsten Leben, bis ihr die Gräber erreicht. Stürzt euch nicht in die weltlichen Dinge. Ihr werdet es bald erfahren, dass die Liebe zur Welt nicht gut ist. Ich sage euch nochmals, dass ihr es bald erfahren werdet, dass die Liebe zur Welt nicht gut ist. Wüsstet ihr es nur mit tiefem Wissen, ihr würdet die Hölle schon in diesem Leben gesehen haben. Ja, doch ihr sollt sie sicherlich sehen in der Zwischenzeit zwischen Tod und Auferstehung mit dem Auge der Gewissheit. Dann, am Tage der Auferstehung, werdet ihr zur Rechen- schaft gezogen werden und die Strafe wird euch auferlegt werden
209 Al-Ḥadīd, 57:13. (Anm. d. Ü.)
210 At-Takāṯur, 102:2-9. (Anm. d. Ü.)
und ihr werdet die Hölle am eigenen Leib erfahren.
(Islāmī uṣūl kī filāsafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 400-402 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 173-176])
Die zweite Erkenntnis, die der Heilige Qur‘an hinsichtlich des zweiten Lebens anführt, ist, dass die geistigen Tatsachen dieses Le- bens im Jenseits verkörpert werden, seien sie nun in barzaḥ oder bei der endgültigen Auferstehung. Eine der Stellen des Qur‘an hierüber lautet:
211 اًلیۡ بِ س
لُّ ضَ َاوَ یمٰ ع
َا ةِ رَ خ
اٰ ۡلایفِ وَ ہُ َفیمٰ ع
َا ۤہٖ ذِ ھٰ یۡ فِ ناَکنم
Das heißt, wer blind ist in dieser Welt, der wird auch im Jenseits blind sein. Mit anderen Worten, die geistige Blindheit dieses Lebens wird im nächsten Leben augenfällig werden und wie die richtige Blindheit in Erscheinung treten.
Weiter sagt der Heilige Qur‘an:
212 ہُ وۡ لُّ غُ َف ہُ ۡ وۡ ذُ خ
ہُ وۡ لّ ص مَ یۡ حِ َجلا مَّ ُث
ہُ وۡ کلساف اعارَ ذِ نَ وۡ عُ بۡ سَ اہَ عرۡ ذ
ةٍ لسِ لسِ یۡ فِ مَّ ُث
Das heißt, ergreifet ihn (den für die Hölle Bestimmten), und fes- selt ihn um den Nacken, dann verbrennt ihn in der Hölle. Dann legt ihn in eine Kette, deren Länge siebzig Ellen ist. Hier muss beachtet werden, dass die seelische Folter dieser Welt als körperliche Strafe im
211 Banī Isrāʾīl, 17:73. (Anm. d. Ü.)
212 Al-Ḥāqqa, 69:31-33. (Anm. d. Ü.)
Jenseits geschildert worden ist. Die erwähnte Kette zum Beispiel stellt die weltlichen Wünsche dar, die den Menschen der Erde zugeneigt machen und die dann eine handgreifliche Form annehmen werden. So wird die Verwicklung des Menschen in weltliche Angelegenhei- ten im Jenseits als Fesseln an den Füßen erscheinen. Das Brennen der weltlichen Begierden wird offenbar als flammendes Feuer in Erschei- nung treten. Der Lasterhafte trägt in der Tat selbst hienieden eine Hölle von Leidenschaften und unauslöschbaren irdischen Wünschen mit sich herum und empfindet das Brennen dieser Hölle bei jedem Misserfolg und bei jeder Enttäuschung. Wenn er aber von seinen welt- lichen Wünschen getrennt und einer dauernden Hoffnungslosigkeit unterliegen wird, wird Gott diese unerfüllten Begierden die Gestalt brennenden Feuers annehmen lassen, wie es steht:
213
نَ وۡ ہُ تَ شۡ َ یامن
ۡیَبوَ مۡ ُہنَ یۡ َبلَ یۡ حو
Das heißt, ein Abgrund wird gelegt werden zwischen ihnen und dem, wonach sie begehren – und dies wird der Anfang der Pein sein. Das Binden mit einer Kette, deren Länge siebzig Ellen ist, ist ein Hinweis darauf, dass der Sündige oft ein Alter von siebzig Jahren erreichen mag, und dieser Unglückselige verbringt seine siebzig Jahre meistens eingebunden in weltlichen Angelegenheiten. Manchmal genießt er so- gar volle siebzig Jahre seines Lebens, wenn wir auch von den Jahren seiner Kindheit und der seiner Altersschwäche absehen. Diese siebzig Jahre, während derer er gut in Weisheit, Eifer und Fleiß hätte wirken können, vergeudet aber der Unglückliche durch die Verwicklung mit der Welt und will sich von der Kette seiner Begierden nicht losma- chen, und demzufolge wird die Kette seiner Sünden, denen er sich für siebzig Jahre lang ergab, in einer Kette verkörpert werden, deren
213 Sabā, 34:55. (Anm. d. Ü.)
Länge siebzig Ellen ist – jede Elle steht also für ein Jahr seines Lebens. Gott der Allmächtige fügt dem Menschen von Sich aus kein Unglück zu, sondern Er legt einfach dem Menschen seine eigenen schlechten Taten vor.
Diese göttliche Regel treffen wir im Heiligen Qur‘an in den folgen-
den Worten an:َ َ
ۡ َ َ
َ َ ٰ
ۤۡ َ
214 ب
ھللانم
یۡ نِ غیالو لٍ یِلظ ال۔ب
عشث
لثیذِ لٍ ظِ یلاِ اوقِلطنا
O ihr Verruchten und Irregegangenen! Geht hin zu einem Schatten, der drei Wandlungen hat, die keine Erleichterung vor der Hitze bieten, noch vor der Flamme schützen. Die hier erwähnten drei Wandlungen (oder drei Zweige) stellen die Bestialität, Wildheit und der Zweifel dar. Jene, die diese Veranlagungen nicht mäßigen und sie nicht ins Moralische verwandeln, werden am Jüngsten Tag ihren Zustand im Bild dreier entlaubter Zweige sehen, die vor der Hitze keinen Schutz gewähren. Folglich werden solche Menschen in der Hitze verbrennen. Die gleiche Regel über die Bewohner des Paradieses erläutert der all- mächtige Gott im Qur‘an folgendermaßen:
215
مۡ ِہِنامَ ۡیَاِبوَ مۡ ِہۡیدِ ۡیَا ن
ۡیَبمۡ ُہرُ وۡ ُنیعٰ سۡ َ یت
نٰ مِ ؤۡ مُ ۡلاوَ ن
ۡینِ مِ ؤۡ مُ ۡلایرَ َتمَ وۡ َی
Das heißt, an jenem Tag wirst du die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen sehen, indes die Strahlen ihres Lichtes, die in der Welt verborgen waren, vor ihnen und zu ihrer Rechten hervorbrechen.
214 Al-Mursalāt, 77:31-32. (Anm. d. Ü.)
215 Al-Ḥadīd, 57:13. (Anm. d. Ü.)
In einem anderen Vers sagt Er:
216 ہٌ وْ جُ وُ دُّ وَ سْ َ توَ ہٌ وۡ جُ وُ ضُّ یَ بۡ َتمَ وۡ َّی
Das heißt, an diesem Tag werden manche Gesichter weiß und hell sein und manche schwarz.
Weiter:
217 ن
مّ رٌ ہٰ ۡنَا وَ ۚنٍ سِ اٰ رِ ۡیغ
ءآمَ
نمّ
رٌ ہٰ ۡنَاَ ۤاہَ یۡ فِ ؕنَ وۡ قُ تَّ مُ ۡلادَ ع
وُ یۡ تِ َّلاةِ نَّ َجلاَ لُ ثَ َم
یفًّ صَ مُ
لٍ سَ ع
نمّ
رٌ ہٰ ۡنَاوَ ۬ۚن
ۡیِبرِ شٰ لِّل ةٍ ذّ َّل رٍ مۡ خنمّ
رٌ ہٰ ۡنَاوَ ۚهٗ مُ عۡ ط
رۡ ّیغَ تَ َی مۡ ّلنٍ َبّل
Das heißt, der Garten, der den Rechtschaffenen verheißen ward, ist so, als wären in ihm Ströme von Wasser, das nicht verdirbt, und Strö- me von Milch, deren Geschmack sich nicht ändert, und Ströme von Wein, der nicht berauscht, köstlich für die Trinkenden, und Ströme geläuterten, reinen Honigs. Hier wird eindeutig klargestellt, dass das verheißene Paradies gleichnishaft eine Kundgebung der unendlichen Ozeane aller erwähnten Segnungen ist. Das Wasser des Lebens, das der Gotteserkenner in dieser Welt nur bildlich trinkt, wird im Jenseits als Strom erscheinen; die geistige Milch, die ihn im Leben hienieden wie ein Kind ernährt, wird dort ein Fluss von Milch werden; der Wein der Liebe Gottes, der ihn in dieser Welt berauschte, wird ihm im Pa- radies in der Form von Strömen von Wein begegnen; und der süße Honig des Glaubens, den der mit Gotteserkenntnis Begabte hienieden geistig genoss, wird ihm im Himmel in sichtbaren Strömen zufließen. Jeder Bewohner des Himmels wird seinen geistigen Zustand durch
216 Āl-e ʿImrān, 3:107. (Anm. d. Ü.)
217 Muḥammad, 47:16. (Anm. d. Ü.)
seine Gärten und Ströme offen kundtun und selbst Gott wird Sich an jenem Tage den Bewohnern des Paradieses ohne verhüllende Schleier zeigen. Die geistigen Zustände des Menschen werden also nicht mehr verborgen bleiben, sondern physisch zutage treten.
Die dritte Erkenntnis liegt darin, dass die Möglichkeiten zur Ver- vollkommnung für den Menschen im Jenseits keine Grenzen kennen werden.
Das Wort Gottes berichtet:
218 مۡ ِہِنامَ ۡیَاِبوَ مۡ ِہۡیدِ ۡیَان
ۡیَبیعٰ سۡ َ ی مۡ ُہرُ وۡ ُن ۚهٗ عَ ماوۡ ُنۤ مَ اٰ ن
ۡیذِ َّلاو
رٌ ۡیدِ َقءٍ یۡ ش
لِّ ُکیٰلعَ ک
َّناِ ۚانَ َلرۡ ِفغاوَ اَنرَ وۡ ُنانَ َل مۡ مِ ۡتَاانَ َّبر
نَ وۡ ُلوۡ قُ َی
Das heißt, das Licht der Gläubigen wird vor ihnen her eilen und zu ihrer Rechten leuchten. Sie werden ständig sprechen, „unser Herr, ma- che unser Licht für uns vollkommen und nimm uns in Deinen Schutz, denn Du vermagst alle Dinge zu tun.“ Dieser unaufhörliche Wunsch nach Vervollkommnung ihres Lichtes weist auf den unendlichen Fort- schritt im Jenseits hin. Denn, wenn die Bewohner des Paradieses eine Stufe der vollkommenen Erleuchtung erreicht haben werden, werden sie eine höhere Stufe sehen und wünschen, diese auch zu erreichen, da die bisherige Stufe in ihren Augen nun als unvollkommen gelten wird. Wenn sie aber den nächsten Rang erlangt haben werden, wer- den sie eine noch höhere, dritte Stufe der Vollkommenheit erblicken, und so werden sie immerwährend für die Erreichung der höheren und noch höheren Stufen beten. Diese unablässige Sehnsucht nach
218 At-Taḥrīm, 66:9. (Anm. d. Ü.)
Vollkommenheit ist es, was die Worte Mache unser Licht für uns voll- kommen enthalten.
Kurz, diese Kette der Entwicklung wird kein Ende finden, und sie werden keinen Schritt zurückweichen, noch jemals aus dem Paradies ausgewiesen werden, sondern sie werden jeden Tag vorwärts gehen. Die Frage stellt sich, wozu denn die Bitte um Vergebung (oder Schutz, wie das arabische Wort maġfirat heißt), nachdem die Rechtschaffenen das Paradies betreten und damit die Vergebung Gottes bereits erfah-
ren haben?
Die Antwort liegt im Wort maġfirat selbst, welches bedeutet: einen unzulänglichen und mangelhaften Zustand unterdrücken und zudecken.
Die Bewohner des Paradieses werden ständig um Erreichung des Zustandes der Vollkommenheit und um ihre vollständige Versunken- heit ins Licht bitten. Da sie ewig aufwärts gehen werden, werden sie jede Stufe als unvollkommen ansehen im Vergleich zu der höheren, nach der sie trachten und deshalb zu Gott beten, den unvollkomme- nen Zustand zu beheben und ihnen den weiteren Aufstieg zu ermög- lichen. Ihr Begehren nach maġfirat oder der Unterdrückung der un- vollkommenen Zustände wird daher unstillbar sein, da ihr Fortschritt in gleicher Weise unbeschränkt ist.
Der Vers wirft Licht auf die wahre Bedeutung des Wortes istiġfār (d. h. um Vergebung oder Schutz bitten). Manche Unwissende wenden sich gegen dieses Wort im Qur‘an in Bezug auf den Heiligen Propheten (und meinen, er habe gesündigt und darum habe er um Vergebung gebeten). Wir hoffen, dass es bislang verständlich gemacht werden konnte, dass der Wunsch nach istiġfār eigentlich der Stolz des Men- schen ist. Wer von einer Frau geboren ist und nicht immer wieder zu istiġfār zurückkehrt, ist kein Mensch, sondern ein Wurm. Er ist blind und sieht nicht; er ist unrein und nicht lauter.
(Islāmī uṣūl kī filāsafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 408-413 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 184-190])
Was ist das Ziel der Religion? Es ist, dass der Mensch, im Besitz der Gewissheit des Glauben an die Existenz des allmächtigen Gottes, die Befreiung von den Leidenschaften des Egos erwirbt und eine persön- liche Liebe zu Gott entwickelt. Das ist das Paradies, das im Jenseits auf verschiedene Weise offenbart wird. Über den wahren Gott in Un- kentnis zu bleiben und sich von Ihm fernzuhalten und keine wahre Liebe für Ihn zu empfinden, ist die Hölle, die im Jenseits auf verschie- dene Weise manifestiert wird.
(Chašma masīḥī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 352)
Die Realität von Himmel und Hölle, die vom Heiligen Qur‘an dar- gelegt worden ist, ist von keinem anderen Buch dargelegt worden. Er hat deutlich angezeigt, dass dieses System schon in diesem Leben beginnt. Es heißt:
219 ن
تٰ نَّ ج
هٖ ِّبر
ماقَ م
فاخن
مَ ِل و
Für den aber, der sich vor der Gegenwart seines Herrn fürchtet, werden zwei Gärten sein.
Ein Garten wird schon in dieser Welt erlangt. Die Gottesfurcht hält einen Menschen von Laster ab. Laster nachzugehen erzeugt Unruhe
219 Ar-Raḥmān, 55:47. (Anm. d. Ü.)
und Sorge im Herzen, was eine fürchterliche Hölle ist. Derjenige, der Gott fürchtet, meidet Laster und entrinnt der Pein, die von der Sklave- rei der Leidenschaften erzeugt wird, und macht Fortschritte in Treue und der Zuwendung zu Gott, wodurch ihm Entzücken und Wonne verliehen werden und sein himmlisches Leben somit schon in dieser Welt beginnt.
(Malfūẓāt, vol. III, S. 155-156)
ۡ ۢ
220 دابَ عِ لاِبف
وۡ ءُ ر
هُ ّللاوَ ؕهِ ّللاتاض
رۡ َمءآغَ تِ ۡباه
سَ فۡ َنی
رِ شۡ َّینم
سانّ لانمو
Das heißt, unter den Menschen sind jene Typen der Vollkommen- heit, die sich auf der Suche nach dem Wohlgefallen Gottes verlieren, die ihr Selbst sozusagen verkaufen im Trachten nach dem Wohlgefal- len Gottes; auf sie steigt die Barmherzigkeit Gottes herab.
Ähnlich ist der Fall desjenigen, der die Stufe der geistigen Voll- kommenheit erreicht hat, indem er sein Selbst auf dem Pfade Gottes opfert. Gott sagt in diesem Vers, dass ein Mensch, der sich dem Willen Gottes hingibt und durch seine Aufopferung seine völlige Hingabe an Gott beweist, von allen Beschwerden befreit wird. In den Augen eines solchen Menschen besteht der Zweck seines Daseins nur im Gehorsam gegenüber Ihm und im Dienst an den Mitmenschen. Jede ihm innewohnende Kraft ist mit der Durchführung des reinen Guten beschäftigt, und zwar getragen von aufrichtigem Eifer, von Interesse und Freude, als ob er im Spiegel seines Gehorsams und seiner Erge- benheit seinen wahren Geliebten erblickte.
Seine Absicht stimmt mit derjenigen Gottes überein und seine gan- ze Wonne besteht nur im Gehorsam zu Ihm. Er vollbringt gute Taten nicht als auferlegte Bürde, sondern seine Natur fühlt sich zu dieser Richtung hingezogen, und seine höchste Freude und Glückseligkeit
220 Al-Baqara, 2:208. (Anm. d. Ü.)
liegt im Vollbringen der Tugend. Dies ist das Paradies auf Erden, welches dem geistigen Menschen beschieden wird und dessen Abbild oder Schatten das versprochene Paradies sein wird – das Sinnbild für Got- tes Allmacht im Jenseits.
Darauf weist Gott in den folgenden Versen hin:
221 نتٰ نَّ ج هٖ ِّبر مَاقَ ُمفاُخَ ٰنمَ ِل و
َ 222 ارً وۡ ہُ طََ اًبارۡ َ َش مۡ ہُّبر مۡ ہقۡس و َ
۔ارً وۡ فاک اۡ ہَ َ جَ اَ زَ مِۡ ناکَ سّٰاکنُ منَ وۡ ُبَرَ شَُی راۡرَ َ ۡباً لا نَّ ا
ۡ 223 ۔اٰ ر
یُ جِ فَ تاہنً ورُ َجِّ فُیهًِ للاداۡ بََ عِ َ اہِبَبرَ َ شَ ّیانۡیۡ َ ع
224 الیۡ بِ سَ لسَ یمّ سَ ۡ تاہیَۡ فِ اً ٰنۡیۡ َ ع۔۠ َ الیٰۡ بِ جنَ زۡ اہٰ جازۡ مِ ناۡکاَ سًۡ اَ کۤ اَّ ہیۡ فِ نوۡ قسۡ یو
ً225 ارً ُّ یعَِ سَ وّ اللۡ غَاوَ السِ ٰ لۡ سَ نیِرِفکَ لۡ ِلَ انۤ دتٰ عا اناِ
226 الیۡ بِ س لضاوَ یمٰ عا ةِ رَ خالایفِ وَ ہُ فیمٰ عا ہٖ ذِ ھیۡ فِ ناکنمو
Für den aber, der das Stehen vor seinem Herrn fürchtet, und Ehr- furcht vor Seiner Größe und Majestät empfindet, werden zwei Para- diese sein – eines hienieden und das andere im Jenseits.
Diejenigen, die sich in der Betrachtung der göttlichen Herrlich- keit verloren haben, hat ihr Herr mit einem reinen Trunk gelabt, der ihre Herzen, Gedanken und Absichten geläutert hat.
Die Rechtschaffenen trinken aus einem Becher, dem Kampfer
221 Ar-Rahmān, 55:47. (Anm. d. Ü.)
222 Ad-Dahr, 76:22. (Anm. d. Ü.)
223 Ad-Dahr, 76:6-7. (Anm. d. Ü.)
224 Ad-Dahr, 76:18-19. (Anm. d. Ü.)
225 Ad-Dahr, 76:5. (Anm. d. Ü.)
226 Banī Isrāʾīl, 17:73. (Anm. d. Ü.)
beigemischt ist. Sie trinken aus einer Quelle, die sie selbst haben her- vorsprudeln lassen.
Das Wort Kampfer (kāfūr) in diesem Vers ist, wie schon erklärt, von kafara abgeleitet, welches im Arabischen unterdrücken und zudecken bedeutet und darauf hinweist, dass sie so ausgiebig aus dem Becher der Loslösung von der Welt und der Hinwendung zu Gott getrunken haben, dass ihre Liebe zur Welt vollständig ausgelöscht worden ist.
Bekanntlich keimen alle Leidenschaften im Herzen, und wenn das Herz von Unreinheiten weit entfernt ist und keinen Gedanken daran verschwendet, dann nehmen die Leidenschaften allmählich ab, bis sie zuletzt absterben. Das ist der Sinn dieses Verses, nämlich, jene, die sich Gott vollständig zuwenden, entfernen sich in gleichem Maße von der Herrschaft der selbstsüchtigen Leidenschaften. Daher werden die Herzen der Gerechten kühl bleiben im Feuer der Leidenschaft, und ihre Leidenschaften werden vollständig unterdrückt, wie die Unter- drückung der Wirkung giftiger Stoffe durch Kampfer.
Der Vers besagt weiter, dass, nachdem sie vom Becher getrunken haben, dem Kampfer beigemischt ist, ihnen dort ein anderer Becher zu trinken gereicht werden wird, dem zanǧabīl (Ingwer) beigemischt ist. Das arabische Wort zanǧabīl besteht aus zwei Bestandteilen: zana und ǧabal. Der erste Teil bedeutet: aufsteigen, während der letztere Berg heißt. Das zusammengesetzte Wort heißt also: er stieg auf den Berg. Es sei daran erinnert, dass man nach einer Vergiftung bzw. Infektion zwei Etappen durchlaufen muss, bevor man zur vollständigen Wiederher- stellung der Gesundheit gelangt. In der ersten Etappe sind die giftigen Keime vollständig ausgerottet, die Heftigkeit des Anfalls schwächt sich ab, die Auswirkungen der Giftstoffe sind im Abflauen und die verhängnisvolle Aufwallung ebbt ab. Aber die Körperglieder sind noch schwach und die Schwäche schwindet nicht so rasch. Der Pati- ent ist noch nicht bei vollen Kräften; noch immer geht er unsicher. Erst auf der zweiten Etappe der Erholung erlangt er seine Kräfte wieder.
Sein Körper erstrahlt in Lebenskraft und Regsamkeit und er hat Mut und Kraft, selbst einen steilen Berg zu erklimmen, und freudig und furchtlos erklettert er die Höhen. Dies ist der geistige Zustand, den der Mensch auf der dritten Stufe seiner Entwicklung erreicht. Es ist auf dieser Stufe, wo der allmächtige Gott von den vollkommenen Ge- rechten sagt, dass ihnen von einem Becher zu trinken gegeben wird, dem Ingwer beigemischt ist, d. h. nachdem sie volle geistige Kräfte erlangt haben, sind sie fähig, steile Bergpfade zu ersteigen, außeror- dentlich schwierige Aufgaben zu erfüllen und erstaunliche Opfer auf dem Pfade Gottes zu vollbringen.
In der Medizin ist zanǧabīl oder Ingwer die Wurzel einer Pflan- ze, die die natürliche Wärme des menschlichen Körpers fördert und Magenbeschwerden sowie auch Durchfall stoppt. Diese Pflanzenwur- zel bekommt den Namen zanǧabīl deshalb, weil sie den schwachen Körper stärkt, innere Wärme erzeugt und so den Menschen befähigt, steile Höhen zu erklimmen. Durch diese Gegenüberstellung der zwei Verse, die die beiden Wörter – kāfūr (Kampfer) und zanǧabīl (Ingwer) – enthalten, will Gott uns auf die zwei Stufen aufmerksam machen, die man überwinden muss, um von dem primitiven Zustand der Abhän- gigkeit von den Leidenschaften zur Höhe der Tugend und Rechtschaf- fenheit überzugehen. Die erste Reaktion ist, dass die Wirkung der giftigen Stoffe unterdrückt wird und die Wellen der Leidenschaften verebben – genauso wie Kampfer das Gift unterdrückt. Er ist ebenso nützlich bei Cholera wie bei Typhus. Wenn die Wirkung der giftigen Stoffe vollständig unterdrückt wird, und der Patient seine Gesundheit wiedererlangt bis zu einem Zustand, wo er sich noch immer schwach fühlt, dann beginnt die zweite Etappe, in der der Ingwer die Wir- kung eines Stärkungsmittels im System des geschwächten Patienten erzeugt. Im geistigen Sinne ist der Ingwer-Trunk die Manifestation der Schönheit und Herrlichkeit Gottes, die die Seele ernährt. Gestärkt durch diese Manifestation der Schönheit und Herrlichkeit Gottes ist
der Mensch imstande, steile Höhen zu erklimmen. Er vollbringt für die Sache Gottes solch erstaunliche Heldentaten, die niemand ohne eine hingebungsvolle Liebe im Herzen vollbringen kann. Gott der Allmächtige hat hier Gebrauch von zwei Ausdrücken der arabischen Sprache gemacht, um dem menschlichen Begriff die zwei Stufen nä- herzubringen, nämlich kāfūr (Kampfer) oder das, was (die Wirkung der giftigen Stoffe) unterdrückt, und zanǧabīl (Ingwer), welches heißt, die Höhen erklimmen. Die Gottessucher durchlaufen diese beiden Etap- pen.
Die angeführten Verse führen weiter aus:
227 ارً ۡیعِ س
وَّ اًلٰلغۡ َاوَ ا۠ َلسِ ٰلسَ ن
ۡیِرِفک
ۡلِل اَندۡ تَ ع
َاۤاَّنِا
Wir haben für die Ungläubigen Ketten, eiserne Nackenfesseln und ein flammendes Feuer bereitet.
Der Vers bedeutet, dass denjenigen, die Gott nicht aufrichtig su- chen, durch die Gesetze Gottes ernste Folgen drohen. Sie sind in weltlichen Angelegenheiten so verwickelt, als ob ihre Füße gefesselt wären. Sie beugen sich unter den weltlichen Sorgen so tief, dass sie Nackenfesseln um ihren Hals zu tragen scheinen, die es ihnen nicht erlauben, mit aufrechtem Kopf zum Himmel hinaufzuschauen. Ihre Herzen brennen für sinnliche Wünsche und Begierden und sie küm- mern sich fortwährend darum, mehr Geld zu verdienen, ihren Reich- tum zu vermehren, Herrschaft über andere Gebiete zu erlangen oder einen Feind zu besiegen. Da sie sich in den Augen Gottes als unwür- dige Menschen erweisen, die nur Schlechtes verfolgen, liefert sie Gott den drei Leiden aus (Ketten, Nackenfesseln und Feuer).
Wir haben hier einen Hinweis darauf, dass jeder Tat des Menschen eine entsprechende Tat Gottes folgt. Wenn man zum Beispiel alle Tü-
227 Ad-Dahr, 76:5. (Anm. d. Ü.)
ren und Fenster seines Zimmers verschließt, ist die eintretende Fins- ternis eine Tat Gottes. Eigentlich ist alles, was wir als die natürlichen Folgen unserer Handlungen ansehen, die Tat Gottes; denn Gott ist die Ursache der Ursachen. Das Gift zu sich zu nehmen ist die Tat des Menschen, aber diese Handlung zieht Tod nach sich, welches als die Tat Gottes oder die natürliche Folge zu bezeichnen ist. Begeht man et- was Unsittliches, was eine ansteckende Krankheit hervorruft, so muss man die Folgen, die eine Tat Gottes sind, davon tragen. Wie in der materiellen Welt, so auch in der geistigen gilt die Regel, dass jede Tat nach einer entsprechenden Wirkung ruft; und diese Folge ist jeweils die Tat Gottes. Darauf weist Gott an zwei verschiedenen Stellen ein- deutig hin:
228 انَ َلبُ سُ مۡ ُہنَّ َیدِ ہۡ نَ َلانَ یۡ فِ اوۡ دُ ھَ اجنۡیذِ َّلا
229 مۡ ُہَبوۡ لُ ُقهُ ّللا غازَ َااوۤۡ غاز امَّ َلَف
Das heißt, Gott wird als Konsequenz darauf, dass eine Person mit all seiner Kraft nach Ihm strebte, zwangsläufig sie auf den Weg leiten, der zu Ihm führt. Andererseits heißt es aber auch, dass bei den- jenigen, die eine krumme Richtung nehmen und dem rechten Weg nicht folgen, die göttliche Konsequenz ist, dass ihre Herzen krumm werden. Der Gedanke wird ferner entwickelt im folgenden Vers:
230 اًلیۡ بِ س
لُّ ضَ َاوَ یمٰ ع
َا ةِ رَ خ
اٰ ۡلایفِ وَ ہُ َفیمٰ ع
َا ۤہٖ ذِ ھٰ یۡ فِ ناَکنم
Wer aber blind ist in dieser Welt, der wird auch im Jenseits blind sein, nein, sogar weit abirrender vom Weg.
228 Al-ʿAnkabūt, 29:70. (Anm. d. Ü.)
229 Aṣ-Ṣaff, 61:6. (Anm. d. Ü.)
230 Banī Isrāʾīl, 17:73. (Anm. d. Ü.)
Diese Verse legen klar dar, dass die Rechtschaffenen das Antlitz Gottes selbst in diesem Leben sehen; und Er offenbart Sich ihnen in aller Majestät und Herrlichkeit, da sie alles um Seinetwillen aufge- ben. Das himmlische Leben (das Paradies), so besagt der Vers, tut sich schon in diesem Leben auf, ebenso ist die Grundlage der Blindheit hienieden die Hölle, geschaffen durch die Unlauterkeiten des Lebens und die Blindheit gegen die geistigen Werte.
An einer anderen Stelle heißt es diesbezüglich:
231
رُ ہٰ ۡنَاۡلااہَ تِ حۡ تَ نمی
رِ جۡ تَ ت
نّٰ ج
مۡ ُہَلنَّ َات
حٰ لِ صٰ لااولُ مِ ع
وَ اوۡ ُنمَ اٰ ن
ۡیذِ َّلارِ شِّ َبو
Das heißt, bringe frohe Botschaft denen, die glauben und gute Werke tun, dass Gärten für sie sind, durch die Ströme fließen.
Gott vergleicht hier den Glauben mit einem Garten, unter dem Strö- me fließen. Diese Worte enthüllen ein tiefes Geheimnis, das die Bezie- hung zwischen Glaube und guten Taten unterstreicht. Das heißt, die guten Taten stehen zum Glauben in der gleichen Beziehung wie Was- ser der Ströme zu einem Garten. Ein Garten, der nicht bewässert wird, wird verdörren; in gleicher Weise wird der Glaube, wenn er nicht von guten Taten begleitet ist, welken. Glaube ohne gute Taten ist nutzlos und gute Taten ohne Glauben sind eine Zurschaustellung. Das isla- mische Paradies ist eine Reflektion des Glaubens und der guten Taten eines Menschen in der Welt. Das Paradies eines jeden ist lediglich ein Abbild seiner Taten in diesem Leben. Es kommt nicht von außen her, sondern wächst in uns selbst. Es sind unser eigener Glaube und unse- re eigenen Taten, die uns später in der Form des Paradieses begegnen, worin wir weilen werden, aber wir haben den Vorgeschmack dieser Paradiesfreuden schon in diesem Leben. Wir nehmen den Baum des Glaubens und die Ströme unserer guten Taten in diesem Leben wahr,
231 Al-Baqara, 2:26. (Anm. d. Ü.)
auch wenn nur undeutlich. Im Jenseits hingegen werden alle Schleier, die dieses Paradies unseren Augen verbergen, sich heben, und wir werden dies fühlbar erkennen. Die Lehre des Heiligen Wortes Gottes berichtet uns, dass der wahre, reine, starke und vollkommene Glaube an Gott, an Seine Attribute und Seinen Willen, ein erfreulicher und prächtiger Garten voll fruchtbarer Bäume ist, während die guten Ta- ten die Ströme sind, die in diesem Garten fließen. Im Heiligen Qur‘an begegnen wir diesem Gedanken, der sinngemäß heißt:
232 اہَ ُلصۡ َ َاُ ةٍ بَ یِّ ُط ةٍ رَ جَ شکَ ةبَ یِّ طَ ةمَ ِلَکاًلثَ م
هُ ّللاب
رَ ض
نۡیحلّ کاہَ َلکُا یۤۡ ِتؤۡ ُتءآمَ سّ لا یفِ اہَ ع
رۡ َفوَّ تِباَث
Das heißt, das gute und in jeder Hinsicht vollkommene Wort des Glaubens, das frei von jeglichem Übermaß, Mangel, Fehl oder Defekt, Unwahrheit oder Spott ist, gleicht einem guten, makellosen Baume, dessen Wurzel fest ist und dessen Zweige in den Himmel reichen. Er bringt seine Frucht jederzeit hervor; die Periode der Unfruchtbarkeit kommt nie über ihn.
Indem Gott der Allmächtige das gute Wort des Glaubens mit ei- nem guten Baume vergleicht, der seine Früchte immerwährend trägt, hat Er drei seiner Merkmale erwähnt:
Das erste: Seine Wurzel, oder seine wahre Bedeutung, soll fest gegründet sein in der Erde, welche dem Herzen des Menschen ent- spricht. Mit anderen Worten, das Gewissen und die Natur des Men- schen müssen die Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit des Glaubens vor- behaltlos angenommen haben.
Das zweite: Seine Zweige reichen in den Himmel, die Vernunft soll die Wahrhaftigkeit des Glaubens bezeugen, ebenso sollen die Natur-
232 Ibrāhīm, 14:25-26. (Anm. d. Ü.)
gesetze, die die Tat Gottes sind, mit ihm im Einklang stehen. Anders gesagt, die Argumente seiner Wahrhaftigkeit sind von Naturgesetzen abzuleiten: weiter, diese Beweise sind so überragend, als ob sie in den Himmel reichten, und somit über jede Kritik erhaben.
Das dritte Kennzeichen ist, dass das Wort des Glaubens seine köst- lichen Früchte immerwährend und ununterbrochen zeitigt, d. h. seine Wirkung und die Segnungen seiner Befolgung werden nie unterbun- den, sondern sind in jedem Zeitalter wahrnehmbar und fühlbar. Es stimmt nicht, dass sie zeitweilig existieren und dann verschwinden.
Diesem Vers folgt ein anderer:
َ
233 رارَ ق ن
ماہَ َل امض
رۡ َاۡلاقِ وۡ َفنمت
ثَّ تُ جاِۣ ةثَ یۡ بِ خ
ةٍ رَ جَ ش
کَ ةٍ ثَ یۡ بِ خ
ةٍ مَ ِلَکلُ ثَ م
Das heißt, das schlechte Wort ist wie ein Baum, der entwurzelt ist, das heißt, von der Natur und dem Gewissen des Menschen verstoßen, und der keine Festigkeit hat – unterstützt weder von Vernunft noch von Naturgesetzen, und auch nicht vom Gewissen des Menschen, sondern bloß leeres Gerede.
Wie der Heilige Qur‘an die hehren Worte des Glaubens mit Bäu- men verglichen hat, die im Jenseits köstliche Früchte tragen, wie z. B. Trauben, Granatäpfel usw., und sie als eine Verkörperung dessen be- schrieben hat, was wir in dieser Welt geistig genießen, hat er ebenfalls den schlechten Baum des Unglaubens im Jenseits unter dem Namen zaqqūm beschrieben. So heißt es:
۔نۡیمِ ِلظٰ لِّل ةنَ تۡ فِ اہَ نٰ ۡلعَ ج
اَّناِ ۔مِ وۡ ُقّ زّ لا ةُ رَ َجشمۡ َا اًلزُ ُّن رٌ ۡیخَ َ ک
ِلذٰ َا
234 نِ ۡیطِ یٰ شّ لاسُ وۡ ءُ ر
هٗ َّنَاَکاہَ عُ ۡلطَ ۔مِ یۡ حِ َجلالِ صۡ َا یۤۡ فِ جُ رُ خۡ ت
ةٌ رَ َجشاہَ َّنا
233 Ibrāhīm, 14:27. (Anm. d. Ü.)
234 Aṣ-Ṣāffāt, 37:63-66. (Anm. d. Ü.)
235 ف
یۡ ِلغۡ َیۚۛلِ ہۡ مُ ۡلاَک۔مِ یۡ ِثَاۡلا ماعَ طَ ۔مِ وۡ ُقّ زّ لاترَ َجش نَّ ا
مۡیرِ ک
ۡلا زُ ۡیزِ َعۡلاتۡناَ کَّناِ ۚۙقۡ ذُ ۔۔۔مِ یۡ مِ َحلا یِ ۡلغَ کَ ۔نِ وۡ طُ بُ ۡلا
Das heißt, sind die Gärten des Paradieses besser zur Bewirtung oder der Baum zaqqūm? Denn Wir haben ihn zu einer Versuchung ge- macht für die Missetäter. Er ist ein Baum, der auf dem Grund des Feu- ers emporwächst, das heißt, aus Eitelkeit und Selbstverherrlichung, die die Wurzel der Hölle sind; seine Frucht ist, als wären es Satans- köpfe, was bedeutet, dass der, der sie isst, ruiniert ist...
Siehe, der Baum zaqqūm wird die Speise jener Insassen der Hölle sein, die sich dem sündhaften Lebensweg vorsätzlich zuneigen; wie geschmolzenes Erz wird er brodeln in ihren Bäuchen, wie das Brodeln kochenden Wassers.
Die Rede ist an den Verdammten gerichtet: Koste! Du bist Wahrlich der, der einst der Mächtige, der Angesehene war. Die abschließenden Worte drücken den Zorn Gottes aus. Sie zeigen, dass der Sünder, wäre er nicht hochmütig gewesen und hätte er der Wahrheit nicht um sei- ner vermeintlichen Ehre und Größe willen den Rücken gezeigt, diese Pein nicht erleiden müsste. Der letzte Vers zeigt auch, dass das Wort zaqqūm aus ḏuqq (koste!) und am besteht. Am ist eine Abkürzung des ganzen Nebensatzes:
236
مۡیرِ ک
ۡلا زُ ۡیزِ َعۡلات
ۡنَاک
َّنا
Kurzum, Gott vergleicht die in diesem Leben ausgedrückten guten Worte des Glaubens mit den Bäumen des Paradieses und die schlech-
235 Ad-Duḫān 44:44-47,50. (Anm. d. Ü.)
236 „Du bist wahrlich der, der einst der Mächtige, der Angesehene war.“ (Ad-Duḫān,
44:50; Anm. d. Ü.)
ten Worte des Unglaubens mit zaqqūm, dem Baum der Hölle. Dabei zeigt Er an, dass ein himmlisches Leben sowie das höllische Leben hier auf Erden ihren Anfang nehmen.
In Bezug auf die Hölle sagt der Qur‘an:
237 ةِ دَ ٕـِ ۡفَاۡلایَلعَ عُ ِلطَّ َت یۡ تِ َّلا۔ةُ دَ َقوۡ مُ ۡلاهِ ّللاراَن
Das heißt, die Hölle ist ein Feuer, das dem Zorn Gottes entspringt: es entbrennt in der Sünde, und die Flammen züngeln über die Her- zen hinweg.Dies ist eine Anspielung darauf, dass eigentlich Kummer, Gram und Trübsal, die das Herz überwältigen, das Feuer der Hölle anzünden; denn alle geistigen Qualen ereilen zuerst das Herz und dann peinigen sie den ganzen Körper. Wir lesen an anderer Stelle:
238 ةُ راجَ حِ لاوَ سانّ لااھَ دُ وۡ ُقوَ
D. h. die Nahrung des Feuers der Hölle, die es immer brennend erhält, ist von zwei Arten:
Erstens die Menschen, die anstatt des wahren Gottes andere Wesen anbeten, oder die mit solchem Götzendienst einverstanden sind, wie es steht:
239 مَ َّنہَ جب
صَ ح
هِ ّللانِ وۡ دُ ن
منَ وۡ دُ بُ عۡ َتام
وَ مۡ ک
َّنا
Das heißt, falsche Götzen und ihre Anbeter werden alle ins Feuer geworfen.
237 Al-Humaza, 104:7-8. (Anm. d. Ü.)
238 Al-Baqara, 2:25 und At-Taḥrīm, 66:7. (Anm. d. Ü.)
239 Al-Anbiyāʾ’, 21:99. (Anm. d. Ü.)
Und zweitens werden die Götzen der Brennstoff der Hölle sein, deren Dasein allein die Hölle hervorgerufen hat. Wenn es keine fal- schen Götter und Götzen noch Anbeter derselben gegeben hätte, dann gäbe es keine Hölle.
Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass nach dem Heiligen Wort Gottes Himmel und Hölle nicht mit dieser materiellen Welt zu vergleichen sind. Vielmehr sind es die geistigen Wahrheiten, die ihre Quelle und ihren Ursprung bilden. Trotzdem werden sie im Jenseits in physischer Form erscheinen, und dennoch werden sie nicht vom Diesseits sein.
(Islāmī uṣūl kī filāsafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 385-393 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 149-161])
Um in den Himmel einzugehen, ist es erforderlich, einen Körper zu haben, aber jener Körper wird insofern nicht aus physischen Ele- menten zusammengesetzt sein, als die Früchte des Himmels nicht physisch, sondern eine neue Schöpfung sein werden. Darum wird auch der Körper im Himmel eine neue Schöpfung sein, die sich vom ursprünglichen Körper unterscheiden wird. In der Nacht seines Auf- stiegs sah der Heilige ProphetSAW nicht nur die Seelen der anderen Propheten, sondern auch die Körper von allen, und Jesus hatte keinen Körper, der sich von den anderen unterschied.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, p. 387, Fußnote)
Wir haben auch den Irrtum der Christen aufgedeckt, die glauben, dass der Himmel nur ein geistiges Erlebnis sein wird. Wir haben be- wiesen, dass das Wesen des Menschen derart ist, dass seine geistigen Fähigkeiten für ihr vollkommenes und vollendetes Funktionieren ei-
nen Körper benötigen. Zum Beispiel sehen wir, dass eine einem be- stimmten Teil des Gehirns zugefügte Verletzung das Erinnerungsver- mögen zerstört und eine einem anderen Teil zugefügte Verletzung die Denkfähigkeit zerstört, und dass sich eine dem Nervensystem zuge- fügte Störung auf mehrere geistige Fähigkeiten auswirkt. Wenn es so ist, dass eine geringe Störung des Körpers eine Störung in der Funkti- on der Seele verursacht, wie können wir dann erwarten, dass die Seele nach einer völligen Trennung vom Körper ihre Vollständigkeit beibe- halten kann? Darum lehrt der Islam, dass im Grab einem jeden ein für die Wahrnehmung von Wonne und Pein benötigter Körper verlie- hen wird. Wir können nicht sagen, aus welchem Material jener Kör- per beschaffen ist, außer, dass dieser sterbliche Körper zu nichts wird und niemand sieht, dass er im Grab wiederbelebt wird. Sehr oft wird er eingeäschert oder in einem Museum erhalten oder auf lange Zeit außerhalb eines Grabes aufbewahrt. Wäre es eine Tatsache, dass er wiederbelebt wird, so hätte man das gesehen, doch anhand des Heili- gen Qur‘an wird bewiesen, dass ein Toter wiederbelebt wird, und wir müssen darum akzeptieren, dass er mit einem anderen, von uns nicht wahrnehmbaren Körper wiederbelebt wird. Sehr wahrscheinlich ist jener Körper aus den feinen Eigenschaften dieses Körpers geschaffen, und zusammen mit ihm werden die menschlichen Fähigkeiten wie- derbelebt. Da jener Körper viel feiner als dieser Körper ist, wird ihm die Tür zu Visionen weit geöffnet und die Realitäten des Jenseits wer- den so gesehen wie sie sind. Die Missetäter erleiden dann zusätzlich zu der physischen Pein eine Pein der Verzweiflung. Somit ist es ein feststehendes Prinzip des Islam, dass die Pein oder Erquickung des Grabes durch einen Körper wahrgenommen wird. Auch die Vernunft verlangt dies, da die Erfahrung zeigt, dass die geistigen Fähigkeiten des Menschen sich nicht ohne einen Körper manifestieren.
(Kitābu l-bariyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 13, S. 70-71)
Es gibt eine Philosophie der Bestrafung im Jenseits, die außer vom Islam von keiner anderen Religion dargelegt wurde. Gott, der All- mächtige, sagt im Heiligen Qur‘an:
240 اًلیۡ بِ س
لُّ ضَ َاوَ یمٰ ع
َا ةِ رَ خ
اٰ ۡلایفِ وَ ہُ َفیمٰ ع
َا ۤہٖ ذِ ھٰ یۡ فِ ناَکنم
Wer aber blind ist in dieser Welt, der wird auch im Jenseits blind sein und sogar noch weiter abgeirrt.
Dies zeigt, dass man aus dieser Welt die Augen mit sich nimmt, um Gott, den Allmächtigen, damit zu sehen, und auch die Sinne, um Ihn wahrzunehmen. Derjenige, der diese Sinne in diesem Leben nicht er- wirbt, wird sich derer im Jenseits nicht erfreuen. Dies ist ein Geheim- nis, das von der Allgemeinheit nicht begriffen wird. Wenn dessen Bedeutung nicht jene ist, die wir dargelegt haben, dann ist es völlig falsch, dass jene, die in diesem Leben blind sind, im Jenseits blind sein werden. Die Wahrheit ist, dass in der fehlerlosen Erkenntnis Gottes, des Allmächtigen, und im wahren Verstehen Seiner Attribute in dieser Welt, der Schlüssel zu allem Behagen und aller Wonne der Zukunft liegt. Dieser Vers zeigt deutlich an, dass wir eine Pein mitnehmen werden aus dieser Welt und dass das blinde Dasein und die üblen Ta- ten dieser Welt im Jenseits inform von Höllenqualen erscheinen wer- den und nichts neues sein werden. Wie man sich durch das Schließen der Türen eines Zimmers des Lichtes und frischer, lebenspendender Luft beraubt, ebenso fällt man, wenn man sich von Gott entfernt und Sünden begeht, in Dunkelheit und wird in Pein verwickelt.
Die Bedeutung von ǧunāḥ, des arabischen Wortes für Sünde, ist, sich zu neigen und sich vom wahren Mittelpunkt fortzubewegen.
240 Banī Isrāʾīl, 17:73. (Anm. d. Ü.)
Wenn man sich von Gott fortbewegt und sich von dem von Gott auf die Herzen herabkommenden Licht entfernt, wird man in Dunkelheit eingehüllt, die für einen zu einer Quelle der Pein wird. Folglich er- leidet man dieselbe Art von Pein, von der man sich abwendet. Wenn man zum Mittelpunkt zurückzukehren wünscht und sich an die Stelle begibt, wo jenes Licht hinfällt, erlangt man das Licht wieder. Wie wir in der Welt sehen, dass wir, wenn wir die Fenster öffnen, in einem Zimmer Licht genießen, desgleichen wird die Rückkehr zum wahren Mittelpunkt im spirituellen System zu einer Quelle des Behagens und errettet uns von der Pein, die die Folge davon war, den Mittelpunkt zu verlassen. Dies wird Reue genannt. Die auf diese Weise erzeugte Dun- kelheit wird die Irreführung der Hölle genannt und Himmel bedeutet, zu dem wahren Behagen gewährenden Mittelpunkt zurückzukehren. Sich von der Sünde fortzubewegen und zur Tugend zurückzukehren, die Gott, dem Allmächtigen, wohlgefällt, wird zur Sühne der Sünde, und beseitigt ihre Folgen. Darum hat Gott, der Allmächtige, gesagt:
241 ت
اٰ یِّ سّ لان
ۡبھِ ذۡ ُیت
نٰ سَ َحلانَّ ا
Die guten Werke vertreiben die bösen.
Da Laster das Gift der Zerstörung und das Gute das Gegenmittel des Leben enthält, ist allein das Gute das Mittel, um das Gift der Las- ter zu überwinden. In anderen Worten, Pein bedeutet die Abwesen- heit von Behagen, und Erlösung bedeutet das Erlangen von Behagen und Freude.
241 Hūd, 11:115. (Anm. d. Ü.)
Krankheit wird jener Zustand genannt, wenn der Körper nicht nor- mal funktioniert, und Gesundheit wird jener Zustand genannt, wenn alle natürlichen Dinge auf richtige Weise funktionieren. Das Entfer- nen einer Hand oder eines Fußes oder irgendeines anderen Gliedes aus deren richtiger Stellung, verursacht Schmerzen, und wenn dieser Zustand eine gewisse Zeit fortdauert, wird das entsprechende Glied nicht nur nutzlos, sondern beginnt, auch die anderen Glieder in Mit- leidenschaft zu ziehen. Desgleichen ist es der Fall bei der Seele. Wenn jemand sich von Gott, Der die wahre Quelle seines Lebens ist, entfernt und die Religion der Natur verlässt, wird er in Pein verwickelt, und wenn sein Herz nicht tot ist und sein Gefühl beibehält, empfindet er die Pein sehr stark. Wenn dieser Zustand nicht gebessert wird, besteht die Gefahr, dass alle spirituellen Fähigkeiten allmählich nutzlos wer- den und eine heftige Pein folgt. Somit kommt keine Pein von außen; alle Pein wird im Innern erzeugt . Wir verneinen nicht, dass die Pein Gottes Werk ist, aber sie ist die Folge der Taten des Menschen, wie wenn Gott einen, der Gift schluckt, tötet. Dies wird von Gott, dem Glorreichen, angedeutet in dem Vers:
242 ةِ دَ ٕـِ ۡفَاۡلایلَ عَ عُ ِلطَّ َت یۡ تِ َّلاۙةُ دَ َقوۡ مُ ۡلاهِ ّللارانَ
Dies bedeutet, dass die Pein Gottes das Feuer ist, das Gott entfacht und dessen Flamme aus dem Herzen des Menschen emporlodert.
Es ist somit klar, das die wirkliche Saat der Pein die Verderbtheit des eigenen Wesens ist, das die Form einer Pein annimmt.
242 Al-Humaza, 104:7-8. (Anm. d. Ü.)
Desgleichen sind die eigenen Taten die Quelle des Behagens des Himmels. Wenn man die Religion der Natur nicht verlässt und sich vom Mittelpunkt nicht fortbewegt und auf der Schwelle Gottes wie ein Diener niederliegt und am Licht der Göttlichkeit teilhat, dann ist man wie das gesunde Körperglied, das sich von seiner Stelle nicht fortbewegt hat und die Funktion ausübt, für die Gott es erschaffen hat, und es erleidet keinen Schmerz, und alles ist Behagen.
Im Heiligen Qur‘an sagt Er:
243
رُ ہٰ ۡنَاۡلااہَ تِ حۡ تَ نمی
رِ جۡ تَ ت
نّٰ ج
مۡ ُہَلنَّ َات
حٰ لِ صٰ لااولُ مِ ع
وَ اوۡ ُنمَ اٰ ن
ۡیذِ َّلارِ شِّ َبو
Und bringe frohe Botschaft denen, die glauben und rechtschaffen handeln, dass Gärten für sie sind, durch die Ströme fließen.
In diesem Vers hat Gott, der Allmächtige, den Glauben als Garten bezeichnet und rechtschaffene Taten als Wasserströme. Dies ist die Be- ziehung zwischen den rechtschaffenen Taten und dem Glauben. Wie ein Garten ohne Wasser nicht gedeihen und Früchte hervorbringen kann, desgleichen ist kein Glaube hilfreich, der nicht von rechtschaffe- nen Werken begleitet wird. So wie die Hölle ist er nichts Äußerliches. Der Himmel eines Menschen wird in seinem Innern erzeugt.
Bedenkt! Die gewährten Segnungen sind nichts anderes als die Frömmigkeit, die in dieser Welt entwickelt wird. Der Glauben ist eine Pflanze und rechtschaffene Taten sind wie Ströme, die jene Pflanze be-
243 Al-Baqara, 2:26. (Anm. d. Ü.)
wässern und ihr Grün und ihre Pracht aufrechterhalten. In dieser Welt werden sie wie in einem Traum wahrgenommen, aber in der anderen Welt werden sie als Realitäten empfunden und gesehen werden. Dar- um heißt es, dass, wenn diese Begünstigungen den Bewohnern des Himmels gewährt werden, jene sagen werden:
244 اہً ِباشَ َتم
هٖ ِباوۡ ُتُاوَ ۙلُ بۡ َقن
مانَ قۡ زِ رُ ی
ذِ َّلااذَ ھ
Dies bedeutet nicht, dass im Himmel solche Milch oder solcher Honig oder solche Weintrauben oder Granatäpfel usw. gewährt wer- den, die wir hier verzehren. Sie werden, abgesehen vom Namen, völ- lig anders sein. Sie werden materiell beschrieben, aber uns wird ge- sagt, dass sie die Seele erleuchten und Gotteserkenntnis erzeugen. Die Seele und die Rechtschaffenheit sind ihre Quellen. Mit „was uns zuvor gegeben wurde“ sind nicht die materiellen Begünstigungen dieser Welt gemeint. Die Bedeutung ist, dass jene Gläubigen, die rechtschaffen handeln, mit ihren eigenen Händen einen Himmel schaffen, dessen Früchte sie auch im Jenseits genießen werden. Da sie jene Früchte in diesem Leben spirituell gekostet haben, werden sie sie im Jenseits er- kennen und ausrufen: „Diese scheinen dieselben Früchte und spiritu- ellen Freuden zu sein, die wir in der Welt genossen hatten!“ Auf diese Weise werden sie sie erkennen.
...es gibt eine Philosophie von Himmel und Hölle, die ich soeben dargelegt habe. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass die Strafen dieser Welt als Warnung und als Lektion gemeint sind und Teil eines Vergeltungssystems sind. Es gibt eine Beziehung zwischen Staats- kunst und Gnade und diese Strafen sind die Reflexion jener Bezie- hung. Menschliche Handlungen werden bewahrt und aufgezeichnet,
244 „‚Das ist, was uns zuvor gegeben wurde‘, und (Gaben) gleicher Art sollen ihnen gebracht werden.“ (Al-Baqara, 2:26 ; Anm. d. Ü.)
so wie der Ton von einem Grammophon aufgezeichnet wird. Nur ei- ner mit Einsicht kann Freude und Nutzen aus dem Betrachten dieses Systems ziehen.
(Malfūẓāt, vol. III, S. 25-30)
Die Pein ist in ihrem Wesen etwas Negatives. Das Fehlen von Be- hagen ist Pein. Erlösung ist ihrem Wesen nach etwas Positives; das heißt, das Wiedererlangen von Behagen und Gedeihen ist Erlösung. Wie Dunkelheit das Fehlen von Licht bedeutet, so bedeutet Pein die Abwesenheit von Wohlbefinden. Krankheit wird der Zustand bezeich- net, wenn der Körper nicht richtig funktioniert, und Gesundheit wird als der Zustand bezeichnet, wenn alle natürlichen Funktionen sich wieder normalisieren. Wenn sich der geistige Zustand einer Person vom Normalzustand fortbewegt, wird diese Störung Pein genannt. Wenn ein Glied wie Hand oder Fuß aus seiner richtigen Stellung ver- renkt wird, wird ein Schmerz empfunden und das Glied kann die ihm bestimmte Funktion nicht ausüben, und wenn es vernachlässigt wird, wird es allmählich nutzlos oder entzündet sich und fällt ab. Sehr oft besteht die Gefahr, dass sich das auch auf die benachbarten Glieder auswirkt. Der Schmerz, den dieses Glied erzeugt, kommt nicht von außen, sondern ergibt sich natürlich aus ihrem erkrankten Zustand. Desgleichen ist der Fall bei geistiger Pein. Wenn jemand die Religi- on der Natur verlässt und seine Standhaftigkeit verliert, beginnt die geistige Pein, obgleich ein unwissender Unachtsamer sie nicht emp- finden mag. In jenem Zustand wird die befallene Seele verhindert, ih- ren spirituellen Dienst auszuüben. Wenn dieser Zustand eine gewisse Zeit anhält, wird die Seele nutzlos und für ihre Nachbarn gefährlich. Die Pein, von der sie befallen ist, kommt nicht von außen, sondern wird durch ihren kranken Zustand erzeugt. Ohne Zweifel ist das das Werk Gottes, aber es ist so, als ob jemand eine tödliche Dosis Arsen zu sich nimmt und Gott, der Allmächtige, ihn tötet. Oder so, als ob Gott,
der Allmächtige, wenn jemand alle Fenster seines Zimmers schließt, den Raum verdunkelt, oder so, als ob Gott, der Allmächtige, wenn sich einer die Zunge abschnitte, jenen der Sprachfähigkeit beraubte. Dies sind alles die Werke Gottes, die den Taten des Menschen folgen. Desgleichen ist die geistige Pein das Werk Gottes, des Allmächtigen, das den eigenen Handlungen einer Person folgt. Dies wird angedeu- tet in dem Vers:
245 ةِ دَ ٕـِ ۡفَاۡلایلَ عَ عُ ِلطَّ َت یۡ تِ َّلا۔ۙةُ دَ َقوۡ مُ ۡلاهِ ّللارانَ
Die Bestrafung Gottes ist eine Pein, die von Gott ausgeht. Seine er- sten Flammen entzünden sich aus dem Herzen des Menschen selbst.
Dies bedeutet, dass der Ursprung der Pein im Herzen des Men- schen liegt und die unreinen Gedanken des Herzens der Brennstoff dieser Hölle sind. Da der Samen der Pein die als Pein personifizierte Verderbtheit des eigenen Wesens ist, folgt daraus, dass Rechtschaffen- heit und Reinheit es sind, die diese Pein beseitigen.
(Kitābu l-Bariyya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 13, S. 81-82)
Die Wurzel der Pein sind der irrige Glaube und die falschen Hand- lungen einer Person. Sie werden durch den Zorn Gottes in Form eines Feuers verkörpert. So wie das harte Anschlagen eines Steines Feu- er erzeugt, desgleichen wird der göttliche Zorn von diesem irrigen Glauben und den falschen Handlungen angeschlagen, um Flammen zu erzeugen, und jenes Feuer wird die Ungläubigen und Missetäter verzehren. Wie man beobachtet, dass das Feuer eines Blitzes auf das innere Feuer einer Person trifft und sie ihn gemeinsam verbrennen, desgleichen verbrennt einen das Feuer des göttlichen Zorns, wenn es mit dem Feuer des irrigen Glaubens und der falschen Handlungen
245 Al-Humaza, 104:7-8. (Anm. d. Ü.)
zusammentrifft. Dies wird von Allah, dem Allmächtigen, im Heiligen Qur‘an angezeigt:
246 ةِ دَ ٕـِ ۡفَاۡلایلَ عَ عُ ِلطَّ َت یۡ تِ َّلا۔ۙةُ دَ َقوۡ مُ ۡلاهِ ّللارانَ
Was ist die Hölle? Es ist das Feuer des göttlichen Zorns, das die Herzen entflammt. Dies bedeutet, dass jene Herzen, die das Feuer des falschen Verhaltens und irrigen Glaubens enthalten, jenes Feuer mit dem Feuer des göttlichen Zorns entfachen, und dass beide zusammen sie so in Asche legen werden, wie jemand von einem Blitzschlag in Asche gelegt wird.
(Maǧmuʿa ištihārāt, vol. II, S. 189-190)
Frage:247 Lasst Mirza Sahib seinen Glauben in Erinnerung rufen, wonach einer, der Erlösung erlangt, nach dem Tode in einem herr- schaftlichen Haus wohnen wird, wo Gott einen Garten gepflanzt hat, und dass er mit schönen Frauen versorgt wird und Ströme von Wein usw. fließen. Kurzum, alle weltlichen Vorräte werden vorhanden sein und weiter nichts. Selbst für das, was hier verboten ist, wie Wein und Vielweiberei, wird dort gesorgt werden. Das ist nicht wahr. Jene, die Erlösung erlangen, werden ihre Zeit glücklich und unabhängig ver- bringen.
Antwort: ...gemäß eurem Prinzip werden jene, die Erlösung erlan- gen, nach einer festgesetzten Zeit der Schande und Demütigung, aus dem Haus der Erlösung verstoßen. Dass Weinen und Schreien jener wird keine Gnade anziehen und die Reihenfolge ihrer Vertreibung wird mit großer Grobheit gegen ihren Willen durchgeführt werden,
246 Al-Humaza, 104:7-8. (Anm. d. Ü.)
247 Dieser Auszug stammt von der Debatte, die 1886 zwischen Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS und Lala Murlidhar, einem Arya Samajist, stattfand. (Anm. d. Ü.)
ja, sie werden in großer Schande und Demütigung aus dem Haus der Erlösung ausgestoßen. Wird das Paradies zu jener Zeit nicht für sie zu einer Hölle oder zu etwas noch Schlimmerem werden? In diesem Zustand aufgezwungenen Elends, wo wird ihre Unabhängigkeit sein und welches Glück werden sie empfinden? Ihr sagt, dass jene, die Erlösung erlangen, in großer Freude und Glück leben werden. Kann vollkommenes Glück an einem Ort genossen werden, wo man mit der Aussicht auf Vertreibung und einem wiederholten, Millionen Jahre andauerndem Elend konfrontiert wird, und die ganze Zeit von der Sorge verzehrt wird, dass man nach kurzer Zeit zahllosen Demüti- gungen ausgesetzt sein und die Inkarnationen von Insekten und Hun- den und Katzen zu durchlaufen habe?....
Möge Gott uns vor eurem Haus der Erlösung erretten. Wenn Para- meshvara und sein Haus der Erlösung derart sind, dann werden die unglückseligen frommen Leute sowohl hier als auch dort nur Tränen zu erwarten haben.
Euer Einwand, dass im Paradies der Muslime auch für weltliche Begünstigungen gesorgt wird, hat keine Substanz. Im Gegenteil, es sollte euch und euren Parameshvara insofern sehr beschämen, als der allmächtige und selbstgenügende Gott der Muslime jenen, die an den Heiligen Qur‘an glauben, im Jenseits aus Seinen unendlichen Schät- zen alles dauerhaft und ewig gewährt hat und ihnen sowohl geistige als auch physische Begünstigungen gewährt hat, weil Er wusste, dass Seine aufrichtigen Anbeter Ihm nicht ungehorsam sind und Ihm in dieser Welt nicht nur mit ihrer Seele, sondern mit ihrer Seele und ih- rem Körper huldigen.
Menschliche Vollkommenheit wird nicht durch die Seele allein erreicht, sondern durch eine Verbindung von Seele und Körper. Um für jene, die Ihm gehorsam sind, vollkommenes Glück bereitzustellen und sie voll zu entlohnen, teilte Er die Wonne ewiger Erlösung in zwei Arten auf. Er gewährte ihnen das Entzücken Seiner geliebten Vision
und sandte Seine anderen Begünstigungen wie Regen auf sie herab. Kurzum, Er tat das, was der Macht und Erhabenheit und unendlichen Gnade jenes allmächtigen Gottes würdig war. Im Gegensatz dazu er- wies sich euer Parameshvara als ein Armer und Zugrundegerichteter und könnte euch, aufgrund seiner Hilflosigkeit und Mittellosigkeit und Machtlosigkeit, zu keinem Ziel führen noch irgendeine dauerhaf- te Freude für euch bereitstellen. In der Tat könnte er nichts für euch tun. Er kann euch weder geistige noch physische Begünstigungen ewig gewähren und hat euch enttäuscht und ohne Erfolg gelassen und beiderseits beraubt. Er, für den ihr zu sterben bereit waret und dem ihr huldigtet, erwies sich als so ungerecht und uneingedenk und unbewusst, dass er euren geistigen und körperlichen Bemühungen keinen Wert beimaß und eure liebende Treue und Hingabe als eine sich über einige Tage erstreckende bezahlte Arbeit betrachtete. Kann man für einen so geizigen, machtlosen und unwissenden Paramesh- vara zunehmende Liebe empfinden, und kann irgendein Herz sich ihm mit vollkommener Aufrichtigkeit zuwenden? Gewiss nicht. An- dererseits würden die Seelen der ihm Huldigenden, seinen Mangel an Macht, Großzügigkeit und Anerkennung erkennend, betrübt und reuevoll sein, dass sie sich wegen eines solchen Parameshvaras und der begrenzten Erlösung, die er versprach, unnütz bemüht hatten...
Was den Einwand betrifft, wieso Wein im Himmel erlaubt werde, wenn er in diesem Leben ungesetzlich ist, so ist die Antwort dieselbe, die Gott, der Allmächtige, Selbst gegeben hat, wonach der Wein des Himmels keine Beziehung zu den zum Übel anregendem Wein der Welt hat. Gott, der Allmächtige, hat gesagt:
248 ارً وۡ ہُ طَ اًبارَ شَ ۡ مۡ ُہُّبر
مۡ ُہقٰ س و
249 ۔اۡرً وۡ ُفاَک اہَ جازَ مِ ناَکٰ ساَکن
منَ وۡ ُبرَ شۡ َی رارَ ۡبَاۡلا نَّ ا
ۡ
اریجِ فۡ َتاہَ َنوۡ رُ جِّ فَ ُیهِ ّللادابَ ع
اہَ ِببرَ شَّیانً یۡ ع
Dies bedeutet, dass Gott den Bewohnern des Paradieses einen Wein zu trinken geben wird, der sie vollkommen läutern wird.
Die Tugendhaften werden aus einem Becher trinken, dem Kamp- fer beigemischt ist, das heißt, durch das Trinken jenes Weines wer- den ihre Herzen vollkommen für die Liebe dessen, was es außer Gott gibt, erkalten. Jener Wein ist eine Quelle, aus der die Menschen Gottes schon in dieser Welt zu trinken beginnen. Sie lassen sie leichterhand in weiten und breiten Strömen fließen.
In anderen Worten, durch ihre liebevolle Arbeit werden alle ihre Behinderungen beseitigt und die Unebenheiten ihrer Menschlichkeit werden eingeebnet. Sie lösen sich vollkommen los von der Welt und wenden sich Gott zu, und ihre Gotteserkenntnis wird vervollkomm- net. An einer anderen Stelle heißt es:
250 ۔نٍ ۡیعِ مَ
نمّ س
اۡ َکو
نَ وۡ ُفزِ نُی اََلوَ اہَ نۡ ۡ عنَ وۡ عدَّ صَ ُی الّ
251 امً ٰلسَ امً ٌ ٰلس الً یۡ قِ الّ اِ ۔امً یۡ ِثٌاَت اَلوََّ اوً غۡ َلاہَ یۡ فِ نَ وۡ عُ مَ سۡ َ یاَل
25ّ 2 َ ةَ رَ ظاَناہَ َ ِّبرَ یٰلاِ ٰ۔ۡ ةرَ ضاّن ذٍَ ئِ مَ وۡ َّیَ ہٌ وۡ جُ و
253 الیۡ بِ س
لضاوَ یمٰ عا ةِ رَ خالایفِ وَ ہُ فیمٰ عا ہۤ ٖ ذِ ھٰ یۡ فِ ناکنمو
248 Ad-Dahr, 76:22. (Anm. d. Ü.)
249 Ad-Dahr, 76:6-7. (Anm. d. Ü.)
250 Al-Wāqiʿa, 56:19-20. (Anm. d. Ü.)
251 Al-Wāqiʿa, 56:26-27. (Anm. d. Ü.)
252 Al-Qiyāma, 75:23-24. (Anm. d. Ü.)
253 Banī Isrāʾīl, 17:73. (Anm. d. Ü.)
Die Becher des läuternden Weines, der wie reines und klares Was- ser sein wird, wird den Bewohnern des Paradieses gereicht. Dieser Wein wird frei sein von allen üblen Wirkungen wie Kopfschmerzen, Betäubung und Trunkenheit.
Sie werden darin kein eitles, frivoles oder sündiges Geschwätz hö- ren, sondern überall nur den Gruß: „Frieden, Frieden“, welcher ein Zeichen für Mitgefühl, Liebe und Freude ist.
An diesem Tag werden die Gesichter der Gläubigen leuchtend und hübsch sein. Sie werden zu ihrem Herrn schauen.
Der in dieser Welt blind ist, wird auch im Jenseits blind sein, und sogar weit abgeirrter vom Weg.
Diese Verse zeigen, dass der Wein des Paradieses keine Beziehung oder Ähnlichkeit zum Wein dieser Welt hat. In der Tat ist er diesem Wein in allen seinen Eigenschaften entgegengesetzt. Im Heiligen Qur‘an wird nirgends erklärt, dass er, wie der Wein dieser Welt, aus Trauben oder Melasse oder der Rinde von Akazien oder irgendeiner anderen materiellen Substanz hergestellt wird. Es wurde wiederholt erwähnt, dass die Essenz jenes Weins die Liebe und die Erkenntnis des Göttlichen ist, die ein Gläubiger aus dieser Welt mitnimmt. Es ist ein göttliches Geheimnis, dass der spirituelle Zustand wie Wein er- scheinen wird. Jenen, die Einsicht besitzen, wird dieses Geheimnis in Visionen enthüllt, und weise Menschen gelangen durch andere Zei- chen zu dieser Wirklichkeit. Die Symbolisierung spiritueller Dinge in materieller Form wird im Heiligen Qur‘an an mehreren Stellen er- wähnt, wie zum Beispiel, dass die Verherrlichung Gottes wie Früchte tragende Bäume symbolisiert wird und gute Taten als reine und klare Bäche erscheinen.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 150-157)
Der Heilige Qur‘an beschreibt den Zorn Gottes, des Allmächtigen, nicht so wie in den Vedas. Vielmehr besitzt der im Heiligen Qur‘an erwähnte Zorn eine spirituelle Philosophie. Der Heilige Qur‘an sagt zum Beispiel über das Wesen der göttlichen Bestrafung:
254 ةِ دَ ٕـِ ۡفَاۡلایلَ عَ عُ ِلطَّ َت یۡ تِ َّلا۔ۙةُ دَ َقوۡ مُ ۡلاهِ ّللارانَ
Was ist die Hölle? Sie ist ein Feuer, das die Herzen entflammt. Das heißt, wenn jemand in seinem Herzen üble Gedanken entwi-
ckelt, die der Vervollkommnung, für die der Mensch erschaffen wor- den ist, entgegenstehen, dann stirbt jener, der sich üblen Gedanken hingibt und dem die Liebe Gottes und der Gehorsam gegen Ihn, die wie Nahrung und Wasser sind, entzogen ist, genauso, wie ein Hung- riger und Durstender an Mangel an Nahrung und Trank stirbt. So- mit bereitet sich, der Lehre des Heiligen Qur‘an zufolge, jedermann selbst die Mittel seiner Vernichtung und wird von Gott keineswegs gezwungen. Schließt einer zum Beispiel alle Fenster seines Zimmers und lässt keines davon offen, so wird sein Zimmer zweifellos dunkel werden. Das Schließen der Fenster ist seine Handlung und den Raum gemäß dem Naturgesetz zu verdunkeln, ist Gottes Werk. Desgleichen tut Gott, der Allmächtige, wenn jemand eine Sünde begeht, danach Sein Wirken kund, was zur Bestrafung für die Sünde wird. Dennoch schließt Gott die Tür der Reue nicht zu. Es ist vielmehr so, als öff- nete der Bewohner eines dunklen Zimmers ein Fenster und Gott, der Allmächtige, durchflutete das Zimmer mit Licht. Somit bedeutet dem Heiligen Qur‘an zufolge der Zorn Gottes nicht, dass Er durch das Zustandebringen einer unerwünschten Veränderung in Seinem
254 Al-Humaza, 104:7-8. (Anm. d. Ü.)
Zustand zornig wird. Wenn ein Mensch zornig ist, gerät er in Pein und empfindet eine Art Schmerz und wird unglücklich, aber Gott ist immer glücklich und erleidet keine Pein. Sein Zorn bedeutet, dass Er, da Er heilig ist, nicht wünscht, dass Seine Diener sich Formen der Un- reinheit zu eigen machen, und fordert, dass die Unreinheit fortgefegt wird. Wenn jemand auf seine Unreinheit besteht, entzieht Gott, der Heilige, ihm Seine Gnade, welche die Grundlage ist von Leben und Freude und Behagen, und jener Zustand wird für den Ungehorsa- men zu einer Quelle des Peins. Dies kann verglichen werden mit dem Fall eines Gartens, der von dem Wasser eines Baches bewässert wird. Wenn die Besitzer des Gartens jedoch aufhören, dem Besitzer des Ba- ches gehorsam zu sein, dämmt der letztere das Wasser des Baches ein und entzieht es dem Garten, so das jener verdörrt.
(Chašma-e maʿrifat, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 23, S. 62-63)
Es ist unvernünftig und den vollkommenen Attributen Gottes, des Glorreichen, zuwider, dass im Falle eines, der zur Hölle verurteilt worden ist, nur die göttlichen Attribute der Züchtigung kundgetan werden und die Attribute der Gnade und Vergebung für immer auf- gehoben sind und nicht zur Wirkung kommen. Aus dem, was Gott, der Allmächtige, in Seinem Buch gesagt hat, scheint es, dass sich jene zur Hölle Verurteilten eine lange Zeit darin aufhalten werden, die sinnbildlich als Ewigkeit beschrieben wurde, dass jedoch dann das Attribut der Gnade kundgetan wird, und, wie in einem Hadith er- wähnt, Gott Seine Hand in die Hölle strecken wird und all jene, die Er greifen kann, aus der Hölle herausgenommen werden. Dieses Hadith deutet an, dass schließlich jeder Erlösung erlangen wird, da die Hand Gottes unbegrenzt ist und niemand davon ausgelassen werden kann.
(Chašma masīḥī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 20, S. 369)
Es gibt viele Verse des Heiligen Qur‘an und viele Ahadith, die zei- gen, dass die Seelen von Menschen, die rein sind, ins Paradies einge- hen sobald sie sterben. Es gibt mehrere Ahadith, die erwähnen, dass die Märtyrer von den Früchten des Paradieses essen werden. Allah, der Allmächtige, sagt:
255
نَ وۡ ُقزَ رۡ ُیمۡ ِہِّبرَ دَ نۡ ع
ءآیَ حۡ َالۡ َبؕاًتاوَ مۡ َاهِ ّللالِ یۡ بِ سَ یۡ فِ اوۡ لُ تِ ُقن
ۡیذِ َّلانَ
َبسَ حۡ تَ اَلو
Haltet jene, die für Allahs Sache erschlagen wurden, ja nicht für tot. Tatsächlich sind sie lebendig bei ihrem Herrn und für sie ist gesorgt.
Auch frühere Schriften unterstützen dies. Dies beweist, dass die Seelen der Reinen ins Paradies eingehen werden. Also wird das Para- dies mannigfaltige Arten materieller Begünstigungen und vieler Ar- ten Früchte enthalten, und Eingang ins Paradies bedeutet, dass jene Begünstigungen in Anspruch genommen werden mögen. In solchem Fall ist der Eingang ins Paradies von der Seele allein bedeutungslos und unnütz. Wird die Seele ins Paradies eingehen und dessen Begüns- tigungen dennoch nicht in Anspruch nehmen können? Der Vers:
256 تِ ۡ نَّ ج
لِ ۡ خ
داو
zeigt deutlich, dass ein Gläubiger nach dem Tod mit einem Kör- per ausgestattet wird. Alle großen muslimischen Gelehrten stimmen darin überein, dass reine Gläubige sobald sie sterben mit einem hei- ligen und glänzenden Körper ausgestattet werden, durch den sie die
255 Āl-e ʿImrān, 3:170. (Anm. d. Ü.)
256 „Und tritt ein in Meinen Garten.“ (Al-Faǧr, 89:31; Anm. d. Ü.)
Begünstigungen des Paradieses genießen. Das Paradies zu jenem Zeitpunkt nur auf Märtyrer zu beschränken, würde auf Unglauben hinauslaufen. Kann ein wahrhaft Gläubiger so unverschämt sein, als zu bestätigen, dass der Heilige ProphetSAW, unter dessen Grab das Pa- radies liegt, außerhalb des Paradieses sei, dass aber jene, die Glauben und Rechtschaffenheit durch ihn erwarben und zu Märtyrern wur- den, im Paradies wohnen und von dessen Früchten essen? Die Wahr- heit ist, dass derjenige, der sein Leben der Sache Allahs widmet, ein Märtyrer ist, und dass der Heilige ProphetSAW der Erste der Märtyrer ist.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 388-390)
Der Einwand wird erhoben, dass, wenn jeder reine und mit Sünde nicht belastete Gläubige sofort nach dem Tod ins Paradies eingeht, dies insofern eine Ablehnung der Auferstehung und all ihrer Begleit- umstände bedeuten würde, als gemäß dem Vers:
257 ن
ۡیجِ رَ خۡ مُ ِباہَ نۡ مِّ مۡ ُہامو
ihr Verlassen des Paradieses nicht gestattet ist. Insofern wäre das gesamte Konzept der Auferstehung und die sich auf das Jenseits be- ziehenden Ereignisse nichtig.
Die Antwort ist, dass der Heilige Qur‘an lehrt, dass reine Gläubige sofort nach dem Tod ins Paradies eingehen und auch, dass es die Auf- erstehung des Körpers geben wird und die Toten wiederbelebt wer- den; ja, wir glauben an beides. Der einzige Unterschied ist, dass der Eingang ins Paradies beim Tod ein allgemeiner Zustand ist, und dass jene Körper, die den Gläubigen sofort beim Tod verliehen werden, un- vollkommen sind. Der Tag der Auferstehung der Körper ist der Tag
257 „Noch sollen sie je von dort vertrieben werden.“ (Al-Ḥiǧr, 15:49; Anm. d. Ü.)
der erhabenen Manifestation. An jenem Tage werden vollkommene Körper verliehen, aber die Verbindung der Bewohner des Paradieses mit dem Paradies wird nicht unterbrochen. Von einem Gesichtspunkt aus werden sie im Paradies sein und von einem anderen Gesichts- punkt aus werden sie Gott, dem Allmächtigen, gegenüberstehen.
(Barāhīn-e aḥmadiyya, Teil V, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 21, S. 387, Fußnote)
Der Himmel und die Hölle besitzen jeweils drei Stufen. Die ers- te Stufe, die unvollkommen ist, beginnt, wenn man aus dieser Welt scheidet und in sein Grab eingeht. Diese Stufe ist in den Ahadith auf mehrfache Weise sinnbildlich beschrieben worden. Eine davon ist, dass für einen Rechtschaffenen im Grab ein Fenster zum Himmel geöffnet wird, durch welches er die Herrlichkeit des Himmels wahr- nimmt und dessen Brise genießt. Die Größe dieses Fensters entspricht dem Grad des Glaubens oder der Werke des Toten. Es ist auch nie- dergelegt, dass es für jene, die die Welt in einem Zustand verlassen, in dem sie gänzlich in Gott verloren sind und ihr Leben für die Sache des Geliebten niedergelegt haben – wie die Märtyrer und die Siddiqs, die sogar noch vor den Märtyrern stehen –, nicht nur ein zum Him- mel geöffnetes Fenster gibt, sondern sie mit ihrem ganzen Wesen und ihren Fähigkeiten in den Himmel eingehen. Trotzdem genießen sie vor dem Tage des Jüngsten Gerichts die Wonne des Himmels nicht in vollem Maße.
Desgleichen wird für den Leichnam einer bösen Person im Grab ein Fenster zur Hölle geöffnet, durch das ein verzehrender Dunst aus der Hölle ins Grab kommt, und jene böse Seele brennt die gesamte Zeit in den Flammen. Aber für jene, die in einem solchen Zustand aus der Welt scheiden, dass sie, aufgrund ihres andauernden Unge- horsams, gänzlich in Satan aufgegangen sind und sich im Gehorsam
gegen ihn völlig von Gott losgelöst haben, ist es nicht nur ein Fenster, das für sie nach ihrem Tod zur Hölle geöffnet wird, vielmehr noch werden sie mit ihrem ganzen Wesen und allen ihren Fähigkeiten in die Hölle geworfen, so wie Gott gesagt hat:
258 اراَناوۡ لُ خ
دۡ ُاَفاوۡ ُقرِ غۡ ُا مۡ ِہتِ ٰٔــٓیۡ طِ خ
اَّمم
Dennoch werden sie der vollen Qual der Hölle nicht vor dem Tage des Jüngsten Gerichts ausgesetzt.
Es gibt eine zweite Stufe des Eingangs in Himmel und Hölle, wel- che die Zwischenstufe genannt werden sollte, und welche nach der Auferstehung, aber vor dem Eingang in den großen Himmel oder in die große Hölle erreicht wird. Auf dieser Stufe werden die Fähig- keiten geschärft und die Manifestation von Gottes Gnade oder Zorn wird auf vollkommene Weise wahrgenommen; und das Entzücken des Himmels oder die Qualen der Hölle werden aufgrund der Nähe zum großen Himmel oder zur großen Hölle stärker empfunden, so wie Gott, der Glorreiche, gesagt hat:
259 ن
ۡیوِ غٰ ۡلِل مُ یۡ حِ َجلۡ ات
زَ رِّ ُب وَ ۔ن
ۡیقِ تَّ مُ ۡلِل ة
نَّ َجلا ت
فَ ِلزۡ ُاو
260
ةُ رَ جَ فَ ۡلا ةُ رَ َفک
ۡلامُ ُہک
ئِ ٰٓلوُا۔ةٌ رَ َتَقاہَ قُ ھَ رۡ َت
Auch auf dieser zweiten Stufe sind die Menschen nicht gleich. Es gibt jene von hohem Rang, die von himmlischen Lichtern begleitet
258 „Ob ihrer Sünden werden sie ertränkt und in ein Feuer gebracht.“ (Nūḥ, 71:26; Anm. d. Ü.)
259 „Und das Paradies wird den Rechtschaffenen nahegebracht werden, und die Hölle wird sichtbar gemacht werden den Irrenden.“ (Aš-Šuʿarāʾ 26:9l-92; Anm. d. Ü.)
260 „An jenem Tage werden manche Gesichter strahlend sein, heiter, freudig! Und ande- re Gesichter, an jenem Tage, werden staubbedeckt sein, Finsternis wird sie verhüllen. Das sind die Ungläubigen, die Frevler.“ (ʿAbasa 80:39-43; Anm. d. Ü.)
werden. Allah, der Glorreiche, bezieht sich auf jene in dem Vers:
261 مۡ ِہِنامَ ۡیَاِبوَ مۡ ِہۡیدِ ۡیَان
ۡیَبیعٰ سۡ َ ی مۡ ُہرُ وۡ ُن
Desgleichen gibt es große Ungläubige, in deren Herzen ein Feuer entzündet wird, bevor sie gänzlich in die Hölle eingehen, so wie Al- lah, der Glorreiche, sagt:
262 ةِ دَ ٕـِ ۡفَاۡلایلَ عَ عُ ِلطَّ َت یۡ تِ َّلا۔ۙةُ دَ َقوۡ مُ ۡلاهِ ّللارانَ
Über dieser zweiten Stufe befindet sich eine dritte Stufe, welche die letzte der Stufen ist, und auf die die Menschen nach dem Tag des Jüngsten Gericht gelangen und auf der sie auf vollkommene und per- fekte Weise genießen oder leiden werden. Auf diesen drei Stufen be- findet man sich in einer Art Himmel oder Hölle und auf keiner dieser Stufen ist man vom Himmel oder von der Hölle ausgeschlossen. Man rückt von einer Stufe auf die andere vor.
Eine Art dieses Fortschritts ist, dass zum Beispiel für jemandem, der in einem niederen Zustand von Glauben und Tat stirbt, nur ein kleines Loch zum Himmel gemacht wird, da sich sein Fassungsver- mögen der Manifestation des Himmels nur auf so viel beschränkt. Da- nach, wenn er rechtschaffene Nachkommen hinterlässt, die ernsthaft für seine Vergebung flehen und den Armen zu jenem Zweck Almosen geben, oder wenn er Liebe für einen Mann Gottes empfand, der ernst- haft für seine Vergebung fleht, oder wenn er ein Projekt hinterlassen hat, das von öffentlichem Nutzen ist, dann öffnet sich durch den Se-
261 „Ihr Licht wird vor ihnen her eilen und auf ihrer Rechten.“ (At-Taḥrīm, 66:9; Anm. d. Ü.)
262 „Das Feuer Allahs, das entzündete, Das über die Herzen hinwegzüngelt.“ (Al-Huma- za, 104:7-8; Anm. d. Ü.)
gen dieser guten Taten, die seinerseits ausgeführt werden, das für ihn zum Himmel geöffnete Fenster täglich mehr und sein Fortschritt be- schleunigt sich aufgrund der göttlichen Erklärung: „Meine Gnade ist schneller als mein Zorn“, bis das Fenster zu einem breiten Tor wird und er wie die Märtyrer und ṣiddīq in den Himmel eingeht...
Gott, der Allmächtige, hat eine derartige Vorsorge für die Erweite- rung dieses Fensters getroffen, dass es klar scheint, dass Seine Absicht darin liegt, dass dann, wenn man Ihm mit einem kleinen Teilchen von Glauben und Tat entgegengeht, jenes kleine Teilchen fortwährend ge- nährt wird. Wenn alle Quellen des Guten, die einen Toten aus dieser Welt erreichen, zufälligerweise nicht vorhanden sind, bleibt wenigs- tens diese Quelle, dass Gott, der Allmächtige, allen Gläubigen und frommen Menschen und Märtyrern und ṣiddīq ausdrücklich befohlen hat, dass sie äußerst aufrichtig für die Vergebung jener ihrer Brüder flehen sollen, die aus dieser Welt geschieden sind. Es ist somit offen- sichtlich, dass das von einer Schar der Gläubigen dargebrachte Gebet nicht vergebens ist, sondern tagtäglich wirkt, um das zum Himmel geöffnete Fenster für die verstorbenen sündhaften Gläubigen zu er- weitern. Dieses Gebet hat bis jetzt unzählige Fenster erweitert, so dass unzählige Menschen, denen in den ersten Tagen nur ein kleines Fens- ter für die Ansicht des Himmels gewährt worden war, ins Paradies eingegangen sind.
In diesem Zeitalter unterliegen einige der Muslime dem Missver- ständnis, dass nur die Märtyrer sofort nach dem Tod in den Himmel eingehen und alle anderen Gläubigen, einschließlich der Propheten und Gesandten, bis zum Tag des Jüngsten Gerichts außerhalb des Himmels bleiben und nur ein Fenster zum Himmel für sie geöffnet wird. Sie haben nicht bedacht, dass alle Propheten und ṣiddīq den Märtyrern spirituell überlegen sind, und dass das Ferngehalten wer- den vom Paradies eine Pein bedeutet, die für jene, denen verziehen
worden ist, nicht erwägt werden kann. Kann einer, über den Gott, der Allmächtige, gesagt hat:
263 ت
جٰ رَ د
مۡ ُہض
عۡ َبع
َفر
im Glück und dem Erreichen seines Zieles hinter den Märtyrern zurückbleiben? Es ist schade, dass diese Menschen das Gesetz auf- grund ihres Mangels an Intelligenz verdreht haben. Sie meinen, dass die ersten, die in den Himmel eingehen, die Märtyrer sein werden, und dass die Propheten und ṣiddīq Jahre später an die Reihe kommen. Diese Leute machen sich einer großen Respektlosigkeit schuldig und können keinen Nutzen aus vergeblichen Entschuldigungen ziehen. Jedermann kann begreifen, dass jene, die im Glauben und in ihren Taten die besten sind, als erstes ins Paradies eingehen sollten und dass sie nicht nur, wie jene schwachen Glaubens, ein Fenster für sich ge- öffnet bekommen, und die Märtyrer, sobald sie sterben, Zugang zu allen Früchten des Himmels haben sollten. Wenn der Eintritt in den Himmel von vollkommenem Glauben, vollkommener Aufrichtigkeit und vollkommener Hingabe abhängig ist, dann gibt es niemanden, der den Propheten und ṣiddīq voraus ist, deren gesamtes Leben Gott, dem Allmächtigen, so sehr gewidmet ist, dass sie wie die Toten sind und sich danach sehnen, den Märtyrertod auf dem Wege Allahs zu erleiden; und dann wiederbelebt zu werden und den Tod nochmals zu erleiden, und dann noch einmal wiederbelebt zu werden und ihn wiederum zu erleiden.
Somit ist klar, dass es eine derart große Vorsorge für den Eingang
in den Himmel gibt, dass vor dem Tag des Jüngsten Gerichts fast alle Gläubigen gänzlich in ihn eingehen werden und der Gerichtstag sie nicht aus dem Himmel ausstoßen, sondern noch näher bringen wird.
263 „Und einige hat Er erhöht in Rangstufen.“ (Al-Baqara, 2:254; Anm. d. Ü.)
Aus der Illustration des Fensters sollte man erkennen, wie der Himmel dem Grab nahegebracht wird. Dies bedeutet nicht, dass der Himmel dem Grab physisch nahegebracht wird. Er wird geistig nahegebracht. Desgleichen werden die Bewohner des Paradieses geistig sowohl dem Tag des Jüngsten Gerichts zugegen sein als auch dem Paradies. Der Heilige ProphetSAW hat gesagt: Der Himmel ist unter meinem Grab. Dies ist wert, darüber nachzudenken.
(Izāla auhām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 3, S. 282-286)
Viele Menschen setzen sich aus Unverstand oder Unentschlossen- heit Lebensziele, die kaum über die Befriedigung der niedrigen Wün- sche und das Genießen dieses Lebens hinausgehen. Aber das Ziel, das der allmächtige Gott in Seinem Wort dem Menschen gesetzt hat, ist folgendes, so wie er sagt:
264
نِ وۡ دُ بُ عۡ یَ ِلاَّلاِ سَ ۡ ناِ ۡلاوَ نَ
جِ لات
قۡ َلخامو
Das heißt, ich habe den Dschinn und die Menschen erschaffen, da- mit sie Mich erkennen und Mir dienen. Der wahre Sinn des menschli- chen Lebens liegt diesem Vers zufolge allein in der Verehrung Gottes und in Seiner wahren Erkenntnis und in der vollkommenen Ergeben- heit in Seinen Willen.
Eines ist klar: Der Mensch hat keine Befugnis, den Zweck seines Lebens selbst zu bestimmen. Weder kommt er in die Welt noch ver- lässt er sie nach Belieben. Er ist ein Geschöpf und der Schöpfer, Der
264 „Und Ich habe die Jinn und die Menschen nur darum erschaffen, dass sie Mir die- nen.“ (Aḏ-Ḏāriyāt, 51:57; Anm. d. Ü.)
ihn mit besseren und höheren Fähigkeiten ausgestattet hat als die üb- rigen Lebewesen, hat ihm auch ein Ziel für sein Dasein bestimmt. Der Mensch mag dieses Ziel erfassen oder nicht, die Wahrheit bleibt, dass der hohe Lebenszweck des Menschen darin besteht, Gott zu erken- nen, Ihm zu dienen und das Leben im Trachten nach Seinem Wohlge- fallen zu führen.
(Islāmī uṣūl kī filāsafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 414 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 195])
265 ن
قۡ فَ شۡ َاوَ اہَ نَ ۡلمِ حۡ یَّ نۡ َانۡیَبَاَفلابَ جِ لاوَ ضرۡ َاۡلاوَ توٰ مٰ سّ لایَلعَ ة
َنامَ َاۡلاانَ ضۡ رَ ع
اَّنِا
اًلوۡ ہُ جامً وۡ لُ ظَ ناَکهٗ َّناِ ؕناسَ ۡ ناِ ۡلااہَ َلمَ ح
وَ اہَ نۡ م
Das bedeutet: Wir boten Unseren Vertrauenspfand, den Pfand der Liebe und Hingabe zu Gott, dem an, der alle Prüfungen auf sich lädt und dennoch völlige Ergebenheit zeigt. Wir boten das Vertrauens- pfand allen Engeln im Himmel, und allen Geschöpfen auf der Erde, und den Bergen, die scheinbar mächtig sind. Aber jeder weigerte sich, dieses Vertrauenspfand zu tragen. Sie scheuten die Verantwortung. Aber „der Mensch“ nahm es an. Denn der Mensch weist diese zwei Eigenschaften auf: Zum einen ist er fähig, sein Selbst und Ego zu un- terdrücken, wenn es um Gottes Willen erforderlich ist, und zweitens kann er sich in seiner Liebe zu Gott bis zu einem Punkt erheben, an dem alles andere außer Gott ganz und gar nichtig wird.
(Tauḍīh-e marām, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 3, S. 75-76 [Dt. Ü.: Ziele erklärt, Frankfurt am Main 2011, S. 40f])
265 Al-Aḥzāb, 33:73. (Anm. d. Ü.)
Die inneren sowie die äußeren Gaben der menschlichen Natur zeigen klar, dass der höchste Zweck für deren Erschaffung die Liebe und die Erkenntnis Gottes und Seine Verehrung sind. Diese Tatsache lässt sich dadurch beweisen, dass der Mensch – mag er sich auch noch so vieler Belustigungen erfreuen und an vielen Geschäften teilneh- men – die wahre Glückseligkeit ohne Gott nicht erfahren kann. Der Mensch als der reichste Millionär, als der höchste Beamte, als der erfolgreichste Handelsmann, als der mächtigste König oder als der weiseste Philosoph, verlässt einst die Verwicklungen dieser Welt mit großem Bedauern. Sein Herz hält ihm stets seine Versunkenheit in die weltlichen Sorgen vor und sein Gewissen spricht ihn des Betrugs und der unrechtmäßigen Mittel schuldig, die er für sein weltliches Gedei- hen anwandte.
Der Kluge kann die Frage in einem anderen Licht betrachten: Die höchste Grenze, die durch die Fähigkeiten eines bestimmten Lebe- wesens erreicht werden kann, stellt gleichzeitig auch den Sinn seiner Erschaffung dar. Der Ochse zum Beispiel kann nur Furchen ziehen, Wasser schöpfen oder als Lasttier dienen. Seine Kräfte gehen über diese Arbeiten nicht hinaus; somit bilden diese drei Aufgaben auch den Zweck seiner Schöpfung. Untersuchen wir jedoch die dem Men- schen innewohnenden Fähigkeiten, um herauszufinden, welche seine höchste Fähigkeit ist, so kommen wir zu dem Schluss, dass seine über- ragende Fähigkeit diejenige ist, die ihn zur Suche nach dem höchsten Gott lockt und ihn veranlasst, sein Selbst im Trachten nach Ihm völlig zu verlieren und sich vollständig Seinem Willen zu ergeben. Die Tiere sind ihm auf der Ebene der körperlichen Bedürfnisse gleichgestellt. In Geschicklichkeit sind manche Tiere dem Menschen überlegen. Selbst die Bienen erzeugen Honig aus dem Saft der Blumen mit ei- ner unnachahmlichen Geschicklichkeit und es ist dem Menschen bis
jetzt nicht gelungen, desgleichen herzustellen. Mithin ist klar, dass der Mensch seine höchste Vollkommenheit darin erlangt, dass er eins wird mit Gott. Das wahre Ziel des menschlichen Lebens liegt also da- rin, dass sich das Fenster seines Herzens gegen Gott öffnet.
Die Frage stellt sich: Wie ist dieses Ziel zu erreichen, und welche Mittel benötigt der Mensch dazu?
Das erste Mittel als Vorbedingung zur Erreichung dieses Zieles ist die echte Erkenntnis Gottes auf dem rechten Pfad und dass man sei- nen Glauben dem wahren Gott schenkt. Wer den ersten Schritt in die falsche Richtung macht, kann das Ziel niemals erreichen. Dies ist der Fall desjenigen, der einen Vogel oder ein Tier, ein Naturelement oder ein Menschenkind als Gott ansieht. Der wahre Gott hilft jenen, die Ihn suchen, aber eine leblose Gottheit kann ihren toten Dienern nicht beistehen. Der Allmächtige Gott hat dies durch ein schönes Gleichnis bildlich veranschaulicht. So steht im Qur‘an:
266
هیۡ فَّ کَ ط
سابَ ک
َ اَّلاِ ءٍ یۡ شَ ِبمۡ ُہَلنَ وۡ بُ یۡ جِ تَ سۡ َ یاَلهٖ ِنوۡ دُ ن
منَ وۡ ع
دۡ َی ن
ۡیذِ َّلاوَ ؕقِّ َحلا ةُ وَ ع
د ہٗ َل
لٍ ٰلض
یۡ فِ اّلاِ ن
ۡیِرِفک
ۡلاءآع
دُ ام
وَ ؕهٖ غِ ِلابَ ِبوَ ھام
وَ ہاَفغَ ُلبۡ یَ ِلءآمَ ۡلایَلا
Das heißt, Ihm, dem wahren Gott, gebührt das wahre Gebet. Dem, Der alle Dinge zu tun vermag. Und jene, die sie statt Ihn anrufen, schenken ihnen kein Gehör. Ihr Fall ist dem gleich, der seine beiden
266 Ar-Raʿd, 13:15. (Anm. d. Ü.)
Hände nach Wasser ausstreckt, damit es seinen Mund erreiche. Wird es denn seinen Mund erreichen? Niemals. Und das Gebet derjenigen, die den wahren Gott nicht kennen, ist vergeblich.
Das zweite Mittel, das Ziel des Lebens zu erreichen, liegt im Wis- sen um die vollkommene Schönheit des göttlichen Wesens, denn Schönheit lockt das Herz und ihr Anblick weckt in ihm die Liebe. Die Schönheit des Allmächtigen Gottes besteht in Seiner Einheit, Seiner Majestät, Seiner Größe und Seinen anderen Attributen, wie der Heili- ge Qur‘an sagt:
267 ۔ۙدۡ َلوۡ ُی مۡ َل وَ ۬ۙدۡ ِلَی مۡ َل۔ۚدُ َ مَ صّ ُ لا هُ ّللَا۔ۚ دٌ حَ َا هُ ّللا وَ ھ
لۡ ُق
دٌ حَ َا اوً فُ ک ہٗ ّل نکَی مۡ َل و
Das heißt, Gott ist allein und einzig in Seiner Person, Seinen Eigen- schaften und Seiner Glorie. Er hat keinen Partner. Alles bedarf Seiner Hilfe. Jedes Teilchen auf dieser Welt verdankt Ihm sein Dasein. Er ist die Quelle der Gnade für alle Dinge und braucht Selbst Gnade von niemandem. Er zeugt nicht und ward nicht gezeugt, denn Er hat kei- nen Gefährte, und keiner ist Ihm gleich. Der Qur‘an ist voll von Ver- sen, die die Allmacht, Majestät und Glorie Gottes verkünden. Er zeigt uns einen Gott, Den allein die Herzen begehren und nicht die angebli- chen Gottheiten, die tot, schwach, unbarmherzig oder machtlos sind.
Das dritte Mittel, das uns das wahre Ziel zu erreichen ermöglicht,
267 Al-Iḫlāṣ, 112:2-5. (Anm. d. Ü.)
ist die Belehrung über die große Güte Gottes. Dies ist jedoch ein Mittel zweiten Ranges. Schönheit und Güte des Geliebten sind der einzige Ansporn zur Liebe. Das Eröffnungskapitel des Qur‘ans – al-Fātiḥa – fasst die Attribute Gottes, die Seine Güte bezeugen, wie folgt zusam- men:
268
نِ ۡیدّ لامِ وۡ َیک
ِلمۙمِ یۡ حِ رّ لانِ مٰ حۡ رّ لاۙن
ۡیمِ َلعٰ ۡلابِّ رَ هِ ّلٰ ِلدُ مۡ َحلۡ َا
Das heißt, die vollkommene Güte Gottes besteht darin, dass Er Sei- ne Geschöpfe aus dem Nichts erschaffen hat und die Mittel zu ihrer Erhaltung immer bereithält. Er ist die Stütze für jedes Ding und jede Manifestation Seiner Gnaden und einer Barmherzigkeit gilt Seiner Schöpfung. Gottes Güte ist unbegrenzt und Seine Gaben unzählig. Auf solche vollkommene Güte hat Gott im Qur‘an wiederholt hinge- wiesen, wie z.B. im folgenden Vers:
269 اھَ وۡ صُ حۡ تُ اَلهِ ّللاتمَ عۡ ِناوۡ دُّ عُ َتنۡ اِ و
Das heißt, wenn ihr versucht, Gottes Wohltaten aufzuzählen, wer- det ihr nicht imstande sein, sie zu berechnen.
Gebete sind das vierte Mittel, das der Allmächtige Gott festgesetzt hat, um das wahre Ziel zu erreichen, Er sagt:
268 „Aller Preis gehört Allah, dem Herrn der Welten, dem Gnädigen, dem Barmherzigen, dem Meister des Gerichtstages.“ (Al-Fātiḥa, 1:2–4; Anm. d. Ü.)
269 Ibrāhīm, 14:35. (Anm. d. Ü.)
270
مۡ ک
َلب
جِ تَ سۡ َا یۤۡ ِنوۡ عدا
Das heißt, betet zu Mir; Ich will euer Gebet erhören. Oft und mit Nachdruck wird uns empfohlen, zu Gott zu beten, um Ihn nicht etwa durch unsere Kraft, sondern durch Seine Kraft zu erreichen.
Das fünfte Mittel, welches der allmächtige Gott festgesetzt hat, um das wahre Ziel zu erreichen, heißt muǧāhada, das heißt, der Mensch sucht Gott durch Spenden seines Vermögens und Einsatz seiner Kräf- te, durch Aufopferung seines Lebens für Seine Sache und durch die Anwendung seines Wissens seiner Weisheit auf Seinem Pfade, wie es heißt:
271
هِ ّللالِ یۡ بِ سَ یۡ فِ مۡ کسِ فُ ۡناَ وَ مۡ کِلاوَ مۡ َاِباوۡ دُ ھِ اج
272 ُ نَ وۡ قُ فِ نۡ ُی مۡ ُہنٰ قۡ زَ رَ اَّممِ و
273 انَ لبُ سُ مۡ ہنَّ َیدِ ہۡ نَ َلانَ یۡ فِ اوۡ دُ ھَ اجنۡیذِ ّلاو
Streitet mit eurer Habe und eurem Leben und eurer Person samt allen Kräften für Gottes Sache.
Was immer Wir euch bereitet haben – sei es Weisheit, Wissen, Ver- stand oder Geschicklichkeit, wendet es für Unsere Sache auf.
Diejenigen, die in Unserer Sache streiten – Wir werden sie gewiss- lich leiten auf Unseren Wegen.
270 Al-Muʾmin, 40:61. (Anm. d. Ü.)
271 At-Tauba, 9:41. (Anm. d. Ü.)
272 Al-Baqara, 2:4. (Anm. d. Ü.)
273 Al-ʿAnkabūt, 29:70. (Anm. d. Ü.)
Sechstes Mittel
Das sechste Mittel, um ans wahre Ziel zu gelangen, heißt Stand- haftigkeit und Beharrlichkeit. Der Mensch soll unverdrossen und un- ermüdlich den Weg begehen und vor Prüfungen nicht weichen, wie Gott, der Allmächtige, sagt:
274
وَ اوۡ ُنزَ حۡ تَ اَلوَ اوۡ ُفاَختَ اَّلَا ةکَ ۡ ئِ ٰٓلمَ ۡلاُ مُ ِہیۡ َلعَ لُ زَّ َنتَ َتاوۡ ماقَ تَ سامَّ ُث هُ ّلَلاانَ ُّبرَ ۡاوۡ ُلاَقن
ۡیذِ َّلا نَّ ا
ةِ رَ خاٰ ۡلایفِ وَ ایَ ۡندّ لا ةِ ویٰ َحلایفِ مۡ کؤُ یٰٓ ِلوۡ َان
حۡ نَ ۔نَ وۡ دُ ع
وۡ ُتمۡ ُتنۡ کُ یۡ تِ ّلا ةِ نَّ َجلاِباوۡ رُ شِ ۡبَا
Das heißt, über die, die sprechen: „Unser Herr ist Allah, der wah- re Gott,“ und die sich von falschen Gottheiten abwenden und dann standhaft bleiben – das heißt, treu und aufrichtig bei allen Prüfungen und Verfolgungen –, zu ihnen steigen die Engel nieder und sprechen:
„Fürchtet euch nicht, und seid nicht betrübt, sondern freut euch und genießt die Wonne, die euch verheißen ward und die ihr jetzt erlangt. Wir sind eure Freunde in diesem Leben und im Jenseits.“
Diese Verse besagen, dass Standhaftigkeit (im Glauben) das Wohl- gefallen Gottes herabströmen lässt. Es ist wahr (wie das arabische Sprichwort lautet): Standhaftigkeit sagt mehr als Wunder. Der höchste Grad an Standhaftigkeit ist dann erreicht, wenn Drangsal aller Art den Menschen umgeben, wenn sein Leben, Vermögen und seine Ehre be- droht sind auf dem Pfade Gottes und alles Tröstende und Erquicken- de verschwindet, wenn Gott Selbst ihn prüft und für eine Zeitlang die Türe der ermutigenden Visionen und Offenbarungen verschließt und den Menschen bei Trübsal und düsteren Anblicken allein lässt und er trotzdem den Mut nicht verliert, sondern Standhaftigkeit zeigt und nicht wie ein Feigling von der Linie abweicht oder über seine Treue im Geringsten Zweifel aufkommen lässt. Ein solcher Mensch
274 ḥā-mīm saǧda, 41:31,32. (Anm. d. Ü.)
zeigt sich grenzenlos standhaft und aufrichtig: Jede Erniedrigung er- trägt er willig, selbst mit dem Tode findet er sich ab; niemals erwartet er Hilfe von Freunden, um standhaft bleiben zu können; nie hofft er auf fröhliche Kunde von Gott angesichts der Härte der Prüfung. Stets verhält sich ein solcher Mensch aufrichtig, auch wenn er hilflos ist und ohne Trost. Komme, was da wolle – er bietet sich als Opfer und zeigt sich dem Göttlichen Willen völlig ergeben. Er beugt sich dem göttlichen Ratschluss ohne je zu klagen oder die Fassung zu verlieren, bis die Prüfung vorüber ist. Dies ist die wahre Standhaftigkeit, die zu Gott führt. Dies ist die edle Eigenschaft, die den Wohlgeruch aus dem Staub der Gesandten Gottes, der Propheten, der Rechtschaffenen und Aufrichtigen und der Märtyrer noch immer aussendet.
Darauf weist Gott, der Majestätische, auch im folgenden Gebet hin:
275
مۡ ِہیۡ َلعَ ت
مۡ عَ ۡنَان
ۡیذِ َّلاطارَ ص۔ۙمَ یۡ قِ تَ سۡ مُ ۡلاطارَ صِ لااَندِ ھۡ ا
Unser Gott! Führe uns auf den Weg der Standhaftigkeit, den Weg, durch dessen Befolgung wir uns Deiner Segnungen und Gnaden wür- dig erweisen und Dein Wohlgefallen erlangen können. Ein anderer Vers besagt das gleiche:
276
نۡیمِ ِلسۡ م
انَ َّفوَ َتوَّ ارً ۡبص
انَ یۡ َلعَ غۡ رِ ۡفَاۤانَ َّبر
Unser Herr! Gewähre uns bei dieser Trübsal eine Zufriedenheit, die Standhaftigkeit über uns ausgießt, und lass es so sein, dass uns der Tod nur im Zustand des Islams (Gottergebenheit) ereilt. Man ver- gegenwärtige sich, dass Gott bei Trübsal und Härten ein Licht auf die Herzen Seiner Geliebten scheinen lässt, so dass diese gestärkt in aller
275 Al-Fātiḥa, 1:6-7. (Anm. d. Ü.)
276 Al-Aʿrāf, 7:127. (Anm. d. Ü.)
Ruhe den Schwierigkeiten begegnen und aus der Süße des Glaubens küssen sie die Fesseln, die sie um Seinetwillen tragen. Wenn der Got- tesfürchtige inmitten der Prüfungen steht und den Tod von Angesicht zu Angesicht sieht, schickt er sich nicht an, mit dem Barmherzigen um die Linderung der Härte zu streiten. Denn in einer solchen Lage Gott beharrlich darum zu bitten, diesen Kelch vorübergehen zu lassen, hie- ße, sich Gottes Willen zu widersetzen und wäre mit der vollkomme- nen Ergebenheit nicht vereinbar.
Der wahrhaft Liebende weicht nicht zurück, sondern tut einen Schritt weiter, wenn er Unglück und Drangsal erlebt. Er sieht sein Le- ben als etwas Unbedeutsames an, nimmt Abschied von seiner Liebe zum Leben und unterstellt sich völlig dem Willen des Herrn, Dessen Wohlgefallen sein einziges Ziel ist. Von Menschen wie ihm spricht Gott der Allmächtige:
ۡ ۢ
277 دابَ عِ لاِبف
وۡ ءُ ر
هُ ّللاوَ ؕهِ ّللاتاض
رۡ َمءآغَ تِ ۡباه
سَ فۡ َنی
رِ شۡ َّینم
سانّ لانمو
Das heißt, ein Mensch, den Gott liebt, bringt auf Seinem Pfade das Opfer des Lebens dar und erkauft dadurch Gottes Wohlgefallen. Ge- genüber diesen Dienern ist Gott besonders barmherzig. Dies ist der Geist der Standhaftigkeit, durch den der Mensch Gott begegnet. Be- greife, wer begreifen will!
Das siebte Mittel zur Erlangung des Ziels ist die Gesellschaft der Rechtschaffenen und die Nachahmung ihrer guten Beispiele. Eine der Notwendigkeiten für das Auftreten der Propheten wurzelt in der na- türlichen Neigung oder dem Bedürfnis des Menschen, einem Vorbild
277 Al-Baqara, 2:208. (Anm. d. Ü.)
zu folgen. Ein vollkommenes Vorbild regt die Begeisterung an und fördert die Entschlusskraft. Derjenige aber, der keinem Vorbild folgt, wird träge und fällt schließlich den Irrtümern anheim. Darauf weist Gott, der Majestätische, im folgenden Qur‘an–Vers hin:
278 نََ ۡیقِ دِ صٰ لا ع
مَ اَوۡ ُنوَ ۡ ک
279
مۡ ِہیۡ لعَ ت
مۡ عَ ۡنَان
ۡیذِ ّلاطارَ ص
Das heißt, suchet die Gesellschaft der Wahrhaftigen, der Recht- schaffenen. Und der Vers, führe uns auf den Weg derer, denen Du Deine Gnade erwiesen hast, zielt darauf ab, die Gesellschaft der Rechtschaffe- nen aufzusuchen und die Wege kennenzulernen, die diejenigen be- schritten haben, die die Gnade Allahs erfuhren.
Das achte Mittel sind die wahrhaften Traumgesichter, Visionen und Offenbarungen von Gott. Da die Straße, die zu Gott führt, eine schwerbegehbare und geheimnisvolle Straße, reich an Schwierigkei- ten und Prüfungen ist, mag der Reisende sich auf diesem unbekann- ten Wege verirren und zuweilen verzweifelt sein und keinen Schritt weiter tun wollen. Darum will es die Barmherzigkeit Gottes, ihn wäh- rend seiner Reise andauernd zu trösten, zu ermutigen, ihn in seinem Willen zu stärken und seine Begeisterung zu vermehren. Das ist Seine Art mit Seinen Dienern, die zu Ihm reisen, indem Er sie von Zeit zu Zeit mit Seinem Worte und Seiner Offenbarung aufmuntert und ihnen mitteilt, dass Er mit ihnen ist. Auf diese Weise gestärkt, unternehmen sie die Reise mit wachsender Lebenskraft. Also sagt Er im Qur‘an:
278 At-Tauba, 9:119. (Anm. d. Ü.)
279 Al-Fātiḥa, 1:7. (Anm. d. Ü.)
280
ةِ رَ خ
اٰ ۡلایفِ وَ ایَ ۡندّ لاةِ ویٰ َحلایفِ یرٰ شۡ بُ ۡلامُ ُہَل
Der Heilige Qur‘an hat viele weitere Mittel zur Erlangung des Ziels aufgezeigt, die hier aber wegen der begrenzten Zeit nicht er- wähnt werden können.
(Islāmī uṣūl kī filāsafī, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 10, S. 415-422 [Dt. Ü.: Die Philosophie der Lehren des Islam, Frankfurt am Main 2013, S. 196-205])
Frage:281 Die Anweisung des allmächtigen Gottes, der gnädig und wohltätig ist, dass der Mensch Ihn anbeten sollte, ist zum Nutzen des Menschen, und nicht, weil es auf irgendeine Weise zu Gottes Ehre bei- trägt.
Antwort: Es ist wahr, dass durch die Anbetung Gottes das eigene Wohlergehen des Menschen beabsichtigt ist, dennoch verlangt die Ra- bubiyyat des allmächtigen Gottes, dass man sein Glück erlangt, indem man den Teufel meidet und sich der Anbetung und dem Gehorsam Gottes hingibt. Wenn er jenem Pfad nicht zu folgen wünscht, wird Sein Zorn nicht um Seiner Selbst willen, sondern um des Menschen willen erweckt; und Er unterwirft ihn verschiedenen Arten der War- nung und Ermahnung. Gehorcht er immer noch nicht, wird er im Feuer der Zurückweisung und Verzweiflung verbrannt. Es ist nicht gestattet, dass einer zu Ihm sagt: „Warum kümmerst Du dich um das, was mir schadet oder gut tut? Warum ermahnst Du uns und schickst uns offenbarte Bücher und strafst uns? Wenn wir Dich anbeten, wür-
280 „Für sie ist frohe Botschaft in diesem Leben sowie im Jenseits.“ (Yūnus, 10:65; Anm. d. Ü.)
281 Dieser Auszug stammt aus der Debatte, die 1886 zwischen Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS und Lala Murlidhar, einem Arya Samajist, stattfand. (Anm. d. Ü.)
de es zu unserem eigenen Guten sein, und wenn wir Dich nicht anbe- ten, werden wir einen Verlust erleiden. Warum solltest Du Dir Sorgen darum machen?“ Sollte jemand das sagen und die ganze Welt und die gesamte Menschheit Ihn tatsächlich darum anflehen, dass Er ih- nen Seine Mahnungen und Gebote und offenbarten Bücher ersparen möge, und dass sie das Paradies nicht begehrten, sondern mit die- ser Welt zufrieden wären und ihr ewig überlassen bleiben wollen, ja, dass sie die großen Begünstigungen des Jenseits nicht begehrten und Er Sich in ihre Handlungen nicht einmischen möge, und Sich um ihr Wohlergehen oder ihren Verlust nicht scheren sollte, so würde ihrem Gebet, selbst wenn sie es während ihres ganzen Lebens mit Schreien und Weinen darbrächten, nicht stattgegeben werden. Es genügt nicht, dass man frei ist und Gott zu seinem eigenen Nutzen anbetet und dass Parameshvara nichts damit zu tun hat, sondern die Herrlichkeit und Erhabenheit Gottes verlangt, dass der Mensch die Anbetung Got- tes ausführen und den Pfaden der Güte folgen soll. Seine Göttlichkeit verlangt gewiss, dass Ihm die Zeichen der Unterwerfung kundgetan werden, und Seine Vollkommenheit fordert, dass der Mensch sich in Seiner Gegenwart demütigen möge. Das ist der Grund, warum den Ungehorsamen und Bösen und jenen, die mit ihren Missetaten fort- fahren, schließlich die Bestrafung ereilt. Sein gesegnetes Wesen hat ewig die Macht besessen, Belohnung zu verteilen und Strafe aufzu- erlegen; sonst würde Er Sich nicht damit befassen, den Tugendhaften eine gute Vergeltung zuzuerkennen und den Üblen eine schlimme. Wäre es nicht um Seiner Attribute der Zuerkennung der Vergeltung willen, so hätte Er Sich still verhalten und der Verleihung von Ver- geltung ganz und gar entsagt. Darum, obgleich es wahr ist, dass der Schaden oder Nutzen der Handlungen des Menschen auf ihn selbst zurückfällt und die Erhabenheit und das Königreich des allmäch- tigen Gottes dadurch weder vermehrt noch vermindert werden, so stimmt es dennoch und ist eine wohlbegründete Wahrheit, dass Sein
Attribut der rabūbiyyat verlangt, dass Seine Diener in ihrer Stellung als Ihn Anbetende fest etabliert sind und dass der Kopf eines Men- schen, der sein Haupt mit der kleinsten Form von Überheblichkeit er- hebt, sofort zerschmettert werden sollte. Kurzum, Gottes Wesen ver- langt nach der Manifestation Seiner Erhabenheit, Seiner Göttlichkeit, Seiner Vorherrschaft, Seiner Herrlichkeit, Seines Königreichs sowie Seiner Vergeltung und die Erfordernisse des Gehorsams und Unter- werfung und Anbetung sind die Folgen eben jener Forderung. Diese mannigfaltige Welt hat Er für die Manifestation Seiner rabūbiyyat und Göttlichkeit erschaffen. Wäre Sein Wesen frei von diesem Wunsch der Manifestation, warum hätte Er Sich dann überhaupt an die Schöp- fung wenden sollen? Wer hatte Ihn gezwungen, das Universum zu erschaffen und diese Welt durch die Etablierung einer Beziehung zwischen Seelen und Körpern zu einer Manifestation Seiner wunder- baren Macht zu machen? Er muss eine Entscheidungskraft besessen haben, die Ihn zur Erschaffung des Universums bewegte. In Seinem Heiligen Wort, dem Qur‘an, gibt es Andeutungen, die zeigen, dass Gott, der Allmächtige, das Universum erschuf, damit er durch Sein Attribut der Schöpfung erkannt werden möge; und nach der Erschaf- fung schüttete Er Seine Gnade und Wohltätigkeit über die Welt aus, damit Er durch Seine Gnade und Wohltätigkeit erkannt werden möge. Desgleichen führte er Strafen und Begünstigungen ein, damit Seine Attribute der Bestrafung und Begünstigung erkannt werden mögen. Nach dem Tod wird Er die Menschheit wieder erwecken, damit Er als allmächtig erkannt werden möge. In all Seinen wunderbaren Werken liegt Sein Zweck, dass Er erkannt werden möge. Was somit durch die Schöpfung der Welt und das System der Vergeltung gewünscht wird, ist die Erkenntnis Gottes, welche die Essenz der Anbetung darstellt. Dies beweist, dass Gott, der Allmächtige, Selbst verlangt, dass Seine Geschöpfe Seine Erkenntnis, dessen vollkommene Wirklichkeit durch Anbetung erkannt wird, erlangen mögen. Wie ein Schöner seine
Schönheit aufgrund ihrer Vollkommenheit zu zeigen wünscht, ebenso wünscht Gott, der Allmächtige, Der die Essenz der Schönheit in ihrer Vollkommenheit besitzt, dass Seine Vortrefflichkeiten den Menschen enthüllt werden mögen. Dies beweist, dass Gott, der Allmächtige, die Anbetung verlangt, welche für Seine Diener die Grundlage und das Mittel für die Erkenntnis ist, und dass Seine Vorherrschaft sich der Vernichtung einer Person widmet, die sich Seinem Wunsch entgegen- stellt, Seine Anbetung verwirft und sich davon abwendet. Wenn ihr über die Welt nachdenkt und gründlich beobachtet, was Gott, der All- mächtige, den Rebellen und Ungläubigen bis hierher ausgeteilt hat und was Er den Ungetreuen und Missetätern zugefügt hat, so werdet ihr erkennen, dass es zweifellos eine wohletablierte Wahrheit ist, dass Gott, der Allmächtige, gemäß Seinem Wesen, Güte liebt und Übel hasst, ja, ein Feind dessen ist. Er wünscht, dass die Menschen ihre Las- ter ablegen und Tugendhaftigkeit annehmen, und obwohl die Güte oder das Übel, die vom Menschen ausgeübt werden, Gottes König- reich nicht im Geringsten stört, ist dies dennoch Seine Forderung. Es ist somit offensichtlich, dass, wenn Gott, der Allmächtige, die Seelen nicht erschaffen hätte, Er nicht das Recht hätte, irgendeine Seele zu be- fragen, warum sie Ihm nicht jene vollkommene Verehrung darbringe, die ihrem Schöpfer gebührt.
(Surma chašm āriya, Rūḥānī ḫazāʾin, Bd. 2, S. 263-268)
Abdullah 64, 166, 171, 388
Abdul Muttalib 171
Abessinien 171
Abraham 67, 240
Absicht 36, 54, 87, 176, 202, 232,
235, 296, 361, 434, 480
Abu Bakrra 164
Adam 258, 287, 328, 329, 403, 408
adhghas ahlam 113
Ahadith 165, 166, 169, 170, 171,
548, 553
Ahl-i-Hadith 163, 166
Aischa 171
Albträume 113
Al-Fateha 308, 520
Alkohol 357
Allah 309, 352, 373, 520, 522
Amerika 399
Amina 171
Arabien 116, 240
Arabisch 23, 27, 31, 32, 34, 35, 36,
37, 38, 39, 41, 44, 55, 56, 119,
546, 553
Arsen 135, 136, 227, 498
Arya 373
Aryas 28, 29, 31, 33, 61, 90, 218,
318, 320, 429, 430, 431, 432,
433, 441, 452
Arzt 216
Asche 500
Asr-Gebet 351
Astronomie 40, 193, 214, 398
Atheismus 134, 144, 145, 237
Atheist 145, 194, 429
Attribute Gottes 520
Auferstehung 462, 464, 470, 471,
472
Aufrichtigkeit 21, 70, 85, 90, 92,
142, 152, 212, 240, 245, 253,
254, 256, 267, 307, 311, 312,
336, 355, 360, 361, 399, 406,
445, 446, 502, 513
Auge 88, 98, 107, 125, 131, 147, 148,
160, 238, 244, 345, 351, 409,
456, 457
Augen 60, 62, 63, 64, 67, 71, 72, 83,
87, 103, 116, 133, 134, 144, 148,
150, 155, 177, 182, 206, 209,
213, 214, 217, 236, 251, 270,
272, 283, 287, 313, 315, 316,
317, 333, 369, 377, 378, 379,
392, 396, 397, 400, 403, 434,
436, 466, 493
Aura 119
Bakterien 140, 329, 330, 452
Bal‘am 161
Barmherzigkeit 53, 60, 80, 93, 127,
223, 257, 268, 269, 270, 272,
278, 307, 327, 328, 333, 335,
339, 353, 369, 371, 375, 379,
381, 385, 430, 432, 480, 520,
525, 546
Barsakh 462, 463, 464, 472
Bauer 260
Baum des Glaubens 486 Baum Saqqum 489
Befreiung 297, 302
Begehren 49, 50, 61, 72, 73, 275,
283, 362
Begierden 297, 301
Belohnung 462, 463, 464
Beobachtung 83, 86, 87, 88, 105,
115, 126, 131, 133, 144, 150,
154, 181, 276, 316, 324, 416,
435
beten 264, 265
Bibel 116, 127, 369, 420, 553
Blut 137, 182, 285, 324, 366, 374, 436
Blutvergießen 377
Brahmo Samaj 89, 134, 135, 154
Brot 345, 347, 361, 362
Bruder 55, 403, 404, 406
Buch des Universums 45
China 373
Cholera 369
Christen 38, 54, 90, 107, 109, 110,
127, 208, 218, 276, 288, 291,
320, 324, 326, 328, 329, 330,
331, 333, 349, 366, 368, 369,
434, 491, 554
Christentum 554, 556
Christentums 557
Demut 223, 239, 256, 267, 269, 270,
280, 301, 306, 341, 348, 350,
353, 367, 398, 554
Denken 68, 75, 83, 86, 94, 96, 98,
123, 125, 127, 129, 134, 141,
151, 181, 221, 243, 256, 389,
449
Denkfähigkeit 124, 492
Derwische 372, 373
Diebstahl 135, 277, 278, 291, 305,
326, 399
Diener 44, 65, 91, 98, 100, 101, 111,
119, 120, 121, 142, 207, 240,
242, 245, 246, 252, 255, 263,
269, 270, 272, 279, 280, 292,
311, 312, 313, 317, 321, 336,
366, 385, 390, 429, 445, 448,
496, 506, 528
Diesseits 461, 462, 491
Dreieinigkeit 127
Dschinn 515
Dua 265, 266
Dunkelheit 44, 60, 106, 108, 110,
127, 147, 175, 195, 206, 207,
208, 244, 249, 288, 298, 300,
301, 302, 306, 323, 325, 331,
332, 334, 335, 346, 352, 391,
407, 440, 441, 446, 493, 494,
498
Ego 67, 82, 113, 176, 177, 272, 278,
306, 335, 340
Ehebruch 277, 291, 305, 399
Ehre 52, 70, 74, 81, 91, 93, 95, 109,
112, 122, 141, 142, 253, 308,
310, 313, 325, 342, 344, 406,
425, 489, 522, 526
Ehrfurcht 481, 554
Eifersucht 312, 365, 366, 406, 411,
422, 425
Einflüsterung 113, 114
Eingebung 61, 120
Einheit 40, 44, 49, 124, 127, 137,
138, 153, 155, 156, 157, 158,
178, 209, 215, 217, 220, 247,
271, 273, 277, 285, 335, 339,
383, 403, 426, 429, 432, 519
Einheit Gottes 372
Eisen 105, 311, 346
Eitelkeit 77, 474, 489
Ekstase 117
Embryo 436
Engel 95, 102, 160, 175, 176, 177,
178, 179, 180, 181, 182, 183,
185, 187, 188, 189, 190, 191,
192, 193, 194, 195, 196, 198,
208, 209, 210, 213, 214, 215,
216, 217, 218, 220, 284, 360,
379
Erbsünde 329, 330
Erde 28, 37, 45, 54, 56, 67, 72, 98,
126, 143, 151, 176, 180, 182,
183, 187, 188, 189, 191, 192,
193, 195, 209, 237, 238, 249,
251, 273, 280, 323, 367, 373,
390, 429, 433, 434, 451, 454,
555
Erfahrung 63, 64, 68, 83, 85, 91, 92,
94, 100, 119, 131, 132, 133, 150,
154, 210, 223, 236, 239, 264,
269, 319, 341, 354, 381, 446,
456, 457, 458, 467, 492
Erfindung 27, 28, 324, 331, 374
Erfolg 31, 93, 145, 239, 243, 245,
248, 259, 263, 382, 396, 502
Erhabenheit 350
Erkenntnis 33, 42, 43, 47, 50, 65, 66,
68, 69, 70, 73, 81, 82, 94, 100,
101, 105, 111, 136, 139, 154,
155, 156, 244, 249, 529
Erleuchtung 82, 85, 359
Erlösung 69, 82, 151, 235, 247, 276,
277, 291, 292, 297, 300, 301,
303, 304, 306, 308, 311, 312,
313, 314, 315, 316, 318, 319,
320, 322, 329, 331, 333, 334,
338, 351, 363, 405, 407, 429,
437, 494, 498, 500, 501, 502,
506
Essenz des Islam 5, 6
Europa 52, 68, 398, 399
Evangelium 113, 320, 326, 390, 428
Fajr-Gebet 352
Fanatismus 55, 56, 109
Fatiha 66, 248
Feder 64
Feuer 45, 72, 122, 154, 159, 176, 194,
216, 230, 258, 264, 265, 269,
275, 280, 304, 306, 307, 311,
312, 314, 320, 321, 346, 366,
370, 408, 411, 415, 419, 420,
495, 499, 500, 510, 511, 526
Feueranbeter 157
Feuer der Leidenschaft 482 Finsternis 77, 352, 462, 485
Fiqh 166
Flehen 97, 99, 100, 101, 103, 121,
223, 236, 238, 240, 244, 245,
246, 247, 250, 251, 253, 260,
261, 273, 284, 285, 307, 317,
324, 341, 342, 348, 350, 357,
383, 384, 385, 407, 527
Fortschritt 54, 61, 71, 81, 105, 123,
125, 126, 129, 276, 318, 321,
345, 373, 395, 399, 455, 476,
477, 480, 512
Frauen 471, 474
Freiheit 374
Freitagsgebet 172
Freude 351
Freund 75, 101, 115, 138, 241, 253,
255, 313, 385, 400
Frieden 69, 105, 130, 211, 272, 312,
351, 367, 372, 377, 379, 458,
545
Furcht 103, 142, 243, 255, 262, 263,
294, 295, 296, 297, 314, 354,
358, 384, 400, 418, 461
Gabriel 116, 181, 183, 187, 194, 207
Galen 138
Garten 74, 75, 323, 328, 356, 475,
479, 486, 487, 496, 500, 506,
507
Gebet 45, 66, 67, 174, 223, 230, 234,
236, 237, 241, 243, 244, 246,
247, 248, 249, 250, 251, 253,
260, 261, 262, 264, 267, 268,
269, 270, 271, 272, 287, 288,
340, 341, 342, 343, 344, 348,
349, 350, 351, 352, 353, 354,
357, 381, 404, 406, 407, 553
Gebete 79, 264, 265, 311, 520
Geburt 28, 52, 84, 197, 238, 276,
346, 436, 452
Geburt der Sprache 28 Geduld 253, 261
Gehorsam 480
Geist 27, 40, 127, 181, 205, 206, 207,
208, 209, 210, 211, 212, 213,
217, 218, 221, 258, 330, 346,
347, 358, 359, 378, 449, 454
geistige Feuer des Islams 308 Geiz 61, 67, 149, 321, 399
Gelüste 308
Gemeinde 553
Gemüse 451, 454
Gerechtigkeit 293, 319, 320, 322,
327, 328, 370
Geschichte 131, 133, 170, 173, 174,
331, 390, 428, 456, 461
Geschlechtsteile 148
Gesetz 59, 108, 126, 178, 210, 212,
246, 279, 315, 319, 328, 330,
332, 368, 371, 386, 406, 415,
436, 513
Gesundheit 37, 245, 360, 371, 404,
482, 483, 495, 498
Gewissen 303, 487, 488, 517
Gewissensbisse 278
Gewissheit 63, 65, 70, 71, 73, 93,
122, 124, 129, 130, 131, 132,
135, 136, 137, 138, 139, 140,
143, 150, 151, 152, 158, 167,
169, 170, 171, 173, 238, 245,
246, 247, 253, 275, 291, 300,
302, 315, 326, 479
Gier 70
Gift 299
Glaube 375
Glauben 298, 300, 375, 553
Gleichnisse 125
Glück 123, 124, 130, 245, 252, 276,
281, 287, 292, 342, 362, 431,
501, 513
Gnade 45, 46, 70, 71, 77, 78, 80, 93,
107, 142, 154, 169, 176, 177,
223, 236, 246, 248, 249, 264,
265, 270, 272, 275, 279, 280,
283, 287, 306, 310, 315, 316,
317, 318, 342, 353, 359, 362,
369, 370, 381, 382, 385, 403,
407, 409, 411, 421, 432, 446,
462, 497, 500, 502, 506, 510,
512, 519, 525, 528
Gott 77, 78, 79, 80, 251, 265, 266,
297, 298, 299, 301, 303, 308,
309, 310, 311, 350, 352, 371,
372, 373, 456, 463, 464, 469,
473, 474, 476, 477, 480, 481,
482, 483, 484, 485, 486, 487,
489, 515, 516, 517, 518, 519,
520, 521, 522, 523, 524, 525,
553, 554, 555
Gottergebenheit 308, 523
Gotteserkenner 475
Gotteserkenntnis 77, 264, 475, 556
Gottesfurcht 105, 164, 219, 298, 326,
358, 418, 421, 461, 479
Gottesliebe 298
Göttlichkeit 29, 45, 46, 47, 48, 136,
440
Götze 134
Götzendiener 146, 157, 158, 405,
428
Götzendienst 490
Groll 40, 339, 365, 406, 442
Gunst 45, 66, 68, 104, 108, 109, 149,
152, 181, 242, 256, 257, 261,
262, 267, 268, 269, 276, 284,
286, 322, 358, 360, 362, 381,
406, 446
Güte 520
Hadith 117, 163, 164, 165, 166
Hadsch 362, 548
Hafiza 171
Haftbefehl 351
Halima 171
Härte 159, 368, 369, 421
Hass 40, 291, 406
Heiligen Geist 181, 207, 208, 209,
211, 213, 217, 330
Heiligen Prophetensaw 163, 164,
553
Heiligen Qur-ân 553
Heilmittel 353
Herrscher 49, 171, 260, 349
Herz 61, 70, 82, 83, 88, 89, 94, 95,
97, 101, 102, 109, 110, 111, 119,
121, 122, 123, 132, 139, 152,
161, 218, 220, 221, 240, 242,
244, 253, 267, 268, 270, 271,
279, 283, 286, 288, 304, 305,
306, 307, 312, 315, 316, 325,
335, 339, 343, 344, 346, 347,
355, 358, 359, 360, 361, 362,
392, 441, 495, 502
Heuchelei 70, 406
Himmel 28, 37, 45, 72, 83, 88, 114,
126, 143, 151, 180, 182, 183,
187, 188, 189, 190, 191, 195,
206, 207, 208, 209, 249, 251,
257, 291, 301, 306, 323, 324,
334, 338, 363, 367, 374, 375,
378, 433, 434, 447, 453, 454,
455, 458, 459, 479, 491, 496,
497, 502, 509, 510, 511, 512,
513, 514, 554
Hira 171
Hochachtung 341
Hoffnung 352
Hoffnungsschimmer 351, 352
Hölle 464, 471, 472, 473, 486, 489,
490, 491
Hunger 70, 72, 73, 142, 236, 255,
262, 263, 307, 330, 361, 384
Iblis 181
Ibrahim 196, 197, 264 Imam der Zeit 117 Imam Muhammad 375
Indien 373, 553, 556
Ingwer 482, 483, 484
Intelligenz 105, 106, 124, 147, 152,
181, 194, 206, 211, 216, 260,
403, 404, 432, 447, 448, 513
Isha‘-Gebet 352
Islam 5, 6, 27, 80, 308, 372, 373, 374,
375, 462, 551, 553, 556
Istighfâr 282, 283, 285, 286, 287,
288, 305, 321, 323, 324, 356,
357
Japan 68
Jenseits 40, 131, 133, 151, 269, 306,
314, 333, 351, 356, 415, 418,
419, 428, 461, 462, 463, 466,
467, 468, 469, 470, 471, 472,
473, 475, 476, 479, 481, 485,
487, 488, 491, 492, 493, 497,
501, 522, 526, 527
JesusAS 165, 554, 555
JesusAS 103, 107
Jihad 365, 375
Jinn 194
Joseph 258
Juden 38, 90, 165, 324, 337, 366, 383
Ka‘aba 362, 363
Kafur 482, 483, 484
Kampfer 481, 482, 483, 484, 503
Kaschmir 555
Kaste 408, 409
Kette, deren Länge siebzig El- len 472, 473
Ketten, Nackenfesseln und Feu- er 484
Khadija 171, 548
Khilafat 209, 548
Kind 27, 28, 54, 147, 154, 182, 236,
238, 239, 240, 246, 259, 260,
261, 283, 348, 433, 440, 451,
452
Kometen 191, 192, 193, 194, 195
Konversion 67
Koran 163, 164, 166, 553, 555
Körper 51, 63, 72, 73, 96, 98, 113,
127, 128, 140, 175, 176, 177,
178, 183, 188, 191, 194, 195,
206, 214, 215, 217, 266, 321,
330, 342, 345, 358, 362, 363,
426, 432, 435, 443, 444, 445,
446, 453, 454, 455, 456, 457,
462, 463, 464, 465, 466, 468,
483, 490, 491, 492, 495, 498,
501, 507, 508, 509
Kraft 352
Kreuz 301, 302
Kreuzigung 300, 555
Krieg 367, 373, 374, 376, 377
Kriege 374
Krischna 50
Kummer 490
Kunst 27, 169, 216
Lahore 556
Laster 275, 276, 281, 329, 333, 334,
353, 358, 395, 398, 399, 403,
406, 407, 412, 479, 480, 494,
529
Leben 31, 45, 68, 74, 81, 82, 99, 111,
120, 122, 123, 124, 136, 142,
146, 150, 159, 171, 172, 185,
239, 240, 252, 253, 254, 255,
269, 270, 272, 299, 301, 303,
304, 312, 313, 315, 316, 322,
323, 324, 325, 326, 327, 331,
333, 335, 343, 344, 347, 355,
356, 359, 360, 361, 362, 376,
405, 406, 415, 418, 421, 422,
423, 424, 425, 427, 428, 443,
444, 445, 446, 447, 452, 455,
479, 480, 493, 494, 497, 502,
506, 507, 508, 509, 513, 553
Lehre 375, 556
Leid 80, 81, 246, 250, 260, 348, 352,
378, 421, 470
Leidenschaft 302
Leugnung 63, 66, 67, 83, 89, 91, 147,
158, 237, 422
Licht 33, 56, 69, 72, 81, 82, 88, 91,
102, 106, 108, 109, 110, 114,
116, 118, 120, 123, 124, 127,
129, 134, 147, 148, 151, 159,
160, 177, 192, 194, 195, 205,
206, 207, 208, 209, 213, 221,
242, 243, 244, 245, 247, 249,
258, 265, 277, 278, 282, 284,
285, 298, 300, 301, 302, 303,
306, 327, 331, 332, 334, 335,
343, 344, 356, 373, 386, 391,
397, 399, 435, 446, 494, 496,
498, 505, 511
Liebe 40, 49, 53, 60, 67, 70, 71, 73,
81, 97, 105, 107, 111, 137, 143,
151, 159, 205, 206, 207, 210,
212, 221, 242, 247, 252, 254,
257, 258, 266, 269, 270, 271,
272, 280, 292, 301, 304, 305,
306, 307, 311, 312, 313, 314,
315, 323, 325, 327, 332, 343,
344, 345, 346, 347, 348, 354,
362, 372, 430, 437, 440, 441,
442, 443, 446, 450, 479, 502,
503, 504, 505, 511, 554
Liebe Gottes 475
Liebe zur Welt 471, 482
Logik 40, 59, 152, 384
Lot 422, 424
Löwen 300, 377
Luft 45, 72, 178, 215, 258, 493
Macht 27, 28, 49, 54, 63, 81, 85, 86,
88, 89, 90, 94, 95, 96, 97, 101,
114, 119, 120, 121, 122, 126,
127, 128, 142, 152, 153, 187,
188, 205, 215, 217, 218, 227,
230, 237, 242, 245, 251, 252,
256, 264, 269, 270, 273, 282,
307, 313, 320, 340, 346, 367,
374, 381, 390, 398, 403, 404,
431, 432, 433, 434, 435, 446,
448, 467, 502, 527, 528
maghferat 477
Maghrib-Gebet 352
Magnet 83, 91
Mahdi 5, 375, 551, 553, 554
Makrokosmos 439
Mâlik 49, 167
Märchen 300, 301
Mathematik 94
Matthäus 113, 390
Medikament 216, 316, 443
Meister 49, 68, 103, 210, 211, 421,
432, 433, 434
Mekka 36, 171, 368, 378, 548
Melchisedek 330
Mensch 251, 375
Menschheit 28, 55, 57, 60, 66, 83,
104, 106, 125, 218, 304, 317,
328, 366, 383, 399, 527, 528
Menschlichkeit 43, 51, 82, 155, 211,
212, 305, 346, 422, 503
Mesmerismus 92
Messias 5, 21, 22, 68, 113, 115, 272,
301, 373, 374, 375, 376, 377,
379, 426, 553
Messiasas 5, 6, 114, 116
Metaphysik 153
Mikrokosmos 439
Milch 182, 236, 283, 307, 468, 497
Milde 368
Missetat 299
Mond 28, 45, 154, 177, 178, 180,
183, 192, 193, 196, 214, 258,
420
Moral 375
Mord 277, 278, 305, 325, 326
Morgendämmerung 170, 208
Moses 67, 68, 161, 333, 368, 369,
370, 392, 452
Motiv 360, 361
Mudabbir 49, 51
Mudjaheda 521
Mulhim 76
Mun‘im 49, 51
Murabbi 49, 51
Muslim 5, 553, 554
Muslime 22, 66, 68, 90, 375, 553,
554
Mut 251, 483, 522
Mutammin 49, 51, 52
Mutmaßung 130, 131, 133, 137, 138,
139, 140, 143, 145, 170
Mutter 27, 30, 31, 33, 34, 35, 38, 39,
41, 67, 68, 171, 234, 236, 238,
239, 246, 252, 260, 283, 304,
307, 330, 348, 436, 441, 452
Mutterleib 182, 199, 451, 454
Mutterschoß 453, 455, 456
Muttersprache 350, 355
Nachfolger 5, 6, 170
Nacht 352
Nahrung 51, 72, 73, 74, 127, 182,
342, 343, 344, 345, 346, 464,
490, 505
Natur 351, 352, 456, 480, 487, 488,
517
Natur des Menschen 351, 352
Naturgesetz 44, 45, 46, 72, 83, 98,
105, 109, 117, 131, 135, 141,
143, 147, 148, 177, 178, 190,
244, 279, 280, 318, 323, 324,
329, 330, 331, 332, 369, 370,
456
Naturgesetze 59, 302, 371, 487
Naturwissenschaft 94
Neid 442
Nichtmuslime 375
Niedergang 94, 293, 354
Noah 422
Oberhaupt 49
Obst 467
Offenbarung 28, 34, 41, 60, 61, 65,
66, 67, 68, 69, 71, 72, 73, 75,
76, 78, 79, 80, 81, 82, 84, 85,
86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93,
94, 97, 98, 99, 100, 101, 102,
103, 104, 106, 107, 108, 109,
110, 111, 112, 113, 115, 116,
117, 118, 119, 120, 121, 122,
123, 124, 125, 126, 127, 128,
129, 131, 132, 134, 135, 136,
137, 138, 141, 143, 144, 145,
146, 147, 150, 152, 153, 154,
155, 156, 157, 158, 160, 161,
162, 195, 210, 211, 216, 218,
247, 277, 291, 297, 302, 309,
313, 317, 425, 426, 427, 428,
447, 450, 525
Offenbarungen 22, 41, 59, 65, 66,
67, 68, 71, 72, 73, 74, 80, 84,
85, 86, 87, 89, 90, 92, 93, 94,
99, 159
Ohren 60, 103, 134, 148, 177, 206,
209, 273, 283, 287, 345, 392,
396, 397, 400, 434
Opfer 308, 483, 523, 524
Paradies 301, 469, 475, 477, 481,
486, 487, 554, 555
Paradies auf Erden 481 Parameshvara 429
Parsen 31, 332
Perlen 117
Permeschwar 28, 29, 317, 318, 320,
321, 429, 430, 431, 432, 433,
434, 435, 437, 452, 501, 502,
527
Pest 289, 295, 369
Philosophen 59, 81, 94, 98, 105, 127,
138, 146, 152, 153, 179, 213,
223, 236, 339, 431, 437, 457
Philosophie 30, 59, 108, 110, 175,
236, 262, 269, 284, 311, 322,
324, 351, 398, 417, 465, 493,
497, 505, 556
Phosphor 436, 437
Physik 40, 94, 182, 193, 214, 398
Physiker 98, 144
Pilgerfahrt 164, 165, 174, 272, 362
Planeten 45, 180, 185, 191, 192, 415
Planung 34, 51, 54, 242, 244, 245,
407
Platon 127
Polytheismus 29, 40
Prahlerei 240, 310, 406
Praxis 163, 164, 165, 166, 169, 173,
174, 331
Prophet 68, 104, 109, 208, 240, 284,
286, 320, 362, 377, 428, 448,
491, 508, 514, 554
Propheten 65, 66, 67, 68, 71, 77, 90,
93, 103, 106, 107, 108, 109, 110,
112, 119, 163, 170, 171, 172,
194, 207, 208, 210, 211, 241,
264, 288, 291, 304, 316, 317,
334, 337, 341, 350, 361, 365,
367, 368, 369, 370, 376, 377,
378, 385, 389, 390, 420, 422,
423, 424, 425, 427, 435, 447,
448, 458, 477, 491, 512, 513,
523, 524, 545, 546, 553
Prophetentum 114
Prophezeiung 116
Prophezeiungen 93, 101, 313, 553,
554, 555, 557
Prüfung 162, 165, 217, 218, 219,
220, 241, 242, 253, 260, 351
Psychologie 429
Purgatorium 462
Qadian 100, 551, 553
Qayyûm 49, 51
Quecksilber 105
Qur‘an 34, 47, 48, 52, 69, 81, 89, 90,
93, 104, 111, 119, 125, 126, 127,
128, 135, 142, 148, 153, 154,
161, 167, 168, 169, 170, 171,
172, 173, 175, 181, 182, 183,
188, 191, 192, 207, 213, 218,
220, 248, 249, 255, 258, 262,
279, 280, 292, 313, 316, 320,
334, 337, 340, 356, 367, 370,
371, 374, 375, 376, 378, 382,
383, 384, 387, 390, 391, 393,
395, 396, 398, 415, 417, 420,
422, 423, 425, 428, 435, 437,
438, 441, 443, 445, 447, 449,
451, 454, 455, 465, 493, 496,
500, 501, 504, 505, 508, 528
Qur’an 30, 31, 33, 35, 41, 416, 446,
545
Qur-ân 113, 117, 308, 455, 461, 470,
472, 474, 477, 487, 488, 490,
518, 519, 520, 525, 526, 553
Rabb 48, 49, 51, 53
Raḥīm 46
Rahmân 46, 47, 222
Raḥmān 30, 46
Ramadan 358, 548
Rechtleitung 34, 60, 81
Rechtschaffenheit 21, 77, 105, 189,
195, 206, 208, 218, 240, 252,
253, 258, 301, 363, 395, 396,
397, 398, 412, 421, 425, 461,
483, 497, 499, 508, 546
Redewendung 37, 101
Regen 112, 179, 185, 193, 216, 257,
408, 502
Regulierer 190, 191, 216
Reichtum 50, 261, 263, 344, 366,
404, 484
Reinheit 69, 70, 78, 112, 123, 148,
210, 258, 298, 326, 332, 333,
336, 407, 451, 499
Religion 21, 23, 61, 68, 165, 170,
265, 292, 321, 342, 365, 366,
372, 377, 479, 493, 495, 496,
498
Reue 79, 275, 276, 277, 278, 279,
280, 281, 285, 286, 287, 292,
307, 317, 320, 321, 323, 324,
357, 369, 398, 494
Richter 166, 351
Ritualgebet 115, 266, 267, 340
rote Tinte 64
Ruhm 40, 93, 119, 142
Salah 350
Salat 266
Salât 340, 341, 342
Samen 45, 52, 54, 237, 259, 277, 395,
453, 454, 499
Samenflüssigkeiten 436
Samenkorn 237, 238
Sanftmut 280, 341, 371
Sanskrit 28, 29, 32, 38, 39
Satan 110, 111, 120, 121, 122, 181,
194, 207, 210, 211, 217, 218,
219, 220, 221, 222, 258, 298,
390, 403, 407, 408, 461, 509
Säugling 27, 307
Scham 54
Schlaf 98, 103, 207, 208, 443, 444,
445, 446
Schlange 234, 246, 299, 300, 452
Schlummer 97, 98, 99, 102, 110
Schönheit 23, 31, 33, 35, 36, 43, 47,
56, 64, 81, 256, 257, 258, 346,
370, 375, 396, 404, 450, 483,
519, 520, 529
Schönheit des göttlichen We- sens 519
Schöpfer 43, 51, 56, 69, 70, 71, 79,
104, 138, 143, 144, 154, 215,
282, 283, 347, 430, 432, 440,
441, 456, 465, 515, 529, 553
Schöpfung 28, 42, 43, 69, 87, 88,
126, 144, 154, 176, 177, 181,
187, 217, 221, 257, 270, 310,
317, 322, 328, 330, 346, 347,
433, 434, 435, 436, 437, 438,
439, 440, 441, 448, 454, 456,
464, 467, 469, 491, 517, 520,
528
Schöpfungsreihe 221
Schwäche 53, 84, 242, 270, 275, 282,
283, 284, 305, 318, 322, 353
Schwangerschaft 238, 239
Schwefel 105
Schwein 54, 363
Schwert 122, 365, 368, 369, 370, 371,
372, 373, 374, 375, 377, 378,
379
Seele 49, 51, 67, 73, 74, 75, 85, 106,
111, 123, 130, 135, 139, 140,
150, 160, 186, 187, 190, 191,
192, 199, 200, 206, 215, 229,
243, 245, 250, 260, 265, 266,
269, 270, 277, 278, 286, 293,
296, 297, 298, 300, 301, 302,
309, 312, 315, 321, 323, 335,
336, 344, 345, 352, 353, 358,
362, 398, 399, 407, 426, 429,
430, 431, 434, 435, 436, 437,
438, 439, 440, 442, 443, 444,
445, 446, 447, 448, 449, 451,
453, 454, 455, 456, 457, 458,
462, 463, 464, 469, 483, 492,
495, 497, 498, 501, 507, 509,
529, 554
Seelenwanderung 63, 312, 451, 452
Segen 81, 89, 91, 93, 121, 123, 124,
142, 194, 207, 265, 348, 350,
410, 420, 511
Segnungen 558
Selbstaufgabe 350
Selbstmord 242, 324, 334
Selbstverehrung 70
Selbstverteidigung 372, 374
Silber 105, 182
Sonne 28, 33, 45, 62, 72, 88, 89, 93,
106, 108, 109, 125, 154, 176,
177, 178, 180, 182, 183, 192,
193, 196, 214, 239, 258, 261,
331, 332, 334, 351, 391, 420
Sonnenanbeter 157
Spenden 521
Spermatropfen 435, 436
Spott 55, 91, 368, 416, 422
Sprache 27, 28, 29, 30, 31, 32, 34, 35,
36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44,
45, 46, 47, 48, 55, 56, 86, 101,
134, 147, 149, 349, 350
Sprachfähigkeit 42, 43, 147, 150,
206, 499
Standhaftigkeit 122, 137, 141, 142,
207, 210, 240, 262, 263, 286,
367, 498, 522, 523, 524
Sterne 33, 177, 180, 184, 185, 186,
187, 191, 192, 194, 214, 251,
258
Stolz 64, 70, 119, 321, 366, 395, 404,
406, 408, 418
Strafe 462, 471, 472
Sucht 301
Sufi 115
Sufi Ahmad Jan 272
Sufis 63, 117, 281, 286, 358, 385, 409
Sühne 54, 107, 278, 320, 325, 326,
327, 329, 330, 333, 494
Sühneopfer 297
Sünde 135, 141, 247, 252, 275, 276,
277, 278, 279, 281, 282, 284,
287, 288, 291, 296, 297, 298,
299, 300, 301, 302, 304, 305,
306, 307, 314, 317, 318, 320,
321, 322, 323, 325, 326, 328,
329, 330, 332, 335, 336, 340,
353, 403, 417, 425, 490, 493,
494, 505, 508, 556
Sündlosigkeit 210, 284, 331
Sunna 163, 164, 165, 166
Syed Abdul Qadir Gilanira 115
Taaif 114
Taba‘ Tabe’in 165
Tag der Auferstehung 464 Tag des Jüngsten Gericht 68
Tag des Jüngsten Gerichts 68, 419,
512, 513
Tâir 470
Taqwa 401
Telegramm 95
Teufel 113, 114, 115, 118
teuflische Offenbarungen 112, 113,
116
Thora 38, 337, 370, 427, 428
Thron 188, 189, 190, 245, 347
Tiere 150, 155, 159, 328, 329, 371,
376, 378, 419
Tinte 64
Tod 111, 140, 141, 150, 159, 171, 239,
250, 263, 264, 272, 280, 308,
314, 315, 317, 320, 328, 329,
333, 334, 343, 345, 347, 386,
407, 410, 441, 443, 444, 445,
446, 447, 455, 458, 461, 463,
471, 485, 507, 508, 510, 512,
513, 523, 524, 528, 553, 557
Transzendenz 107, 175, 176, 177
Traum 102, 122, 123, 160, 161, 213,
443, 444, 466, 468, 497
Träume 9, 59, 71, 113, 122, 123, 159,
160, 161, 346, 469
Traumgesichter, Visionen und Offen- barungen von Gott 525
Treue 70, 78, 97, 142, 152, 311, 355,
399, 480, 502, 522
Triebe 375
Trost 80, 81, 82, 102, 269, 304, 315,
322, 323, 331, 345, 398, 438,
466
Tugend 219, 221, 324, 333, 334, 378,
395, 401, 409, 410, 461, 481,
483, 494
Übel 352
Überlegung 29, 55, 59, 75, 83, 125,
126, 244, 439
Umma 164
Ungehorsam 158, 217, 220, 304,
323, 331, 417
Ungläubigen 554
Unglück 66, 81, 141, 142, 254, 255,
287, 288
Universum 49, 60, 94, 103, 144, 146,
149, 185, 202, 209, 439, 528
Untergang 351
Ursache 27, 37, 72, 87, 88, 190, 191,
192, 260, 269, 293, 304, 376,
382, 416, 418
Vater 52, 53, 54, 240, 440, 441
Veda 33
Vedas 69, 183, 317, 318, 319, 431,
449, 505
Vegetation 176
Verbindung mit Gott 308, 309, 310
Vereinigung 75, 142, 150, 200, 203,
206, 212, 315, 323, 430, 454,
456
Vergebung 79, 261, 272, 275, 276,
278, 279, 280, 284, 287, 288,
301, 320, 321, 324, 328, 331,
350, 412, 477, 506, 511, 512
Vergeltung 300
Vermutung 60, 61, 71, 93, 112, 141,
300, 325, 326
Vernunft 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66,
81, 82, 94, 105, 106, 124, 125,
135, 138, 150, 151, 278, 309,
320, 328, 329, 352, 384, 462,
468, 487, 488, 492
Vers 42, 48, 50, 110, 168, 169, 172,
179, 180, 190, 191, 192, 217,
263, 267, 277, 278, 283, 284,
285, 332, 379, 384, 386, 388,
389, 390, 417, 418, 424, 438,
439, 445, 446, 449, 459, 493,
495, 496, 499, 507, 545
Verstand 78, 309, 462, 463, 521
Versuche 92
Verteiler 190, 191, 216
Vertrauen 251
Vervollkommnung 476
Verwendungszweck 47
Verzeihung 331
Vision 63, 64, 81, 98, 161, 247, 359,
361, 466, 467, 501
Visionen 9, 59, 61, 62, 63, 64, 65, 82,
94, 95, 159, 161, 181, 213, 214,
345, 358, 359, 361, 450, 451,
458, 462, 463, 466, 492, 504,
522, 525
Vogel 470, 518
Vollkommenheit 32, 53, 65, 82, 88,
101, 109, 110, 151, 152, 178,
221, 276, 313, 432, 527, 529
Vorstellungskraft 106, 434
Wächter 34, 190
Wachzustand 103
wahre Glückseligkeit 517
Wahrhaftigkeit 350, 487, 488, 556
Wahrheit 31, 33, 43, 46, 50, 59, 60,
65, 66, 67, 76, 82, 83, 84, 85,
91, 107, 110, 114, 124, 125, 126,
128, 129, 132, 134, 137, 138,
143, 144, 147, 148, 150, 172,
177, 193, 209, 210, 213, 221,
223, 236, 237, 255, 265, 269,
271, 272, 273, 299, 301, 303,
332, 362, 366, 367, 372, 375,
381, 386, 407, 412, 415, 424,
433, 434, 435, 438, 439, 442,
448, 449, 468, 489, 493, 508,
516, 527, 529
Wahrheitssucher 65, 68, 92
Wasser 33, 45, 72, 73, 74, 94, 95,
100, 123, 151, 154, 179, 182,
213, 216, 250, 273, 302, 323,
324, 329, 330, 343, 345, 347,
348, 357, 420, 496, 505, 506
Wein 80, 402, 475, 500, 502, 503, 504
Weisheit 30, 38, 60, 66, 77, 79, 81,
89, 99, 121, 126, 178, 189, 194,
214, 217, 244, 264, 267, 303,
361, 435, 439, 448, 449, 473,
521, 554
Welt 21, 22, 28, 37, 41, 50, 60, 61, 62,
63, 65, 68, 70, 81, 82, 87, 91,
95, 101, 103, 106, 109, 111, 112,
122, 124, 127, 135, 136, 137,
138, 139, 142, 144, 151, 160,
161, 173, 174, 176, 183, 187,
193, 195, 209, 217, 221, 223,
240, 247, 253, 256, 258, 269,
271, 272, 273, 303, 306, 312,
313, 314, 315, 319, 322, 326,
327, 333, 335, 356, 369, 373,
375, 387, 398, 399, 415, 416,
417, 418, 419, 422, 424, 425,
426, 428, 432, 443, 444, 445,
446, 447, 461, 466, 467, 468,
479, 480, 493, 494, 496, 497,
501, 502, 503, 504, 509, 512,
527, 528, 529
Weltraum 251, 458
Willen 99, 149, 176, 182, 196, 203,
215, 216, 255, 256, 263, 308,
310, 314, 363, 384, 385, 500
Winde 179, 180, 182, 185, 186, 193
Wirklichkeit 165
Wissen 31, 54, 60, 71, 78, 82, 83, 85,
89, 93, 94, 118, 125, 130, 131,
132, 138, 141, 143, 147, 155,
156, 194, 214, 215, 220, 243,
244, 252, 257, 276, 282, 297,
298, 300, 316, 361, 369, 381,
382, 398, 399, 404, 406, 420,
430, 431, 436, 437, 444, 446,
447, 448, 449, 450, 457, 458,
463, 471, 519, 521
Wissenschaft 54, 55, 216, 381
Wohlstand 93, 396, 406, 408, 409,
416
Wohltätigkeit 45, 52, 61, 71, 158,
244, 263, 276, 420, 528
Wonne 97, 102, 121, 137, 139, 242,
245, 250, 255, 322, 342, 348,
356, 357, 398, 445, 450, 465,
480, 492, 493, 501, 509
Wort 31, 37, 40, 41, 48, 49, 52, 53,
54, 56, 74, 83, 85, 86, 88, 89,
90, 97, 110, 112, 119, 120, 121,
122, 124, 126, 127, 128, 137,
139, 141, 142, 148, 149, 151,
154, 168, 180, 183, 209, 211,
241, 247, 306, 307, 316, 323,
332, 336, 338, 341, 345, 346,
379, 388, 391, 409, 434, 435,
436, 448, 528
Worte Gottes 77
Wunder 56, 62, 63, 85, 100, 101, 111,
126, 140, 251, 254, 256, 257,
434, 439, 467
Wurzelstruktur 38, 40
Wüste 372
Wut 317
Zunge 27, 97, 98, 99, 110, 147, 148,
149, 206, 283, 287, 338, 341,
342, 346, 409, 425, 434, 499
Zwang 374, 375
Zweck 36, 42, 43, 46, 47, 82, 193,
195, 209, 211, 217, 239, 246,
257, 259, 262, 336, 356, 359,
362, 365, 373, 376, 379, 398,
406, 429, 443, 444, 511, 515,
528
Zwiegespräch 440
Zwischenraum 462
Zakat 174, 363, 548
Zandjbil 482, 483, 484
Zeichen 22, 42, 67, 70, 71, 73, 82, 86,
89, 93, 111, 112, 121, 126, 128,
144, 145, 159, 160, 168, 209,
241, 242, 246, 248, 249, 250,
254, 264, 270, 291, 292, 305,
313, 325, 346, 362, 373, 374,
379, 407, 423, 445, 459, 504,
527, 554
Zeugnis 251
Ziege 53, 377
Zohr-Gebet 351
Zorn 91, 277, 293, 297, 300, 362,
365, 367, 377, 416, 419, 421,
426, 489, 490, 499, 505, 506,
512, 526
Zucker 213
Zufriedenheit 81, 85, 102, 130, 132,
139, 141, 245, 246, 272, 306,
346, 523
Zulaikha 258
Die Verszählung des Heiligen Qur’an:
Der Heilige Qur’an beinhaltet 114 Suren, die jeweils aus einer unter- schiedlichen Anzahl an Versen bestehen. Jede Sure, mit Ausnahme der neunten Sure, fängt mit der Eröffnungsformel, der tasmiya beziehungsweise basmala (bi-smillāhi r-raḥmāni r-raḥīm – Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen) an. In den Ausgaben des Heiligen Qur’an, die von der Ahmadiyya Muslim Jamaat veröffentlicht werden, wird diese Eröffnungs- formel immer als erster Vers der jeweiligen Sure gezählt. Andere Ausgaben berücksichtigen die basmala bei der Verszählung nicht, weshalb sich die Ver- sangaben um einen Vers verschieben.
Im islamischen Sprachgebrauch werden hinter den Namen bestimmter Personen, denen Gott eine besondere Stellung gegeben hat, verschiedene Se- gensgebete (Eulogien) gesprochen. Folgende Abkürzungen wurden verwen- det, deren vollständige Form im Arabischen (in deutscher Transliteration) ebenfalls im Folgenden angegeben wird:
SAW ṣallallāhu ‘alaihi wa-sallam (taṣliya genannt) – Bedeu- tung: „Frieden und Segnungen Allahs seien auf ihm“ – wird nach dem Na- men des Heiligen Propheten MuhammadSAW gesprochen.
AS ‘alaihi s-salām (taslīm genannt) – Bedeutung: „Friede sei auf ihm“ – wird nach dem Namen aller anderen Propheten gesprochen.
RA raḍiyallāhu ‘anhu / ‘anhā / ‘anhum – (tarḍiya genannt) – Bedeutung: „Möge Allah Wohlgefallen an ihm/ihr/ihnen haben“ – wird nach den Namen der Gefährten des Heiligen Propheten MuhammadSAW oder des Verheißenen MessiasAS gesprochen.
RH raḥmatullāhi ‘alaih / raḥimahullāh – Bedeutung: „Möge Allah ihm Barmherzigkeit erweisen“ – wird nach den Namen von bereits ver- storbenen besonderen rechtschaffenen Menschen gesprochen, die aber kei- ne Gefährten des Heiligen Propheten MuhammadSAW oder des Verheißenen MessiasAS waren.
ABA ayyadahullāhu ta‘ālā bi-naṣrihi l-‘azīz – Bedeutung:
„Möge Allah sein Helfer sein und ihn mit Seiner Kraft unterstützen“ – wird nach dem Namen des Kalifen der Zeit gesprochen.
Begriffserklärung Hadhrat: Ein Ausdruck des Respekts, welcher für eine Person von bewährter Rechtschaffenheit und Frömmigkeit verwendet wird.
In diesem Buch verwendete Umschrift
Die Umschrift der arabischen Wörter und Namen folgt dem von der Deut- schen Morgenländischen Gesellschaft (DMG) empfohlenem Transkriptions- system (lautgerechte Wiedergabe).
Bei der Umschrift in diesem Buch, die der folgenden Tabelle folgt, wur- de darauf Wert gelegt, dass die Aussprache des Originals möglichst erhal- ten bleibt und eine einfache Lesbarkeit gewährleistet wird. Insofern ergeben sich hier und da einige Unterschiede zu der in der Fachliteratur verwendeten Transliteration, bei der jedem Buchstaben ein Symbol entspricht, so dass die Umschrift eine vollständige Rekonstruktion des Originals möglich macht.
Arabisch | DMG | Beschreibung | Lautschrift |
ا | ʾ / a | in der Kehle gebildeter schwacher Explosionslaut, wie im deutschen vor jedem anlautenden Vokal gesprochen Kurzer Vokal a | [ʔ] [ʔ̴] [a] |
ﺏ | b | Konsonant b | [b] |
ﺕ | t | Konsonant t | [t] |
ﺙ | ṯ | stimmloses englisches th | [θ] |
ﺝ | ǧ | stimmhaftes dsch | [ʤ] |
ﺡ | ḥ | scharfes, ganz hinten in der Kehle gesprochenes h | [ħ] |
ﺥ | ḫ | raues ch wie in Bach | [χ] |
ﺩ | d | an den Zähnen gebildeter Konsonant d | [d] |
ﺫ | ḏ | stimmhaftes englisches th | [ð] |
ﺭ | r | stimmhaftes, gerolltes Zungespitzen-r | [r] |
ﺯ | z | stimmhaftes s | [z] |
ﺱ | s | stimmloses s | [s] |
ﺵ | š | stimmloses sch | [ʃ] |
ﺹ | ṣ | breites stimmloses s | [sˁ] |
ﺽ | ḍ | ein etwas dumpf klingendes stimmhaftes d | [dˁ] |
ﻁ | ṭ | dumpfes t ohne folgenden Hauchlaut | [tˁ] |
ﻅ | ẓ | dumpfes, stimmhaftes s | [zˁ] |
ﻉ | ʿ | ungewöhnlich gepresster, ganz weit hinten gebildeter a-haltiger Kehllaut | [ʕ] |
ﻍ | ġ | ein erweichter, dem Gaumen-r ähnlicher Buchstabe (wie das r in Rauch) | [ɣ] |
ﻑ | f | Konsonant f | [f] |
ﻕ | q | ein hinten am Gaumensegel gesprochenes k ohne folgenden Hauchlaut | [q] |
ک | k | Konsonant k | [k] |
ﻝ | L | Konsonant l, außer in Allah | [l] |
ﻡ | m | Konsonant m | [m] |
ﻥ | n | Konsonant n | [n] |
ﻩ | h | kräftig artikulierter Konsonant h | [h] |
و | w/u | Konsonant w Kurzer Vokal u | [w] [u] |
ي | y/i | Konsonant j Kurzer Vokal i | [j] [i] |
Kurzvokale werden als a, i, u geschrieben, Langvokale als ā, ī, ū.
Folgende Wörter unterliegen entweder konventionsmäßig oder der Les- barkeit halber nicht oder nur bedingt den DMG Umschriftregeln. Eigenna- men werden in der Regel nicht transliteriert:
Unsere Konvention | DMG |
Abu Bakr | abū bakr |
Ahadith | aḥādīṯ |
Ahmadiyya | aḥmadiyya |
Ali | ʿalī |
Allah | allāh |
Amin | āmīn |
Dschihad | ǧihād |
Fatwa | fatwā |
Hadhrat | ḥaḍrat |
Hadith | ḥadīṯ |
Hadsch | ḥaǧǧ |
Hafis | ḥāfiẓ |
Hidschra | hiǧra |
Hudhur | ḥuḍūr |
Imam | Imām |
Inshallah | inšāʾallāh |
Islam | islām |
Jalsa Gah | ǧalsa gāh |
Jalsa Salana | ǧalsa sālāna |
Jamaat | ǧamāʿah |
Kalif / Khalifa | ḫalīfa |
Khutba | ḫuṭba |
Kalifat / Khilafat | ḫilāfa |
Khadija | ḫadīǧa |
Khalifat-ul-Masih | ḫalīfatu l-masīḥ |
Majlis-e Mushawarat | maǧlis-e mušāwarat |
Majlis-e Shura | maǧlis-e šūrā |
Medina | madīna |
Mekka | makka |
Moschee | masǧid |
Muhammad | muḥammad |
Nikah | nikāḥ |
Qurʾan | qurʾān |
Quraisch | quraiš |
Ramadan | ramaḍān |
Rūḥānī ḫazāʾin | rūḥānī ḫazāʾin |
Scharia | šarīʿa |
Sūra | sūra |
Usman | ʿuṯmān |
Umar | ʿumar |
Zakat | zakat |
Der Verheißene MessiasAS und Mahdi des Islam, Hadhrat Mirza Ghulam Ahmad von Qadian (1835-1908)
Der Verheißene Messias und Mahdias, Hadhrat Mirza Ghulam Ahmad, wurde 1835 in Qadian (Indien) geboren und widmete sein Leben dem Studium des Heiligen Koran, dem Gebet und der Hingabe zu Gott. Als er bemerkte, dass der Islam von allen Seiten mit haltlosen Vorwürfen angegriffen wurde und die Muslime nicht in der Lage wa- ren, darauf zu reagieren, verteidigte er als Imam und Stimme der Zeit den Islam und stellte die unverfälschten Lehren des Islam in ihrer Ursprünglichkeit wieder dar.
In seinem umfangreichen Gesamtwerk an Schriften, Vorlesungen, Reden und religiösen Diskursen etc., erörtert er, dass der Islam den einzigen lebendigen Glauben darstellt, durch dessen Befolgung der Mensch eine tiefgehende Beziehung zu seinem Schöpfer herstellen kann.
Er erklärt, dass Gott ihn gemäß der Prophezeiungen in der Bibel, im Heiligen Koran und in den Überlieferungen des Heiligen Prophe- tensaw des Islam (Ahadith) zum Messias und Mahdi ernannt hat. 1889 begann er, Mitglieder in seine Gemeinde, die Ahmadiyya Muslim Ja- maat, aufzunehmen, die mittlerweile in über 206 Ländern verbreitet ist und mehrere zehn Millionen Mitglieder umfasst. Er schrieb mehr als 80 Bücher in Urdu, Arabisch und Persisch.
Nach dem Tod des Verheißenen Messiasas im Jahre 1908 traten Ka- lifen seine Nachfolge an, um seine Aufgaben fortzuführen. Hadhrat Mirza Masroor Ahmad, Khalifatul Masih Vaba, ist das derzeitige Ober- haupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat und der fünfte Nachfolger des Verheißenen Messiasas.
In allen großen Religionen gibt es Prophezeiungen über das Er- scheinen eines großen Propheten und Reformers, der zu der Zeit erscheinen würde, wenn die Welt von Egoismus und Unglauben ge-
Zum Autor
prägt sein würde. So hat auch Jesusas seine Wiederkehr angekündigt und Zeichen für dieses Ereignis genannt.
Im Christentum wird dies Parusie (griech. Ankunft) genannt. Der Heilige Prophet Muhammadsaw hat ebenfalls eine Vielzahl von Pro- phezeiungen überliefert, in denen von der Wiederkunft Jesusas und dem Auftreten des Imam Mahdi die Rede ist.
Indes bestehen über die Art und Weise, wie diese Prophezeiungen eintreten werden, bei Christen und Muslimen verschiedenartige An- schauungen. Orthodoxe Muslime glauben, Jesusas sei lebendig in den Himmel aufgefahren und befinde sich dort körperlich im Paradies an Gottes Seite, und eines Tages wird er herabsteigen und die Welt der Ungläubigen mit Waffengewalt besiegen.
Die Ahmadiyya Muslim Jamaat hingegen sagt, dass ein solches Denken der Weisheit Gottes widerspricht. Es ist unsinnig anzuneh- men, Jesusas befinde sich mit seinem Körper aus Fleisch und Blut in einem Paradies über den Wolken, wo er täglich Nahrung zu sich neh- men muss und anderen Verrichtungen unterliegt, denen ein Mensch aufgrund seiner körperlichen Beschaffenheit nachgehen muss.
Das Paradies, so ist aus den heiligen Schriften der Menschheit zu entnehmen, ist kein materieller Ort, sondern ein geistiger Zustand, in dem sich die Seele befindet. Gott ist kein Wesen aus Materie, sondern jenseits von Werden und Zerfall, wie es dem Körper eigen ist. Er ist auch nicht an einen materiellen Ort gebunden, so dass die „Himmel- fahrt“ von Jesusas nicht bedeuten kann, dass er zu einem bestimmten Ort im Universum aufgestiegen ist, vielmehr kann man sich Gott tat- sächlich nur im spirituellen Sinne nähern, denn nur Ehrfurcht und geistige Verhaltensweisen, wie Hingabe, Demut und Liebe erreichen Ihn, nicht aber Materielles.
554
Wenn Jesusas aber nicht mit seinem Körper zu Gott ins Paradies aufgestiegen ist, wo ist er dann? Und wie wird seine Wiederkunft aus- sehen, von der zahlreiche Prophezeiungen verschiedener Religionen sprechen?
Der Heilige Koran erklärt, dass Jesusas eines natürlichen Todes auf Erden gestorben ist. Nach Hadhrat Mirza Ghulam Ahmadas überlebte Jesusas die Kreuzigung in Bewusstlosigkeit und wanderte dann zu den verlorenen Stämmen vom Hause Israel bis nach Kaschmir aus, wo er auch begraben liegt (4:158 und 23:51). Sein Grab im Khanyar-Viertel der Stadt Srinagar ist heute noch zu besichtigen. Zudem sagt Gott in weiteren 30 Versen des Heiligen Korans, dass Jesusas auf der Erde ge- storben ist. Wie aber kann dann seine Wiederkunft stattfinden?
Der Verheißenen Messias, Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS im Verlag Der Islam
Die Philosophie der Lehren des Islam
2012, gebunden, 272 Seiten
ISBN 978-3-932244-80-3
Die Arche Noahs. Die Festung des Glaubens
2011, gebunden, 196 Seiten
ISBN 978-3-944277-47-9
Die Essenz des Islam – Band 1. Auszüge aus den Schrif- ten, Reden und Bekanntmachungen des Verheißenen Mes- siasAS
2016, gebunden, 604 Seiten
ISBN 978-3-939797-10-4
2012, gebunden, 80 Seiten
ISBN 978-3-932244-04-9
2004, broschiert, 164 Seiten
ISBN 3-921458-39-0
Der Vortrag von Ludhiana. Über die Wahrhaftigkeit des Verheißenen MessiasAS
2012, gebunden, 112 Seiten
ISBN 978-3-932244-95-7
Der Vortrag von Lahore. Über Gotteserkenntnis und Sünde im Islam im Vergleich zu Christentum und Hinduismus.
2011, broschiert, 95 Seiten
ISBN 3-921458-77-3
Der Vortrag von Sialkot. Über die Endzeit, Jesu Tod und Prophezeiungen
2012, gebunden, 104 Seiten
ISBN 978-3-932244-96-4
2016, gebunden, 126 Seiten
ISBN 978-3-944277-58-5
Eine Auswahl aus den Schriften des Verheißenen MessiasAS
2015, gebunden, 132 Seiten
ISBN 978-3-944277-34-9
2015, broschiert, 96 Seiten
ISBN 978-3-944277-49-3
Die verborgene Wahrheit. Über die Kreuzigung von Hadhrat JesusAS
2015, gebunden, 80 Seiten
ISBN 978-3-944277-42-4
Ein Geschenk für An-Nadwah. Ein Essay über das Erkennen eines wahren Propheten,
2015, broschiert, 72 Seiten
ISBN 978-3-944277-51-6
Die grüne Bekanntmachung. Eine Abhandlung über den Tod von Bashir
2016, broschiert, 80 Seiten
ISBN 978-3-944277-69-1
Die Sündlosigkeit der Propheten. Wie kann Erlösung erlangt werden und was ist die wahre Bedeutung von Erlösung?
2017, broschiert 104 Seiten
ISBN 978-3-939797-41-8
2013, broschiert, 48 Seiten
ISBN 978-3-944277-27-1
2013, gebunden, 88 Seiten
ISBN 978-3-944277-13-4
2013, gebunden, 108 Seiten
ISBN 978-3-94427701-1
2014, gebunden, 80 Seiten
ISBN 978-3-944277-36-3
2010, broschiert, 46 Seiten
ISBN 978-3-932244-60-5
Das Testament – Al-Wassiyat
2008, broschiert, 72 Seiten
ISBN 78-3-932244-14-8
Ziele erklärt. Die Natur der Engel, der Seele und der Offenbarung
2011, broschiert, 88 Seiten
ISBN 978-3-932244-24-7
Al-Qaseeda – Lobeshymne auf den Heiligen Propheten MuhammadSAW
2012, broschiert, 54 Seiten
ISBN 978-3-932244-99-5
2013, gebunden, 116 Seiten
ISBN 978-3-932244-86-5
Drei Fragen eines Christen und die Antworten darauf
2011, broschiert, 88 Seiten
ISBN 978-3-932244-78-0
Antworten des Verheißenen MessiasAS
2015, gebunden, 120 Seiten
ISBN 978-3-944277-39-4
Was ist der Unterschied zwischen einem Ahmadi und einem Nicht-Ahmadi?
2017, broschiert, 80 Seiten
ISBN 978-3-939797-40-1
Offenbarung, Vision, Wahrtraum
1991, broschiert, 48 Seiten
ISBN 3-921458-71-4
1994, broschiert 72 Seiten
ISBN 3-92145862-5
2017, broschiert, 52 Seiten
ISBN 978-3-939797-32-6
Manifestationen göttlicher Glorie
2017, broschiert, 64 Seiten
ISBN 978-3-939797-25-8
Maktubat-e-Ahmad. Briefe des Verheißenen MessiasAS
2009, broschiert, 260 Seiten
978-3-932244-49-0
Taskirah. Göttliche Offenbarungen, Wahrträume, Visi- onen, 1871 bis 1908 empfangen von Hazrat Mirza Ghulam Ahmad, dem Verheißenen Messias und Mahdi des Islams.
1995, gebunden, 748 Seiten
ISBN 3-921458-99-4
2018, broschiert, 152 Seiten
ISBN 978-3-939797-50-0
2018, broschiert, 64 Seiten
ISBN 978-3-939797-58-6
Die britische Regierung und der Jihad
2018, broschiert, 104 Seiten
ISBN 978-3-939797-57-9
2018, gebunden, 112 Seiten
ISBN 978-3-939797-35-7
Ein Missverständnis ausgeräumt
Werke über den Verheißenen Messias,
Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS
Das gesegnete Leben. Eine Biografie des Verheißenen Messias und Begründers der Ahmadiyya Muslim Jamaat Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS
Shaikh Abdul Qadir
2017, gebunden, 728 Seiten
ISBN 978-3-939797-39-5
Mirza Ghulam Ahmad von QadianAS
Iain Adamson
1991, broschiert, 204 Seiten
ISBN 3-921458-72-2
Hadhrat Mirza Bashir AhmadRA 1992, broschiert, 84 Seiten
ISBN 3-921458-54-4